Zur Geschichte des Frei-Laubersheimer Röhrenbrunnen
Auf dem Dorfplatz, an dem sich Kirchenpforte, Rathausstraße und Phillip-Wehr-Straße treffen, befand sich in früheren Zeiten ein künstlich angelegter Teich, der in den alten Gemeindebüchern „Neue Weed“ oder "Wethe" genannt wird. Dieser Teich war für Frei-Laubersheim von großer Bedeutung, denn er lieferte v.a. das Löschwasser im Brandfall. Daher war es wichtig, dass dieser Teich immer mit Wasser gefüllt war. In unmittelbarer Nähe dieses Teiches befand sich der „Gemeinde-Röhrbrunnen“. Diesen Röhrenbrunnen gab es in Frei-Laubersheim schon seit Jahrhunderten. Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahre 1711 („unten der rörborn“ und „hauß und hof ahm röhrbrunnen“). Das Wasser für diesen Brunnen und die Weed kam aus der in der Nähe gelegenen Flur "In der Bitz". Die Bitz war ein wasserreiches Gebiet am nördlichen Dorfrand, in dem sich das von dem nordlich hinziehenden Bergzug herabfließende Wasser sammelte. Dieses Wasser soll - gleich dem Bad Münsterer Wasser auf der anderen Seite des Bergrückens - kalk- und solehaltig gewesen sein. Ein Großteil dieses Wassers floss offen am heutigen Bürgerhaus vorbei in die Weed und weiter rechtsseitig, meist als offener Kanal, die Philipp-Wehr-Straße entlang. Ein kleinerer Teil des in der Bitze zusammengeflossenen Wassers leitete man schon vor Jahrhunderten durch - streckenweise im Bachzulauf zur Weed - unterirdisch verlegte Röhren in den Ort. Durch den unterirdischen "Wassertransport in Röhren", quasi einem Vorläufer unserer Wasserleitungen, gelangte auf diese Weise klares, nicht durch Kot und sonstigen Straßenschmutz verunreinigtes Trinkwasser zum Dorfplatz. Die Stelle, an der diese Wasserleitungs-Röhren wieder ans Tageslicht kamen und das Wasser aus der Bitz als ständig fließenden Laufbrunnen freigaben, nannte man "Röhrenbrunnen".
Die erste grundlegende Neugestaltung des Brunnens erfolgte 1863. Der im gotischen Stil gestaltete Brunnenstock ist das Werk des Steinhauers Heinz Schilling aus Stein-Bockenheim. Die tierköpfigen Wasserspender eine Arbeit des Schlossermeisters Ludwig Abel aus Alzey. Sicher ist, dass dieser zentrale Teil des neugestalteten Brunnens bis auf den heutigen Tag in seiner grundlegenden Gestalt unverändert blieb und damit den ältesten Teil des Brunnens darstellt. Schon 18 Jahre danach wurden erneut umfangreiche Bauarbeiten am Röhrbrunnen geplant. Ein Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde Frei-Laubersheim Valentin Wehr an das großherzogliche Kreisbauamt in Bingen offenbart den Anlass dieser Baumaßnahmen. V. Wehr schreibt in diesem Brief vom 22. Dezember 1880, dass das Wasser, das von einer Seitengasse der Hauptstraße Worms-Kreuznach, der sogenannten Hammergasse herabkommt und bei Regenwetter sehr beträchtlich wird, früher direkt in den Kanal geleitet wurde. Auf Veranlassung des Bauamtes wurde die Wasserführung 1877 so geändert, dass das Wasser nun in die Gemeindewethe am Röhrbrunnen floss. „Diese Abänderung“, schreibt Wehr weiter, „hat nun im Gefolge, dass bei Regenwetter, wo sich nun bedeutende Wassermassen in der in Rede stehenden Gasse sammelt und Pfuhl und sonstigen Unrath aufnimmt, eine solche Verunreinigung und Verschlammung in der Gemeindewethe entsteht, dass sich ein großer Missstand bildet, in höchstem Grade polizeiwidrig, auch wegen der Verbreitung eines stinkenden Geruchs gesundheitsschädlich ist und schon deshalb öfters Klagen von Anwohnern verursacht hat.
Ursache für die Brunnenrenovierung von 1884 war demnach der verschmutzte Teich. Als Ersatz für den Teich wurde ein gusseiserner Brunnentrog aufgestellt und unterirdisch ein Wasserreservoir durch Mauerwerk eingefasst. Der Brunnentrog des Röhrenbrunnens wurde von August Faubel montiert, der schon 1863 mit Schilling zusammen am 63er Brunnen gearbeitet hatte. Auf einer dieser Trogplatten befindet sich die Jahreszahl 1884, die das Jahr dieser Renovierung und nicht das Entstehungsjahr des Brunnens dokumentiert! Außerdem wurden umfangreiche Pflasterungen am Röhrenbrunnen und über dem ehemaligen Teich durchgeführt. Zum Schutz des Brunnens stellte man 4 Prellsteine auf und setzte neue Stufen aus Steinen, die vom niedermendiger Steinbruch stammten.
Es ist denkbar, dass dabei der Standort des Brunnens gegenüber 1863 verändert worden ist, denn durch das Zuschütten und Planieren der ehemaligen Wethe konnte, falls dies erforderlich war, ein verkehrsmäßig günstigerer Platz gewählt werden.
In den folgenden Jahrzehnten waren immer wieder kleinere Reparaturen am Brunnen erforderlich. Ende 1943, also noch während des II. Weltkrieges, erfolgte allerdings eine sehr umfangreiche, aber kaum sichtbare Veränderung am Röhrenbrunnen. Unterirdisch wurde direkt am Röhrenbrunnen ein Löschwasserbehälter errichtet, der heute noch von der Feuerwehr genutzt wird.
Im Jahre 2004 wurde eine grundlegende und fachgerechte Restaurierung des 1863 erstellten Brunnenstocks durch eine Firma aus Niederhausen vorgenommen. Die Kosten von ca. 17.000 € € wurden durch Zuschüsse aber vor allem auch durch viele Einzelinitiativen und Spenden aufgebracht. Am 7. und 8. August 2004 feierte die Bevölkerung die erfolgreiche Renovierung des Röhrenbrunnens mit einem großen Brunnenfest.
Das Wasser des Brunnens stammt heute nicht mehr aus der "Bitz". Der Bau der Umgehungsstraße im Jahr 1938 und der Bau eines Kanals zerstörten den Wasserlauf zur Bitz. Das Wasser des Röhrenbrunnens ist heute also kein klares Quellwasser mehr, sondern ein Wasser, das in einem geschlossenen Kreislauf immer wieder nach oben gepumpt wird und ist deshalb auch, wie das dort angebrachte Hinweisschild anzeigt, kein Trinkwasser mehr!