Der Ravengiersburger Klosterhof
1507, das Land ist noch einheitlich katholisch. Martin Luther wird in diesem Jahr zum Priester geweiht, Columbus hat 15 Jahre zuvor die neue Welt entdeckt und Künstler wie Albrecht Dürer oder Leonardo da Vinci schaffen Werke, die die folgenden Jahrhunderte überdauern werden.
Im September dieses Jahres 1507 verpachten die Augustiner- Chorherren des Klosters Ravengiersburg ihren Frei-Laubersheimer Klosterhof an den neuen Hofmann Trissen Merschen. Es war sicherlich nicht die erstmalige Verpachtung dieses Gutes und die Erbauung des Hofes reicht wohl noch einige Jahrhunderte zurück, aber es ist der älteste dokumentierte Hinweis auf diesen Klosterhof der Ravengiersburger in Frei-Laubersheim.
Die Gründung des Klosters Ravengiersburg
Das Kloster Ravengiersburg entstand im Jahre 1074 durch Umwandlung einer Burg, der Ravengiersburg, in ein Kloster. Als Grund für diese Stiftung gaben die bisherigen Eigentümer, das Grafenpaar Berthold und Hedwig, an, ohne Nachkommen zu sein „und sich Christus und den Hl. Christophorus als Erben erwählten, in Sorge um ihr Seelenheil“[Anm. 1] Das Kloster war in seiner Blütezeit eines der reichsten Klöster im Hunsrückraum und wirtschaftlicher Mittelpunkt des Hunsrückgebietes.[Anm. 2]
Gleich zu Beginn erhielt es eine Vielzahl von Schenkungen, die im Laufe des 12. Jahrhunderts zunahmen und in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreichten.
Bei Privathäusern gibt es selten Urkunden über Eigentums- oder Besitzerwechsel. Im Falle der kirchlichen Eigentümer dagegen existieren, trotz Verluste durch Brand, Kriege und sonstige Einwirkungen, mehr oder weniger umfangreiche Dokumente über die Eigentums- und Besitzverhältnisse sowie Einnahmen und Ausgaben. In den Klöstern gab es ein gut geführtes Rechnungswesen, das die wirtschaftliche Entwicklung detailliert dokumentierte. Anhand dieser Unterlagen lässt sich zumindest ein grober Überblick über die Eigentümer und Pächter von klösterlichen Hofgütern machen; dies gilt auch für das Hofgut des Ravengiersburger Klosters in Frei-Laubersheim.
Die Entstehung des Klosterhofes in Frei-Laubersheim
Wann und durch wen der Frei-Laubersheimer Hof und seine Ländereien an das Augustinerkloster fielen, ist nicht bekannt. Eine Schenkungsurkunde, wie etwa das Dokument über die Schenkung eines Frei-laubersheimer „mansus“ durch Wambertus an das Kloster Lorsch aus dem Jahre 767, konnte bisher nicht gefunden werden. Man kann jedoch davon ausgehen, dass auch das Frei-Laubersheimer Klostergut in der Blütezeit des Chorherrenstifts, nämlich im 13. und 14. Jh. in Form einer bzw. mehrerer Schenkungen in das Eigentum der Chorherren gelangte.
Das Ravengiersburger Kloster hatte seine Besitzungen überwiegend links der Nahe, natürlich vor allem im Hunsrück, aber auch am Rhein, an der Mosel und in der Eifel. In Rheinhessen gehörten dem Kloster nur wenige größere Liegenschaften, darunter Güter in Bingen, Gensingen und Frei-Laubersheim.[Anm. 3]
Die Flurbezeichnungen „Pfad am Raffiniersberg“ und „Auf dem Raffiniersberg“ erinnern, neben dem Klosterhof, noch heute an diese Verbindung zwischen Frei-Laubersheim und Ravengiersburg.
