Leo Maillet
1902-1990 - Künstler einer verschollenen Generation
Im November 1994 fand eine viel beachtete Ausstellung mit Werken des jüdischen Künstlers Leo Maillet in der Christian-Erbach-Hauptschule in Gau-Algesheim statt. Einer glücklichen Zusammenarbeit zwischen den Söhnen des verstorbenen Künstlers, Daniel Maillet und Nikolaus Mayer, dem Frankfurter Ernst Ludwig Schulz, dem Ehepaar Alexandra und Uli Romanowski aus Ingelheim und der Verbandsgemeinde Gau-Algesheim war es zu verdanken, dass diese Ausstellung in Gau-Algesheim stattfinden konnte. Es war übrigens die erste Ausstellung mit den Kriegszeichnungen des Beckmannschülers und die zweite mit den Radierungen aus der Zeit vor 1940. Die Ausstellung fand ein lebhaftes Echo in Presse und Rundfunk. Leider nahm das Fernsehen keine Notiz von der Präsentation. Der israelische Botschafter, seine Exzellenz Avis Primor, übersandte eine Grußadresse und bedauerte es sehr, dass er plötzlich in sein Heimatland zu dringenden Amtsgeschäften gerufen wurde und deshalb nicht an der Eröffnungsveranstaltung teilnehmen konnte.
Wer war nun Leo Maillet und warum fand diese Ausstellung gerade in Gau-Algesheim statt? Leo Maillet erblickte am 29. März 1902 als Leopold Mayer in Frankfurt am Main das Licht der Welt. Seine Mutter Elisabetha (Betti), geb. Nathan entstammte einer alteingesessenen Gau-Algesheimer Familie. Das Haus der Großeltern in der Weingasse 25 ist nachweislich mindestens seit 1871 im Besitz der Familie. Sigmund Nathan hatte dort von 1905 bis 1921 eine Metzgerei. Es war keine Schächterei, was darauf schließen lässt, dass diese Familie dem liberalen Judentum angehörte. Nebenbei betrieb Nathan Rindviehhandel. Wie seine Mutter, Betti Nathan, das älteste von sechs Kindern des Ehepaares Sigmund Nathan und Rosa geb. Marx, hatte Leopold Mayer starke Bindungen zu den Großeltern in der rheinhessischen Kleinstadt und eine Liebe zur Landschaft schlechthin entwickelt, wie seine späteren Zeichnungen beweisen. In Gau-Algesheim verbrachte er meistens seine Ferien.
Betti Nathan, von der Leopold Mayer nach seinen eigenen Angaben die künstlerische Phantasie erbte und die seine künstlerische Begabung förderte, lebte, nachdem ihr Mann Eduard im Jahre 1932 gestorben war, von 1936 bis 1939 in Gau-Algesheim. Nach dem Tod der Großmutter im Jahre 1937 fristete sie allein und vereinsamt ihr Leben. Als das Gau-Algesheimer Anwesen an Anton Hassemer zum Preis von 8.000 Mark, von denen sie nur 4.000 Mark erhielt, zwangsweise veräußerte werden musste, meldete sie sich am 6. Januar 1939 nach Frankfurt, Jahnstraße 9, ab. Sie musste aufgrund der 2. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Änderung der Familiennamen und Vornamen vom 17. August 1938 ab dem 1. Januar 1939 den Zwangsnamen "Sara" führen. Die Zwangsnamen "Sara" und "Israel" wurden nach einer Rundverfügung des Oberpräsidiums Hessen-Pfalz vom 17. Mai 1946 wieder gelöscht, ohne die wenigen überlebenden Betroffenen zu fragen. Später wurde Betti Mayer in die Frankfurter Quintusgasse eingewiesen und mit weiteren 922 Juden in Viehwaggons ins Baltikum abtransportiert. Alle Insassen des Zuges wurden in einem Waldstück bei Riga erschossen. Ein Beschluss des Amtsgerichts in Frankfurt erklärte sie 1954 für tot. Als Todestag wurde der 31. Dezember 1945 festgesetzt.
