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Die Besatzungszeit in den Landkreisen Bernkastel und Wittlich zwischen 1918 und 1926

Die während der Besatzungszeit entstandene Kriegschronik der Gemeinde Wittlich[Bild: Kreisarchiv Bernkastel-Wittlich]

Die Besatzungszeit im heutigen Landkreis Bernkastel-Wittlich begann mit dem Einmarsch der 3. Armee des amerikanischen Expeditionscorps ab dem 1. Dezember 1918. Während Bernkastel-Kues bereits zwei Tage zuvor die Einquartierung eines Infanterie-Regiments erlebt hatte, zogen am 4. Dezember zwei Regimenter in Wittlich ein. Die amerikanischen Befehlshaber erkannten den im Zuge der Novemberrevolution einberufenen Wittlicher Kreis-Arbeiter-, Bauern- und Bürgerrat nicht an, sondern suchten ausschließlich die Zusammenarbeit mit den offiziellen Behörden.

Die Besatzungstruppen wurden sowohl in öffentlichen Gebäuden – Schulsäle wurden hierzu häufig genutzt – als auch in Privathäusern untergebracht. In kurzer Zeit wurden Verpflegungsdepots eingerichtet, die eine stets gute Versorgung der Amerikaner gewährleisteten. So konnte die Bevölkerung, die infolge der Wirtschaftsblockade der Alliierten ohnehin unterernährt war, von Versorgungsleistungen für die Besatzungstruppen entbunden werden. Dies förderte die Akzeptanz der amerikanischen Besatzungsmacht in der Bevölkerung, die den ausländischen Soldaten gegenüber zunächst zurückhaltend gewesen war. Das korrekte, auf Fairness ausgerichtete Verhalten der Besatzungstruppen gegenüber der Bevölkerung wurde ebenfalls positiv wahrgenommen.

Zins- und Tilgungsplan zur Deckung der von der Gemeinde Wittlich ausgegebenen Kriegsfamilienunterstützung[Bild: Kreisarchiv Bernkastel-Wittlich]

Diese Einschätzung der Besatzungszeit änderte sich mit dem Abzug der Amerikaner, die in Bernkastel und Wittlich Mitte August 1919 von französischen Truppen aus Trier abgelöst wurden. Ihnen folgten zu Beginn des Jahres 1920 die Kreisdelegierten, welche in Ermächtigung durch die Rheinlandkommission als offizielle Verbindungsstellen der Franzosen zu den deutschen Behörden eingesetzt wurden. Das Auftreten der Kreisdelegierten und ihrer Kommandanturen nahmen viele Deutsche als herrisch und fordernd wahr. Zudem wurden der Bevölkerung entsprechende Versorgungsleistungen auferlegt, die zu erbringen im Laufe der kommenden Jahre immer schwieriger wurde, wie sich insbesondere im Krisenjahr 1923 zeigen sollte. Im Frühjahr dieses Jahres wurde auch in den Kreisen Bernkastel und Wittlich der Aufruf der Reichsregierung zum „Passiven Widerstand“, ausgelöst durch die Besetzung des Ruhrgebiets durch französische und belgische Truppen als Reaktion auf ausstehende Reparationsleistungen, befolgt. Die Rheinlandkommission antwortete ihrerseits mit Ausweisungsverfügungen für höhere Behördenvertreter, die offen den Widerstand befürwortet hatten. So wurde der Wittlicher Landrat Dr. Simons am 20. März 1923 zusammen mit Stadtbürgermeister Neuenhofer und weiteren Beamten ausgewiesen.

Hinsichtlich der „separatistischen“ Bestrebungen des ausgehenden Jahres 1923 („Rheinische Republik“) leistete die Bevölkerung im heutigen Kreisgebiets zumeist Widerstand, der sich in Protestmärschen, aber auch weitergehenden Auseinandersetzungen äußerte. So wurden mehrere vermeintliche „Separatisten“ erschossen.

Sturm der Moselwinzer auf das Finanzamt Bernkastel am 25. Februar 1926[Bild: Kreisarchiv Bernkastel-Wittlich]

Besonderer Erwähnung bedarf der Sturm der Moselwinzer auf das Finanzamt Bernkastel im Februar des Jahres 1926. Durch verschiedene Faktoren wie die Weinsteuer für Inlandsweine, die Abschaffung des Weinzolls für Auslandsweine, den Preisverfall und die unnachgiebige Strenge des Finanzamts Bernkastel bei der Eintreibung von Steuerschulden, kamen viele Winzer in eine Notlage. Infolgedessen kulminierte eine Winzerversammlung am 25. Februar 1926 in Bernkastel-Kues, die auf Initiative des bekannten Trierer Zentrumspolitikers und Reichstagsabgeordneten Prälaten Dr. Kaas einberufen worden war, in einem Protestmarsch durch Bernkastel, der am dortigen Finanzamt endete. Nachdem zunächst ein Wortführer der Winzer das Gebäude betreten hatte, um in Steuerfragen eine Verhandlung mit dem Vorsteher zu führen, eskalierte die Situation und nachdrängende Demonstranten begannen mit der Verwüstung der Inneneinrichtung sowie dem – auch fotografisch belegten – Herauswerfen von Steuerakten aus den Fenstern des Finanzamts. Die Bediensteten konnten sich teilweise nur durch die Flucht vor möglichen Angriffen schützen. Letztlich wurde die Aktion im späteren Verfahren vor dem Trierer Schöffengericht mit Freisprüchen und vergleichsweise milden Strafen bewertet.

Autor: Hermann Gerhardt, Kreisarchiv Bernkastel-Wittlich
Letzte Bearbeitung: 11.11.2020
Verwendete Literatur:

  • Der Text basiert auf den Darstellungen von Erwin Schaaf und Franz Schmitt in: Schaaf, Erwin [Bearb.], Zeitenwende, Das 20. Jahrhundert im Landkreis Bernkastel-Wittlich, Wittlich 2000.