Der Pächter Trissen Merschen
Die erste urkundliche Erwähnung des Frei-Laubersheimer Hofes stammt aus dem Jahr 1507. Im Beisein des „Schultes“ (Schultheißen) von Frei-Laubersheim mit Namen Getzen Benne und der Scheffen (Schöffen) Clesen Contz, Schillings Jorg, Lange Peter, Benchgin Muding und Martin Dorfschuchk wurde der Pachtvertrag mit Trissen Merschen geschlossen. Darin wurde bestätigt, dass dem Trissen Merschen und seinen Erben gegen Zahlung von 4 Malter Korn und einem Wagen Heu, lieferbar nach Kreuznach, das Hofgut verpachtet wurde.[Anm. 4] Zu dieser Zeit bestand das Hofgut aus zwei Häusern. Der Hof selbst, in der Urkunde „Rebersberger hoff“ genannt, umfasste zwei Morgen „minder 1 fiertel ackers und garten“. Begrenzt wurde der Hof nach „oben zu den herrn von Sant Diysiboden“. Zum Klosterhof gehörten im Jahr 1507 insgesamt 35 Morgen. Zum Vergleich: der Tholeyer Hof in Frei-Laubersheim umfasste etwa 120 Morgen, also fast das Vierfache dieser Fläche.
Der Pächter Coryn Wagener und seine Frau Agathyn
36 Jahre später, am 8. Mai 1543, bekundeten Coryn Wagener und seine Frau Agathyn öffentlich in der mit Siegel versehenen Pachturkunde, den Hof zu pachten. Für den in Erbpacht übernommenen Hof und seine damals ebenfalls noch 35 Morgen umfassende Betriebsfläche musste Wagener 4 Malter gut trockenes und gemahlenes Korn („gutt dur und molen korn“), das zwischen Mariä Himmelfahrt (15. August) und Mariä Geburt (8.September) zu liefern war, jährlich zahlen. Die Transportkosten bis „uff der hern spicher“ hatte Coryn Wagener ebenfalls zu tragen. Weiterhin hatte der Erbpächter „ein gutten wagen vol hauws (Heu)“ zu liefern.[Anm. 5] Im Unterschied zum Pachtvertrag mit Trissen Merschen musste Coryn Wagener zusätzlich alle mit dem Hofgut zusammenhängenden Frondienste erfüllen sowie Bede (=Geldleistung), Schatzung( = Steuer) und Zinsen zahlen.[Anm. 6] Da der Hofmann auch für seine Nachkommen die Erklärung abgab, wurde in der Urkunde festgehalten, dass der Hof nicht verpfändet oder aufgeteilt werden sollte „Hoffs gütter unverpfand und unvertheiltt an einem stam bleyben sollen“, d.h. der Hof sollte von einem Nachkommen und dessen Familie weiter geführt werden.[Anm. 7]
Es wäre sicherlich interessant zu wissen, ob Coryn Wagener ein Frei-Laubersheimer Einwohner war oder ob die Augustiner-Chorherren den neuen Hofmann mit der Verpachtung des Hofgutes dort neu ansiedelten. Anhand des Pachtvertrages lässt sich das mit einer hohen Wahrscheinlichkeit entscheiden. In der Urkunde wurden die Flurstücke, die dem Ravengierburger Hof gehörten, einzeln aufgeführt und, soweit vorhanden, die Anrainer dieser Flurstücke genannt. Dort heißt es unter anderem: „Drittenhalben morgen am langen Anthaubt gef [begrenzt] oben zu ein angewender unden zu Coryn wagener.“ Und an einer anderen Stelle des Dokumentes: „Anderthalben morgen an welsheymer berg ist acker und weyds gef oben zu Best schmeit unden zu Wageners Coryn". Und noch an einer weiteren Stelle wird Coryn Wagnener als Anrainer genannt: „Drittenhalben morgen hynder Rebbersburger gefor, stoist off den dorff graben naher leuchterportt Coryn Wagener gef und eyn angewender die ander syt auch Coryn Wagener“. ( „2 ½ Morgen hinter Ravengiersburger begrenzt, stößt auf den Dorfgraben, nahe der Löcherpforte begrenzt von Coryn Wagener und einem Angewender, die andere Seite auch Coryn Wagener“). Man kann also davon ausgehen, dass Coryn Wagener ein Frei-Laubersheimer war, denn er besaß offenbar bereits Äcker in der Gemarkung, bevor er die Stelle des Hofmanns annahm. Grundsätzlich denkbar wäre natürlich auch, dass die Herrschaft einen neuen Hofmann mit demselben Namen ansiedelte, den ein Einwohner von Frei-Laubserheim ebenfalls trug. Dies erscheint aber äußerst unwahrscheinlich. Denkbar wäre aber, dass es zwei oder mehr Wagener mit dem Vornamen „Coryn“ in Frei-Laubersheim zu dieser Zeit gegeben hatte. Gleiche Vornamen innerhalb einer Familie lassen sich auch in Frei-Laubersheim nachweisen. Aber auch wenn mit dem Anrainer Coryn Wagener der Bruder oder der Vater gemeint gewesen ist, ändert dies nichts daran, dass die Familie Wagener in Frei-Laubersheim bereits lebte.