Leopold Mayer beendete 1915 seine Schulzeit auf dem Philantropin, einer der bedeutendsten jüdischen Schulen in Deutschland, und nahm Malunterricht bei dem Aquarellisten Fay aus Wien. Doch dieser erklärte ihm bald, dass er ihm nichts mehr beibringen könne. Während dieser Zeit entstanden die ersten Aquarelle. Sein Vater wollte ihn auf der Kunstschule studieren lassen; doch die Schule war während des Krieges geschlossen. So begann er 1918 eine Bank- und Kaufmannslehre in einem der besten Modehäuser Frankfurts, Sigmund Strauß (Spitzenstrauß). Angeregt durch den im Elternhaus abonnierten Simplizissimus entstanden seine ersten Karikaturen. In der Parterre des Lehrbetriebes befand sich der Kunstsalon Schames, der Ausstellungen zeitgenössischer Maler veranstaltete: Paul Klee, Emil Nolde, Heinrich Campendonc u. a. Leopold Mayer ergatterte weggeworfene Kataloge und erweiterte seinen künstlerischen Horizont.
Ab 1920 arbeitete er im väterlichen Hutmodegeschäft. Auf seinen Geschäftsreisen versäumt er es nicht, Museen, Kunstgalerien und Theater zu besuchen. 1923 begann er eine Ausbildung an der Städelschule in Frankfurt, wo er in der Graphikklasse von Professor F. Karl Delavilla unterrichtet wurde. Sein Ziel war, Modezeichner zu werden. Er erlernte die Technik des Holzschnitts, der Radierung, des Kupferstiches und der Aquatinta. Während dieser Zeit schuf er etwa 30 bemerkenswerte Radierungen, wobei Francisco de Goya, Pierre Bonnard und Max Beckmann seine Vorbilder waren. Während seiner Semesterferien macht er mehrere Reisen in die Schweiz. Seine Kunstreiseberichte mit eigenen Illustrationen erschienen in verschiedenen Zeitungen. Aufgrund seiner Begabung nahm Max Beckmann Leopold Mayer 1930 in seine Meisterklasse auf, was eine hohe Auszeichnung bedeutete. Auf das Studium der Bilder von Rembrandt, Dürer und Brueghel verweist eine Handstudie, die an Dürer erinnert. Beckmann wollte mit Mayer eine gemeinsame Arbeit herausbringen. Die Zeitumstände verhinderten dies jedoch. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde die Beckmannschule aufgelöst, alle Werke wurden vernichtet. Da in der Städelschule in Frankfurt Mayers frühe Werke deponiert waren, fielen auch diese der Zerstörungswut der Nazis zum Opfer. 1934 gab Leopold Mayer sein Atelier in der Krögerstraße in Frankfurt auf und zog zu Mutter und Großmutter nach Gau-Algesheim. In den Melderegistern ist ein Eintrag jedoch nicht zu finden. Er hat sich offensichtlich weder in Frankfurt ab- noch in Gau-Algesheim angemeldet. Nun bereitete er sich auf seine Flucht vor und erlernte die Photographie, weil er hoffte, sich mit diesem Handwerk seinen Lebensunterhalt verdienen zu können. Mit einer tragbaren Dunkelkammer und einem Fotoapparat wanderte er 1935 zunächst nach Luxemburg aus. Dort hatte er sich im Hotel als Maler eingetragen. Nachts wurde er verhaftet und nach Frankreich abgeschoben. Man begründete seien Ausweisung damit, dass man in Luxemburg genug arbeitslose Maler habe, wobei man Maler mit Anstreicher gleichsetzte. Zunächst hielt sich Leopold Mayer in Vanves bei Paris auf. Obwohl er nie die Absicht hatte, nach Deutschland zurückzukehren, sprach die Reichskammer der bildenden Künste gegen ihn ein Berufsverbot aus und stellte ihm dieses an seine Frankfurter Adresse zu. Den Nazis war es offensichtlich entgangen, dass Mayer bereits emigriert war.
