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Vom Floß zum Dampfschiff - vom Landungsplatz zum Binnenhafen

von Stefan Grathoff

Darstellung der „Concordia“ [Bild: Beiträge zur Rheinkunde, 1979]

Durch die Einführung von Dampfschiffen um 1807 wurde die Schifffahrt revolutioniert und das Ende der traditionellen Segel-, Treidel- und Floßschifffahrt eingeläutet. Obwohl die Schifffahrtsverbände der Dampfschifffahrt ablehnend gegenüberstanden, wurde 1824 von Mainzer Unternehmern die Gründung einer Gesellschaft geplant, die sich die Errichtung einer Dampfschifflinie zwischen Mainz und Frankfurt zum Ziel setzte. Am 17. September 1825 erreichte, von Köln kommend, der erste Dampfer, die "de Rijn", die Stadt Mainz. Wenige Wochen danach beteiligten sich Vertreter der Mainzer Wirtschaft an der Gründung der "Preußisch-rheinischen Dampfschiffahrtsgesellschaft" in Köln. 1827 befuhr die "Concordia" als erstes Linienschiff den Rhein zwischen Mainz und Köln. Die "Concordia" beförderte im ersten Betriebsjahr im Verlauf von 55 Fahrten über 30.000 Zentner Waren, 187 Wagen, 30 Pferde sowie zahlreiche Passagiere. Die Mainzer Gesellschaft schloss sich 1832 mit der Preussisch-Rheinischen Dampfschiffahrts-Gesellschaft in Köln zusammen, und beide vereinigten sich 1853 zur Köln-Düsseldorfer Dampfschiffahrts-Gesellschaft. Bereits am 1. August 1841 war in Mainz der "Mainzer Schleppdampfschiffahrts-Verein" gegründet worden.

Schiffbar ist der Rhein erst seit den umfangreichen Rheinkorrekturen, die zwischen 1817 und 1866 vorgenommen wurden. In der oberrheinischen Tiefebene verzweigte sich der Rhein zu jener Zeit noch in eine ganze Reihe von Neben- und Seitenarmen. Viel Land war dadurch der Nutzung entzogen, denn bei Hochwasser wurden stets riesige Flächen überschwemmt. Mit der Begradigung des Rheins südlich von Mainz sollte nicht nur diesen Überflutungen Einhalt geboten, sondern auch die Strecke verkürzt und vor allem eine tiefere Fahrrinne geschaffen werden. Denn bei mittleren und niedrigen Wasserständen war eine wirtschaftliche Schifffahrt kaum möglich. Eine erste grundlegende Korrektur des Flussverlaufs zwischen Basel und Mainz wurde schon von dem badischem Ingenieur und Beamten Johann Gottfried Tulla seit 1820 geplant und mit dem Durchstich am Kühkopf bei Oppenheim kurze Zeit später realisiert. Bis zum Jahre 1866 konnten 18 Durchstiche durch die ausgeprägten Rheinschleifen vollendet werden. Am oberen Mittelrhein, zwischen Bingen und der Loreley, wurden die ersten Untiefen durch Sprengungen beseitigt. Für die gemeinsame Ausführung der Stromregulierungsarbeiten zwischen Bingen und Mainz wurden in den Jahren 1856 bis 1862 Staatsverträge zwischen Hessen und Nassau abgeschlossen, nach denen man sich u.a. auf eine Normalbreite des ungeteilten Stromes von 450 m einigte. Die Arbeiten verzögerten sich aber immer wieder aus politischen Gründen. 1868 erörterte man anlässlich einer Revision der gesamten Rheinschifffahrtsakte auch die Fragen der Versandung des Fahrwassers zwischen Mainz und Bingen sowie das Problem zahlreicher Felsen, die nach wie vor die Schifffahrt zwischen Bingen und St. Goar behinderten. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts stellte die Schifffahrt verstärkt auf Dampfkraft um. Zunächst wurden Dampfmaschinen in Schlepper eingebaut, die bis zu zwölf eiserne Lastkähne schleppen konnten. Die große Zeit der Selbstfahrer begann erst in den 30-er Jahren des 20. Jahrhunderts. Der Transport von Massengütern wie Holz, Kohle, Kalk und Stahl war dank des schiffseigenen Antriebs immer schneller zu bewältigen. Die neuen Konstruktionen konnten zudem das Vierfache dessen transportieren, was Holzschiffen laden konnte; so ließ sich wesentlich kostengünstiger operieren. Bis 1870 wurden die auf den Flüssen noch verkehrenden Holzschiffe endgültig vom Fluss verdrängt. Aufgrund der Bedeutung der Stadt Mainz als Warenumschlagplatz waren seit dem Mittelalter Hafen- und Kaianlagen entstanden. Sie waren zwar so ausgelegt, dass etwa im Jahr 1792 über 650.000 Zentner Waren umgeschlagen werden konnten, den steigenden Anforderungen waren sie aber nicht gewachsen. So wurde noch zur Zeit der französischen Besatzung, im August 1807, der Grundstein zu einem neuen Hafen gelegt.
Zu Beginn des Jahres 1809 konnten ein neuer Kai und einige Magazine ihrer Bestimmung übergeben werden. Doch die damals ausgeführten Erneuerungen erwiesen sich in dem Moment als unzureichend, als sich mit der Dampfschifffahrt die umzuschlagende Gütermenge drastisch erhöhte. Man bemühte sich um Verbesserungen. 1841 finanzierte die Mainzer Handelskammer einen neuen eisernen Kran der Firma Buschbaum & Co. in Darmstadt. Doch dies blieb Stückwerk. Bis in die 70-er Jahre des 19. Jahrhunderts hinein hielt die Mainzer Hafenanlage einem Vergleich mit denen in Mannheim oder Köln nicht stand. Noch immer fehlte es an geeigneten Lagerräumen, um Massengüter, wie etwa Getreide, wetterfest lagern zu können. Auch für Holzverladungen waren keine geeigneten Lade- und Löscheinrichtungen vorhanden. Besonders nachteilig wirkte sich zudem aus, dass es keine direkte Verbindung zwischen Eisenbahn und Stromschifffahrt gab.