Es überrascht jedoch, dass Coryn Wagener vier Mal in der Urkunde als Anrainer an ein Ravengiersburger Flurstück dokumentiert wird. Nach Widder umfasste die Frei-Laubersheimer Gemarkung ca. 1.200 Morgen Äcker, Wiesen und Weinberge.[Anm. 8]Ravengiersburg besaß insgesamt nur etwas mehr als 30 Morgen Land in der Gemarkung, also ca. 2 ½ % der Gesamtfläche. In den vorliegenden Urkunden erscheint ein Anrainer daher in der Regel nur einmal, selten zweimal, wie etwa bei der Nennung des Klosters Tholey. Je mehr Flurstücke man besaß, umso größer war natürlich auch die Wahrscheinlichkeit Anrainer eines Flurstückes der Ravengiersburger zu sein. Man kann deshalb wohl davon ausgehen, dass Coryn Wagener bzw. die Familie Wagener einen Hof mit einer relativ großen Zahl von Nutzflächen in Frei-Laubersheim bearbeitete, also relativ wohlhabend war.
Der Bau des Kellers
Aber bereits 17 Jahre später wurde der Hof als „Leibgeding“ an Nikolaus Seiten „ad dies vitae“, also auf Lebenszeit neu verpachtet.[Anm. 9] In der Zeit als Nicolaus Seiten Pächter war, wurde der heute noch existierende Keller erbaut. Über dem Kellereingang des Hauses, das heute als Hofhaus bezeichnet wird, ist noch deutlich die Jahreszahl 1564 erkennbar. Die beiden Zahlen 15 und 64 umschließen dabei ein wappenähnliches Sandsteingebilde, in das zwei Zeichen erhaben herausgemeiselt wurden, deren Bedeutung bisher nicht erschlossen werden konnte. Da die beiden Hofhäuser im 16. Jh. bereits bestanden, ist anzunehmen, dass der Keller als eigenständiges Bauwerk neben den Häusern errichtet wurde. Denkbar wäre allerdings auch, dass der Keller unter eines der Hofhäuser gegraben wurde. Dies ist z.B. für einen Keller im Elsass nachgewiesen worden.[Anm. 10]
Pfalz-Simmern wird Eigentümer
Während der Reformationszeit erfolgte die allmähliche Auflösung des Klosters durch Herzog Georg, zu dessen kleinem Herzogtum Simmern auch das Ravengiersburger Kloster gehörte. Verfassungsrechtlich endete das Augustiner-Chorherrenstift mit dem Jahr 1566. Die bisherigen Einnahmen des Klosters flossen von da an in die fürstliche Hofhaltung.[Anm. 11] Die Auflösung des Pfaffen-Schwabenheimer Augustinerklosters erfolgte im selben Jahr.