Von 1936 bis 1939 nahm er an mehreren Kunstausstellungen in Paris teil. Er arbeitete in derselben Werkstatt wie Picasso und Miró und radierte für Othon de Frieß das Blatt Parc du Luxembourg, das im Buch Stadt Paris zur Weltausstellung 1937 erschien. Darüber hinaus sicherte er sich seinen Lebensunterhalt als Photograph. 1938 wollte ihn der Kunstsachverständige Pierre Colle in Paris unter Vertrag nehmen. Colle vertrat auch Marchand, Bathus und Seligmann. Es kam zu keiner Zusammenarbeit, weil Colle plötzlich nach Amerika ausreiste. Im gleichen Jahre heiratete Leopold Mayer auf Drängen der französischen Behörden die Modezeichnerin Margarete Hoeß, mit der er bereits seit 1932 zusammenlebte und die mit ihm nach Frankreich emigriert war. Sie stammte aus einer sozialdemokratischen Familie, protestantischer Religion. Ihr Stiefvater war ein kleiner Postbeamter, der ein frühes Opfer des Naziterrors wurde. Man verhaftete ihn, weil er angeblich bei den Kommunisten die Fahne getragen habe. Er wandte sich deshalb mit einem persönlichen Brief an Hitler, erhielt aber keine Antwort. Daraufhin nahm er sich in Frankfurt das Leben. Leopold Mayer konnte die Ausweisung seiner Verlobten nur durch Heirat, die nach den Nürnberger Rassegesetzen verboten war, abwenden. Damit brach auch Margarete Hoeß endgültig mit Deutschland. Die Ehe wurde 1945 in der Schweiz geschieden. Mit dem Kriegsbeginn wurden alle Deutschen in Frankreich interniert. Mayer kam zunächst mit 10.000 anderen in ein Stadion bei Paris und anschließend in ein Lager nach Villerbon/ Dordogne in Mittelfrankreich. Dort wurden die Internierten in leeren Ställen untergebracht. Wie Mayer in seinem nachträglichen Tagebuch darlegt, wickelte ihn sein Kantonnementschef in eine Decke und versteckte ihn jeweils morgens, damit es keiner merkte, wenn andere zur Arbeit abgeholt wurden. So konnte er u.a. auch für den Kantonnementschef malen. Wer sich freiwillig zum Dienst in den Prestatärtruppen meldete, konnte aus dem Internierungslager freikommen. Diese Truppen hatten einen paramilitärischen Dienst zu leisten. Mayer kam auf diesem Wege in eine englische Arbeitskompanie nach St. Nazaire.
Nachdem die deutschen Truppen im Juni 1940 Paris und die Atlantikküste erreichten, musste Leopold Mayer erneut vor den Deutschen fliehen. Seine Frau kam in das berüchtigte KZ Gurs. Mit Hilfe der französischen Behörden konnte er sie jedoch freibekommen. Beide erhielten vom Präfekten in Arles die Erlaubnis, sich in St. Remy de Provence niederzulassen. In Les Beaux trafen sie durch Zufall Ludwig Rosenwald aus Offenbach, der unter Verfolgungswahn litt und sich zu Tode hungerte. 1940 gerieten Leo Maillet und seine Frau in einem Hafenbistro von Cannes in eine Razzia. Geistesgegenwärtig begann Maillet zu zeichnen. Als seine Tusche auszugehen drohte, verdünnte er diese mit Weißwein und Cassis. Ein neugieriger Polizist wunderte sich über die eigenartige Maltechnik, sagte dann aber schließlich: Monsieur, vous travaillez, ich will sie nicht weiter stören." Durch Verrat seiner Nachbarn verhaftete ihn 1942 die Vichy-Gendarmerie und lieferte ihn an die deutsche Gestapo aus. Diese verbrachte ihn nach Les Milles (bei Aix-en-Provence) und Rivesaltes (bei Perpignan). Als er vom Rivesaltes deportiert werden sollte, gelang es ihm, durch eine offene Luke des Viehwaggons ins Freie zu kommen und in der Nähe von Vierzon vom fahrenden Zug zu springen. Er verletzte sich so schwer, dass er auf dem linken Auge erblindete.
