Weihnachtliche Waffeleisen und Spekulatiusform
Lebkuchen und Christstollen, Baumkuchen und Spekulatius, Vanillekipferl und heiße Zimtwaffeln: Zur Adventszeit gehören in Rheinland-Pfalz, wie in ganz Deutschland, vielerlei gebackene Leckereien so fest dazu wie Weihnachtslieder, Tannenbaum und Adventskranz. Schon allein das Ritual des Plätzchenbackens und der Duft, den das Gebäck verbreitet, versetzt so manche*n in Feststimmung. Fleißig gebacken wird aber natürlich nicht nur in Privathaushalten für den Eigenbedarf, sondern auch im ganz großen Stil industriell – wir alle freuen bis ärgern uns schon ab August über die entsprechenden Auslagen in den Supermärkten – und in etwas kleinerem Ausmaß in Bäckereien und Konditoreien. Das Werkzeug, welches dafür benutzt wird und wurde, erzählt nicht selten ein schönes Stück Objektgeschichte. Die Motive des gegossenen Waffeleisens, das im Heimatmuseum Schloss Fußgönheim bewundert werden kann, sind nicht nur dekorativ, sondern haben verschiedene symbolische Bezüge:
Der Korb mit Früchten wurde zur Wintersonnenwende präsentiert, um im neuen Jahr keinen Mangel zu leiden. Das Kreuz steht wahrscheinlich für die immer wiederkehrende Blüte der Natur – am Lucientag am 13. Dezember wurde Lucienweizen kreuzförmig in flache Tonschalen gesät und feuchtgehalten. Die Christrose, ihr Name verrät es, soll mit ihrer Blütezeit mitten im Winter an Christi Geburt im Dezember erinnern, und auch die vier Herzen symbolisieren das Fest der Geburt Jesu. Die Schnecke oder Spirale ist ein Zeichen für Ewigkeit, die unaufhörliche Bewegung der Zeit und das Versprechen der Erneuerung. Der Vogel ist möglicherweise ein Rotkehlchen, das christlicher Legende nach Jesus am Kreuz einen Dorn aus der Stirn gezogen haben soll, sich dabei verletzte und so zu seiner blutroten Kehle kam. Vielleicht ist es aber auch ein Zaunkönig – mit dem kleinen Vogel sind viele Geschichten und Legenden verbunden und er wurde in einigen Gegenden Europas an bestimmten Wintertagen gejagt, am Stephanustag, dem 26. Dezember etwa, am ersten Sonntag im Dezember oder dem 6. Januar.[Anm. 1]
Das zweite Waffeleisen ist wesentlich schlichter gehalten, der Entstehungshintergrund ist ein ganz anderer: Solche Eisen wurden während und kurz nach dem Zweiten Weltkrieg aus Leichtmetall, genauer gesagt aus Flugzeugteilen, gegossen, und wurden dann nicht selten auf dem Schwarzmarkt oder auf dem Land gegen Lebensmittel eingetauscht. [Anm. 2]
Objekt Nummer drei ist nicht aus Metall, sondern aus Eichenholz und wird im Heimatmuseum Bad Bodendorf an der Ahr ausgestellt. Die Spekulatius- und Lebkuchenform wurde zur Benutzung mit Öl eingelassen und bemehlt und anschließend der vorher zu Kugel oder Wurst geformte Teig hineingedrückt.[Anm. 3] Hergestellt wurde die Form 1948 von der Schreinerei Lohrscheid in Bad Bodendorf für die ortsansässige Bäckerei Clever.
Die Familie Clever kam Mitte des 19. Jahrhunderts aus dem Ruhrgebiet an die Ahr und übernahm dort eine Schmiede. Diese wurde vor dem Zweiten Weltkrieg geschlossen und stattdessen die vorher nur kleine angeschlossene Bäckerei ausgebaut. In den 1970er Jahren ließ die Familie das Anwesen abreißen und durch eine größere Backstube und ein Café ersetzten. Bis Mitte der 1990er Jahre blieb das Bäckereicafé in Familienhand, heute wird es von der Familie Felber geleitet – aus sicherer Quelle wissen wir, dass der Kuchen dort nach wie vor sehr lecker schmeckt.
Anmerkungen:
- Alle Angaben zu den Motiven wurden freundlicherweise von Frank Schmitt vom Museum Fußgönheim, zur Verfügung gestellt. Zurück
- Waffeleisen, in: Museum digital Rheinland-Pfalz, https://rlp.museum-digital.de/?t=objekt&oges=35105 (Abruf 24.11.2021). Zurück
- Keks- oder Lebkuchenform aus Holz, in: Museum digital Rheinland-Pfalz, https://rlp.museum-digital.de/?t=objekt&oges=22164 (Abruf 24.11.2021). Zusätzliche Angaben hat Josef Ehrhardt vom Museum Bad Bodendorf freundlicherweise ergänzt. Zurück