Herzog Reichard von Pfalz-Simmern (geb. 1521; gest. 1598) erbte 1569 das Herzogtum von seinem Bruder Georg und verwendete die Gelder ebenfalls für seine recht aufwändige Hofhaltung.
Der Truchsess von Kreuznach als Eigentümer
1570 übergab Herzog Reichard den Hof „frei, erblich und eigenthumlich“[Anm. 12] an Hans von Franken, dem Landschreiber von Meisenheim, der auch Geistlicher war. [Anm. 13] Der Hofmann hatte nach dieser Schenkung seine Pacht an den neuen Eigentümer zu leisten.
Hans von Franken war dem Amtmann von Odernheim 500 Gulden schuldig und stellte 1574 dafür als Bürgen den Severin Sauer. Zu dieser Zeit war Severin Sauer Truchsess im Oberamt Kreuznach [Anm. 14][Anm. 15] Da von Franken zum Zahlungszeitpunkt nicht zahlungsfähig war, musste Severin Saur als Bürge einspringen. Saur klagte daraufhin gegen von Franken seine geleistete Zahlung ein und erhielt das Hofgut in Frei-Laubersheim zugesprochen. [Anm. 16]
1577 verkaufte Sauer den Hof für 700 Gulden an Nicolaus Seiten. Da dieser Verkauf jedoch gegen die Verordnungen geistlicher Güter verstoßen hatte, zog Kurpfalz mit Erlass vom 21. Februar 1603 den Hof wieder ein. [Anm. 17]
Die Renovation des Jahres 1603
In diesem Jahr 1603, in dem auch der Bau des Frei-Laubersheimer Rathauses vollendet wurde, fand eine Renovation und Bewertung der Güter statt. Der gesamte Hofbesitz umfasste danach 31 Morgen.[Anm. 18] Diese 31 Morgen wurden vom Frei-Laubersheimer Gericht auf 1.870 Gulden 4 Albus geschätzt.[Anm. 19] Dieser Schätzungsbetrag überrascht, denn Severin Sauer hatte sowohl den Klosterhof, der in diesem Betrag nicht enthalten ist, als auch die Güter 26 Jahre zuvor für lediglich 700 Gulden an Nikolaus Seiten verkauft. Die starke Inflation im 16. Jahrhundert hatte sicherlich auch zur Preissteigerung der Güter beigetragen,[Anm. 20] kann aber diesen großen Preisunterschied zwischen 1577 und 1603 nicht erklären. Die beiden Hofhäuser sollen um 1600 verfallen gewesen sein.[Anm. 21]Sie werden beim Verkauf durch Severin Sauer im Jahr 1577 wahrscheinlich noch in einem besseren Zustand gewesen sein als um 1600. Severin Sauers Verkaufspreis ist daher, auch wenn er persönlich dabei einen guten Gewinn gemacht hatte, mit den vorliegenden Informationen nicht nachvollziehbar.
Die neuen Erbbeständer, Hans Seiden und seine Ehefrau Ottilia, die 1603 von der Kirchengüterverwaltung das Hofgut übernahmen, verpflichteten sich, auf eigene Kosten alle 15 Jahre die Güter renovieren zu lassen. Dadurch sollte ein Wertverlust der Güter vermieden werden. [Anm. 22] Hans Seiten hatte aber nicht nur die Renovierung der Güter zu zahlen und die besiegelte Durchführungserklärung dem Schaffner in Ravengiersburg zu zusenden, sondern musste auch eine jährliche Pacht von 6 Malter Korn Kreuznacher Maß in die Disibodenberger Schaffnerei nach Kreuznach bringen. Aber nicht nur die Menge des Korns, sondern auch die Qualität des zu liefernden Korns wurde genau bestimmt, nämlich trockene, wohlgesäuberte Frucht wie „Kaufmans Gut“. [Anm. 23] Die Abgabe, und dies wurde im Pachtbrief ausdrücklich festgehalten, war auch dann in dieser Höhe fällig, wenn „Hagel,[..] Misswuchs [...] oder andere Unfäll und was ferner Menschen sich erdenken möchten“ die Ernteerträge reduzierten. [Anm. 24]
Hans Seiten war der Sohn des vorherigen Pächters Nikolaus Seiden. Die Familie hatte in „neulicher Zeit“ [Anm. 25] durch „Feuersbrunst“ großen Schaden erlitten . Ob dieser Brand noch weitere Häuser in Frei-Laubersheim betroffen hatte oder ob es sich nur um das Gehöft der Familie Seiten handelte, ist aus der Urkunde nicht erkennbar. Wegen dieses großen Schadens und weil Hans Seitens Eltern und er den Hof bisher zur großen Zufriedenheit des Verpächters geführt hatten, wurde eine geforderte Zahlung von 100 Gulden auf zwei Raten zu je 50 Gulden verteilt, wovon die erste an Martini 1604 und die zweite 1605 an das Kloster zu zahlen war.
