Das ältere Getreidemaßwesen im rheinhessischen Raum
Das ältere Getreidemaßwesen zeichnete sich durch den Gebrauch von Hohlmaßen aus. Es endete allmählich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als die Hohlmaße im Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft von den objektiveren Waagen verdrängt wurden.
Was das ältere Getreidemaßwesen im rheinhessischen Raum betrifft, so liegen aus der Antike keine regionalspezifischen Nachrichten vor. Sicher ist lediglich, daß die Steuerbehörden und Streitkräfte mit dem römischen Maß rechneten, das sich hier und dort auch als Allgemeinmaß etabliert haben dürfte, z.B. in Mainz, das als Hauptstadt der Provinz Obergermanien und Standort zweier Legionen im Bann des römischen Maßes gestanden haben muß. Den Beweis könnte eventuell ein überlieferter Maßtisch erbringen [Anm. 1].
Die prominentesten Einheiten des römischen Getreidemaßes waren der italische Modius zu rd. 8,7 l, der modius castrensis zu 17,4 l bzw. 2 italischen Modien und das Quadrantal alias trimodium alias corbula trimodia zu 26,1 l bzw. 3 italischen Modien [Anm. 2]. Definitorischer Pol des Systems war das Quadrantal, das einem Kubikfuß oder dem Volumen von 80 Librae Wasser oder Wein entsprach. Als Flüssigkeitsmaß trug das Quadrantal den Namen Amphore. Die genannten metrischen Äquivalente entsprechen den Netto-Versionen; die Brutto-Versionen waren 1/24 größer. Ebenso groß war die Differenz zwischen der Netto- und der Brutto-Libra. Letztere war in Rom spätestens im 14. Jahrhundert die gewöhnliche Libra [Anm. 3], die 1871 eine Masse von 339,156 gr hatte [Anm. 4].
Obwohl die eigentlichen Römer bevorzugt mit dem italischen Modius rechneten, trug der dem Namen nach von den Streitkräften bevorzugte modius castrensis die Getreidepreise des diokletianischen Edikts in das Imperium [Anm. 5]. Auf letzterem basierte allem Anschein nach das Binger Maß. Hingegen tradierten die definitorischen Zentralen der Maße von Mainz und Worms mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Quadrantal (s.u.). Ebenso verhält es sich mit anderen hochbedeutenden Maßen diesseits wie jenseits (!) des römischen Limes [Anm. 6]. Der schmächtige italische Modius wurde im deutschen Raum allenfalls in Kombination mit dem besonders handlichen Quadrantal angenommen.
Im frühen Mittelalter geben sich die Quellen im Unterschied zu vielen anderen Regionen nicht ganz verschlossen. So macht sich das Mainzer Maß schon 850 in Gestalt des Modius bemerkbar [Anm. 7], der wesentlich größer war als der italische Modius - im lateinischen Schriftgut des Mittelalters konnte Modius Einheiten jedweder Art kennzeichnen. Ein wenig Licht auf die getreidemetrologischen Verhältnisse werfen auch die sich wie 5 zu 6 verhaltenden Modien beim Fiscus Worms-Mörstadt [Anm. 8], wovon der große der Wormser Modius von etwa 109 l, der kleine der karolingische Königsmodius (modius publicus) zu rd. 87 l gewesen sein muß [Anm. 9]. Letzterer konnte am Oberrhein keinen festen Fuß fassen.
Mit der Maßpflege waren in Worms nach zwei Königsurkunden des 9. Jahrhunderts die Bischöfe betraut [Anm. 10], denen nicht das Wormser Maß, sondern nur das Staufkar befohlen wurde: ... modium etiam regis quod vulgari nomine stuofchorn (stoufkorn, stuofkari) ... Es handelte sich um das königliche Norminstrument, das wahrscheinlich 1,356 l bzw. dem Volumen von 4 altrömischen Brutto-Librae Wasser entsprach. Unter dieser Voraussetzung gingen auf den bei Wein auch als Situla bezeichneten Königsmodius 64 Stauf bzw. 86,78 l, auf den Wormser Modius 80 Stauf bzw. 108,48 l [Anm. 11]. Der Mainzer Modius, der wie der Wormser schon im hohen Mittelalter als Malter bezeichnet wurde, hatte gewiß dieselbe Größe. Spätestens gegen 1400 war der Wormser Malter ein wenig größer [Anm. 12]. Die beiden Modien bzw. Malter korrespondierten mit dem praktisch gleichgroßen Kölner Modius, der schon im hohen Mittelalter mit dem deutlich größeren Kölner Malter konkurrierte und am Ende des Mittelalters einschlief [Anm. 13].
Wegen eines zwischen 789 und 864 mehrfach wiederholten aequalitas-Gebots vertrat die ältere Forschung den Standpunkt, daß das Karolingerreich in metrologischer Hinsicht uniform war. Widersprüchliche Sachverhalte wurden nicht wahrgenommen, z.B. die unterschiedlichen Modien beim Fiscus Worms-Mörstadt. Gefordert war allenfalls regionale Einheitlichkeit. Sicher ist, daß örtlich keine unterschiedlichen Maße angewandt werden sollten, wogegen offenbar immer wieder mit dem Splitting in Ein- und Verkaufsmaß, Markt- und Abgabenmaß verstoßen wurde [Anm. 14].
Am Oberrhein bewährt sich die Hypothese, daß sich das fränkische Reich von der Antike her in einheitliche Provinzialmaßgebiete gliederte. Daß sich das Mainzer Maß 850 als Ortsmaß zu erkennen gibt, schließt nicht aus, daß es zusammen mit dem Wormser Maß als Regionalmaß fungierte.
Im späten Mittelalter sind die Quellen informativ genug, um zu erkennen, daß damals im Wesentlichen dieselben getreidemetrologischen Verhältnisse herrschten wie in der frühen Neuzeit. Sie zeichneten sich u.a. dadurch aus, daß in der Region mehrere ortsgebundene Maße galten, die von getreidemetrologisch unselbständigen Gemeinden in der Umgebung übernommen wurden. Die landläufige Meinung, daß einst jeder kleine Ort eigenes Maß hatte, ist also unzutreffend. Wie sich die Maßlandschaft darstellte, wird im folgenden Aufsatz über das Ortsmaßwesen zur Sprache kommen. Er handelt auch von größeren getreidemetrologischen Raumstrukturen und -ordnungen, die bislang unbekannt waren.
Offiziell endete die Epoche der Ortsmaße in napoleonischer Zeit, als in den annektierten linksrheinischen Gebieten Deutschands wie in ganz Frankreich das nirgendwo gut aufgenommene metrische System eingeführt wurde [Anm. 15]. Der rheinhessische Raum ging damals im Departement Donnersberg auf, das im Zuge der Restauration in Rheinhessen und Bayerische Pfalz zerlegt wurde. Während sich das Litersystem in der Pfalz halten konnte [Anm. 16], wurde es in Rheinhessen vom Landesmaß des Großherzogtums Hessen abgelöst [Anm. 17]. Es war ein auf den Doppelliter gestelltes Kind des Darmstädter Maßes, dieses explizit ein Kind des Wormser Maßes [Anm. 18]. Mit seiner Viererstaffelung war das Landesmaß nach damaligen Begriffen eine Schönheit:
1 Malter = | 4 Simmer | 16 Kumpf | 64 Gescheid | 128 l |
1 Simmer = | 4 Kumpf | 16 Gescheid | 32 l | |
1 Kumpf = | 4 Gescheid | 8 l | ||
1 Gescheid = | 2 l |
Trotz des Landesmaßes erloschen die sich im metrischen Zwischenspiel behauptenden Ortsmaße erst nach Jahrzehnten. In den an die preußische Rheinprovinz angrenzenden Gebieten rechnete man gewiß auch mit dem preußischen Landesmaß [Anm. 19], das dem hessischen fremd war. Hingegen dürften im Süden gelegene Orte mit pfälzischer Kundschaft nebenbei regelrechte Litermaße geführt haben. Mitte des 19. Jahrhunderts taucht in Mainz noch ein System auf, das nach seiner metronymen Tracht aus Westfalen stammte: 1 Mütte = 4 Scheffel = 16 Spint = 64 Becher = 174,617 l [Anm. 20]. Der Scheffel wurde in Dortmund als Reichsscheffel bezeichnet; der eigentliche Dortmunder Scheffel war kleiner [Anm. 21]. Vermutlich handelte es sich bei dem System um eine kurzlebige Geburt des deutschen Nationalismus`, der sich in metrologischer Hinsicht zufrieden geben mußte, als das metrische System 1872 vom wilhelminischen Reich trotz der Feindschaft mit Frankreich flächendeckend eingeführt wurde. Der Liter hatte jedoch im Getreidemaßwesen keine große Zukunft mehr.
