Hachenburg im Westerwald

Stadt und herrschaftliche Verwaltung auf der Burg

Vögte

Die Grafen von Sayn hatten in der Frühzeit zunächst befreundete bzw. von ihnen abhängige Herrengeschlechter mit der Verwaltung einzelner Grafschaftsteile beauftragt. Da die Grafen im 12./13. Jahrhundert ihren Lebensmittelpunkt noch nicht in Hachenburg hatten, vertrauten sie die entstehende Stadt Hachenburg und den sie umgebenden Herrschaftsbereich einem Zweig der edelfreien Herren von Nister an.
Das erste Mitglied dieser Familie erscheint im Jahr 1211 in Gestalt der Guda, der "Alten Vögtin" (advocata). Guda war eine Schwester des Edelherrn Rudolf von Greifenstein und Ehefrau des Edelvasallen Rorich des Kleinen, der erstmals 1215 als Vogt auftaucht. Damals trug Rorich noch nicht den Namenszusatz "von Hachenburg". Erst im Jahr 1221 ist er als Vogt Rorich der Kleine aus Hachenburg (Roricus advocatus parvus de Hackenberg) bezeugt. Spätestens jetzt war Hachenburg der Mittelpunkt dieser Vogtei. Der mutmaßliche ursprüngliche Wohnsitz des Rorich, die Burg Nister, war zu dieser Zeit wohl bereits zerstört.
Rorich der Kleine, bis 1237 in Urkunden genannt, hatte aus seiner Ehe mit Guda zwei Söhne, Heinrich, Vogt von Hachenburg (1241-1271) und Kraft von Hachenburg (1255-1270). Während Heinrich dem Vater in der Hachenburger Vogtei nachfolgte, wurde Kraft Herr auf der Stammburg seiner Mutter, der Burg Greifenstein.
Der Hachenburger Vogt Heinrich, der sich später auch von Ascheid nannte, ist in der Zeit von 1241 bis 1270 vielfach belegt. Laut Nekrolog der Abtei Marienstatt ist er am 24. Januar 1271 verstorben.
Vogt Heinrich wird 1244 nicht mehr als Edelfreier, sondern nur als Ministerialer bezeichnet. Grund für diesen "sozialen Abstieg" könnte sein, dass er unstandesgemäß geheiratet und deshalb seinen edelfreien Status eingebüßt hatte. Möglich ist aber auch, dass er freiwillig in die sozial tiefer stehende Ministerialität eingetreten ist.
Die Ehe Heinrichs mit Irmgard (1260) brachte keine Erben hervor. Deshalb zogen die Grafen von Sayn die Vogtei nach Heinrichs Tod im Januar 1271 wieder ein und verzichteten fortan auf die Neubesetzung dieses Amtes. Die Amtsbezeichnung verschwand, die Funktion des Vogtes ging auf die Truchsesse über

Truchsesse

Schon 1227 stand dem Vogt Rorich ein Truchsess (dapifero) zur Seite. Am 25. Januar 1268 wird Truchsess Albero von Hachenburg als Mitarbeiter des Vogtes von Hachenburg genannt.
Anfang des 14. Jahrhunderts war Gerhard Nayl (Vater) Truchsess in Hachenburg. Er war am 24. September 1323 bereits verstorben. Er hinterließ seine Ehefrau Adelheid und einen Sohn Gerhard, der damals Schultheiß in Hachenburg war, seinem Vater dann aber ins Truchsessenamt folgte. Am 8. April 1324 wird Gerhard gen. Nayl (Sohn), Bürger von Hachenburg, als Truchsess des Grafen und Güterbesitzer in der Stadt genannt. Danach verschwindet auch das Amt des Truchsess für immer aus der Geschichte der Stadt.

Amtmann und Droste

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Gräfliche Kanzlei

Der Amtmann stand der gräflichen Kanzlei vor, die erstmals am 11. August 1477 als oberste Verwaltungsbehörde der Grafschaft genannt wird. Gleichzeitig war der Amtmann Leiter des gräflichen Archivs und somit Ansprechpartner für Auswärtige, die etwa in Lehensangelegenheiten Nachforschungen im saynschen Archiv anstellen wollten. Der Amtmann mischte sich auch in innerstädtische Angelegenheiten ein, sei es 1588 als Verfügungsberechtigter über die Bruderschaftskasse, als Bauaufseher in der Stadt 1594 und 1597, als Mahner in hoheitlichen Aufgabenbereichen, die eigentlich der Stadtleitung oblagen, auch in Religionsstreitigkeiten forderte die Kanzlei 1650/51 ein Mitspracherecht.
Die Arbeit des Personals in der Kanzlei wurde seit 1609 durch eine Kanzleiordnung geregelt. Am 17. November 1635 erließ Gräfin Loysa Juliana eine neue Kanzleiordnung, die in 27 Punkten die Arbeit der Räte, Sekretäre und Diener regelte.
Die Kanzlei fungierte als Gericht für Diener und "Beamte", war für alle "peinlichen" Prozesse der Kriminalgerichtsbarkeit zuständig, diente als Anlaufstelle für Bittgesuche und Appellationen und verhandelte wichtige gerichtliche Verträge.
Als sich am 21. Oktober 1651 die gräfliche Erbtochter Ernestine von Sayn mit Graf Salentin Ernst zu Manderscheid-Blankenheim verheiratete und die Grafschaft offiziell mit ihrer Schwester zusammen verwaltete, war die Hachenburger Kanzlei Gemeinschaftsbehörde.
1653/54 beschwerte sich die Stadt beim Grafen Salentin Ernst über verschiedene nicht nähere bekannte Missstände. Hintergrund der Klage war wohl die Tatsache, dass die gemeinschaftliche Kanzlei nicht zwischen Kanzlei- und Amtsverwaltung unterschied. Das Kanzleipersonal war stets für beide Bereiche zuständig. Die Stadt schlug vor, zusammen mit dem städtischen Bürgermeister und dem Rat der Stadt der Kanzlei eine neue Ordnung zu geben. Der Graf sagte dies zu, Einzelheiten einer Reform sind aber nicht bekannt, erst 1692 wurde die Verwaltung des Amtes wieder von der Kanzlei getrennt.