Die Abgabelast des Pächters
Um einschätzen zu können, wie stark die Abgabenlast des Pächters war, muss zunächst das Volumen eines Malters bestimmt werden. Das Volumen eines Malters war regional, auch in unmittelbarer Nähe, sehr verschieden. Ein Kreuznacher Malter betrug 137,7248 Liter! Im Oberamt Kirchberg im Hunsrück war das Volumen eines Malters um ca. 11 Liter größer. Im Oberamt Meisenheim hatte das Malter dagegen lediglich ein Volumen von 100 Litern, in Kurhessen ein mehrfaches, nämlich 642,95 Liter.[Anm. 26] In den Einnahme- und Ausgabebücher der Schaffnerei Ravengiersburg findet sich daher auch eine genauere Bestimmung des Malters. Hans Seiten musste „6 Malter Korn Creutznacher Maßung“ liefern, also 6 mal 137,7248 Liter. Zum Abmessen des Malters wird es einen Behälter gegeben haben, der diesem, bezogen auf unser heutiges Maßsystem recht komplizierten Volumenbetrag, entsprach. Die vom Ravengiersburger Kloster geforderten 6 Malter hatten demnach ein Gesamtvolumen von 826,3488 Liter, das entspricht ungefähr dem 3 1/2 – fachen Volumen unserer blauen, haushaltsüblichen 240-Liter- Papiertonne. Nach einer Angabe aus dem Jahr 1470 betrug der Getreideertrag pro Jahr in Würzburg pro Hektar 783 Liter.[Anm. 27] Unterstellt man diesen Ertrag für den Klosterhof in Frei-Laubersheim, hätte dieser bei 9 ¼ Morgen Äcker in der Samenflur, also ungefähr 2,5 ha [Anm. 28], damit 1.958 Liter Ertrag pro Jahr erzielt. Damit hätte der Hof etwas mehr als 40 % seines gesamten Getreideertrages als Pacht abliefern müssen. Bei besseren Ernten prozentual weniger und bei schlechten Ernten prozentual mehr, da die Abgabe unabhängig vom tatsächlichen Ernteertrag zu leisten war. Da der Hof auch noch Weinberge, Wiesen und Wald besaß, dürfte der Abgabenanteil am Gesamtertrag geringer gewesen sein.
Die Pächter seit Mitte des 17. Jh´s
Am 2. Mai 1659 erfolgt eine Erneuerung des Ravengiersburger Hofgutes [Anm. 29] „Erneuerung des Rebersberger Hoffgutts so wir Schultheiß und Gerichten auf Befels pfaltz=simmerischen Herrschaft den 2. Mai Anno 1659 daselbe erneuern müssen uns ist Hoff also Jacob Schleich dieses ahn itzo in Erbbeständnis". An Ackerfeld (auch Infeld genannt) umfasste das Gut 30 1/2 Morgen und an Außfeld zusätzlich 4 1/2 Morgen, also insgesamt 35 Morgen.
