Rheingauer Heimatforschung

Der Kirchenbau zu Lorch 1555 - 1576 - Die Lorchen Glocken

Der Kirchenbau zu Lorch 1555 bis 1576 - die Lorcher Glocken

Aus den Rheingauischen Heimatblättern 3 / 1986

Dem Büchlein „Culturbilder aus der Geschichte des Rheingaues" von F. W. E. Roth - erschienen im Druck und Verlag von Fischer und Metz 1985 zu Rüdesheim am Rhein - entnahmen wir folgenden Beitrag:

Am Samstag nach Maria Geburt den 9. September 1554 zog gegen Abend ein Gewitter über Lorch. Der Blitz schlug in den Kirchturm ein und alsbald stand derselbe, ein schiefergedeckter Holz­bau, in Flammen. An Löschen war bei der Höhe des Thurms und den damals noch gar primitiven Löschgeräten nicht zu denken. Das Feuer verbreitete sich, von dem Westwind angefacht, auch Über das Kirchen- und Chorbaudach, und verzehrte alles Holzwerk. Die Glocken, von jeher der Stolz der Lorcher, darunter die große Osanna, schmol­zen, die Thurmuhr wurde vernichtet. Die Baupflicht des Chorbaus stand dem Mainzer Domprobst als Patronats-herrn seit ältester Zeit zu. Damals bekleidete diese Stelle Marquardus vom Stein. Derselbe legte auch alsbald Hand an die Wiederherstellung des Chorbaus. Auch die Gemeinde, der Langhaus- und Thurmbau zustand, rastete nicht. Zuerst scheint man die Kirche mit einem neuen Dache ver­sehen zu haben. Aber auch den Thurm­bau förderte man so weit, daß im Jahre 1555 die neue Thurmuhr aufgestellt werden konnte. Diesel beträgt die Jahr­zahl 1555. Auch das Chordach ward in diesem Jahre fertig. Ein Stein links im Chor sagte inschriftlich: Marquardus vom Stein dei gratia Moguntinensis, Bambergensis et Augustensis eccle-siarum praepositus fieri curavit anno MDLV. Zu Deutsch: Marquardus vom Stein, Probst zu Mainz, Bamberg und Augsburg ließ dieses anfertigen (näm­lich den Chor) im Jahre 1555. So mag der Gottesdienst alsbald wieder begonnen haben.

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Lorch, mit seiner im Mittelalter erbauten Kirche, einer besonderen Sehenswürdigkeit.


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Im Jahre 1559 war die Herstellung des Thurms soweit gediehen, daß an die Beschaffung von neuen Glocken gedacht werden konnte. Am 10. August 1559 ward die größte, die sogenannte Martinusglocke, zu Ehren des Kirchenpatrons Sanct Martinus gegossen. Sie erhielt die Inschrift:

 

S. Martinus heiß ich,

in Gottes ehr leuten ich,

den lebendigen rufen ich,

die doden beclagen ich,

Heinrich von Trier goß mich

Anno dni 1559.

Ihr Gewicht beträgt 60 Centner, ihr Durchmesser 1 Meter 60 Ctm. Oben befindet sich an dieser Glocke ein Kranz von Wim bergen über Renaissan­cepfeilern, zwischen diesen kleine Reliefdarstellungen. Am 30. September 1559 ward die kleinste oder Liebfrauenglocke, schwer 4 Zentner, ohne Inschrift, gegossen, ihr folgte am 30. September 1560derGußder sogenannten Lauren-tiusglocke, schwer 61/2 Centner, eben­falls ohne Inschrift. Am 24. Juni 1565 wurde die sogenannte Johannis-glocke, die zweitgrößte Glocke Lorchs, schwer 32 Centner, gegossen. Sie erhielt die Inschrift: Gloria in excelsis deo et in terra pax hominibus bone voluntatis. Gregorius Trevirensis me fecit anno dni 1560. Zu Deutsch: Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden den Menschen auf Erden, die eines guten Willens sind. Gregorius von Trier goß mich im Jahre des Herrn 1560. Diese Glocke hat eigentümlicher­weise noch gothische Verzierungen und eine Reliefdarstellung der Kreuzi­gung Christi. Ihr Durchmesser beträgt 1 Meter 33 Ctm.

