Das Leben in der Pfalz
Die meiste Zeit war der König abwesend. In dieser Zeit dürfte der Verwalter (villicus) des Wirtschaftshofes auch für die Pfalz zuständig gewesen sein. Neben dem königlichen Wirtschaftshof wird es auch eine ganze Anzahl von untergeordneten Nebenhöfen gegeben haben. Es ist z.B. gesichert, daß von Groß-Winternheim aus Güter nach Ingelheim geschafft werden mußten. Im Haupthof wurden die Einkünfte aus den zur Pfalz gehörenden Besitzungen und die für einen Königsaufenthalt angelieferten "Servitien" (Abgaben) gesammelt. Der Bedarf an Nahrungsmitteln während der königlichen Aufenthalte war immens. So hielten sich anläßlich von Kaiserbesuchen im 9. Jahrhundert in der Pfalz Ingelheim und Umgebungca. 1.200 bis 1.600 Personen auf. Das Gefolge Ottos I. war so zahlreich, daß es täglich (!) zur Verpflegung u.a. 500 Schweine und Schafe benötigte.
Da es im 9. Jahrhundert offensichtlich noch keine Kirche im engeren Pfalzgebiet gab, haben sich die Herrscher zum Gottesdienst wohl in die700 m entfernte Remigiuskirche begeben, die damals schon existiert hat. Zerstreuung suchte man u.a. bei der Jagd, die darüber hinaus einwichtiger Aspekt höfischer Repräsentation war. Der Herrscher zeigte sich hier als Bezwinger der Kreatur. Vor allem Ludwig der Fromme war ein begeisterter Jäger; gejagt wurde in einem Tierpark auf einer Rheininsel bei Ingelheim, wobei allerdings diese "Jagd" mehr zeremoniellen Charakter gehabt haben dürfte. In einem Pavillon auf dieser Insel starb Ludwig der Fromme. Das Bild versucht, einen Eindruck vom Leben in der Pfalz zu geben. Dabei verbinden sich archäologisch gesicherte Erkenntnisse über das Aussehen der Anlage mit der Phantasie des Zeichners. Der bauliche Zustandent spricht dem der Karolingerzeit und gibt weitgehend den aktuellen Forschungsstand wieder.
Die Pfalz hatte damals eher den Charakter einer Wohn- denn einer Wehranlage. Authentisch sind diePalastaula und die charakteristische Bogenform der Anlage an der Eingangseite, die sich heute noch in derStraßenführung widerspiegelt. Gesichert sind auch die vorgelagerten Rundtürme und der Säulengang auf der Innenseite des Bogens. Spärlicher sind die Kenntnisse in Bezug auf die Innenbebauung. Die jüngsten Ausgrabungen deuten darauf hin, daßsich im Innenraum mehr geschlossene Gebäude befanden. Die Gartenanlagen und Säulengänge auf dem Bild lehnen sich an ältere Rekonstruktionsversuche an, die archäologisch nicht gesichert sind.
Mitten in der Pfalzanlage sitzt ein Elefant. Der Besitz exotischer Tiere sollte die Macht des Herrschers dokumentieren. Daß Karl der Große einen Elefanten als Geschenk erhielt, ist urkundlich nachweisbar; daß "AbulAbbas" - so hieß der Elefant - auf seinem Transport nach Aachen in Ingelheim Zwischenstation machte, steht nirgendwo geschrieben, ist aber durchaus möglich.
Die bäuerlichen Gehöfte um die Pfalz herum sind der Phantasie des Zeichners entsprungen. Der karolingische Haupthof, über den die Versorgung der Pfalz geregelt wurde, lag wohl ca. 700 m nordwestlich der Pfalz entfernt im Bereich der Remigiuskirche. Es ist jedoch davon auszugehen, daß sich um die Pfalz weitere Wirtschaftshöfe und Handwerksbetriebe gruppierten. Genauere Aufschlüsse darüber erhofft man sich von den Grabungen 1996/97 außerhalb des engeren Pfalzbereichs. Die Einfachheit der Hütten steht in deutlichem Kontrast zur Pfalzanlage. Ihr Äußeres entspricht durchaus dem Aussehen damaliger Bauernhöfe.
Nachweise
Redaktionelle Bearbeitung: Stefan Grathoff, mk
Literatur:
- Böhner, Kurt: Ingelheim am Rhein. Geschichte und Gegenwart. Ingelheim 1976.
- Henn, Karl-Heinz: Karl der Große in Ingelheim. Bauherr der Pfalz und europäischer Staatsmann. Katalog zur Ausstellung. Ingelheim 1998.
- Landesamt Denkmalpflege (Hrsg.): Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Band 18.1: Kreis Mainz-Bingen. Bearb. v. Dieter Krienke. Worms 2007.
- Schweitzer, Ignaz: Vom Glanz der Ingelheimer Kaiserpfalz. Ingelheim 1969.
Aktualisiert am: 28.08.2014