Ehemalige Klosterkirche St. Wolfgang
Von der Kirche des ehemaligen Franziskanerklosters St. Wolfgang zeugt nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs im Wesentlichen nur noch der spätgotische Chor. Das Chorgebäude ist heute baulicher Bestandteil des staatlichen Gymnasiums an der Stadtmauer und beherbergt zudem seit 1990 die Heimatwissenschaftliche Zentralbibliothek des Kreises Bad Kreuznach.
Das Kloster St. Wolfgang und die dazugehörige Kirche gehen auf eine Stiftung durch Pfalzgraf Friedrich I. (1425-1476) und Graf Friedrich von Simmern (1417-1480) aus dem Jahr 1472 zurück. [Anm. 1] Nach dem Tod der Stifter übertrugen deren Nachfolger, Pfalzgraf Philipp, genannt der Aufrichtige (1448–1508), und Graf Johann von Simmern (1459–1509), das unmittelbar an der Stadtmauer gelegene Kloster 1484 dem Franziskanerorden. Die Klosterkirche wurde dem Heiligen Wolfgang geweiht. [Anm. 2] Im Zuge der Reformation wurde das Franziskanerkloster, ebenso wie das Kloster St. Peter und das Karmeliterkloster von St. Nikolaus, im Jahr 1568 aufgelöst. [Anm. 3] Erst 1652 kehrten die ersten Mönche in das Kloster St. Wolfgang zurück. Nach ihrer nahezu vollständigen Zerstörung im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 wurde die Konventskirche zwischen 1715 und 1718 entsprechend dem Armutsideal der Franziskaner in schlichter Form neu aufgebaut. [Anm. 4] Es handelte sich um ein einschiffiges, turmloses Langhaus mit einem Dachreiter, das unmittelbar an das erhaltene Chorgebäude des späten 15. Jahrhunderts anschloss. [Anm. 5] Am 11. Mai 1727 nahm der Mainzer Weihbischof Edmund Geduld von Jungenfeld die Einweihung der Kirche sowie der drei neuen Altäre vor. [Anm. 6]
Nachdem die französischen Besatzungstruppen das Eigentum der Kreuznacher Klöster bereits 1796 beschlagnahmt hatten, ließ der französische Staat das Franziskanerkloster am 28. Juli 1802 zwangsweise auflösen. [Anm. 7] Die Konventsgebäude gingen 1811 in den Besitz des Kreuznacher Gemeindeschulkollegiums über, wohingegen die Klosterkirche zur Pfarrkirche der neu gebildeten katholischen Gemeinde St. Wolfgang umgewandelt wurde. [Anm. 8] In den Gebäuden des ehemaligen Klosters wurde in der Folgezeit ein Staatliches Gymnasium eingerichtet.
Bei den Bombenangriffen des Zweiten Weltkriegs wurde die Kirche St. Wolfgang bis auf den Chor fast vollständig zerstört und nach dem Krieg nicht wiederaufgebaut. [Anm. 9] Stattdessen ließ die katholische Pfarrgemeinde St. Wolfgang zwischen 1961 und 1963 in dem damaligen Neubaugebiet an der Danziger Straße in Kreuznach eine neue Pfarrkirche errichten. Der erhaltene Chor der ehemaligen Klosterkirche wurde hingegen, ebenso wie Reste der ehemaligen Bad Kreuznacher Stadtmauer, in das Gelände des wiedererrichteten Gymnasiums integriert.
Bei dem erhaltenen Chorgebäude handelt es sich um einen schlanken Bruchsteinbau mit Gliederungselementen aus gelbem Sandstein, der aus zwei Jochen mit einem Fünf-Zehntel-Abschluss besteht. Die Strebepfeiler an der Außenseite sind zweimal abgetreppt und um Sohlbank und Sockel herum verkröpft. Die spätgotischen Fenster sind zweiteilig und werden nach oben hin jeweils von einem Fischblasenmaßwerk abgeschlossen. Der Innenraum weist ein Kreuzrippengewölbe auf. Hier werden heute die Buchbestände des Vereins für Heimatkunde für Stadt und Kreis Bad Kreuznach sowie der historischen Bibliothek des Kreuznacher Gymnasiums aufbewahrt. An der Südostwand des Chores befindet sich ein Gedenkstein zu Ehren der im Ersten Weltkrieg gefallenen ehemaligen Schüler des Gymnasiums.
Verfasser: Max Hartmann
Verwendete Literatur:
- Kneib, Gerd Michael: 1945 – und wie es weiterging. In: Bad Kreuznach. Von der Stadterhebung bis zur Gegenwart, hg. v. der Stadtverwaltung Bad Kreuznach, Bad Kreuznach 1990 (Beiträge zur Geschichte der Stadt Bad Kreuznach, Bd. 1), S. 255-321.
- Landesamt für Denkmalpflege (Hrsg.): Kulturdenkmäler für Rheinland-Pfalz. Band 5.1: Kreis Bad Kreuznach. Stadt Bad Kreuznach, bearb. v. Edith Ruser und Herbert Dellwing, Düsseldorf 1987.
- Reisek, Jörg Julius: Klostergeschichtlicher Überraschungsfund – Grundstein der Kreuznacher St. Wolfgangskirche entdeckt. In: www.regionalgeschichte.net. URN: urn:nbn:de:0291-rzd-009861-20202212-8.
- Schmitt, Friedrich: Kreuznach während der französischen Herrschaft 1792/96 bis 1814. In: Bad Kreuznach. Von der Stadterhebung bis zur Gegenwart, hg. v. der Stadtverwaltung Bad Kreuznach, Bad Kreuznach 1990 (Beiträge zur Geschichte der Stadt Bad Kreuznach, Bd. 1), S. 145-210.
- Zimmermann, Walter: Die Kunstdenkmäler des Kreises Kreuznach, Düsseldorf 1935 (die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz) [Unveränderter Nachdruck Berlin/München 1972].
Veröffentlicht am: 12.08.2021
Anmerkungen:
- Landesamt 1987, S. 43; Zimmermann 1935, S. 85. Zurück
- Ebenda. Zurück
- Dotzauer 1990, S. 70; Landesamt 1987, S. 15; Vogt 1966, S. 133. Zurück
- Von diesem Kirchengebäude des frühen 18. Jahrhunderts ist heute noch der zweiteilige Grundstein von 1715 erhalten, siehe hierzu Reisek 2009. Zurück
- Reisek 2009; Zimmermann 1935, S. 85. Zurück
- Ebenda. Zurück
- Schmitt 1990, S. 179; Zimmermann 1935, S. 85. Zurück
- Kneib 1990, S. 179. Zurück
- Kneib 1990, S. 311. Zurück