Aus den Jahren 1662 und 1663 existieren Dokumente, die wiederum einen Hans Seithen als Hofpächter nennen und dass dieser 6 Malter Korn jährlich als Pacht zu zahlen hatte. [Anm. 30]
1690 wird in den Einnahmebüchern als Erbbeständer weiterhin Hans Jacob Schleich genannt, der ebenfalls 6 Malter Korn als Pacht zahlen musste. [Anm. 31] Das Dokument gibt auch Hinweise auf Zerstörungen im pfälzsischen Erbfolgekrieg. Tatsächlich machte die „Witwe“ Schleich im Jahr 1696 beim Oberamt in Kreuznach ihre Schadensansprüche geltend, für Schäden, die die Franzosen in den Jahren davor verursacht hatten.
Außer dem Ersatz der Kosten in Höhe von 200 Gulden für die Unterhaltung der Pferde verlangte sie 120 Gulden für die durch Raub verlorenen Gegenstände und sie forderte 20 Gulden für Schäden am Gebäude.[Anm. 32] Da sie als Witwe diese Forderungen stellte, kann ihr Mann Jakob demnach 1696 nicht mehr gelebt haben.
Am 28. April 1719 erhalten Friedrich Schleich und seine Ehefrau Anna Elisabetha, Einwohner von Frei-Laubersheim, den Hof als Erbbeständer, [Anm. 33] und zwar renoviert, weil aus vorletztem franz. Krieg der alte Brief verbrannt sei ... "Erben gehört es günstig ohne unsere geistige Administration vorher zu wissen kann nichts verkauft werden".
Die Dokumente bestätigen für 1730 wiederum zwei Pächter: Außer der bereits genannten Witwe Schleich "„Zu Laubersheim gibt der Rauiersburger Erbbeständer Schleichen Wittib 6 [Malter]“", [Anm. 34] wird als zweiter Pächter ein Hans Siltzen genannt: „Dieser Hof ist Hans Siltzen daselbst um 6 Malter Korn Creutznacher Maasung jährlich erblich verliehen worden“.[Anm. 35]
Auch 1750 werden zwei Erbbeständer genannt. Hans Heintzen bzw. Heinzen, der, wie die vorangegangenen Erbbeständer, ebenfalls 6 Malter Korn nach Kreuznacher Maß zu liefern hatte [Anm. 36] und ein Philipp Matthes. Zu den Klostergütern in Frei-Laubersheim gehörten zu dieser Zeit neben dem Hofhaus 29 Morgen Acker sowie 2 ½ Morgen Klauer und Heidefelder.[Anm. 37]
1785 wird wiederum Phil. Mathes als Erbbeständer genannt. Die gepachteten Güter umfassten unverändert „29 Morgen Ackerfeld, 2 ½ Morgen Klauen und ein Hof und Hofraith“.[Anm. 38]
Nach Wagner war 1797 auch Hans Heinzen Erbbeständer des Hofes. [Anm. 39]
Mit der Versteigerung während der französischen Besetzung unseres Gebietes endete die erbbeständliche Verpachtung des Hofes. [Anm. 40] „1803 wurde das Gut mit 31 Morgen verkauft“.[Anm. 41] Es ist anzunehmen, dass Familie Mathes, die dort bereits seit Jahrzehnten wohnte, das Anwesen ersteigerte, denn 1807 wird dort ein Heinrich Mathes als Gastwirt genannt.[Anm. 42]
Die ungewöhnliche Hausfront des Klosterhofs
Die Hausfront des heutigen Hofhauses, das nach der Jahreszahl über dem Hauseingang im Jahre 1712 errichtet bzw. wieder aufgebaut wurde, verläuft nicht geradlinig, sondern führt nach etwa 2/3 der Front mit einen leichten Knick zum Hoftor. Dieser Knick ist recht ungewöhnlich. Ein Grund hierfür ist für uns heute nicht mehr erkennbar. Wahrscheinlich musste oder wollte man sich an bestimmte bereits bestehende Strukturen anpassen. Im ersten Stock des leicht abgeknickten Bereichs der Hausfront, also direkt neben dem Torbogen, befand sich früher der Tanzboden der Gaststätte.