______________________ Das Ortsmaßwesen ______________________
Das Ortsmaßwesen erschließt sich am besten mit der 1802 (Jahr 10 der fränkischen Republik) anläßlich der Einführung des metrischen Systems in Mainz erschienenen „Vergleichung der in dem Departement vom Donnersberg bis jetzt gebräuchlichen Maaße und Gewichte mit den neuen Republikanischen Maaßen“. Der ungenannte Autor war Heinrich Brühl, ein mathematisch gebildeter Beamter der Mainzer Präfektur, der zur vollständigen und fehlerfreien Erfüllung seiner Aufgabe nicht genügend Zeit und Mittel hatte [Anm. 22]. Von daher konnte er auch keine Feldforschung treiben, sondern mußte schriftlich mit den Kantonals- und Ortsverwaltungen verkehren, die Auskunft über die Herkunft ihrer Maße und Gewichte geben sollten. Orte mit eigenen Maßen und/oder Gewichten hatten Kopien der Eichinstrumente und Systembeschreibungen einzuliefern. Den Auftrag erledigten viele Orte nur widerwillig und nachlässig; manche reagierten offenbar überhaupt nicht. Trotzdem ist Brühls rd. 250 Seiten zählendes Buch eine außerordentlich wertvolle Quelle.
Die Vergleichung zerfällt in einen einleitenden, einen deskriptiven und einen zuschreibenden Teil. In der deskriptiven Abteilung gibt Brühl die Lokalmaße und -gewichte mit metrischen Äquivalenten, in der zuschreibenden Abteilung weist er sie übernehmenden Orten zu. Was die Getreidemaße betrifft, so sind die Zuschreibungen im Rheinhessischen beinahe flächendeckend und mit Ausnahme einer Fallgruppe richtig.
Schlechter bestellt ist es um die Gestalt der Maße. So sind einige Größenangaben grob falsch, und die meisten Systeme sind nicht komplett. Die Mängel lassen sich größtenteils mit territorialstaatlichen Kellereirechnungen beheben, die im 18. Jahrhundert sog. Resolvierungen oder Reduktionen enthalten, in denen die relevanten Ortsmaße beschrieben und relativiert wurden.
Zur Anatomie der rheinhessischen Ortsmaße
Im Zusammenhang mit Getreide verstand man unter Maß in Verbindung mit einem Ortsnamen entweder ein universelles System, nach dem alle Früchte gleich behandelt wurden, oder einen Satz von zwei oder drei getreidespezifischen Systemen. Von größter Bedeutung war bei mehrteiligen Maßen das System für die glatten Früchte Weizen, Roggen, Gerste und Kernen (geschälter Spelz oder Dinkel). Das oder die anderen Systeme waren für die rauhen Früchte Hafer, Spelz und Dinkel bestimmt – Spelz und Dinkel fühlen sich wie Hafer im ungeschälten Zustand rauh an. Die Rauhmaße waren größere Ableitungen der Glattmaße, wobei die Differenzen teils mit rechnerischen, teils mit meßmethodischen Mitteln hergestellt wurden. Zur Spezialisation macht Brühl keine ausreichenden Angaben. So gibt er meist nur ein Maß und läßt offen, ob es sich um ein Universalmaß oder um das Glattmaß eines mehrteiligen Maßes handelt. Sofern nicht anders angegeben, ist im Folgenden von Glattmaßen die Rede, die in Universalmaßen quasi enthalten sind.
Die einzelnen Systeme bestanden aus einer Reihe von Gefäßeinheiten und einer abstrakten Großeinheit, die als Malter bezeichnet wurde. Die Systeme wurden aus Gefäßeinheiten entwickelt, die im Württembergischen unter dem Gattungsbegriff „Meß“ [Anm. 23], im Badischen als „Hauptmaßgefäße“ begegnen [Anm. 24]. In Anlehnung an den letzten Begriff bezeichne ich die definitorischen Pole als Hauptmaße. Am nördlichen Oberrhein handelte es sich teils um die größten, teils um die zweitgrößten Gefäßeinheiten. Die Grundstruktur der Systeme ergab sich dadurch, daß man die vorgegebenen Hauptmaße für die abstrakten Großeinheiten mit 4 oder 8 multiplizierte, für die kleineren Gefäßeinheiten durch 4 und 16 (4 x 4), oft auch durch 64 (4 x 4 x 4) dividierte. Die Grundelemente der Gefäßsysteme konnten verdoppelt oder halbiert werden. Hier und dort waren auch Drittelhauptmaße namens Dreiling in Gebrauch, die bei Brühl ganz fehlen [Anm. 25].
Gebrauchsmaße hatten zylindrische oder stumpfkegelige Form und bestanden aus Holz, das bei größeren Formaten mit Eisen beschlagen wurde (siehe Abb. 1). Der Eichung von Gebrauchsmaßen dienende Meßgefäße waren bestenfalls aus Bronze [Anm. 26] und wurden mit Norminstrumenten der Größenordnung 1 bis 2 Liter reproduziert.
Läßt man metronyme Differenzen beiseite, unterschieden sich die grundlegenden Systeme in größeren Räumen nur in der Größe, so daß das Maßwesen trotz seiner Ortsgebundenheit regionalisiert war. Von zwei regionalen Bauplänen lieferten Mainz und Worms den einen, Bingen den anderen. Von daher können die Maße von Mainz, Worms und Bingen als Mütter, die anderen als Kinder angesehen werden. Liegen keine regelrechten Abstammungsbelege vor, erschließt sich die Familienangehörigkeit über die Anatomien der Glattmaße, wobei sekundäre Elemente wie Halb- und Doppeleinheiten ignoriert werden können. Universalmaße sind für Glattmaße zu halten.
Kinder konnten den Namen ihrer Mutter tragen, obwohl sie sich per Definition unterschieden. Andererseits gab es scheinbare Kinder, die ihre Mutter darstellten und nur deshalb mit eigenem Namen firmierten, weil sie autonom waren.
Karte 1 schneidet im Süden eine dritte Familie an, nämlich die Speyerer. Obwohl das Untersuchungsgebiet über Rheinhessen hinausgeht, wird keine Familie ganz erfaßt. Karte 2 gibt einen Karte 1 entsprechenden Ausschnitt aus der Familienlandschaft.
Daß in den Familiengebieten bzw. Maßprovinzen gleichartige Maße galten, gereichte der getreidemetrologischen Kommunikation zum Vorteil. Den größten Teil Rheinhessens belegte die Familie von Mainz und Worms. Den Rest nahm die Binger Familie ein.
