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Der Atlas der linksrheinischen Mainzer Ämter Olm, Algesheim und Bingen von Gottfried Mascop aus dem Jahr 1577

Abdruck mit Genehmigung des Autors (Original im StA Würzburg)

von Reiner Letzner

An der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert runden einzelne Adelsgeschlechter und Fürstenhäuser ihre Besitzungen mehr und mehr zum geschlossenen Territorialstaat ab, der kartographisch erfasst werden kann. An die Seite der geographischen, erdbeschreibenden Karte tritt die topographische, ortsbeschreibende Karte.
Sebastian Münster - geboren am 20.01. 1488 in Nieder-Ingelheim, gestorben am 26.05. 1552 - hat bereits 1528 die Aufnahme einer Landschaft nach einem einfachen Polarkoordinatenverfahren von einem Kirchturm aus mittels Bussole (Kompass mit Zielvorrichtung) und Distanzmessung in Schritten oder Schätzung nach der erfahrungsgemäßen Marschzeit beschrieben.
Die Entstehung der Regionalkartographie hängt hauptsächlich mit der Herausbildung von Territorialstaaten im späten Mittelalter zusammen, während sich die ältere Kartographie mit großräumigen Landschaftswiedergaben beschäftigte. Ein weiterer Grund war im Zeitalter der Entdeckungen das starke Interesse an Kosmographien, das auch das Bedürfnis nach Darstellungen kleinerer Gebiete weckte und, nicht zuletzt, der Fortschritt der Drucktechnik, der eine größere Verbreitung ermöglichte.
Zur eindeutigen Festlegung der Grenzen eines jeweiligen Herrschaftsbereiches waren die Landmesser und Kartographen gefragt.
In den Jahren 1576 und 1577 erledigte Gottfried Mascop als "Geographus" - er selbst nannte sich " landmeter ", später "Magister" - seinen Auftrag für den erzbischöflichen Stuhl in Mainz unter dem Erzbischof Daniel Brendel von Homburg (1522 - 22.3. 1582), das Erzstift zu vermessen und in Karten und Regalbüchern (Regal = ein dem Landesherrscher zustehendes oder von ihm beanspruchtes Hoheitsrecht) aufzuzeichnen. Die geplante Aufnahme des gesamten Territoriums wurde nicht abgeschlossen.

Der Kurmainzer Kartograph Gottfried Mascop steht gleichberechtigt neben:

NameJahrWirkungsstätte
Tilemann Stella (Anm. 1)1563/64Pfalz-Zweibrücken
Arnold Mercator1567Kurtrier
1584/85Katzenelnbogen
Daniel Specklin1571/76Elsaß
Jan (Hans) von Schilde1673/74Lothringen
Gerhard Mercator und Sohn Bartholomäus1563/64Lothringen
Heinrich Schweickher (1526-1579)1574/75Atlas von WürttembergWürttemberg
Georg Gadner1556/96Württemberg

Neben zahlreichen handgezeichneten Karten und Plänen ist aus der Mainzer Zeit ein Atlas mit Stadt- und Gemarkungsplänen im Gebiet der Kurmainzer Ämter Bingen, Olm und Algesheim, dessen Originale sich im Staatsarchiv Würzburg unter "Mainzer Pläne, Wandgestell 10" befinden, erhalten geblieben.

Der Atlas enthält:

GegenstandSeitenzahl
Übersichtskarte der Ämter Bingen, Olm und Algesheim (Maßstab ca. 1:100.000)fol. 2´f
Stadtplan von Bingenfol. 3'f.
Gemarkungsplan von Nieder-Olmfol. 4'f.
Ortsplan von Nieder-Olmfol. 5'f.
Beschreibung von Nieder-Olm (Nider Olmer gemarck)fol. 6-7
Stadtplan von Gau-Algesheimfol. 8'f.
Gemarkungsplan von Gau-Bischofsheimfol.9'f.
Beschreibung von Gau-Bischofsheim (Gawbißumer gemarck)fol. 10-11
Beschreibung von Ober-Olm (Ober Olmer gemarck)fol. 12-13
Gemarkungsplan von Zornheimfol. 14'f.
Beschreibung von Ebersheim (Ebersumer gemarck)fol. 15-16
Gemarkungsplan von Ebersheimfol. 17'f.
Gemarkungsplan von Sulzheimfol. 18'f.
Beschreibung von Sulzheim (Soltzumer gemarck)fol. 18a-19
Gemarkungsplan von Ober-Olmfol. 20'f.
Beschreibung von Zornheim (Zornumer gemarck)fol. 21-22
Gemarkungsplan von Klein-Winternheimfol. 23'f.
Beschreibung von Klein-Winternheim (Klein Winternumer gemarck)fol. 24-25
Gemarkungsplan von Weisenaufol. 26'f.
Beschreibung von Weisenau (Weisenawer gemarck)fol. 27-28
Gemarkungsplan von Laubenheimfol.29'f.
Beschreibung von Laubenheim (Laubenumer gemarck)fol. 30-31
Gemarkungsplan von Gau- Algesheimfol. 32'f.
Beschreibung von Gau-Algesheim (Gaw Algesumer gemarck)fol. 33-34
Gemarkungsplan von Ockenheimfol. 35'f.
Beschreibung von Ockenheim (Ockenumer gemarck)fol. 36-37
Gemarkungsplan von Dromersheimfol. 38'f.
Beschreibung von Dromersheim (Dromersumer gemarck)fol. 39-40
Gemarkungsplan von Dietersheimfol. 41'f.
Beschreibung von Dietersheim (Ditersumer gemarck)fol. 42-43
Gemarkungsplan von Gau-Bickelheimfol. 44'*f.
Beschreibung von Gau-Bickelheim (Gaw Bicklumer gemarck)fol. 45-46
Ansicht des Bonifatiusberges (Bonifaciusbergh) = Burg Rheinsteinfol. 47'f.

Es überrascht immer wieder, dass es von dem Atlas des Erzstifts Mainz bis dato keinen vollständigen Nachdruck gibt, obwohl in zahlreichen heimatkundlichen Abhandlungen auf den unschätzbaren Wert der bildhaften Darstellung in Verbindung mit den dazu verfassten Berichten für die lokale Siedlungsgeschichte hingewiesen wird.
Das Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz in Koblenz hat von folgenden Karten farbige Nachdrucke im Format 43 cm x 28 cm hergestellt, die auch bei dem Vermessungs- und Katasteramt in Alzey bezogen werden können:

  • Übersichtskarte der Ämter Olm, Algesheim und Bingen
  • Stadtplan von Bingen
  • Ortsplan von Nieder- Olm
  • Gemarkungsplan von Nieder- Olm

Die beiden zuerst genannten Karten sind der Dokumentation: "Augenspaziergang durch alte Gassen und Fluren des Binger Raumes" (Anm.4) gefaltet im Format DIN A3  als Anlage 1 und 2 beigefügt. Die gezeichneten Karten und Pläne in Verbindung mit der jeweiligen Beschreibung der Gemarkung und der Dorfrechte laden ein zu einem Augenspaziergang durch die alten Gassen der Städte Bingen und Gau-Algesheim, des alten Dorfes Nieder-Olm und durch die Fluren der Gemarkungen, auch wenn man viele historische Gebäude, Limiten mit den Hauptgrenzsteinen, sowie die alten Gemarkungsteile mit ihrer Lagebezeichnung und Nutzungsart heute nicht mehr wieder findet. Über die Methode der Aufnahme ist nichts überliefert; Triangulationen (Dreieckaufnahmen) wurden aber mit Sicherheit nicht ausgeführt. In der Gebäudeaufnahme wird der "Augenschein" eher Vorrang vor allen damals schon bekannten Kartierungsmethoden gehabt haben.
Auch wenn die Karten und Pläne von Gottfried Mascop nur "über den Daumen gepeilt" sind, besitzen sie wegen ihres Detailreichtums für die lokale Siedlungsgeschichte einen unschätzbaren Wert, den die technischen Mängel in keiner Weise Abbruch tun. Sie sind Quellen vielfältigster historischer Informationen und wegen der künstlerischen Ausschmückung zugleich Kunstwerke.
"Eine eingehende landeskundliche Durchmusterung - vielleicht verbunden mit einer umfangreichen Kartenpublikation - gehört zu den Aufgaben der künftigen Mascop-Forschung." (Anm.2)

