Nieder-Ingelheim in Rheinhessen

Die Erforschung der Pfalz

Archäologischer Park in Ingelheim.[Bild: Horst Goebel]

Erste Grabungen in Ingelheim gab es schon im Jahre 1852, bevor Anfang des 20. Jahrhunderts die systematischen archäologischen Forschungen begannen. Christian Rauch unternahm mit einem Team von Wissenschaftlern von 1909-1914 umfangreiche Grabungen. Er bestimmte die Ausdehnung und den Grundriß der Anlage. Die Forschungen wurden durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges unterbrochen und erst 1960-1970 unter Walter Sage, Hermann Ament und Uta Wengenroth-Weimann fortgesetzt. Die neuen Grabungen brachten erhebliche Korrekturen an den Ergebnissen Rauchs. Zwei Pfalzmodelle, die auf der Basis der Grabungsergebnisse angefertigt wurden und die im Museum der Kaiserpfalz (siehe Rundgang) besichtigt werden können, geben die unterschiedlichen Forschungsergebnisse anschaulich wieder.
Seit 1993 wird unter der Leitung von Holger Grewe im Pfalzgebiet erneut gegraben. Bisherige Forschungsergebnisse sollen überprüft und bisher nicht erforschte Bereiche ergraben werden - so konnte der Repräsentativbau der Pfalz, die Palastaula (aula regia), in ihrer gesamten Fläche freigelegt werden.

Rings um die aula regia sieht man die heutige Bebauung. Viele Teile der ehemaligen Pfalz sind durch die spätere Bebauung zerstört worden. Dennoch sind in Ingelheim - vergleicht man die Situation mit anderen Pfalzen im Zentrum heutiger Städte wie Nimwegen (Niederlande) oder Aachen - bedingt durch die topographische Entwicklung des Ortes erheblich mehr Überreste der ehemaligen Pfalzanlage im Boden erhalten geblieben. Deshalb besteht hier die einmalige Möglichkeit, eine karolingische Pfalzanlage auszugraben und umfassend zu dokumentieren.

Gleichsam als "Nebenprodukt" der Ausgrabungen wurde 1996 eine Goldmünze aus der Zeit Karls des Großen entdeckt. Dieser Solidus aus der Münzstätte Arles in Frankreich, zwischen 812 und 814 geprägt, ist ein ungewöhnliches Einzelstück von besonderem wissenschaftlichen Wert; denn seit der Münzreform Karls des Großen waren keine Goldmünzen mehr geprägt worden. Es ist die erste im Zusammenhang mit einer archäologischen Grabung gefundene Goldmünze.

Die Forschungen sind noch nicht abgeschlossen; weitere Grabungen im Bereich außerhalb des engeren Pfalzgebietes sollen Aufschlüsse über die Bebauung im Randgebiet (Wirtschaftshöfe, Werkstätten usw.) vermitteln. Ziel ist eine Beschreibung der karolingischen Pfalz auf der Basis einer Gesamtauswertung aller Forschungsergebnisse.

Nachweise

Redaktionelle Bearbeitung: mk

Literatur:

  • Böhner, Kurt: Ingelheim am Rhein. Geschichte und Gegenwart. Ingelheim 1976.
  • Henn, Karl-Heinz: Karl der Große in Ingelheim. Bauherr der Pfalz und europäischer Staatsmann. Katalog zur Ausstellung. Ingelheim 1998.
  • Landesamt Denkmalpflege (Hrsg.): Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Band 18.1: Kreis Mainz-Bingen. Bearb. v. Dieter Krienke. Worms 2007.
  • Schweitzer, Ignaz: Vom Glanz der Ingelheimer Kaiserpfalz. Ingelheim 1969.

Aktualisiert am: 28.08.2014