Der Thurm war 1566 noch nicht fertig. Im Jahre 1566 waren die Mittel zum Bau versiegt, weßhalb am 4. Juli 1566 Bür­germeister, Rath und Gemeinde zu Lorch und Lorchhausen erklärten, daß sie dem Heinrich von Suchtel, Bürger zu Bacherach und Elisabeth Eheleuten 30 Gulden Jahresrente verkauften. Am 30. September 1568 erklärten sich dieselben mit den Bedingungen einer Schuldverschreibung von 20 Thaler Jahresrente, die dem Johann Schryber zu Bingen ausgestellt, aber durch Kauf an Eberhart Wolf von Wolfskehl gelangt war, einverstanden. Noch im Jahre 1574 fehlte es zu Lorch an Geld zur Bestreitung des Kirchenbaus und Glockengusses. Am 6. Mai 1574 ver­kauften Philips Hilchen von Lorch, Johann Vogt von Hunolstein, Hans Moriz Stumpf von Waldeck, die Bürger­meister und Schöffen zu Lorch im Namen der Kirche und zur baldigen Wiederherstellung derselben an Daniel Kogler, Schultheiß zu Lorch, und Bar­bara Schunk, dessen Ehefrau, einen Garten nebst Hofstätte, neben der Kirche gelegen, für fünfzig Gulden Mainzer Währung, und am 1. Mai 1578 erfolgte der Verkauf von 15 Goldgulden Rente für 300 Goldgulden Capital sei­tens des Schultheißen, Bürgermeisters und Raths der Flecken Lorch und Lorchhausen behufs Wiederherstel­lung der Kirche an Ludwig Carpenta-rius, Decan von St. Moriz zu Mainz. Im Jahre 1576 war der Thurmbau so weit abgeschlossen, daß in dem obersten der vier Geschosse die Jahreszahl 1576 als Erinnerung an die Fertigstel­lung dieses Theils des Thurms ange­bracht werden konnte. Im Jahre 1578 ward Rechnung gestellt. Die Kosten des Thurmbaus betrugen 1289 Goldgulden, nach unserem Gelde über 10,000 Mark. Dieser Summe gegen­über ist es nicht zu verwundern, wenn bei der geldklemmen Zeitlage Ende des 16. Jahrhunderts stets neue Schuldverschreibungen auftauchten. Am 13. Juli 1587 verkauften Schultheiß, Bürgermeister und Rath zu Lorch und Lorchhausen an David von Cöln, kur­pfälzischen Zolldiener zu Caub, und Anna Rettessin Eheleute 40 Thaler Rente und am 17. Juli 1595 erklärten Dieterich Krum, Decan, und das Capitel von St. Stephan zu Mainz, daß die Flecken Lorch und Lorchhausen ihnen 30 Goldgulden Zins entrichteten. Damit scheint die Baukostenlast getilgt gewesen zu sein.

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Eine der Glocken - über 400 Jahre alt!


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Noch aber fehlte die drittgrößte Glocke. Dieselbe, 25 Cent­ner schwer, ward 1631 gegossen und erhielt die Inschrift:

Populum excito

ad divina voco

quietem defatigatis clango.

Anno dni 1631.

Zu Deutsch: Das Volk wecke ich, zum Gottesdienst berufe ich, den Müden Erholung verkünde ich. Im Jahre des Herrn 1631. Eine weitere Glocke ward 1776, 12 Centner schwer, gegossen und hatte die Inschrift: Martin Roth in Mayntz 1776 goß mich. Von diesen sechs Glocken ist die sogenannte Lau-rentiusglocke, 1560 gegossen, nicht mehr vorhanden, die ändern fünf Glocken bilden ein Geläute, das mit Recht für das schönste im Rheingau gilt.

Im August 1598 ließ Kilian Schlüchter, Bürger zu Lorch, den Chor auf seine Kosten weißen, und ausmalen. Im Jahre 1647 ward die Kirche zu Lorch von den Franzosen, als dieselben sich auf dem Kirchhof verschanzten, beschädigt. Im Jahre 1679 schlug der Blitz wiederum in die Kirche, der bald darauf aus­gebrochene bairisch-französische Erbfolgekrieg verhinderte die Herstel­lung, so daß die Kirche 1698 noch mit vielfach zerbrochenen Fenstern, be­schädigten Chorstühlen benützt wer­den mußte. 1719 begannen die Herstel­lungsarbeiten, der Thurm ward neu gedeckt und mit neuem Kreuz ver­sehen, ein zopfiger Tabernakel wurde 1719 gefertigt, 1732 das Meßglocken-thürmchen errichtet und 1732 bis 1743 die Orgel mit dem Innern der Kirche restauriert.

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