Übersichtskarte der Ämter Olm, Algesheim und Bingen

Die nach Süden ausgerichtete Übersichtskarte der Ämter Olm, Algesheim und Bingen in dem ungefähren Maßstab 1: 100 000 mit Darstellung der Wohnsiedlungen, Burgen, Klöster und Klösterhöfe durch eigene Schemata wurde von Mascop  "nach dem Augenschein" (ohne Gradnetz und Triangulation) gezeichnet.
Die Entstehung der Ämter und die Verwaltung des Mainzer Kirchenfürsten hat Gottfried  Kneib (Anm.3) ausführlich beschrieben. Zum Amt Algesheim gehörten neben Gau-Algesheim von Anfang an Ockenheim und Gau-Bickelheim. Erst 1423 kam Dromersheim hinzu, im 14. Jahrhundert wurde Dietersheim teilweise und im folgenden Jahrhundert vollständig dem Mainzer Kurstaat und damit dem Amt Algesheim einverleibt.
Bingen war Amtssitz des Rheingauer Landschreibers, bis es im Jahre 1438 in den alleinigen Besitz des Mainzer Domkapitels gelangte. Das domkapitelsche Amt Bingen wurde von einem Amtmann geleitet, den die Kapitelherren aus ihren eigenen Reihen stellten.
Zum Binger Amt gehörte auch das Amt Heimbach mit den Dörfern Trechtingshausen, Ober- und Niederheimbach.
In der rechten unteren Ecke befindet sich die Widmung an den Auftraggeber:

Lateinischer Text der KartuscheÜbersetzung von K.V. Decker, Mittelrheinisches Landesmuseum Mainz
Reverendissimo et illustrissimoUnsrem verehrungswürdigsten und erlauchtesten
Principi ac Domino D : DanieliFürsten und Herrn Daniel,
Archiepiedopo MogunliacenaiErzbischof von Mainz
Sacri Romani imperii per GermaniamDes Hl. Römischen Reiches Deutscher Nation
Archicancelario principi electoriErzkanzler (und) Kurfürsten
D.S.G.Gott allein die Ehre!
En tibi Rheni cape fractum AmoenumSiehe, erfass den lieblichen Bogen des Rheins
Ditio fondit tua qua peramplaDeine große Macht beschützet ihn!
nobili claret sede qua MoguntumBerühmt durch Deinen Bischofssitz ist Mainz
maxime princepsgroßer Fürst!
Exhibit silvas viridis agrosaEs zeigt grüne Wälder, es zeigt volkreiche
oppida monstrat querulosa vivosStädte dieses Dein Land
gaudet et pratis tibi vineisund es freut sich mit Dir über Wiesen und Weingärten
hac tua tellusDurch hohe Burgen ist es geschmückt
Arcibus aequet veneatur altiskräftig steht es
sydere fausto viget et salubrimit seiner guten und gesunden Witterung da!
cuncta revelat tibi quaAlles dies widmet Dir die
Mathesis MascopianaMaskopsche Schule (Lehre)
M. Petrus Kraichius sec.M. Petrus Kraichius, Sekretär.

