Eckelsheim in Rheinhessen

Die Beller Kirche

Von der spätgotischen Wallfahrtskirche bei Eckelsheim stehen nur noch die Außenmauern, errichtet aus Feldsteinen und gehauenen Sandsteinen. Laut Inschrift im Portalbogen wurde die Kirche im Jahre 1519 erbaut; der Auftraggeber ist unbekannt. Vermutlich existierte an gleicher Stelle bereits eine andere Kiche, da in einem Dokument aus dem Jahre 1318 eine "Belen Kirche" genannt wird. Der gotische Neubau wurde vermutlich im 17. Jahrhundert zerstört, es fehlen Dach und Sakristei.

Die Inschrift über dem ehemaligen Haupteingang der Beller Kirche, genauer gesagt der Ruine Beller Kirche, bezeugt das Jahr 1519. Jedoch liegen für das Bauwerk nur wenige gesicherte Angaben vor, selbst das Patrozinium ist nicht zweifelsfrei zu erklären. Die Kirche erhebt sich auf einem Areal vorgeschichtlicher Besiedlung und besaß mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Vorgängerbau. Bestimmte bauliche Elemente erlauben die Annahme, daß die Kirche zwischen dem letzten Drittel des 15. und dem ersten Viertel des 16. Jahrhundert entstanden ist. Ob sich der Name "Beller Kirche" von einem untergegangenen Ort namens Bellen, Böllen, Bellheim oder Bellenhofen, von dem über der Kirche gelegenen, 1365 als beldin bezeichneten Hügel oder von der rheinhessischen Bezeichnung Bellen (für Weißpappeln) herleitet, ist nicht bekannt und gibt immer wieder Anlaß zu Spekulationen. 1490 war der heute erhaltene Bau in Arbeit, offensichtlich weit fortgeschritten oder schon teilweise fertiggestellt, da in diesem Jahr ein Meßstipendium gestiftet wurde.

Das Inschriftdatum 1519 am Westportal der Kirche bezeichnete sehr wahrscheinlich den Abschluß des Baubetriebes. Für die verbreitete These, der Bau habe bis zur Reformation als Wallfahrskirche gedient, gibt es keine direkten Quellenbelege. Indiz hierfür ist jedoch die Erwähnung einer nahegelegenen Feldmark namens Pilgerfahrt. Auch bei dem "Beller Markt", der, bezeugt vom 17. Jahrhundert bis 1902 alljährlich von Dienstag bis Freitag nach dem Fest der Geburt Mariä (8. September) an der Kirche abgehalten wurde, kann es sich um das Relikt einer Wallfahrt handeln. Alternativ hierzu wäre die Ruine als Wüstungskirche mit ortsfester Markttradition anzusehen. Unklar ist auch, wann und warum das Bauwerk ruinös wurde: Bietet der Volksmund Angaben zu einer Entweihung durch einen Mord in der Kirche, werden in der Forschung die Reformation bzw. der Dreißigjährige Krieg hierfür vermutet; aber auch der Orléanssche Krieg müßte in Betracht gezogen werden. Da die Grafen von Falkenstein im Jahre 1584 Herren über Kirchenrechnung und Kirchenregiment zur Bellen waren, darf davon ausgegangen werden, daß der Bau noch im ausgehenden 16. Jh. in Funktion war. Im Jahr 1808 standen die Seitenmauern in ganzer Höhe. Die während des "Beller Marktes" als Tanzboden und zudem als Lagerplatz für Feldfrüchte genutzte Ruine wurde schließlich im Jahre 1905 erstmals aufgenommen und baulich gesichert. Aus dem hierzu 1902 erstellten denkmalpflegerischen Gutachten resultiert das Fehlen der Sakristei, der Gewölbe und des Daches, aber auch die heute noch gültige Bewertung der Kirche als Rest eines einheitlichen Baues vom Jahre 1519. Das Bauwerk wurde 1979 im Bereich der Mauerkronen, 1987 – 88 am nordöstlichen Chorfenster gesichert und 1998/99 erfolgten weitere umfangreiche konservatorische Maßnahmen. Das jüngste baugeschichtliche Gutachten ergab u. a. den Befund, daß entgegen der herrschenden Forschungsmeinung, die bestehende spätmittelalterliche Kirche keineswegs ein einheitlicher Bau ist, sondern das Resultat von zwei voneinander weitgehend unabhängigen, aber zeitlich recht kurz aufeinanderfolgenden Bauphasen. In einer ersten Bauphase wurden der Chor einschließlich des hohen Chorbogens und das Erdgeschoß der südlich angrenzenden Sakristei errichtet. Die zweite Bauphase der "Beller Kirche" umfasste den gesamten, in sich einheitlichen Langhausbereich und das Obergeschoß der Sakristei. Das Inschriftdatum 1519 am Westportal bezeichnet wahrscheinlich den Abschluß der zweiten Bauphase und damit des gesamten Kirchenbaus.

Nachweise

Redaktionelle Bearbeitung: Stefan Grathoff

Verwendete Literatur:

  • Wridt, Beate: Beller Kirche. Mysterium am Wegesrand. Eckelsheim 2007.
  • Kappel, Kai; Frank, Lorenz: Die spätgotische "Beller Kirche" bei Eckelsheim (Rheinhessen). In: Kunst in Hessen und am Mittelrhein, Bd. 36/37 (1996/97), S. 87-93.
  • Dehio, Georg: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Rheinland-Pfalz, Saarland. 2. Aufl. München 1985

Aktualisiert am: 14.06.2014