Zur Karte 1
Karte 1 setzt Brühls Zuschreibungen um. Im Ausschnitt treten 16 Maße in Erscheinung, nämlich die von Bingen, Ober-Hilbersheim, Armsheim, Mainz, Wörrstadt, Oppenheim, Alzey, Kirchheimbolanden, Einselthum, Worms, Frankenthal, Steinbach, Winnweiler, Kaiserslautern, Neustadt und Speyer. Brühl führt fünf Maße an, von denen drei explizit Frankenthaler Maß, zwei offenbar Wormser Maß darstellten (s.u.). Die fünf Maße werden kartographisch wie Frankenthaler bzw. Wormser Maß behandelt. Eigentlich hätte Brühl auch das schon zum Departement Rhein-Mosel gehörende Kreuznacher Maß aufführen müssen [Anm. 27], weil es mit dem Kanton Wöllstein auf das Departement Donnersberg übergriff. Brühl schreibt dem Kanton Wöllstein das Kaiserslauterer Maß zu. Da ich mir nicht vorstellen kann, daß der Kanton nach dem Ende des Ancien Regimes zum andersartigen Maß eines weit entfernten Ortes wechselte, habe ich Kreuznacher statt Kaiserslauterer Maß kartiert.
Die kartierten Maße tragen Farbsymbole, die die Gemarkungen der betreffenden Orte füllen. Gemarkungen ohne Farbsignatur bedeuten, daß Brühl keine Angaben über das oder die gebräuchlichen Maße macht. Für die Orte links der Nahe war Brühl nicht zuständig, da sie in das Departement Rhein-Mosel gehörten. In die Gemarkungen der von Brühl dem Kaiserslauterer Maß zugewiesenen Orte des Kantons Wöllstein ist rot KL eingetragen. KL bedeutet an sich Kaiserslauterer Maß, doch ist in diesen Fällen Kreuznacher Maß zu lesen. In die Gemarkungen von Orten, die das Mainzer, Wormser, Binger oder Kaiserslauterer Maß als Beimaß hatten, ist + MZ, + WO, + BIN oder + KL eingetragen (schwarz). Die Namen von Maßorten sind unterstrichen.
Kartographische Hauptbefunde
Die Landschaft der Ortsmaße war im Großen und Ganzen gut aufgeräumt. Unordentlich wirken der Donnersberg mit dem zerrissenen Maßgebiet von Einselthum und der Raum um Ober-Hilbersheim und Armsheim, wo die Mainz-Wormser Familie mit der Binger konkurrierte.
Eigene Maße konnten nicht nur Ober-, Mittel- und Unterzentren wie Worms, Alzey und Wörrstadt, sondern auch Dörfer wie Einselthum und Steinbach haben. Die Reichweite der Maße entsprach in etwa der Bedeutung der Standorte.
Das Phänomen überlappender Maßgebiete macht sich am stärksten am Donnersberg und im Landstrich Alzey-Hamm bemerkbar.
Maß und Herrschaft
Während die Landschaft der Ortsmaße ansehnlich war, bot die Verwaltungslandschaft das übliche Bild territorialer Zersplitterung. Ein Beispiel gibt der Bereich des Mainzer Maßes, in dem mehrere Herren über Maß und Gewicht geboten (vergl. Karten 1 und 3), und zwar im Grund in jedem Ort für sich. Bei Herrschaftswechsel traten neue Herren in das örtliche Maß ein, doch konnten sie u.U. für die getreidemetrologische Verselbständigung des oder der erworbenen Orte oder für deren Wechsel zu einem benachbarten Maß sorgen. Im ersten Fall ging die Initiative eher von der Bevölkerung als von der Herrschaft aus, wobei sich neue Maße an die regionalen Traditionen hielten. Im einen wie im anderen Fall nahm die Herrschaft Einfluß auf die Verbreitung von Maßen, die jedoch hauptsächlich von der wirtschaftsräumlichen Entwicklung gesteuert wurde. Wie sich zeigen wird, spielten auch die Getreideabgaben eine Rolle. Wegen ihrer Veränderlichkeit können die Maßgebiete nicht ohne weiteres auf frühere Zeiten übertragen werden.
Die Großfamilie von Mainz und Worms
Den deskriptiven Teil wickelte Brühl schon aus praktischen Gründen nicht nach genetischen und räumlichen Gesichtspunkten, sondern nach der alphabetischen Reihenfolge der Maßorte ab. Den Anfang machte er jedoch mit Mainz, der Hauptstadt des Departements. Hier erfolgt die Besprechung der Maße und Maßgebiete nach Familien.
Die Maße von Mainz und Worms waren Geschwister, die links wie rechts des Rheins Kinder hatten. Da bei einigen rechtsrheinischen Kindern nicht entschieden werden kann, ob sie vom Mainzer oder Wormser Maß abstammten, vereine ich die beiden Familien zu einer Großfamilie, was den Vorteil hat, daß linksrheinisch der Zusammenhang mit dem frühmittelalterlichen Wormsgau besser zu erkennen ist.
Der Wormsgau ging aus der römischen Civitas Vangionum hervor [Anm. 28], die ihren Namen von den schon von Caesar erwähnten Vangionen hatte [Anm. 29]. In den Gesta Friderici erscheinen die oberen Vangionen als vitales Bevölkerungselement [Anm. 30]. Nach Lage der Dinge saßen sie im Nordpfälzer Bergland, die impliziten unteren Vangionen in der Oberrheinischen Tiefebene, d.h. im späteren Rheinhessen. Da sich auch die Kirche von Worms und die Stadt Worms im frühen und hohen Mittelalter in vangionische Tradition stellten [Anm. 31], ist gesichert, daß zwischen Antike und Mittelalter massive Siedlungskontinuität herrschte, was Voraussetzung für eine gewisse Maßkontinuität war.
Mainz war in der Antike von der Civitas Vangionum, im frühen Mittelalter vom Wormsgau umgeben. Im hohen Mittelalter stieß die Grafschaft im Nahegau weit in den Wormsgau vor, so daß Mainz gewissermaßen im Nahegau zu liegen kam.
Aller Wahrscheinlichkeit nach galt im Wormsgau bis zur Verflüchtigung des karolingischen aequalitas-Gebots nur ein Maß, nämlich das von Worms und Mainz. Verwaltet wurde es in den beiden Städten von den Bischöfen, auf dem flachen Land gewiß von den Grafen [Anm. 32]. Da die Eichstellen Mainz und Worms für viele Orte zu weit entfernt waren, muß der Maßvertrieb gestaffelt gewesen sein. Zumindest in Teilen der Region verhielt es sich so noch in der frühen Neuzeit. So ließ Steinbach am Donnersberg nach der 1566 ausgefertigten Weistumsabschrift in Eisenberg eichen [Anm. 33], das Wormser Maß hatte. Steinbach war zuletzt selbst Vertreiber und versorgte u.a. Imsbach und Imsweiler. Es ist also anzunehmen, daß sich das frühmittelalterliche Regionalmaßgebiet in die Vertriebsgebiete von Orten und ortsgebundenen Institutionen gliederte. Mit der im hohen Mittelalter stattfindenden Zersplitterung der Maßherrschaft wurden die ländlichen Maßvertreiber autonom, verwandelte sich das Regionalmaß nicht nur in ihren Händen, sondern automatisch auch in Mainz und Worms zu regelrechten Ortsmaßen. Die einen Maßvertreiber nutzten die Autonomie und vergrößerten ihre Maße aus merkantilen und/oder sozialen Gründen [Anm. 34], die anderen blieben den sich trennenden Müttern treu, doch konnten ihre Maße eigene Namen annehmen. Daß Regionalmaßgebiete nicht unbedingt in Ortsmaßgebiete zerfallen mußten, belegt das Unterelsaß, das dem Straßburger Maß alias Elsässer Maß die Treue hielt [Anm. 35].
