1700 Jahre jüdisches Leben. Tradition und Identität der Juden in Rheinland-Pfalz
Was haben die Reste eines antiken Öllämpchens, der Brief eines jungen Soldaten aus napoleonischer Zeit und die Fotografie einer Familie aus dem Jahr 1918 gemeinsam? Alle drei Gegenstände zeugen von der weit mehr als tausendjährigen Geschichte jüdischen Lebens auf dem Gebiet des heutigen Rheinland-Pfalz: Das bei einer Grabung am Trierer Hauptmarkt entdeckte Bruchstück eines Öllämpchens aus der Zeit um 400 ist mit einer Menora verziert und gilt damit als eines der frühesten archäologischen Zeugnisse jüdischen Lebens in Deutschland. Der damals neunzehnjährige Jude Doderer Schmul aus Niederzissen schrieb seinen Eltern im Jahr 1807 einen Brief, auf dem er sich selbst in der Uniform eines napoleonischen Soldaten mit Säbel und Blume in der Hand porträtierte. Und die erwähnte Fotografie zeigt mehrere Mitglieder der jüdischen Familie Heymann aus Dernau, die 1918 bei der Weinlese im Wingert bei Ahrweiler halfen.
Im Jahr 321 erließ Kaiser Konstantin ein Gesetz, das es den jüdischen Bürgern des Römischen Reiches erlaubte, sich in die Ämter der Stadtverwaltungen wählen zu lassen. Anlass hierfür war offenbar eine entsprechende Anfrage aus Köln. Das Dekret gilt als älteste schriftliche Überlieferung jüdischen Lebens nördlich der Alpen. Anlässlich des 1700jährigen Jubiläums des Edikts im Jahr 2021 machte das bundesweite Festjahr „321-2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten mit zahlreichen Veranstaltungen das heutige jüdische Leben in Deutschland und seine Geschichte sichtbar.
Wie vielfältig jüdisches Leben auch auf dem Gebiet des heutigen Bundeslandes Rheinland-Pfalz im Laufe der Geschichte war und heute wieder ist, zeigt die vom Institut für Geschichtliche Landeskunde konzipierte Wanderausstellung „1700 Jahre jüdisches Leben. Tradition und Identität der Juden in Rheinland-Pfalz“, die in Kooperation mit dem Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit sowie dem Beauftragten für jüdisches Leben und Antisemitismusfragen der Ministerpräsidentin in Rheinland-Pfalz entstand. Auf 17 Thementafeln gibt die Ausstellung einen Überblick über die Geschichte von Jüdinnen und Juden in Rheinland-Pfalz von der Antike bis in die Gegenwart. Zudem werden Schlaglichter auf einzelne Persönlichkeiten, Gebäude und Bräuche geworfen. Die Ausstellung stieß auf großes Interesse und konnte bereits an vielen Orten in Rheinland-Pfalz gezeigt werden, unter anderem in Mainz, Worms, Landau, Niederzissen, Wittlich, Hachenburg, Neustadt an der Weinstraße und bis Anfang Dezember in Bad Kreuznach.
Konzipiert und erarbeitet wurde die Ausstellung von Dr. Hedwig Brüchert, Anke Sprenger, Max Hartmann und Henrik Drechsler, unter der Leitung von Ulrich Hausmann.