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Agnes von Poitou

Heinrich III. (links) übergibt ein prachtvoll ausgeschmücktes Evangeliar (das „Goldene Buch“, Codex Aureus), an die heilige Maria. Maria legt segnend der Kaiserin Agnes (rechts) die Hand auf. Im Hintergrund der Dom zu Speyer. Echternacher Buchmalerei um 1045.
Heinrich III. (links) übergibt ein prachtvoll ausgeschmücktes Evangeliar (das „Goldene Buch“, Codex Aureus), an die heilige Maria. Maria legt segnend der Kaiserin Agnes (rechts) die Hand auf. Im Hintergrund der Dom zu Speyer. Echternacher Buchmalerei um 1045.[Bild: Public Domain]

Regentin des römisch-deutschen Reiches, geb. um 1025, gest. 1077 in Rom.

Agnes von Poitou. Die Geschichte kennt sie meist nur als Gemahlin Kaiser Heinrichs III. Aber welche Rolle spielte sie wirklich? Wer war die Frau, die 13 Jahre als Königin und Kaiserin an der Seite Heinrichs III. stand und und sechs Jahre lang für ihren unmündigen Sohn Heinrich IV. das Heilige Römische Reich Deutscher Nation regierte?
In der Historie wurde Agnes lange Zeit als schwache Regentin gesehen. Jüngere Forschungen jedoch zeigen ein neues, ein selbstbewusstes Bild der Kaiserin.
Agnes von Poitou wurde 1025 als Tochter des Herzogs Wilhelm V. von Aquitanien und Agnes von Burgund geboren. Ihr Vater, streng gläubig und an Wissenschaften interessiert, holte viele berühmte Kleriker an seinen Hof. Agnes partizipierte von diesen geistigen und wissenschaftlichen Einflüssen. Sie war eine gebildete,  junge Frau, als sie 18-jährig mit König Heinrich III. verlobt wurde. Auch ihr Gemahl Heinrich, am 28. Oktober 1017 als Sohn Kaiser Konrads II. geboren, folgte strengen geistigen und religiösen Werten. Er ehelichte 1043 Agnes von Poitou, um sich die Treue der burgundischen Fürsten zu sichern. Die Verlobung feierte man in Bescaçon, die Hochzeit wurde am 21. November 1043 in Mainz vollzogen. Hier wurde Agnes auch zur Königin gekrönt. Sowohl Heinrich als auch Agnes prägte eine strenge, ehrfürchtige Gläubigkeit. Mit Rücksicht auf das Trauerjahr - die Kaisermutter Gisela starb im Februar 1043 - ließen sie ihre Hochzeit in der benachbarten Pfalz zu Ingelheim zu einer ernsten Feierlichkeit werden, bei der auf Gesang und das Spiel der Gaukler verzichtet wurde.

Agnes' politischer Einfluss
Ihre Ehe wurde zwar aus machtpolitischen Gründe geschlossen, aber es ist davon auszugehen, das sich die Eheleute auch menschlich sehr nahe standen. Da beide eine gute Ausbildung und eine streng gläubige Erziehung erfahren hatten, wurden sicherlich auch politische Entscheidungen zwischen den Eheleuten diskutiert. So lässt beispielsweise Heinrichs Übernahme der französischen „Treuga Dei“ (Waffenruhe Gottes), ein religiös motiviertes auf bestimmte Tage begrenztes Fehdeverbot, auf Agnes' Einfluss schließen. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass Agnes ihren Mann in der sakralen Herrschaftsauffassung seines Amtes inspirierte und ihm die Gedanken kirchenreformistischer Bewegungen nahe brachte. Agnes war eine Anhängerin der clunezianischen Reformbewegung. Diese Reformbewegung zur weltlichen und geistlichen Unabhängigkeit der Klöster, die Agnes' Familie mit der Gründung des Klosters Cluny in Gang setzte, breitete sich im 11. Jahrhundert über das ganze christliche Europa aus. Geprägt von den kirchlichen Reformbewegungen trat Heinrich 1046 einen Italienzug an. In Pavia hielt er mit den Bischöfen seines Reichs eine Synode ab, die ein von den Kirchenreformern gefordertes Verbot der Simonie (Kauf von Kirchenämtern) erließ. Anders als seine Vorgänger nutzte Heinrich seine Präsenz in Italien und griff selbst in die römische Papstpolitik ein. Er setzte die drei gleichzeitig amtierenden Päpste Benedikt IX., Silvester III. und Gregor VI. ab und ließ einen Bischof seines Vertrauens, Bischof Suitger von Bamberg, zu Papst Clemens II. erheben. Dieser krönte am Weihnachtstag 1046 in der Peterskirche Heinrich III. und Agnes von Poitou zu Kaiser und Kaiserin.