Läßt man sekundäre Elemente beiseite, war sich die Mainz-Wormser Familie linksrheinisch im eleganten Glattmaßsystem 1 Malter = 4 Viernzel = 16 Kumpf/Vierling = 64 Gescheid/Zweiling einig. Kumpf und Gescheid waren mainzisch, Vierling und Zweiling wormsisch. Den Mainzer Malter hat Brühl mit 109,39 l, den Wormser mit 111,43 l. Die knapp 2 % betragende Differenz ist zu groß, um mit der Versuchsabhängigkeit der Ergebnisse von Ausliterungen mit trockenen Schüttgütern erklärt zu werden, d.h. sie war real. Daß sie unwillkürlich entstand, ist im speziellen Fall auszuschließen. Leider ist die Differenz nicht groß genug, um sicher auf das Motiv der gewiß von Worms betriebenen Scheidung schließen zu können. Nach Quellen des 17. und 18. Jahrhunderts zielten Größenunterschiede normalerweise auf die Förderung und Lenkung des Getreideabsatzes ab [Anm. 36]. Ein Beispiel geben die Malter auf der Mainstrecke Mainz-Schweinfurt, die ab Mainz größer wurden [Anm. 37]. Wenn nun überall derselbe nominelle Preis verlangt wurde [Anm. 38], floß Getreide in Richtung Mainz ab, wo die höchsten effektiven Preise erzielt wurden. Bei der Größenorganisation handelte es sich also um eine verkappte Preisorganisation. Die Maßdifferenzen mit Mainz stellten die Mainanlieger her, weil sie an der Belebung ihrer Märkte interessiert waren. Frankfurt erhob sich wohl schon im hohen Mittelalter 5 % über Mainz und verfolgte damit zweifelsfrei wirtschaftliche Ziele. Für die Herstellung des wahrscheinlich per Definition 1 Gescheid betragenden Unterschieds zwischen Worms und Mainz kommt jedoch ein anderes Motiv in Betracht. Eine norddeutsche Quelle des 17. Jahrhunderts deutet nämlich darauf hin, daß man mit eigenem Maß das soziale Profil schärfen konnte [Anm. 39]. Da ein Mengenrabatt von weniger als 2 % wahrscheinlich nicht genügte, um Einkäufer von Mainz nach Worms zu locken, könnte die kleine Differenz auch von einer Wormser Profilneurose herrühren.
Hauptmaße bzw. definitorische Pole waren die Viernzel zu 27,347 l (MZ) bzw. 27,857 l (WO), wovon das Mainzer im Prinzip dem altrömischen Brutto-Quadrantal zu rd. 27,2 l entsprach. Besser bekannt ist das netto rd. 26,1 l haltende Quadrantal als Amphore, aus deren Brutto-Version auch das Mainzer Weinmaß entwickelt wurde [Anm. 40]. Das Weinmaß ist insofern von Interesse, als es zwei Elemente mit dem Getreidemaß gemeinsam hatte und die metrischen Äquivalente der Weinmaße richtiger sind als die der entsprechenden Getreidemaße. Weinmaße wurden mit Wasser ausgelitert, das bei jedweder Versuchsanordnung dieselbe Dichte hat und zu relativ gleichförmigen Meßergebnissen führt. Getreidemaße wurden mit trockenen Schüttgütern ausgelitert, die sich je nach Versuchsanordnung mehr oder weniger verdichten. Daß Brühl die Weinmaßdaten nicht auf das Getreidemaß übertrug, ist ein sicheres Zeichen, daß er den Zusammenhang nicht kannte. Auch scheint er nichts vom Gescheid gewußt zu haben, das mit seinem Namen zu erkennen gibt, daß es als Norminstrument ausgebildet war.
Bei den im Grund übereinstimmenden Wein- und Getreidemaßen handelte es sich um die Maß und das Gescheid zu rd. 1,7 l sowie um das Viertel und das Kumpf zu rd. 6,8 l. Die Maß und das Viertel hat Brühl mit 1,694672 l bzw. 6,77868 l. Das Kumpf hielt nach Brühl 6,83675 l, womit der Verfasser einer Quelle von 1819 ein Gescheid von 1,7092 l errechnete. Eine Quelle von 1853 wirft 1,7171 l aus [Anm. 41].
Die Weinmaß war zuletzt nach der altrömischen Brutto-Libra bzw. der neurömischen Libra zu 339,156 gr normiert: 5 Librae Wasser à 339,156 gr = 1,695 l [Anm. 42]. Wegen ihres Verhältnisses zum Picherium der päpstlichen Residenz Avignon wurde sie auch als Duale bezeichnet: 2 Picheria Avignon = 1 Duale Mainz [Anm. 43]. Der Begriff Duale erhielt sich gewissermaßen im Zweiling des Wormser Getreidemaßes.
Die Frankfurter Hohlmaße waren Mainzer Kinder, die nicht nach der altrömischen Brutto-Libra alias neurömische Libra, sondern nach dem Nürnberger Apothekerpfund normiert waren, womit sie sich etwa 5 % über die mainzischen Hohlmaße erhoben: 5 Apothekerpfund Wasser à 357,828 gr = 1,789 l = 1 Getreidegescheid bzw. 1 Weinmaß. In früherer Zeit war das Frankfurter Getreidemaß nach einer um 1800 vergessenen Kölner Einheit normiert [Anm. 44].
Über die Spezialisation der Maße von Mainz und Worms gibt Brühl keine Auskunft. Das Mainzer Maß hatte im späten Mittelalter ein Rauhmaß namens Sack zu 6 Viernzel [Anm. 45], das im Laufe des 15. Jahrhunderts erst hier, dann dort aufgegeben wurde, so daß sich das Maß zu einem Universalmaß entwickelte. Im Mittelalter gesetzte Hafergülten konnten noch in der Neuzeit mit dem Sack notieren.
Das Wormser Maß hatte bis zuletzt einen Rauhmalter, der ein halbes Viernzel größer war als der Glattmalter. Die Differenz wurde bei Hafer dadurch hergestellt, daß man 3 gestrichene und 1 gehäuftes Viernzel auf den Malter gab [Anm. 46].
Links des Rheins hatte das Mainzer Maß nur die Kinder zu Wörrstadt und Oppenheim, die wohl beide universell waren. Der Wörrstadter Malter war mit 111,47 l praktisch ebenso groß wie der Wormser Glattmalter. Oppenheim ging mit 118,56 l deutlich höher, womit es Kundschaft von Mainz und Worms abzog. Die Größenverhältnisse der drei Maßgebiete entsprachen der Bedeutung der Maßorte: Mainz hatte das größte, Wörrstadt das kleinste Gebiet. Das Mainzer Gebiet setzte sich rechts des Rheins fort.
Das Wormser Maß hatte linksrheinisch 8 Kinder [Anm. 47], von denen hier nur 7 interessieren, nämlich die zu Alzey, Kirchheimbolanden, Einselthum, Steinbach, Winnweiler, Kaiserslautern und Frankenthal. Das Frankenthaler Maß hatte in Lambsheim, Mörsch und Oppau eigene Kinder, die Brühl als Abweichungen vom Frankenthaler Maß bezeichnet. Karte 1 schlägt Lambsheim, Mörsch und Oppau dem Frankenthaler Maß zu. Eigene Maße hatten angeblich auch Bechtheim und Eichloch alias Rommersheim. Sie waren jedoch dem Wormser Maß praktisch gleich und wurden von Brühl im zuschreibenden Teil nicht mehr erwähnt. Statt dessen gab er beiden Orten die Maße von Worms und Alzey.
Die meisten Wormser Kinder führten Halbviernzel namens Simmer. Rauhmalter zu 4 ½ Viernzel bzw. 9 Simmer hatten wahrscheinlich alle. Allerdings unterschied man in Kaiserslautern zwischen dem Hafermalter zu 9 Simmer bzw. 4 ½ Viernzel und dem Spelz/Dinkelmalter zu 11 Simmer bzw. 5 ½ Viernzel [Anm. 48]. Man beachte, daß sich Simmer rechts des Rheins größtenteils auf die Einheiten bezog, die linksrheinisch als Viernzel bezeichnet wurden. Als Simmer ging das Wormser Viernzel z.B. in Darmstadt [Anm. 49]. Hingegen sagte man in Heidelberg und Mannheim wie in Worms Viernzel und gab den Halbviernzeln den Namen Simmer [Anm. 50].
