Ludwig Maria Hugo
Mainzer Bischof mit einer Amtszeit 1921-1935, geb.1871, gest. 1935.
Ludwig Maria Hugo wurde am 19.1.1871 in Arzheim geboren. Der einem streng konservativen Glaubens- und Kirchenverständnis verpflichtete Regens des Speyerer Priesterseminars setzte sich als Bischof insbesondere für die Intensivierung und Förderung des religiösen Lebens, den Ausbau des katholischen Vereinswesens und den Aufbau des Caritasverbandes mit seinen sozialen und pflegerischen Diensten und Einrichtungen ein. Er veranlasste die notwendigen Fundamentierungarbeiten zur Sicherung des Doms. Er stellte sich vor die Priester, die öffentlich auf die Unvereinbarkeit des Nationalsozialismus mit der christlichen Glaubens- und Sittenlehre hinwiesen und verstorbenen Mitglieder der NSDAP ein christliches Begräbnis verweigerten. Er musste seit 1933 erfahren, dass die Zurücknahme der bischöflichen Sanktionenen gegenüber katholischen NSDAP-Mitgliedern auf Grund der Zusagen Hitlers und des Konkordates die Nationalsozialisten nicht an Übergriffen gegen Personen und Institutionen hinderte. Ludwig Maria Hugo starb am 30.3.1935 in Mainz.
Ausführliche Biographie
Die Art und Weise, wie der Regens des Priesterseminars in Speyer das Mainzer Bischofsamt erlangte, wurde nicht nur vom Domkapitel als Skandal empfunden. Generalvikar Dr. Ludwig Bendrix, der mit Ludwig Hugo das streng konservative und antimodernistische Glaubens- und Kirchenverständnis teilte, erreichte über den Münchner Erzbischof Kardinal Faulhaber und den päpstlichen Nuntius Eugenio Pacelli, den späteren Papst Pius XII., von Papst Benedikt XV. die Ernennung Hugos zum Koadjutor des erkrankten Bischofs Georg Heinrich Kirstein mit dem Recht der Nachfolge. Diese Aktion wurde ohne Wissen des Domkapitels durchgeführt. Der Generalvikar informierte dieses erst, nachdem die Ernennung bereits vollzogen war. Die im Speyerer Dom ausgerichtete Bischofsweihe von Dr. Ludwig Hugo wurde von den meisten Mitgliedern des Domkapitels boykottiert.
Ludwig Hugo, 1871 in Arzheim (Pfalz) als Sohn eines Volksschullehrers geboren, besuchte die Lateinschule in Grünstadt, das Knabenkonvikt und das Gymnasium in Speyer, studierte nach dem Abitur in Innsbruck und Rom Philosophie und Theologie, erwarb in Rom den Titel eines Dr. theol., kehrte nach der Priesterweihe in seine pfälzische Heimat zurück, wirkte als Diözesanpriester in verschiedenen Bereichen und wurde von Bischof Faulhaber, damals noch Bischof von Speyer, 1915 mit der Leitung des Priesterseminars in Speyer beauftragt.
Nach dem Tod von Bischof Kirstein wurde Ludwig Maria Hugo - den zusätzlichen Vornamen "Maria" legte er sich als Bischof zu - am 27. April 1921 im Mainzer Dom inthronisiert. Bischof Hugo hatte trotz der unliebsamen Begleiterscheinungen seiner Ernennung schnell bewiesen, dass er ein guter und tüchtiger Bischof war. Es war ja auch nicht so sehr seine Person, die als Affront empfunden wurde, sondern die Art und Weise, wie man ihn in dieses Amt hineinbrachte. Seine pastoralen und organisatorischen Aktivitäten waren bedeutend. Dazu gehören u.a.: die Einführung der Frühkommunion, der Aufbau des kirchlichen Wohlfahrtsverbandes, der Caritas, im Bistum Mainz und die Schaffung zahlreicher karitativer Einrichtungen, die Wiederherrichtung der aufgelassenen Karmeliterkirche, die Durchführung der schwierigen Fundamentierungarbeiten am Mainzer Dom, die Förderung des katholischen Vereinswesens, die Wiederbegründung der 1918 aufgegebenen Wochenzeitung "Der Katholik" als Organ der Katholischen Aktion, die Errichtung von 27 neuen Pfarreien und der Bau von 18 Kirchen, die Neugründung oder Wiederherstellung von Klöstern und die Errichtung eines Exerzitienhauses auf Schloss Braunshardt bei Darmstadt.