Agnes – Kaiserin, Mutter und Regentin
Nach außen wurde die Politik durch den starken Kaiser Heinrich III. geprägt, Agnes stand als Frau politisch im Hintergrund. In der Öffentlichkeit oblag es ihr, zu repräsentieren -  als Kaiserin und Mutter des Thronerben Heinrich IV. und weiterer vier Kinder namens Mathilde, Judith, Adelheid und Konrad, alle zwischen 1045 und 1052 geboren. Als Heinrich III. am 5. Oktober 1056 starb, bestimmte er auf dem Sterbebett seine Frau Agnes, die vormundschaftliche Regierung für den bereits zum König gekrönten sechsjährigen Heinrich IV. zu übernehmen. Dies zeugt von großem Vertrauen, das der Kaiser den politischen Fähigkeiten seiner Frau entgegen brachte. Nun oblag es Agnes, an ihres Sohnes statt die Regierungsgeschäfte zu leiten. Unterstützt wurde die Kaiserin in den ersten Jahren durch Papst Viktor II. und Hugo von Cluny, dem Paten Heinrichs IV.  Papst Viktor II., als Bischof von Eichstätt auch Reichsverweser, verstand es, zwischen den Bischöfen und dem weltlichen Adel zu vermitteln. Das brachte Stabilität ins Reich. Mit viel diplomatischem Geschick gelang es Agnes, die rebellischen Sachsen zu befrieden - und sie schaffte Ruhe an den östlichen Grenzen. Dazu nutzte Agnes die schon von Heinrich III. begonnene Vergabe der dem salischen Kaiserhaus unterstellten Herzogtümer an loyale Adelige. Mit dem als bayerischen Herzog eingesetzten Otto von Northeim erreichte sie sogar eine Befriedung der kriegerischen Ungarn. Die ersten Jahre ihrer Regentschaft war durchaus eine Zeit der Stabilität: Die Fürsten des Reiches akzeptierten Agnes als Kaiserin.
Eine Wende brachte der Tod Papst Viktors II. im Jahre 1057. Agnes verliert den Kontakt zu den Kirchenreformern und die folgenden Päpste agieren nicht mehr in ihrem Sinne. Zudem kritisiert der deutsche Adel Agnes Bevorzugung unfreier Ministeriale und den Einfluss des Bischofs Heinrich von Augsburg.

Eine starke Kaiserin
Die inneren Streitigkeiten nutzte der Kölner Bischof Anno 1062 zum so genannten „Staatsstreich von Kaiserwerth“ und entführte den jungen König Heinrich IV. Die Beschreibungen der Entführung sind widersprüchlich. Anzunehmen ist, dass Anno die Gunst der Stunde nutzte und in Kaiserwerth den jungen Thronfolger auf seine Seite brachte. So schrieb der zeitgenössische Berichterstatter Lambert, dass Anno danach trachtete, „den Sohn dem Einfluss der Mutter zu entziehen und die Verwaltung des Reiches in seine Hände zu bekommen“. Agnes war so defacto ihrer Regierungsgewalt beraubt. Die Erziehung Heinrichs IV. teile sich in den folgenden Jahren die Bischöfe Anno von Köln und Adalbert von Bremen. Wie jüngste Forschungen belegen, regierte Agnes auf diese Entmachtung nicht mit Flucht und Schleiernahme. Vielmehr zeigte sie bis zur Schwertumgürtung ihres Sohnes Heinrich am 29. März 1065 selbstbewusste Präsenz im Reich, ernannte Bischöfe und verwaltete die salischen Güter. Damit sicherte sie das salische Haus und den Thron für ihren Sohn. Als Regentin stellte sich Agnes selbstbewusst ihrer Aufgabe und bewies Durchsetzungsvermögen und diplomatisches Geschick, obwohl sie als Frau in dieser Position nicht als Heerführerin und Richterin agieren durfte. Nach der Volljährigkeit ihres Sohns nahm Agnes den Schleier und trat in ein Kloster nahe Rom ein. Dort widmete sie sich bis an ihr Lebensende der Kirchenreform und   agierte als diplomatische Mittlerin zwischen den Päpsten und ihrem Sohn. Agnes starb im am 14. Dezember 1077 in Rom. Sie wurde in einer Seitenkirche des Petersdoms beigesetzt.

Nachweise

Verfasser: Pia Steinbauer

Verwendete Literatur:

  • Black-Veldtrup, Mechthild: Kaiserin Agnes. Köln 1995.
  • Böhm, Laetita: Geschichte Burgunds. Stuttgart 1975.
  • Engel, Evamaria und Holtz, Eberhard (Hrsg.): Deutsche Könige und Kaiser des Mittelalters. Leipzig 1990.
  • Kraiker, Christian: Die Rolle der Kaiserin Agnes in der Literatur. In: http://www.geschichtsnet.kilu.de/kaiserin_agnes.php
    Letzter Aufruf: 27.05. 2013.