Die Hofhausinschrift
Der Ravengiersburger Klosterhof, der von der Kreisverwaltung als solcher mit dem kleinen Emblem gekennzeichnet wurde, hat heute die Hausnummer 22. Über der zum Hof führenden Eingangstür ist die Jahreszahl 1712 erkennbar sowie der Buchstabe M und weitere Buchstaben bzw. Ziffern, die jedoch durch den Türrahmen verdeckt sind. Dieses Hofhaus wurde demnach 1712 entweder ganz neu errichtet oder umfangreich erneuert. Der Buchstabe „M“ könnte ein Hinweis auf den Erbauer sein. Keiner der uns überlieferten Pächter dieser Zeit beginnt jedoch mit dem Buchstaben „M“. Das „M“ hinter der Jahreszahl bleibt daher zunächst unverständlich.
Die Hofhäuser
Im Lagerbuch von 1603 wird nicht nur von einem Hofhaus, sondern von zwei Hofhäusern in Frei-Laubersheim gesprochen. Tatsächlich werden in den Urkunden, wie oben bereits erwähnt, ab Mitte des 17. Jh.´s gleichzeitig immer wieder zwei verschiedene Familien als Pächter genannt. Das Nachbarhaus zur Rechten trägt die Hausnummer 24. Im 18 Jh. hatten jedoch beide Höfe die Parzellennummer 10! Auch nach der Zuweisung der neuen Parzellennummern nach 1800 blieb es bei einer einheitlichen Parzellennummer, nämlich für beide Höfe 943. Es wurde lediglich ein „a“ für die Hofreithe Hausnummer 22 angefügt.[Anm. 43]In manchen Karten auch der Zusatz 943,3 und für die Hausnummer 24 die Parzellenbezeichnung 943 ohne Zusatz. Auffallend ist ebenfalls, dass die beiden Toreinfahrten zu Nr. 22 und Nr. 24 direkt nebeneinander liegen. Beide Grundstücke scheinen früher eine Einheit gewesen zu sein. Es ist demnach nicht unwahrscheinlich, dass das zweite Hofhaus an der Stelle des heutigen Hauses Backhauspforte Nr. 24 stand.
Die Eigentümer der beiden Hofhäuser seit dem 19. Jahrhundert
Im Hofhaus der Parzelle 943 a, dem offiziell als Ravengiersburger Hofhaus deklarierten Anwesen, wird für 1840 ein Peter Matthes als Eigentümer genannt. Ab 1843 ist Peter Vogel Eigentümer. Adam Vogel und Elisabeth gehört der Hof im Jahr 1862. Danach dem Jakob Sponheimer bis der Hof am 29.11.1921 von Wilhelm Eppelmann übernommen wird. In den 30iger Jahren wird Richard Vogel Eigentümer. Heute gehört der Hof dem Weingut Vogel-Friess.
Im Haus der Parzelle 943, dem möglichen zweiten Ravengiersburger Hofhaus, wird 1845 ein Jacob Stoppelbein als Eigentümer genannt. 1862 Adam Stoppelbein, 1885 Stoppelbein Jacob II, 1895 Machemer, Philipp III und ab 1934 Philipp Vogel.
Nachweise
Verfasser: Dipl.-Hdl. Wolfgang Zeiler
Verwendete Literatur:
- Arens, Fritz: Klosterkirche Ravengiersburg. München 1983 (Große Baudenkmäler 158).
- Mathes, Hans: Die Flurnamen von Freilaubersheim. Mark und Geschichte des Dorfes.
- Schellack, Gustav: Die Besitzverhältnisse des Klosters Ravengiersburg im Mittelalter. In: Hunsrückkalender 1957 (1956), S. 65-70.
- Wagner, Willi: Das Augustiner-Chorherrenstift Ravengiersburg. Geschichte des Stiftes, der Grundherrschaft und des Besitzes von den Anfängen bis zur Aufhebung 1803. Simmern 1977.