Das Maß von Frankenthal und dessen Kinder zu Oppau und Lambsheim wirft die Brühlsche Maßvergleichung mit halber Größe aus. Die Angaben zum ebenfalls Frankenthaler Maß darstellenden Mörscher Maß sind unbrauchbar. Das Frankenthaler Maß war nach anderen Quellen im Grund dasselbe wie das Wormser, Heidelberger und Mannheimer [Anm. 51]. Noch unzutreffender sind Brühls Angaben zum Einselthumer Maß, das in Wirklichkeit dreimal größer gewesen sein muß [Anm. 52]. Die folgende Tabelle gibt die wormsischen Viernzel und Malter mit den richtigen Werten. Die „Eigenmaße“ von Oppau, Lambsheim, Mörsch, Eichloch und Bechtheim finden keine Berücksichtigung.
Worms | Viernzel 27,857 l | Malter 111,430 l |
Alzey | Viernzel 28,508 l | Malter 114,032 l |
Einselthum | Viernzel 27,267 l | Malter 109,068 l |
Kirchheimbolanden | Viernzel 29,469 l | Malter 117,880 l |
Steinbach | Viernzel 27,587 l | Malter 110,349 l |
Winnweiler | Viernzel 28,748 l | Malter 114,990 l |
Kaiserslautern | Viernzel 28,608 l | Malter 114,430 l |
Frankenthal | Viernzel 28,028 l | Malter 112,120 l |
Vom Wormser und Mainzer Maß waren wohl zuerst Kaiserslautern und Alzey abgefallen. Das zuletzt gegenüber Mainz etwa 5 %, gegenüber Worms ca. 3 % betragende Übermaß sorgte dafür, daß das Alzeyer Maß zum Rhein vorstoßen konnte, wo offenbar Bedarf an einem Vermittler zwischen dem kleinen Wormser und dem großen Oppenheimer Maß bestand. Das Alzeyer Maß konnte jedoch das Wormser nach Osten hin nicht ausräumen.
Daß Worms das größte Maßgebiet hatte, entspricht der Erwartung. Es würde größer wirken, wenn die Karte das Wormser Maß nicht vielerorts zum Zweitmaß degradieren würde. Das Maßgebiet nimmt nicht unerheblich zu, wenn man statt Frankenthaler Maß Wormser Maß liest. Die 1 % betragende Differenz zwischen Worms und Frankenthal ist belanglos.
Außergewöhnlich groß war auch das von Karte 1 nur knapp angeschnittene Maßgebiet von Kaiserslautern. Winnweiler bezog sein Maß offenbar aus Kaiserslautern, so daß man sein kleines Maßgebiet in das Lauterer integrieren könnte.
Das größte wormsische Maß hatte Kirchheimbolanden, das wohl hauptsächlich Einkäufer vom Rhein anziehen wollte. Offenbar hatte sich das Kirchheimbolander Maß zum Nachteil des Einselthumer Maßes auf dem Donnersberg ausgebreitet. Das schon im 8. Jahrhundert erwähnte Einselthum war ein Dorf, das mit seinem Maß keine Politik trieb. Daß das Maß etwas kleiner war als das Wormser erklärt sich damit, daß es diesem nicht folgte, als es über Mainz ging. Hätte sich Einselthum angeschlossen, drohte eine entsprechende Erhöhung von fixen Getreidegülten. Daß die zweiprozentige Differenz nicht von der schlechten Reproduzierbarkeit von Ausliterungen mit Getreide herrührt, zeigt sich daran, daß das Einselthumer Maß in Ilbesheim, Albisheim und Ruppertsecken mit dem Wormser konkurrierte, d.h. es war ein Individuum. Ebenso konserativ wie Einselthum war das Eßweiler Tal, dessen Maß hier nicht weiter interessiert.
Trotz der einprozentigen Differenz darf man das Steinbacher Maß für das Wormser halten. Steinbach war ein kleines Dorf, dessen Maß vom Lauterer und Winnweilerer bedroht war. Daß sich das Steinbacher-Wormser Maß behaupten konnte, hatte es Gülten zu verdanken, die auf Wormser Maß lauteten und mit dem Kaiserslauterer-Winnweilerer Maß um einige Prozent gestiegen wären.
Mit Glattmaltern von etwa 109 bis 119 l war die Landschaft der Maßgrößen im Bereich der Mainz-Wormser Familie vergleichweise homogen, was der getreidemetrologischen Kommunikation ebenso zum Vorteil gereichte wie die Kompatibilität der Rechensysteme.
Was die Maßhaltigkeit angeht, so unterstellt Karl Lamprecht dem Mainzer Maß im späten Mittelalter unter Anwendung untauglicher maßvergleichender Mittel einen Schlingerkurs. Eine entsprechende Diskussion würde hier zu weit weit führen, doch sei wenigstens gesagt, daß Lamprecht nicht einmal weiß, wie sich das Mainzer System darstellte [Anm. 53]. Ich selbst gehe davon aus, daß sich am Mainzer Viernzel vom frühen Mittelalter bis in die frühe Moderne nichts änderte. Leider sind keine Eichmaße überliefert, so daß die Contenance-Frage auf diesem Weg keine Antwort findet[Anm. 54].
In Worms haben sich zwei Eichmaße des 16. Jahrhunderts erhalten [Anm. 55], nach denen das Wormser Maß in der frühen Neuzeit keine Veränderung erfuhr. Die im Mittelalter stattfindende Vergrößerung war seinem Ruf gewiß nicht zuträglich. 1226 genoß es (noch oder wieder) allgemeines Vertrauen, denn in jenem Jahr begegnet es bei einem Rentengeschäft zwischen Lüttich und Wadgassen auf überregionaler Ebene [Anm. 56].
Die Binger Familie
Die in etwa dem frühmittelalterlichen Nahegau entsprechende Binger Familie zählte mehr als 20 Maße, von denen hier nur die von Bingen, Kreuznach, Ober-Hilbersheim und Armsheim interessieren. Die Maße waren sich im System 1 Malter = 8 Simmer = 32 Sester = 128 Mäßchen einig. Das Mäßchen konnte andere Namen tragen. Die als Simmer bezeichneten Hauptmaße waren kleiner als die mainzisch-wormsischen; die Malter waren größer, weil man die Hauptmaße nicht mal 4, sondern mal 8 nahm. Über dem Simmer stand u.a. in Bingen und Kreuznach ein stark frequentiertes Doppelsimmer, das wegen seines Verhältnisses zum Malter als Viernzel bezeichnet wurde. Einige Mitglieder der Binger Familie hatten außer dem Viertelhauptmaß Sester ein Drittelhauptmaß, das den Namen Dreiling trug.
Bingen | Simmer 17,297 l | Malter 138,376 l |
Kreuznach | Simmer 17,215 l | Malter 137,720 l |
Ober-Hilbersheim | Simmer 18,336 l | Malter 146,700 l |
Armsheim | Simmer 16,016 l | Malter 128,120 l |
Da die Größenanschauung der Maße an den Maltern festmachte, war von großem bzw. kleinem Maß die Rede, wo die Familien von Bingen und Mainz-Worms konkurrierten.
Die Maße von Bingen und Kreunach waren universell, die von Ober-Hilbersheim und Armsheim wahrscheinlich auch. Das relativ große Ober-Hilbersheimer Maß galt 1802 nur noch in Schimsheim, das heute bei Armsheim ist. Nicht viel populärer war das Armsheimer Maß, dessen Malter zwischen Bingen und Mainz vermittelte. Es ging dazu deutlich unter seine Mutter, was sonst nicht üblich war.