Leopold Mayer nahm nun den Namen Théophile Maillet an und signierte seine Bilder mit Th.M. Maillet heißt auf französisch Holzhammer. Warum er ausgerechnet diesen Name wählte, ist nicht überliefert. Seinen Söhnen erzählte er immer, dass Mayer auf französisch Maillet heiße. Die Aussprache im Französischen von Mayer und Maillet klingen ähnlich. Vielleicht war dies der Grund. Zuerst versteckte sich Maillet bei Tarascon, dann flüchtete er in die Cevennen, wo er als Hirte sein Leben fristete. 1943 räumte die Gestapo sein Atelier in Paris und zerstörte fast sein gesamtes Werk mit den Arbeiten seit etwa 1926. Durch Zufall wurde eine Mappe mit 30 Radierungen gerettet, weil die Hausmeisterin geistesgegenwärtig diese sicherstellte. Eine Kupferplatte mit der Wildkatze Sauvage war in Händen des Druckers Roger Lacourire geblieben, der ihm diese nach dem Kriege zurückgab. Sein Freund Jean Roger kaufte ihm damals einen Abzug für 1000 Francs ab, was ein Vermögen bedeutete.
1944 gelang Maillet mit Hilfe eines Pfarrers die Flucht in die Schweiz. Sein Leidensweg war damit jedoch noch nicht zu Ende. In der Schweiz wurde er erneut interniert, diesmal in Montreux bzw. Tschiertschen in Graubünden zusammen mit kultivierten italienischen Familien. Diese Internierung war sicher mit derjenigen in Frankreich nicht vergleichbar. Sie erfolgte ein Jahr lang in einem alten Hotel, aber für einen freiheitsliebenden Menschen ist jede Internierung bedrückend. Die amerikanische Organisation YMCA stellte ihm die notwendigen Malutensilien zur Verfügung. Die italienischen Leidensgenossen waren musikalische Leute. Hier fand er seine Objekte für seine Musikzeichnungen. Nach Kriegsende sollte er aus der Schweiz ausgewiesen werden. Aufgrund eines Stipendium war es ihm jedoch möglich, in der Schweiz zu bleiben und in der Kunstgewerbeschüler in Basel bzw. Lausanne vier Jahre Bühnenbildnerei und Typographie u. a. bei Professor Ernst Ruder studieren. Als Maillet 1945 in Basel nach Kupferplatten suchte, fand er in einem Trödelladen ein Bändchen von Kafka. Er wandte sich Kafkathemen zu, von denen er nie mehr los kam. In Zürich lernte Maillet Robert Konrad kennen, der die Kunstzeitschrift Essence herausgab. Nachdem Konrad tödlich verunglückt war, schenkte die Witwe Maillet die Handhebelpresse, auf der er von 1950 bis 1952 mit Adolf Hürlimann die vierteljährlich erscheinende Kunstzeitschrift Matière druckte.
Als die erste Biennale nach dem Kriege in Venedig eröffnet wurde, versuchte Maillet für Staatenlose einen eigenen Ausstellungspavillon zu eröffnen. Leider waren seine intensiven Bemühungen erfolglos.
1956 heiratete er seine zweite Frau, die um dreißig Jahre jüngere Regina Lippl, deren Vater Intendant des Münchner Residenztheaters war. Er hatte sie durch Frau Dr. Dorette Keller kennen gelernt, die ihn jahrelang in seinem künstlerischen Schaffen unterstütze. Aus dieser Ehe gingen zwei Söhne hervor, von denen er zwei Spitzbubenporträts radierte. Damit seine Kinder nicht staatenlos aufwachsen mussten, nahm Leo Maillet die deutsche Staatsangehörigkeit wieder an. Damals konnte nur der Vater und nicht die Mutter die deutsche Staatsangehörigkeit auf die Kinder übertragen.