Doch die Militärstadt Mainz mit ihren umfangreichen Festungsanlagen hatte bisher allen Erweiterungsplänen keinen Raum gelassen. Erst zu Beginn der 40-er Jahre gab die militärische Führung den Rheinuferbereich für die zivile Nutzung frei. Zur Erweiterung der Hafenanlagen kam es aber erst nach 1870, als man mit den Ausbauarbeiten am Rheinufer begann. Gleichzeitig wurde die Verlegung der bisher am Ufer entlang führenden Bahnstrecke ein Stück ins Land hinein beschlossen. Der Mainzer Bahnhof, der ursprünglich in der Nähe des Holztores lag, wurde verlegt und 1885 an seiner heutigen Stelle eröffnet. Die Arbeiten an der Ufererweiterung und den Flusslaufkorrekturen wurden 1885 soweit abgeschlossen. Der Zoll- und Binnenhafen mit Lagerhaus und Hauptsteueramtgebäude wurde am 6. Juni 1887 seiner Bestimmung übergeben. Die Zahl der abgefertigten Schiffe stieg, so dass der Mainzer Hafen hinsichtlich seiner Bedeutung mit anderen Rheinhäfen gleichziehen konnte. In den folgenden Jahren wurden weitere Kohlenlagerplätze, Transitkeller sowie Getreidelagerhäuser mit Silospeicher und Elevator errichtet.
Auch die Häfen in Kastel und Gustavsburg nahmen dank des sich steigernden Frachtaufkommens eine günstige Entwicklung. 1871 wurde der Gustavsburger Hafen für große Fracht- und besonders Kohlenschiffe ausgebaut. Die Stadt Mainz unterstützte diese Ausbaupläne, weil sie mit den rechtsrheinischen Orten Kastel, Kostheim und Gustavsburg besonders eng verbunden war. Vom Ausbau des Mains als Schifffahrtstrecke, besonders von der Einführung der Kettenschleppschifffahrt, versprach sich die Stadt für Wirtschaft und Verkehr durchaus Vorteile. Der Schiersteiner Rheinhafen wurde daraufhin geplant und im Jahr 1859 ausgebaut.

Bei diesem Text handelt es sich um einen Ausschnitt aus Stefan Grathoffs Aufsatz "Geschichte der Industrialisierung in Rheinhessen und im Rheingau".

 

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Erstellt am: 05.04.2016

Red. Bearb.: Simeon Thomas Pfeiffer