Kanzleidirektoren

Mit der Übernahme der Grafschaft Sayn durch die Burggrafen von Kirchberg Mitte des 17. Jahrhunderts verschwand der Titel Amtmann als Leiter der Kanzlei nach und nach aus den Akten. Der am 15. Februar 1666 genannte Gottfried von Holdingshausen war der letzte Amtmann "alten Stils". Im selben Jahr wird der Leiter der Behörde Johann Heidfelt bereits als Kanzleidirektor bezeichnet. Der Titel Amtmann ging 1770 auf den bis in diese Zeit als Stadtschultheißen bezeichneten Beamten über. Im Jahr 1773 war es ein herrschaftlicher Amtmann, der die Rechnung des städtischen Bürgermeisters entgegennahm.

Landschreiber und Landschultheiß

Der Landschreiber, erstmals 1565 genannt, war der Bedienste des Grafen, der hauptsächlich in Lehensangelegenheiten tätig wurde. Ob er gleichzeitig Schreiber im Landgericht war, wie dies Gensicke für 1610 und noch 1675 behauptet, ist nicht gesichert. Im Jahr 1614 bevollmächtigte Graf Wilhelm III. von Sayn-Wittgenstein (reg. 1605-1623) seinen Landschreiber Johann Bierbrauer, ein heimgefallenes Lehen in Besitz zu nehmen. Im Jahr 1678 ist Johann Carl Otto Notar, Stadtschultheiß und Landschreiber in Personalunion. 1680/81 und 1688 wird Johann Wilhelm Grün als Landschultheiß genannt.

Keller

Der herrschaftlichen Finanzverwaltung war in Hachenburg spätestens 1234 mit der Nennung des Kellers Volkwin (Volcwinus cellerarius de Hachenberch) einer Kellerei zugeordnet. Volkwin war für die Vereinnahmung der herrschaftlichen Einkünfte in der Stadt und im Umland der Residenz zuständig.
Nachdem die Rentmeister Mitte des 15. Jahrhunderts die Leitung der Finanzverwaltung übernommen hatten, wurde aus dem Keller ein untergeordneter Mitarbeiter. Die Finanzbehörde hieß dagegen bis 1560 immer noch Kellerei. Ihr Geschäftsgang war durch die Kammerordnung Graf Hermanns von Sayn (reg. 1568-1578) geregelt, die eine jährliche Amtsrechnung und Generallandrechnung verlangte.
Nach der Rückkehr Hachenburgs aus der "Fremdherrschaft" der Herren von Wartenberg 1649 war es der Keller Gerlach Reusch, der die saynschen Wappen an die beiden Stadttore und an die Altstädter Kirchentür schlagen ließ. Danach wird das Amt des Kellers nicht mehr erwähnt.

Rentmeister

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Rezeptur und Steueramt im 19. Jahrhundert

Nach 1799 blieb die Finanzverwaltung zunächst in der hergebrachten Form bestehen. Bei der Vereinheitlichung der Finanzverwaltung des Herzogtums Nassau wurde die Rentei 1816 in eine Rezeptur Hachenburg umgewandelt, zu der 1826 und später auch Teile des Amtes Marienberg gehörten. Neben der Rezeptur bestand in Hachenburg 1826 eine Steuerkommission für die Ämter Hachenburg, Marienberg, Meudt, später Wallmerod und Selters. Das Steueramt war 1864 mit der Rezeptur verbunden. Der Titel Rentmeister wurde beibehalten. In der Folge war Hachenburg 1885 auch Sitz einer Steuerkasse, die zugleich die Domänen verwaltete. Infolge der Einkommen- und Gewerbesteuergesetze von 1891 wurde die Steuerkasse aufgehoben und ihr Amtsbereich der Kreiskasse Marienberg zugewiesen. Mit der Einrichtung des Finanzamtes entwickelte sich die Stadt Hachenburg im Zusammenspiel mit den Banken zu einem wichtigen Finanzplatz der Region.

Herrschaftliche Jagd und Forstverwaltung

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Redaktioneller Hinweis: Die hier vorgestellten Ausführungen sind inhaltliche Ergänzungen und Erweiterungen der entsprechenden Abschnitte des Buches „Geschichte der Stadt Hachenburg“. Die zugehörigen Basis-Informationen sind u.U. nur in der Druckausgabe zu finden. Die Inhalte dieser Seiten entsprechen also nicht denjenigen des Buches.