Maillet strengte in Frankreich und in der Bundesrepublik einen Wiedergutmachungsprozess an. Beide endeten nach mehreren Jahren erfolgreich. Maillet beschrieb seine Verluste in seinem Tagebuch: "Dutzende großer Gemälde waren im Städel in der Klasse Beckmanns zerschnitten und übermalt worden. Eine Kiste mit dreißig Bildern auf dem Transport nach Paris war nie angekommen. Hunderte bearbeitete Kupferplatten mit teilweise gedruckter Auflage waren in Paris verlorengegangen, von Holzstöcken, Lithographien und vor allem Zeichnungen gar nicht zu reden." Die Bundesregierung bestellte zunächst eine Bibliothekar in Berlin zur Erstellung einer Expertise. Dieser beurteilte das Werk als sehr mittelmäßig. Der Gutachter für den Schadensersatzprozess, Professor Möhle, Direktor des Kupferstichkabinetts in Berlin stellte in einer positiven Expertise u. a. fest: sehr selbständig und persönlich! Auf ausdrückliches Befragen Maillets, ob er beckmännisch sei, meinte Möhle: "Sie sind zwar unbekannt und haben alles verloren, aber Sie gehören zu den fünf größten Malern und Radierern dieser Epoche, wie Beckmann, Dix, Dr. Grosz, Hofer in den Jahren 1925 bis 1933." Maillet blieb der rettenden Schweiz treu und nahm 1968 das Schweizer Bürgerrecht von Molinazzio di Monteggio an. In Verscio, wo er sich mit den Wiedergutmachungsgeldern eine Atelier baute, wurde er nach einem bewegten Leben sesshaft. Er schrieb dort aus der Erinnerung "sein bewegendes Tagebuch, um seinen Söhnen zu vermitteln, wie sich sein Leben zwischen Miseren, Glücksfällen und Wunderartigem abgespielt hat." (Maillet, Bilder, Skizzen und Notizen, S.12) Von der dortigen Bevölkerung wurde er liebevoll "Pittore Leo" genannt, was auf seine Beliebtheit bei den Mitbürgern schließen lässt. Sein Nachträgliches Tagebuch hilft uns heute, die Empfindungen und das Erleben zu verstehen, wie sie sich in seinen Werken widerspiegeln. Sein Werk ist der Spiegel seiner Seele. Es zeigt, dass Maillet nie verzagte und immer seinen Humor behielt. Er verstand es, in den schlimmsten, ja sogar lebensbedrohlichen Situationen, den Überblick zu behalten und durch pfiffiges Verhalten diese zu meistern. Leider ist ihm der künstlerische Durchbruch nicht gelungen. Das besagt natürlich nichts über die Qualität und Bedeutung seines Werkes. Als Einzelgänger hat er selbst nach dem Krieg nie wieder versucht, mit seinen früheren Künstlerkollegen Verbindungen aufzunehmen. So ist sein Werk weitgehend unbekannt geblieben. Maillet sagte einmal: Ich bin noch zu entdecken. Dass ihm die erwartete Anerkennung versagt blieb, dazu mag vielleicht die Vielseitigkeit in seinem Schaffen beigetragen haben, aber auch, dass ihm in den Wechselfällen seines Lebens die Kontinuität im Arbeiten versagt blieb. Frau Dr. Gabriele Mendelssohn hat es anlässlich der Maillet-Ausstellung im November 1994 so ausgedrückt: "Die Bedrohung seiner Existenz hat in seinen Bildern Niederschlag gefunden: Die Gemälde lassen sich stilistisch dem Expressionismus, der Neuen Sachlichkeit und zum Teil dem Surrealismus zuordnen. Die Entwicklung wurde, wie die vieler seiner gleichaltrigen Kollegen, zu einem Zeitpunkt abrupt unterbrochen, als er gerade dabei war als junger Mann seinen Weg zu finden. In seiner Emigration ging mehr und mehr die Verbindung zur aktuellen Kunstszene verloren. Nach dem Krieg hat er kaum Kontakte zu den Berufskollegen gesucht. Er ist ein Künstler einer verschollenen Generation. Die von 1890 bis 1910 geborenen Künstler waren mit Beginn der Nazizeit noch zu unbekannt und unbedeutend, als daß sie ihre Werke in namhaften Sammlungen hätten etablieren können. Diese treten jetzt immer mehr ins Blickfeld der Öffentlichkeit. Auch die Ausstellung in Gau-Algesheim, die Arbeiten eines dieser außergewöhnlichen Künstler vorstellt, liefert einen Beitrag zur Aufarbeitung dieser Zeit."