Hunsrück

Argenthal, Rathaus

In vielen Hunsrückdörfem bezeichnen die Begriffe Rat- oder Gemeindehaus ein Gebäude, das einen größeren Raum für Versammlungen und Zusammenkünfte besitzt und zum Teil gemeinsam nutzbare Einrichtungen wie ein Backhaus, eine Waschküche, ein Kühl- oder Schlachthaus. In Argenthai hat die Bezeichnung "Rathaus" sicherlich den Bezug zu dem alten Gebäude, das bis 1724 bzw. 1751 an Stelle der heutigen katholischen Kapelle im Mittelpunkt der vom Feuer zerstörten kurpfälzischen Veste stand. Somit ist auch der Begriff "Rathaus" zutreffend, der im Unterschied zum Gemeindehaus ein Dienstgebäude, z.B. mit Amtsstube und behördlichen Einrichtungen bezeichnet.

Nach dem Brand von 1796 hatte Argenthai bis zum Beginn der dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts kein eigenständiges Gemeinde- oder Rathaus mehr. Offenbar kaufte dann die Gemeinde das Wohnhaus, Scheuer, Stall, Garten und Hof des Jakob Feld aus Simmem für 475 Taler auf, um diese Baulichkeiten für die Gemeinde zu nutzen. I) Ganz eindeutig ist die Sachlage aber in dieser Angelegenheit nicht zu klären. Im Katasterplan von 1830 ist als gemeindeeigener Besitz ein Gebäude zwischen der katholischen Kirche und der alten katholischen Schule auf dem Standort des heutigen Gemeindehauses eingezeichnet. So ist es als höchstwahrscheinlich anzunehmen, dass Ende der dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts auf dem Platz des heutigen Rathauses ein entsprechendes Gebäude von der Gemeinde errichtet worden ist. Eine Karte von 1836 zeigt auf dem Standort des Rathauses ein kleines Backhaus.

Bekannt ist, dass in den vierziger und fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts Schule im Gemeindesaal gehalten wurde. In diesem alten Gemeindehaus, das bis zum Neubau im Jahre 1910 existierte, waren wie im jetzigen Rathaus Backöfen untergebracht.

Über den Neubau in den letzten Jahren vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges ist wenig zu erfahren. Vorhandene Schulakten berichten, das Haus sei mit großen Futtervorräten abgebrannt. Für den Neubau dürften den finanziellen Mittel der Gemeinde während des Ersten Weltkrieges und natürlich in der Nachkriegszeit Grenzen gesetzt gewesen sein. Nach dem Krieg stiftete der damalige Jagdpächter, ein Möbelfabrikant, Möbel zur Einrichtung des Rathauses.

Im Dezember 1920 wollte die Gemeinde das unterhalb des Stierstalles stehende alte Gemeindehäuschen an Liebhaber aus dem Ort öffentlich versteigern. Später hatte man die Absicht, es dem damaligen Gemeindediener und Friedhofswärter Christoph Beil zu verkaufen. Über die Funktion dieses älteren Gebäudes ist aus den Akten ebenfalls nichts zu erfahren.

Die Fassade des 1910 errichteten Rathauses sollte 1926 angestrichen werden. Im Zweiten Weltkrieg beschädigten Bomben, wie bereits geschildert, das Gebäude ganz erheblich. Bei dem Angriff ging auch die im Gemeindehaus angebrachte Gedenktafel für Peter Engelmann, Nachkomme Argenthaler Auswanderer in Amerika und Schulgründer, verloren. Engelmann war 1848 ausgewandert und 1874 in Milwaukee verstorben.

1912 feierte man dort das fünfzigste Jubiläum der Engelmannschule und benannte einen Vortragssaal nach dem Argenthaler Auswanderer. Als Gegenleistung für ein Foto vom Geburtshaus Engelmanns und eine Abschrift seiner Geburtsurkunde schickte man aus Amerika einen Gipsabguss, aus dem eine Bronzetafel gefertigt werden konnte. Ein Schüler Engelmanns äußerte sich in einem Brief an den Rheinböller Amtsbürgermeister in höchster Begeisterung über seinen früheren Lehrer. Das Erziehungswesen in Milwaukee habe mit Blick auf die Errungenschaften der Pionierzeit in Peter Engelmann seine höchste und idealste Verkörperung gefunden.

Der Wiederaufbau des im Krieg stark beschädigten Argenthaler Rathauses begann 1948, als die Gemeinde die entsprechenden Arbeiten vergab. Am 18.11.1948 erhielten folgende Firmen Aufträge:

1.Maurerarbeiten: Peter Staudt, Argenthai,         21793,91 DM

2.Dachdeckerarbeiten: Andreas Hermann, Argenthal          7066,57 DM

3.Klempnerarbeiten: Josef Ziegelmayer, Simmern          564,75 DM

4. Zimmerarbeiten: Johann Tries und Adam Hetzel    2045,92 DM

Erste Renovierungen an dem Gebäude, z.B. des kleinen Saales und ein Außenanstrich, standen zu Beginn der 1960err Jahre an. Auch die Fenster wurden in dieser Zeit erneuert.

Damals war vorübergehend eine Klasse der katholischen Schule im Gemeindehaus untergebracht. Nach 1979 wurde im Rathaus ein Dienstzimmer für den Ortsbürgermeister eingerichtet.  Das Sitzungszimmer für den Gemeinderat erhielt eine neue Bestuhlung, Tische und Beleuchtung. Im Außenbereich des Rathauses wurde eine neue Bushaltestelle angelegt. Anstatt des kleinen Saales im Obergeschoss überließ die Gemeinde seit 1972 den Backhausvorraum dem Argenthaler Musikverein zur Nutzung. Gleichzeitig sollte auch der Gesangverein hier seine Chorproben abhalten können. Der bestehende Jugendkreis durfte sich in dem kleinen Raum im Obergeschoß des Hauses treffen.

Nach umfassenden Renovierungen seit 1990 ist hier ein Laden mit Produkten aus der Region eingerichtet.

 

Literaturhinweis:

Achim R. Baumgarten, Fritz Schellack: 900 Jahre Argenthal 1091-1991. Mit Beiträgen von Hans Dunger und Jürgen König. Argenthal 1991