Die Gemarkungspläne

In dem Grenzumgang mit dem Schultheiß und den Schöffen wurden von Mascop die Orts- und Flurnamen in der mundartlichen Sprache erfasst und in dieser Form in das Kartenwerk übernommen.
Auch die Gemarkungspläne wurden - wie die Übersichtskarte der Ämter Olm, Algesheim und Bingen - "nach dem Augenschein" gezeichnet. Trotz fehlender geometrischer Genauigkeit stellen sie wegen der dargestellten Fülle von Details für die Lokal- und Regionalgeschichte eine außergewöhnlich ergiebige historische Quelle dar.
Die  Dreigemärkersteine (markieren drei aufeinander stoßende Gemarkungen) sind in dem Plan mit einem Tierkreis- oder Wochentagszeichen versehen.
In den jeweiligen Gemarkungen sind die Nutzungsarten angedeutet und die wichtigsten "pflegen" (Fluren oder Flurteile) mit arabischen Ziffern versehen. Neben den "örtlichen gerichten" (Gerichtsstätten = Galgen), den "schlägen" (Schlagbäumen), den "zollstöcken" (Zollschranken) - vergl. hierzu die noch heute bestehende Gewannenbezeichnung "Die Zollstocker Wiesen" und "Im Zollstock" nördlich des Geleith- und Grenzsteines aus dem Jahr 1760 zwischen der Gemarkungsgrenze von Nieder-Ingelheim (Kurpfalz) und Gaulsheim (Kurmainz) - sowie den Feldkreuzen sind die lokalen Besonderheiten - wie z.B. Landwehre, Hospitäler, Mühlen, Steinbrüche, Ungarische Wallfahrt nach Aachen  (Gemarkungsplan von Algesheim) u.a. dargestellt.

Beschreibung der Gemarkungen und Dorfrechte

Die erste systematische Befragung der Dorfrechte durch Gottfried Mascop  ist nachweislich zwar nicht vollständig aber dennoch sehr informativ.
Die Beschreibung ist nach folgendem Muster aufgebaut:

  • angrenzende Gemarkungen mit einer Beschreibung des Grenzumganges der Gemarkung und Aufzählung aller vorgefundenen Grenzsteine
  • Namen und Nutzungsarten der "pflegen" (Flur oder Flurteil)
  • "andere des fleckens gerechtigkeit und gelegenheit" (Dorfrechte und- Gewohnheiten)
  • Anzahl der Herdstätten
  • Leibeigenschaft
  • (gfls.) Vogteikompetenz (Vogt: im Mittelalter Beamter, Kompetenz: Zuständigkeit der Behörde zur Vornahme  einer Rechtshandlung)
  • Schützen (Feld- und Flurschützen)
  • Schröter (Weintransporteure)
  • Eicher (Maß-Überprüfer)
  • Pfarrbesetzungsrecht
  • gfls. ergänzende Nachrichten zur Pfarrei
  • Namen der Gerichtspersonen, die an dem Grenzumgang teilgenommen haben

Nider Olmer gemarck - Transkription von Gottfried Kneib (siehe unten Anm.3)

Nider Olmer gemarck stost rings umbher an sieben benachbarte gemarcken. Erstlich fahet sie an bey dem zeichen Arietis, nicht weit von dem wagk auff der Selse und zeigt sich umbher fur Esenum, Ob[er] Olm und Klein Winternum bis zu dem Zeichen Tauri, da die Ebersumer gemarck anfahet. Und sindt die Nider Olmer von den Ob[er) Olmern mit 18 steinen gescheydet. Nun von dem zeychen Tauri bis zum zeychen Geminor[um], da die Zornumer gemarck anfahet, scheiden die Ebersumer von den Nid[er] Olmern mitt 22 marcksteinen. Von gemeltem zeich[en] Gemini bis zum zeichen Cancri, da die Sergelocher gemarck angeht, scheiden die Zornumer von den Nider Olmern mitt 10 marcksteinen. Nun von obgemeltem zeychen Cancri bis zum zeichen Leonis an der Selse, da  4 gemarcken zusammen stoßen, Sergeloch, Udenum, Stadeck und Nid[er] Olm, scheiden die Sergelöcher von den Nider Olmern mitt 12 marcksteinen, die Udenumer mitt 11 steinen. Nun von obgemeltem zeychen Leonis bis zum zeichen Virginis auff der Selse zwuschen beiden gerichtern her scheiden die Stadecker von den Nider olmern mitt 12 marcksteinen. Nun scheidett die Selse von dem zeichen Virginis bis zu dem ersten zeychen Arietis Esenum von Nider Olm. Diese obgemelte stein seindt zum theil (doch nitt alle) mitt wappen verzeichnet. Die Stadecker haben sothanig wappen, die Udenumer.
Die Sergelocher marckstein seidt eitel wacken.[fol 6]