Die Maßgebiete von Bingen und Kreuznach setzten sich im Departement Rhein-Mosel fort. Im Süden kam das im Mittelalter auch als Binger Maß bezeichnete Kreuznacher Maß fast bis Rockenhausen, was sich mit der Brühlschen Quelle nicht nachvollziehen läßt, weil sie an der unteren Alsenz versagt. Als Binger Maß firmierte im 15. Jahrhundert auch das Maß von Meisenheim/Glan, obwohl es sich von seiner Mutter zumindest in der Spezialisation unterschied [Anm. 57].
Der Vorstoß der Nahegau-Grafschaft in den Wormsgau hatte wohl einen gewissen Einfluß auf die Verbreitung des Binger Maßes bzw. der Binger Familie. So würde ich meinen, daß die getreidemetrologisch nach Bingen orientierten Orte Ober-Hilbersheim, Schimsheim, Armsheim, Gau-Weinheim und Wallertheim im frühen Mittelalter das Maß von Mainz und Worms hatten. Das Binger Maß (oder was man unter Binger Maß verstand) stieß fast bis Alzey vor, um in der Neuzeit vom Alzeyer Maß zurückgeschlagen zu werden. Verloren gingen der Binger Familie u.a. Bornheim und Lonsheim [Anm. 58].
Das Binger Simmer zu rd. 17,3 l tradierte zweifelsfrei den altrömischen modius castrensis alias Lagermodius, der rd. 17,4 l entsprach (netto). Wegen seiner Contenance genoß das Binger Maß ein dermaßen hohes Vertrauen, daß es auch bei Geschäften Zuspruch fand, bei denen beide Parteien außerhalb der Binger Maßprovinz saßen [Anm. 59].
Die Speyerer Familie
Die sich durch das System 1 Malter = 8 Simri/Simmer = 32 Immel sowie durch Malter von mehr als 125 l auszeichnende Speyerer Familie schneidet Karte 1 zur teilweise Arrondierung der Mainz-Wormser Familie an. In Erscheinung treten nur das Speyerer Maß und dessen Neustadter Kind. Leider macht Brühl keine Angaben über die im Grenzbereich gelegenen Orte. Lediglich zwischen Frankenstein (Lauterer Maß) und Weidenthal (Neustadter Maß) steht die Grenze genau fest. Am Rhein gehörte Oppau zur Wormser Familie, das benachbarte Friesenheim gewiß zur Speyerer Familie, da der Ort sonst alle Maße von Speyer hatte. Es ist jedoch sicher, daß in Friesenheim auch das Wormser Maß von Frankenthal in Gebrauch war.
Pfingsten 2009,
Frank Wagner
Anmerkungen:
- Die an stark frequentierten Plätzen aufgestellten Maßtische dienten der Eichung und Kontrolle von Hohlmaßen. Das bekannteste Exemplar ist das von Pompeji. Die Suchbegriffe mensa ponderaria und Pompeji führen im Internet zu Abbildungen des Objekts. In Mainz, Worms und Bingen muß es Maßtische gegeben haben. Zurück
- Zum römischen Maß- und Gewichtssystem siehe: August Oxé, Kor und Kab - Antike Hohlmaße und Gewichte in neuer Beleuchtung, Bonner Jahrbücher 147, 1942, S. 91-216. Über die genauen Größen der altrömischen Maße und Gewichte besteht keine Einigkeit. Oxé veranschlagt das Quadrantal bzw. die Amphore mit 26,0928 l, die Brutto-Version mit 27,18 l. Der besseren Teilbarkeit wegen runde ich das Netto-Quadrantal auf 26,1 l, womit sich der modius castrensis auf 17,4 l, der italische Modius auf 8,7 l stellt. Die altrömische Netto-Libra bei Oxé mit 326,16 gr, die Brutto-Libra mit 339,75 gr. - Trimodium und corbula trimodia bei: Friedrich Hultsch, Griechische und römische Metrologie, Berlin 1862, S. 94. Zurück
- Heinz Ziegler, Die Kölner Mark in neuem Licht, Hansische Geschichtsblätter 98, 1980, S. 41, 42. Zurück
- Harald Witthöft, Handbuch der Historischen Metrologie, Bd. 2, St. Katharinen 1993, S. 416. Zurück
- Siegfried Lauffer, Diokletians Preisedikt, Texte und Kommentare 5, Berlin 1971, S. 54, 98. Zurück
- Zu den diesseitigen Quadrantal-Maßen gehörte das Trierer Viernzel zu 26,65 l, zu den jenseitigen der wohl anläßlich der Bistumsgründung eingeführte Hamburger Himten zu 26,34 l. Das Vorbild gaben die rheinischen Bischofsstädte Mainz, Worms, Trier und Köln. In Köln tradierte das am Ende des Mittelalters einschlafende Modius-Simmer zu rd. 27 l das Quadrantal (s. Anm. 13). Der Hamburger Himten und das Trierer Viernzel bei: Harald Witthöft, Handbuch der Historischen Metrologie, Bd. 2, St. Katharinen 1993, S. 207, 476. Zurück
- MGH SS 7, S. 40 (Annales Fuldenses). Zurück
- Karl Glöckner, Codex Laureshamensis, 3. Bd., Darmstadt 1936, Nr. 3674 (Reichsurbar), S. 175. Zurück
- Frank Wagner, Der karolingische modius publicus, Blätter für deutsche Landesgeschichte 143, 2007 (erschienen 2009), S. 153-222, insbesondere S. 194-196. Zurück
- Heinrich Boos, Urkundenbuch der Stadt Worms, Bd. 1, Berlin 1886, S. 11, 18. Zurück
- Eine formula imperialis hat lat. staupus statt dt. stouf, und zwar im Zusammenhang mit Senfkörnern. MGH LL V, Formulae, S. 287. Zurück
- Hans-Peter Lachmann, Die älteste Rechnung der Obergrafschaft Katzenelnbogen aus dem Jahre 1401, Archiv für hessische Geschichte und Altertumskunde, NF 31, Heft 1/2, 1971/1972, S. 64. Zurück
- Benno Hilliger, Der Rauminhalt der Kölner Hohlmaße des Mittelalters, in: Festgabe G. Seeliger, Leipzig 1920, S. 9-28. Nach einem Merkspruch des 13. Jahrhunderts gingen auf den Modius zu 4 Modiussimmer 48 Stop, auf den Malter zu 4 Maltersimmer 62 ½ Stop. Die Normeinheit Stop schätzt Hilliger auf 2 Liter. Die Größe des Stops läßt sich besser bestimmen, und zwar mit dem überlieferten Maltersimmer aus der Zeit vor Mitte des 14. Jahrhunderts, das Hilliger offenbar nicht bekannt war. Es hält nach einer stereometrischen Vermessung 35,04 l, die zu einem Stop von rd. 2,25 l, einem Modiussimmer von 27 l und einem Modius von 108 l führen. Das Modiussimmer tradierte zweifelsfrei das altrömische Quadrantal. Das Maltersimmer bei: Ulrike Wirtler und Werner Schäfke, Kölner Maße und Gewichte - Die Bestände des Kölnischen Stadtmuseums, Köln 2003, S. 96, 97 (mit Abb.). Zurück
- Zum Problem der metrologischen aequalitas in karolingischer Zeit siehe: Frank Wagner, Der karolingische modius publicus, Blätter für deutsche Landesgeschichte 143, 2007, S. 173-175. Zurück
- Siehe dazu: Wolfgang von Hippel et al., Maß und Gewicht im Gebiet von Bayerischer Pfalz und Rheinhessen (Departement Donnersberg) am Ende des 18. Jahrhunderts, Südwestdeutsche Schriften 16, Mannheim 1994, S. 19-22. Zurück
