Die Schleppschifffahrt auf dem Mittelrhein ist Geschichte. Heute erinnern nur noch Bilder an die große Zeit der gewaltigen Schaufelraddampfer. Mit drei oder vier unmotorisierten Lastkähnen im Schlepptau, dicke Rauchwolken ausstoßend, kämpften sich die stählernen Kolosse durch die Gebirgsstrecke des Mittelrheins. Dampf- und später auch Dieselschlepper waren rund hundert Jahre im Einsatz, bis sich Anfang der 1960er Jahre die Güterschifffahrt grundlegend wandelte. Mit der Einführung der Schubschifffahrt verschwanden die Schlepper für immer vom Rhein. Die Sonderausstellung im Kulturhaus Oberwesel - unter der Schirmherrschaft von Martin Mauermann, Leiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes Bingen - will die Erinnerung an diese besondere Epoche der Schifffahrt wach halten.
Hauptattraktion ist die Inszenierung eines Schleppverbandes auf dem Rhein bei Oberwesel im Maßstab 1:50. Er hat im Modell die stolze Größe von elf Metern, angelehnt an die tatsächliche Länge eines Schleppzuges von mehreren hundert Metern. Die Schiffsmodelle der Ausstellung sind erstklassig. Historische Fotos und Filme sowie eine Vielzahl von Erinnerungsstücken vom Schiff erwecken nostalgische Gefühle bei der Generation, die die Zeit der Schleppschifffahrt erlebt hat. Jüngere Besucher staunen, ist doch die Bedeutung, die die Schifffahrt für die Bewohner des Rheintals einst hatte, weitgehend vergessen.
Dort, wo der Rhein am schönsten ist, ist er für die Schifffahrt bis heute - am gefährlichsten. Die Gebirgsstrecke zwischen St. Goar und Bingen erfordert großes nautisches Können. Konnte ein Schlepper am Niederrhein noch bis zu acht Lastkähne hinter sich herziehen, funktionierte das im Gebirge nur mit höchstens vier Anhängen. Die überzähligen Kähne wurden in Bad Salzig geparkt und später abgeholt. Auch nachts blieben die Schiffe damals vor Anker. So konnte es passieren, dass auf der Reede Salzig dreihundert Schiffe lagen und auf ihren Weitertransport warteten. Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, was es für die lokale Wirtschaft bedeutete, wenn unzählige Schiffsleute Gasthäuser und Geschäfte bevölkerten. Wegen der besonderen Risiken auf diesem Rheinabschnitt übernahmen hier Lotsen das Steuer. St. Goar und Kaub waren Lotsen-Hochburgen. Die Ausstellung erinnert auch an diesen mittlerweile ausgestorbenen Berufsstand.
Die Arbeit auf den Schiffen war hart, besonders für die, die unter Deck als Heizer oder Maschinist schuften mussten. Trotzdem waren die Schifffahrts-Berufe beliebt. So verdiente ein großer Teil der männlichen Oberweseler Bevölkerung sein Brot auf dem Rhein. Viele brachten es bis zum Kapitän. Daher ist Oberwesel auch als Stadt der Kapitäne in die Geschichte eingegangen.
Kulturhaus Oberwesel
Rathausstraße 23, 55430 Oberwesel
Tel. 06744 714 726
info@kulturhaus-oberwesel.de
www.kulturhaus-oberwesel.de
Öffnungszeiten:
Di Fr: 10 bis 17 Uhr
Sa, So und Feiertage 14 bis 17 Uhr