Obgleich Bischof Hugo besonderen Wert auf die Pflege und Förderung des religiösen Lebens legte, beobachtete er aufmerksam die politische Entwicklung. Er hatte den Nationalsozialismus frühzeitig durchschaut und stellte sich schützend vor die Priester, die öffentlich die Unvereinbarkeit von Christentum und nationalsozialistischer Weltanschauung verkündeten. Besonders energisch bekämpfte sein Generalvikar Dr. Philipp Jakob Mayer die Nationalsozialisten. So ordnete dieser an, dass Mitgliedern der NSDAP kein kirchliches Begräbnis erhalten dürften. Obgleich diese Anordnung manchen Priester in Gewissenskonflikte brachte, blieb der Generalvikar, von seinem Bischof gestützt, bei dieser Anordnung. Dies führte dazu, dass Bischof und Generalvikar von der nationalsozialistischen Presse attackiert und diffamiert wurden und vor dem bischöflichen Palais die SA lärmend und randalierend aufmarschierte.
Die katholische Bevölkerung stand auch nach der Machtergreifung zu ihrem Bischof. Religiöse Feiern und Prozessionen wurden zu politischen Kundgebungen. Der dritte internationale Christkönig-Kongress konnte vom 25. bis 29. Oktober 1933 trotz des nationalsozialistischen Drucks noch wie geplant in Mainz durchgeführt werden. An der Schlusskundgebung nahmen über 10.000 Menschen teil. 14.000 Jugendliche beteiligten sich 1934 an der Fronleichnamsfeier und 10.000 Teilnehmer an der Männerwallfahrt nach Marienthal.
Seit dem Ermächtigungsgesetz vom 23. März 1933 besaß Hitler die volle Macht und konnte nicht mehr durch den Reichstag kontrolliert werden. Die eingeschüchterte katholische Zentrumspartei stimmte diesem Gesetz zu in der trügerischen Hoffnung, Schlimmeres verhindern zu können, und hegte die Erwartung, dass Hitler die dem Zentrum gemachten kulturpolitischen Zugeständnisse einhalten würde. In einem Hirtenwort der deutschen Bischöfe, das auch von Bischof Hugo mitgetragen wurde und am 6. April 1933 im Kirchlichen Amtsblatt für die Diözese Mainz veröffentlicht wurde, wiesen die Bischöfe darauf hin, dass "von dem höchsten Vertreter der Reichsregierung und autoritären Führer jener Bewegung" - gemeint war die NSDAP - öffentlich und feierlich erklärt worden sei, dass die Unverletzlichkeit des katholischen Glaubens und der bestehenden Staatsverträge gewährleistet seien. Zwar blieben die Bischöfe bei der Verurteilung bestimmter religiös-sittlicher Irrtümer der nationalsozialistischen Weltanschauung, hoben aber alle Sanktionen gegenüber Katholiken, die der NSDAP als Mitglied angehörten, auf. Schnell merkten die Bischöfe, dass die Nationalsozialisten nicht daran dachten, ihre Zusagen zu halten. Das von Hitler mit dem Vatikan abgeschlossene Reichskonkordat konnte nicht verhindern, dass schon im Sommer 1933 von der Polizei in zahlreichen Pfarreien katholische Vereine und Jugendorganisationen aufgelöst wurden. Bischof Ludwig Maria Hugo starb nach einer längeren Krankheit am 30. März 1935.