Folgen die pflegen der gemarcken

  1. Dies nennen sie an der harbach, ist acker und weinwachs durcheinander
  2. Im himmelreich, ist ein ackerveldt.
  3. Auff dem ehesprunck, ist ein weinberg.
  4. Am belstein, ist acker und wingart durcheinander.
  5. Auff dem elbrun, sindt acker und wiesen.
  6. Die beune, ist acker und wiesen.
  7. Das niderveldt, ist ein ackerpflegh.
  8. Am wilcken garten, sindt wiesen und stosen an den wagk und an die Selse.

Folgen andere des flecks gelegenheit

Noch hat obgemelter fleck 97 herdstett, stehn all chur[fürstlich] gn[naden] zu, und gibt ieglicher iärlichs sein chur[fürstlich] gn[naden] ein fasnachthun, ausgenommen die gerichtspersonen, dan diese seindt frey. Noch sindt under obgemelten 97 noch 4 heuser, so den geistlich[en] zustehn, als der pfarhoff, s[ankt] Catharinen behausung, unser lieb frawen behausung und der h[eilig] creutz altar haus. Auch sindt daselbs 6 behausungen, so zum theil den thumbhern zu Maintz und zum theil andern vom adell zustehn. [fol. 6´ ]

Schröder, eicher und schützen
Noch haben obgemelte 12 schröder, gehn an auff trium regum, bleiben 2 iar, haben von der ahm 7 pfenning. Noch haben sie zwen eicher, bleiben am ampt zwey jar, haben von der ahm 1 pfenning. Auch haben sie 6 schutzen, gehen an uff Martini, bleiben 1 iar, haben von 10 morgen, [(] es seien äcker oder weingärten) ein firnsel korns.

Collation der pfarr haben chur[fürstlich] gn[naden] zu Maintz.

Diese gemarck ist anno 1577 von stein zu stein mitt nachfolgenden gerichtsverwandten begangen:

Jörg Gaubsumer, underschultheis
Peter Widerman
Sebastian Hotterman
Leonhart Dechtzell
Velten Heser
Hans Reus
Hans von Sigen
Martin Weidenbusch
Jakob Schwartz
Conradt Schmidt [fol. 7]

Dromersumer gemarck – Transkription von Gottfried Kneib (Anm. 3)

Gottfried Mascop: Gemarkungsplan Dromersheim (1576)