- Wolfgang von Hippel et al., Maß und Gewicht im Gebiet von Bayerischer Pfalz und Rheinhessen (Departement Donnersberg) am Ende des 18. Jahrhunderts, Südwestdeutsche Schriften 16, Mannheim 1994, S. 23-40. Zurück
- Das hessische Landesmaß bei: Harald Witthöft, Handbuch der Historischen Metrologie, Bd. 2, St. Katharinen 1993, S. 228-230. Zurück
- Zur Herkunft des Darmstädter Maßes siehe: Georg Kaspar Chelius, Zuverlässige Vergleichung sämmtlicher Maasse und Gewichte der Handelsstadt Frankfurt am Main, Frankfurt 1808, S. 117, Anm.* (Berufung auf Huberti). Zurück
- Das preußische Landesmaß bei: C. L. W. Aldefeld, Die älteren und neuen Maaße und Gewichte der Königlich Preußischen Rheinprovinz, Aachen/Leipzig 1835, S. 9, 11. Zurück
- Zu den getreidemetrologischen Verhältnissen in Westfalen siehe: Harald Witthöft, Getreidemaße im südlichen Westfalen im 19. Jahrhundert, Westfälische Forschungen 40, 1990, S. 150-194. Zurück
- Das Scheffelsystem zu Mainz, der Dortmunder Scheffel und der Reichsscheffel zu Dortmund bei: Harald Witthöft, Handbuch der Historischen Metrologie, Bd. 2, St. Katharinen 1993, S. 140, 141, 303, 304, 307. Zurück
- Zu Heinrich Brühl siehe: Wolfgang von Hippel et al., Maß und Gewicht im Gebiet von Bayerischer Pfalz und Rheinhessen (Departement Donnersberg) am Ende des 18. Jahrhunderts, Südwestdeutsche Schriften 16, Mannheim 1994, S. 21, 22. Zurück
- Friedrich und Walter Lutz, Altwürttembergische Hohlmaße, Stuttgart 1938, S. 10. Zurück
- Wolfgang von Hippel, Maß und Gewicht im Gebiet des Großherzogtums Baden um 1800, Südwestdeutsche Schriften 19, Mannheim 1996, S. 25. Zurück
- Siehe z.B. den Dreiling (zusammen mit dem Vierling) in der Rockenhausener Kellereirechnung von 1793, Landesarchiv Speyer, Best. A 3, Nr. 715. - Rockenhausen hatte nach Brühl Lauterer Maß, nach der genannten Kellereirechnung Alzeyer Maß, was bei glatter Frucht keinen Unterschied machte. Zurück
- In Worms haben sich die bronzenen Eichgefäße für das Viernzel und den Vierling aus dem 16. Jahrhundert erhalten. Nach den Ausliterungen des Eichamts Worms von 1932 hält das Viernzel 27,85 l, der Vierling 6,925 l. Heinrich Brühl hat 27,857 l bzw. 6,964 l. Eichviernzel und -vierling bei: Heinz Biehn, Meister Eckehard und die Wormser Hohlmaße, Der Wormsgau, 2. Bd., 1. Heft, 1934, S. 29-33. Zurück
- Das Kreuznacher Maß bei: Joh. Niklas Simon, Vergleichungstafeln der neuen Maase der fränkischen Republik mit den in den ehemals Trierischen, Köllnischen, Pfälzischen und andern Landen, woraus gegenwärtig das Rhein- und Mosel-Departement besteht, gebräuchlichen Maasen, Koblenz [1802], S. 69. Zurück
- Zur Civitas Vangionum siehe: Helmut Bernhard, Die römische Geschichte in Rheinland-Pfalz, in: Heinz Cüppers [Hrg.], Die Römer in Rheinland-Pfalz, Stuttgart 1990, S. 110, Abb. 58 (Provinz- und Civitaseinteilung zwischen Rhein und Mosel). - Zum Wormsgau siehe: Geschichtlicher Atlas von Hessen, Karte 8 a: Die Gaue vor 900, und Karte 8 b: Die Gaue nach 900 (Karten von Hildegard John, Kommentar von Fritz Backhaus). Nach den beiden Karten expandierte die Grafschaft im Nahegau in den Wormsgau. Die Westgrenze des Wormsgaus ist offen. Nach den getreidemetrologischen Verhältnissen zu urteilen ging der Wormsgau bis zum Ende des Landstuhler Bruchs. Zwei Kinder des Wormser Maßes stießen an den Glan, nämlich die von Kaiserslautern und Eßweiler. Zurück
- G. I. Caesar, Der Gallische Krieg, I 51 (2). Zurück
- Martin Dolch und Michael Münch, Urkundenbuch der Stadt Kaiserslautern, Teil 1, Otterbach 1994, Nr. 15 a und c, S. 47,48. Zurück
- So werden in einer Königsurkunde von 985 ecclesia, civitas und urbs von Worms als vangionisch bezeichnet. Heinrich Boos, Urkundenbuch der Stadt Worms, Bd. 1, Berlin 1886, Nr. 36. Zurück
- Die Grafen als Maßpfleger in: MGH LL II, tom. II, S. 318, § 20. - Im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit konnten Freie jedweder Kategorie das an sich königliche Recht am Maß ausüben. Zurück
- www.steinbach-am-donnersberg.de/Geschichte/Geschichte.html Zurück
- Armsheim ging ausnahmsweise unter seine Mutter. Ein wenig kleiner als ihre Mutter waren die Wormser Kinder, die die Vergrößerung des Wormser Maßes um knapp 2 % nicht mitmachten. Ihre Glattmalter entsprachen dem Mainzer Malter. Zurück
- Zu den getreidemetrologischen Verhältnissen im Unterelsaß siehe: C[itoyen] Carondelet, Tables de Réduction, Strasbourg an X [1802]. - Man beachte, daß die für das Departement Bas-Rhin bestimmte Vergleichung einige Maße auswirft, die nicht in das getreidemetrologische Unterelsaß gehörten, z.B. das Landauer Maß, das ein Speyerer Kind war. Zurück
- Siehe dazu den Fall Wien bei: Johann Georg Krünitz, Ökonomisch-technologische Enzyklopädie, Bd. 45, 1789, S. 696 (elektronische Ausgabe der Universitätsbibliothek Trier). Zurück
- Hauptstationen waren Mainz (Malter 109 l), Frankfurt (Malter 115 l), Aschaffenburg (138 l), Miltenberg und Wertheim (Malter 156 l), Würzburg (Malter 173 l, Schweinfurt (Malter 193 l). Die Malter von Frankfurt, Aschaffenburg, Miltenberg, Wertheim und Würzburg bei: Harald Witthöft, Handbuch der Historischen Metrologie, Bd. 2, St. Katharinen 1993, S. 170, 57, 320, 503, 526. Der Schweinfurter Malter bei: Gabriele Hendges, Maße und Gewichte im Hochstift Würzburg vom 16. bis zum 19. Jahrhundert, Materialien zur bayerischen Landesgeschichte 8, München 1989, S. 40, 41. - Die Maße unterschiedlicher Wurzel verbindende Malter-Staffel riß hinter Schweinfurt ab, d.h. hier endete das Einzugsgebiet des Mainzer Marktes. Ob die Organisation im späten Mittelalter noch auf der ganzen Strecke zweckmäßig war, ist fraglich. Zurück
- Ich bin mir nicht sicher, daß tatsächlich überall derselbe Normalpreis galt. Wie auch immer, konnten die Preise nur dann nominell gleich sein, wenn überall dieselbe Pfennig- oder Hellerwährung galt. Das war noch unter dem Reichsheller und unter dem Mitte der 1330er Jahre eingeführten Alten Heller der Fall. Im späten 14. Jahrhundert begannen sich an Rhein und Main verschiedene Heller- und Pfennigwährungen auszubilden, so daß der Fernhandel die örtlichen Preise auf Silber reduzieren mußte. Zurück
