0.Das ehemalige Kurfürstliche Schloss in Mainz im 19. und 20. Jahrhundert
von Wolfgang Stumme
Mainz war bis Ende 1797 eine der bedeutendsten Städte in Deutschland, denn hier nahm der Kurfürst jahrhundertelang u. a. das Amt des Erzkanzlers des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation wahr.
Nach dem Einmarsch der französischen Revolutionstruppen im Dezember 1797 wurde Mainz ein Teil des französischen Staates und Hauptstadt des französischen Département du Mont Tonnere (Donnersberg).
Nach der napoleonischen Zeit wurde Mainz Provinzhauptstadt des Großherzogtums Hessen und Festung des Deutschen Bundes. Neuer Eigentümer des Schlosses war nun das Großherzogtum Hessen. Genutzt wurde das Schloss von der Handelskammer als Warenmagazin sowie bis 1887 als Hauptzollamt.
1827 kam es zu einem Gebäudetausch. Das Großherzogtum wollte den neuen Dalberger Hof in der Klarastraße. als Justizgebäude nutzen und die Stadt trat den neuen Dalberger Hof in der Klarastraße an das Großherzogtum ab. Im Gegenzug erhielt die Stadt Mainz das ehemalige Kurfürstliche Schloss.
In der Folge brachte die Stadt kulturelle Institutionen im Schloss unter.
- So die Stadtbibliothek, die von 1744 bis in die Jahre 1842 – 1845 in der Neuen Burse am Neubrunnenplatz untergebracht war. In der Neuen Burse war ab 1740 u. a. die Universitätsbibliothek untergebracht. 1773 kamen die Bestände des Jesuitenordens hinzu; und 1781 auch die Bibliotheken der Klöster Kartause, Altmünster und Reichklara. Der französische Innenminister Champagny hatte 1805 verfügt, dass die Stadtbibliothek unter der Voraussetzung an die Stadt überging, dass diese die Personal- und Unterhaltungskosten übernimmt. 1912 erhielt die Stadtbibliothek ein eigenes Gebäude in der Rheinallee.
- Ferner nahm das Schloss bis 1927 das Gutenberg-Museum auf, das seinen endgültigen späteren Standort am Liebfrauenplatz gefunden hat.
- Die Gemäldegalerie sowie die Sammlungen des Altertumsvereins fanden 1937 in dem ehemaligen Kurfürstlichen Marstall, dem heutigen Landesmuseum, eine neue Heimat.
- Nach der Gründung im Jahre 1852 kam das Römisch-Germanische Zentralmuseum dazu. Nur das Römisch-Germanische Zentralmuseum ist noch heute im Rheinflügel des Schlosses.
0.1.Sanierung, Zerstörung, Wiederaufbau des Schlosses
Als das Hauptzollamt 1887 in den neu geschaffenen Zoll- und Binnenhafen umzog, wurde diskutiert, das Schloss als Rathaus zu nutzen. Es blieb jedoch bei dieser Diskussion.
Das Schloss war am Ende des 19. Jahrhunderts in einem erbärmlichen Zustand. Eine Restaurierung ließ sich nicht mehr aufschieben. Eine Gutachterkommission hatte sich z. B. gegen die Pläne des Stadtbaumeisters Eduard Kreyßig und des Provinzialbaumeisters Rudolf Opfermann gewandt, das Schloss mit historisierenden Giebeln zu versehen.
Die Restaurierung dauerte von 1903 bis 1925 und orientierte sich an den Vorschlägen dieser Kommission, die die Grundprinzipien der modernen Denkmalpflege vertrat. Die Arbeiten wurden auch während des Ersten Weltkrieges weitergeführt und nur während der Inflation 1923 kurzfristig unterbrochen.
Bei einem Luftangriff im Jahre 1942 wurde das Schloss schwer getroffen und brannte zwei Tage und zwei Nächte lang aus. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann erneut der Wiederaufbau des Schlosses.
Ab 1949 wurden die Dächer wieder hergestellt. Lediglich die Fassade wurde originalgetreu errichtet, während ein erster Innenausbau dazu führte, dass 1950 im Schloss wieder Fastnacht gefeiert werden konnte.
Verfasser: Wolfgang Stumme
Redaktionelle Bearbeitung: Sarah Traub
Verwendete Literatur:
- Fischer, Hans-Günther: Die Residenz der Kurfürsten. Das Schloss am Rheinufer. In: Gillessen, Günther (Hg.): Wenn Steine reden könnten. Mainz 1991, S. 109 – 114.
Mainzer Denkmal Netzwerk (Hg.): Das Kurfürstliche Schloss in Mainz. Mainz o. J.
Aktualisiert am: 04.08.2016