Obgemelt fleck Dromersum stoßet an neun gemarcken, erstlich an Bergh, Appenheim, Aspeßheim, Haarweiler, Graalsum, Spansum, Ditersum, Budeßum und Ockenum. Was anlangt Berger gemarck, scheiden erstlich von dem zeychen Arietis auff das tzeichen Tauri acht marckstein, welcher erster bey dem zeychen Arietis ist ein Eckstein in der landtwehr und scheidet drey gemarcken Ockenum, Domersum und Bergen. Von dem tzeichen Tauri bis uff das zeych(en) Geminorum scheidet ein rick. Von dem zeichen Gemini bis zu dem tzeichen Cancri durch die wiesen scheiden funnff steinen. Nota der letzt bey dem zeychen Cancri ist ein eckstein. Dan allda scheiden  drei gemarcken, und geht nun die Appenumer ackergemarck an. Von obengemeltem zeichen Cancri bis uff das tzeichen Leonis scheiden acht malstein, und der letzt ist ein eckstein und scheidet Appenum, Aspeßum und Dromersum, und wird dieselbig pfleg in Bergen genant. Von obengemeltem zeichen Leonis bis an das zeichen Virginis scheidet erstlich ein kleiner grab zwuschen  den wingarten. Darnach sex malstein, der letzt ist bei dem zeichen Virginis, und geht daselbst der Harweyler gemarck ann. Von obgemeltem zeichen Virginis bis zum zeichen Librae scheiden drei Marckstein, am letzsten geht die Gralsumer gemarck an. Von obengemeltem Graelsumer eckstein bis zum Spansumer eckstein bey dem g(e)richt am landtgewehr, da dis zeichen Scorpionis steht, scheiden neun malstein, und am letzten bey dem gericht geht die Ditersumer gemarck an uber das landtwehr. Von gemeltem zeichen Scorpij bis zum zeichen Sagittarij sindt zwen scheidtstein und endigt sich Didersum.und kombt die Budeßumer gemarck an, da das zeich(en) Capricorni steht. Von obengemeltem zeichen  bis zu dem zeichen Aquarij, welches bedeut ein eckstein. seindt funff malstein. Und vom selbigen eckstein bis an den letzsten eckstein in dem landtgraben seindt noch vier stein. Dieser eckstein ist der letzt und scheidet Ockenum, Dromersum und Bergenn.

Folgen die pflegen der gemarcken

  1. Dis ist ein wiese, genant die sauerwiese , und ist mit weiden beset.
  2. Alhie nennen sie die pfleg am Gralsumer wegh , ist eitel ackerveldt.
  3. Diese ackerpflege wirdt am Spansemer wegh genent.
  4. In der sultze, eitel ackerveldt.
  5. Dis ist am Binger wegh, alle ackerveldt.
  6. Am Ockenumer wegh, ist wein und acker durcheinander
  7. Im viehtrifft, ist ein hoher weinberg
  8. Dis nennen sie auff der heyde, dieweil es nicht mehr ist als heide
  9. Diese pflege nennen sie am berge, ist all ackerveldt.
  10. Am steyger wegh, ist ein weinberg
  11. Am Aspeßumer wegh, ist ein weinberg.
  12. Die dimpach, ist ein plack wiesen mit weiden besetzt.
  13. Diese pfleg nennen sie in der kelen, ist wein und acker durcheinander
  14. Die oberwiese
  15. Die brulwiese. Diese beide geben ein wiese mit weiden besetzt.
  16. Diß ist ein ackerveldt, genent auff der harweil.
  17. Die gemengt statt.
  18. Auff der bach. Diese beide geben ein pflege eitel acker
  19. Dies ist ein ackerpflege, genant die driffe
  20. Die boel
  21. Am Maintzer weg. Diese beide geben ein pflege, ist acker unnd wein  durcheinander.
  22. Dis ist ein klein jungholtz ungefehr zwen morgen, genent am Algesheimer pfadt.
  23. Dis ist ein klein weinpfleg, genant im loeperstal    

Aufnahmen links oben: Aus: Staatsarchiv  Würzburg, Mainzer Risse und Pläne. Wandgestell 10.

Folgen andere des fleckens Dromersüm gerechtigkeit, auch gelegenheit

Es sind im obgemeltem flecken 81 herdtstett, under welchen seindt chur(fürstlich) gn(aden) zu Maintz leibeigen 72, noch daselbs des reichs 8 leibeigne unnd ein Pfaltzischer, Maintzischer leibeigne, königsleut geben Chur(fürstlich) gn(aden) in specie nichts, sondern in genere eine summa oder jarliche tax. Der Pfaltzgreffische gibt dem schultheißen zu Munster 3 alb(us). Die reichs(leute) geben dem faut zu Ingelheim ein jar umbs ander vierzehen heller oder ein hun.