- 1693 beschwerte sich Lüneburg über die Vereinheitlichung von Maß und Gewicht im Herzogtum Lüneburg-Braunschweig, wodurch es mit den geringsten Flecken gleich gemacht würde. Siehe: Harald Witthöft, Umrisse einer historischen Metrologie zum Nutzen der wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Forschung - Maß und Gewicht in Stadt und Land Lüneburg, im Hanseraum und im Kurfürstentum/Königreich Hannover vom 13. bis zum 19. Jahrhundert, Bd. 2, Göttingen 1979, S. 642. Zurück
- Das Wein-Viertel entsprach dem 4. Teil der Brutto-Amphore. Zurück
- Die beiden Gescheid-Werte bei: Harald Witthöft, Handbuch der Historischen Metrologie, Bd. 2, St. Katharinen 1993, S. 303. Zurück
- Heinz Ziegler, Die Kölner Mark in neuem Licht, Hansische Geschichtsblätter 98, 1980, S. 42, 43. Ziegler rechnet mit einer unerheblich größeren Libra von 339,3 gr. Zurück
- Heinz Ziegler, Überregionale Maßanpassungen in Nordeuropa - handelspolitische Reaktionen? in: Harald Witthöft, Jean-Claude Hocquet, Istvan Kiss, Metrologische Strukturen und die Entwicklung der alten Maß-Systeme, St. Katharinen 1988, S. 209, Anm. 32. Zurück
- Zu den Frankfurter Hohlmaßen siehe: Georg Kaspar Chelius, Zuverlässige Vergleichung sämmtlicher Maasse und Gewichte der Handelsstadt Frankfurt am Main, Frankfurt 1808, S. 36-64; das Nürnberger Apothekerpfund auf S. 91-94. Zurück
- Der Sack in den Rechnungen der katzenelnbogischen Kellerei Stadecken bis Mitte des 15. Jahrhunderts, seither der Malter. Hessisches Staatsarchiv Marburg, Abt. 3, Rechnungen 1, 105/1-18. Zurück
- Wolfgang von Hippel, Maß und Gewicht im Gebiet des Großherzogtums Baden um 1800, Südwestdeutsche Schriften 19, Mannheim 1996, S. 255. - Nach S. 71-73 der 1766 in Zweibrücken erschienenen "Frucht- und Weinmaaßreduktion, enthaltend wie sich sämtliche im Herzogthum Zweybrücken so wohl als in den benachbarten Ortschaften eingeführte Maasungen gegen die Zweybrücker Oberamtsmaasung ... verhalten" waren die Wormser Malter für Spelz und Hafer ein Achtel größer als der Glattmalter. Zurück
- Ein Wormser Kind fehlt bei Brühl, nämlich das Maß des Eßweiler Tals. Siehe: Frucht- und Weinmaaßreduktion, enthaltend wie sich sämtliche im Herzogthum Zweybrücken so wohl als in den benachbarten Ortschaften eingeführte Maasungen gegen die Zweybrücker Oberamtsmaasung ... verhalten, Zweibrücken 1766, S. 31-34. - Der neue Zweibrücker Malter zu 4 Faß bei Brühl. Bis 1766 gingen auf den Zweibrücker Malter 8 Faß. Der alten Form gab man den Namen Hornbacher Maß. Das alte Hornbacher Maß ging 1766 ab. Zurück
- Der Lauterer Spelz/Dinkelmalter begegnet auch als Burgmalter: 4 abgestrichene + 1 gehäuftes Viernzel (= 5 ½ Viernzel). Siehe die Reduktion in der Rockenhausener Kellereirechnung von 1793, Landesarchiv Speyer, Best. A 3, Nr. 715. Zurück
- Harald Witthöft, Handbuch der Historischen Metrologie, Bd. 2, St. Katharinen 1993, S. 131. Zurück
- Wolfgang von Hippel, Maß und Gewicht im Gebiet des Großherzogtums Baden um 1800, Südwestdeutsche Schriften 19, Mannheim 1996, S. 127, 163. Zurück
- Siehe z.B. die Maßvergleichungen in der Germersheimer Kellereirechnung von 1782, Landesarchiv Speyer, Best. A 3, Nr. 154 (unpaginiert): 8 Simmer Germersheim = 9 Simmer Heidelberg = 9 Simmer Frankenthal. - Das Heidelberger Viernzel zu 2 Simmer stimmte mit dem Wormser überein. Siehe: Wolfgang von Hippel, Maß und Gewicht im Gebiet des Großherzogtums Baden um 1800, Südwestdeutsche Schriften 19, Mannheim 1996, S. 127. - Offenbar erhielt Brühl von Frankenthal, Oppau und Lambsheim Kopien der Simmer, die er als Viernzel ansah. Damit fielen die Viernzel wie auch die anderen Einheiten halb so groß aus. Zurück
- Brühl hat den Vierling mit 2,2722 l, das Viernzel mit 9,089 l, den Malter mit 36,36 l. Daß Einselthum ein Maß Wormser Typs hatte, steht wegen der Maßbegriffe und des familiären Umfelds außer Frage. Die Maßgrößen sind aber absurd. So kann der Malter nicht 36,36 l entsprochen haben, weil Malter im mitteleuropäischen Raum ausnahmslos Großeinheiten von mehr als 100 l kennzeichnete. Wahrscheinlich hielt Brühl einen Dreiling in Händen, der als Viernzel durchging. Nimmt man nämlich das angebliche Viernzel mal 3, ergibt sich ein plausibles Viernzel von 27,267 l, das zu einem Vierling von 6,817 l und einem Malter von 109,068 l führt. Der richtige Malter entspricht praktisch dem Mainzer, d.h. Einselthum zog nicht mit, als Worms über Mainz ging. Ebenso verhielt es sich mit dem Maß des Eßweiler Tals. Zurück
- Karl Lamprecht, Deutsches Wirtschaftsleben im Mittelalter, II. Statistisches Material, Quellenkunde, Leipzig 1885, S. 505. Auf S. 509 verleiht Lamprecht dem Mainzer Malter 8 Simmer (statt 4 Viernzel). Zurück
- Die Eichmaße für Wein befinden sich im Mainzer Landesmuseum. Zurück
- Siehe Anmerkung 26. Zurück
- Karl Lamprecht, Deutsches Wirtschaftsleben im Mittelalter, II. Statistisches Material, Quellenkunde, Leipzig 1885, S. 482. Zurück
- Die Meisenheimer Getreiderenten der Grafschaft Veldenz und des Herzogtums Pfalz-Zweibrücken notierten Mitte des 15. Jahrhunderts mit Binger Maß. Siehe: Frank Wagner, Die Finanz- und Dienstordnung für das Herzogtum Pfalz-Zweibrücken-Simmern und die Grafschaft Veldenz von 1443, Kaiserslauterer Jahrbuch zur pfälzischen Geschichte und Volkskunde, Bd. 2/3, 2002/2003, S. 71-74. Nach mehreren Umrechnungen vom Lauterer Maß in das sog. Binger Maß von Meisenheim zerfiel letzteres in Glatt- und Rauhmaß. Zurück
- Bornheim und Lonsheim hatten nach einem Alzeyer Salbuch von etwa 1430 Binger Maß. Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, C 2, Nr. 303/1, Bl. 30`. - Wegen der Nähe zu Alzey muß in Bornheim und Lonsheim auch das Alzeyer Maß in Gebrauch gewesen sein. Zurück
- Karl Lamprecht, Deutsches Wirtschaftsleben im Mittelalter, II. Statistisches Material, Quellenkunde, Leipzig 1885, S. 482: Getreiderente zwischen Aachen und Kesselheim (unterhalb Koblenz) 1551 in Binger Maß. Zurück