Erstellt: 2011
Aktualisiert am: 30.06.2014
Anmerkungen:
- Schellack: Besitzverhältnisse des Klosters Ravengiersburg, im Mittelalter. In: Kreuznacher Heimatblätter Nr. 3/56, S.2 Zurück
- ebd. S.1 Zurück
- Wagner, Willi: Das Augustiner-Chorherrenstift Ravengiersburg, Simmern 197, Karte im Anhang des Werkes Zurück
- Würdtwein, Stephan Alexander: Subsidia diplomatica ad selecta juris ecclesiastici Grmaniae et historiarum capita elucidanda ex originalibus et authenticis documentis congesta, Band 11 (Google book); Nr. 188, S. 332ff Zurück
- LHAK 159/37 Zurück
- LHAK LB S. 377 Zurück
- LHAK 159/37 Zurück
- Widder, Johann Goswin: Versuch einer volständigen gographisch-historischen Beschreibung der Kurfürstl. Pfalz am Rheine, vierter und letzter Teil 1788, S. 66 Zurück
- Wagne, a.a.O., S.238 Zurück
- Nach Auskunft des Herrn J.P. Dussourd, Châtenois, Elsass, wurde durch straßburger Archeologen bei einem Haus in unmittelbarer Nähe der Kirche in Châtenois festgestellt, dass der Keller nachträglich unter das Haus gegraben wurde Zurück
- Wagner, a.a.O., S. 136 Zurück
- LHAK LB S.377 Zurück
- Kemp, Heinrich: Meisenheimer Jugend, Berlin 2000, S. 254 Zurück
- Velten, Carl: Der Stadt Kreuznach Ratschronik von 1509 bi 1695, masch. schr. in 3 Bdn T.1: 1509 - 1620 S. 11 Zurück
- Der Truchsess gehörte mit dem pfälzsischen und badischen Oberamtmann sowie dem Landschreier zur Verwaltungsspitze von Kreuznach. Severin Saur war von 1573 bis 1585 Truchsess in Kreuznach Zurück
- LHAK LB S.377 Zurück
- LHAK LB S. 377 Zurück
- LHAK LB S.381 Zurück
- LHAK LB S. 379 Zurück
- Hennning, F.-W.: Das vorindustrielle Deutschland 800 bis 1800, S. 179 ff Zurück
- Wagner, a.a.O., S. 236 Zurück
- LHAK LB S. 382 Zurück
- LHAK LB S. 382 Zurück
- LHAK LB S. 382 Zurück
- LHAK LB S. 383 Zurück
- Vendenhalven, Fritz: Alte Maße, Münzen nd Gewichte aus dem deutschen Sprachgebiet, Neustadt an der Aisch, 1968, S. 34 Zurück
- http://www.historisches-unterfranken.uni-wuerzburg.de/db_swu_hofbuern.php Zurück
- Es wird dabei angenommen, dass 1 Morgen im Oberamt Kreuznach 2.500 qm betrug Zurück
- Frei-Laubersheimer Morgenbuch von 1618 Zurück
- LHAK 4/3489 Zurück
- LHAK 4/3481 Zurück
- Stadtarchiv Bad Kreuznach GR 782 Nr. 22 Zurück
- Mathes a.a.O., S.118 Zurück
- LHAK 4/3426 Zurück
- LHAK 4/3485 Zurück
- Wagner, a.a.O., S.238 Zurück
- Wagner a.a.O., S. 237 Zurück
- LHK 4/3446 Zurück
- Wagner, a.a.O., S. 238 Zurück
- Wagner, a.a.O., S.237 Zurück
- Mathes, a..O., S. 118 Zurück
- Siehe Beitrag"Einzelaspekte", R. Partenheimer: Die historischen Häuser der Gemeinde Frei-Lauberheim und ihre Bewohner Zurück
- Ortsarchiv Frei-Laubersheim: Parzellenkarten von 1848 Zurück