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Baumeister
Verantwortlicher auf der Baustelle. Die Anforderungen beim Bau kleinerer Burgen lassen sich mit denen vergleichen, die an einen Häuslebauer unserer Zeit gestellt werden. Im Holz-Burgenbau, der im 11. und 12. Jahrhundert noch weit verbreitet war, wurden vor allem geschickte Zimmerleute benötigt. Dagegen war bei einer Steinburg eine gewisse Sachkenntnis in Bezug auf Statik und Baumaterial erforderlich. Darüber hinaus waren die Bauarbeiten so umfangreich, dass ein vielbeschäftigter Adliger sich nicht ständig darum kümmern konnte und einen Baumeister (Bauverwalter) mit der Leitung der Baustelle betraute.
Im Kirchenbau des 11. und 12. Jahrhunderts waren die Bauverwalter meist Geistliche, doch schon im 12. Jahrhundert übten Weltliche (Laien oder baukundige Zisterzienserkonversen) diese Tätigkeit aus. Diese Bauverwalter leiteten die Baustelle, beaufsichtigten die Handwerker, organisierten Transportmittel und Baustoffe und stellten die Arbeitsgeräte bereit.
Wandernde Baumeister wurden meist von einer Reihe von Bauwerkleuten begleitet, die man ebenfalls für den Bau verpflichtete. Die restlichen Bauwerkleute und Handlanger wurden aus den umliegenden Dörfern und Städten angeworben.
Der Baumeister (magister, magister operis) hatte als Leiter der Baustelle ein vielfältiges Aufgabengebiet und wurde entsprechend gut bezahlt. Er entwarf die Gebäude, berechnete die Statik und überwachte die Bauarbeiten. Deshalb musste er in den Bereichen Holz- und Steinbau bestens Bescheid wissen. Allerdings waren die Anforderungen im Burgenbau geringer als im Kirchenbau. Während in den Gotteshäusern komplizierte Formen und kunstvolle Verzierungen überwogen, war der Burgenbau einfach und geradlinig, Kuppeln und Gewölbe eher selten. Zu den Aufgaben des Baumeisters gehörte es auch, die Baukosten zu überwachen, das Baupersonal anzustellen, die Arbeitszeiten zu regeln und die Werkleute gegenüber dem Bauherrn zu vertreten.
Anders als in England und Frankreich, wo zahlreiche Burgen-Baumeister bekannt waren, werden in Deutschland nur vereinzelt Baumeister namentlich genannt.
In der Burg Wildenberg/Amorbach hat sich im Untergeschoß des Palas (um 1180-1200) eine Inschrift erhalten, mit der sich ein damals vielleicht bekannter Baumeister Bertold und ein Steinmetz Ulrich verewigten: Bertold murte [mauerte] mich Ulrich hiwe [haute] mich. Da sich die Bauherren Ruprecht und Burkhard als Burgherren im Torturm (um 1210-20) mit der Inschrift Diese burhc mahte verewigten, waren anscheinend die Verben "machen" und "bauen" dem Bauherrn vorbehalten.
Im 14. und 15. Jahrhundert wurden Burgen- bzw- Festungsbaumeister schon häufiger erwähnt. Einer der bekanntesten Festungsbaumeister war Jacob von Ettlingen, der in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts im hessischen und süddeutschen Raum viele Um- und Neubauten von Burgen und befestigten Schlössern durchführte.