Schröder
Diese haben keine schröder, sondern hilfft ein nachbar dem andern.

Schützen
Schutzen gehen auff s(ankt) Steffanstag, bleiben ein jar haben nichts darvon.  
Den pfarherr daselbs haben die hern zu s(ankt) Steffan zu setzen.
Diese gemarck ist anno 1577 in beysein folgender gerichtsverwanden von stein zu stein begangen worden.

Caspar von der Wardt, schutheiß
Hans Jung, underschultheis
Boben Anthonius
Hans Jungarbeit
Adams Hans, gerichtspersonen

Anmerkung:

Bei der Gemarck  Bergen handelt es sich um die untergegangene Siedlung im Bereich des heutigen Laurenziberges. Die Gemarkung umfasste seinerzeit ca. 600 Morgen. Der größte Teil grenzte an Kurpfalz, ein kleiner Teil an Kur-Mainz (Gau-Algesheimer Landwehr). Bei Mascop ist die Gemarck noch selbständig, die Einverleibung durch Gau-Algesheim erfolgte 1648.

Glossar

BezeichnungErklärung
eitellauter, rein
EicherMaß - Überprüfer
gemarckbei Mascop auch: gemarck. Gebiet der Gemeinde, bei Zusammenschluss mehrerer ursprünglich selbständiger Gemeinden besteht die neue Einheit (Dorf oder Stadt) aus mehreren Gemarkungen
gerechtigkeit und gelegenheitDorfrechte und Gewohnheiten
herdstetHerdstelle, nach Auffassung von Gottfried Kneib (Anm.3) sind darin nur die allmendberechtigten Vollbürger berücksichtigt. Ein vollständiges Bild der dörflichen Bevölkerung muss auch die Familienangehörigen, welche einer anderen Leibeigenschaft als der Familienvorstand angehören konnten und die "Beisassen" = schutzverwandte Personen, welchen der Aufenthalt gestattet war, die aber minderes Recht genossen, mit erfassen.
MalsteinMal: Fleck, Merkmal
MarcksteinDas Wort "Grenze" - "granica" ist polnischer Herkunft; das entsprechende deutsche Wort ist "Mark". Die Marcksteine enthalten meist Schrift- und Bildzeichen.
pflegenFlur- oder Flurteil
schröderWeinverlader
schützenFeld- und Flurschützen

Anmerkungen

( 1 ) Tilemann Stella: Landesvermessungsamt Rheinland-Pfalz, Koblenz 1989. Faksimilierung der 16 Einzelkarten der Landesaufnahme der Ämter Zweibrücken und Kirkel des Herzogtums Pfalz-Zweibrücken mit einer wissenschaftlichen Dokumentation von Oehme, Ruthard und Zögner.
( 2 )  Peter H. Meurer: Gottfried Mascop - ein deutscher Regionalkartograph des 16.Jh. Kartographische Nachrichten. 32. Jahrgang, Heft 5, Bonn Bad Godesberg 1982.  
( 3 ) Gottfried Kneib: Der Kurmainzer Kartograph Gottfried Mascop, Mainzer Zeitschrift, Jahrgang 1987 / 88 (1992 / 93), Zabern - Verlag, Seite 209-268, Erscheinungsjahr 1995.
( 4 ) Reiner Letzner: Augenspaziergang durch alte Gassen und Fluren des Binger Raumes; Landesamt für Vermessung- und Geobasisinformation Rheinland- Pfalz, Koblenz,  2002.

Text auszugsweise entnommen und ergänzt durch die Beschreibung der Nider Olmer gemarck: Augenspaziergang durch alte Gassen und Fluren des Binger Raumes (Anm.4) - Autor: Reiner Letzner - Druck:  Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz in Koblenz, 2002: redakt. Bearb. S.G.