Undenheim in Rheinhessen

Evangelische Pfarrkirche

das Bild zeigt die evangelische Kirche in Undenheim

Bis zur Pfälzischen Kirchenteilung wurde die heute katholische Kirche von Undenheim von drei Konfessionen genutzt. Als die Kirche 1706 der katholischen Gemeinde zugesprochen wurde, mussten sich Reformierte und Lutheraner eigene Kirchen im Ort bauen. Die reformierte Gemeinde wurde mit der Kirchenteilung ins benachbarte Selzen verlegt, so dass die durchaus große Gemeinde in Undenheim zu einer Filialgemeinde herabgestuft wurde. Die lutherische Gemeinde wurde 1738 gegründet und ihr wurden noch die Gläubigen aus Selzen und Weinolsheim zugeteilt.[Anm. 1] Beide protestantischen Denominationen bauten sich nach der Zuteilung der Pfarrkirche an die katholische Gemeinde eigene Kirchen im Ort. 

Die reformierte Gemeinde – sie zählte 1695 zwei Drittel der Bevölkerung Undenheims – hatte nach der Kirchenteilung keinen Zugang mehr zur Pfarrkirche. Sie mussten also ins benachbarte Selzen in die Kirche, wo die reformierte Gemeinde mit der Kirchenteilung die Ortskirche zugesprochen bekommen hatte, oder sie mieteten sich eine Scheune zur Abhaltung des Gottesdienstes bis zum Neubau der Kirche. Nach Heidelberg richtete die Gemeinde das Gesuch die Undenheimer Pfarrkirche – wie in Gau-Odernheim oder Bechtolsheim – teilen zu lassen. Im Gegenzug dazu sollten die katholischen Christen von Vendersheim die dortige Kirche erhalten, die der reformierten Gemeinde zugefallen war. Es wurde sich ernsthaft mit dem Fall beschäftigt, aber das Anliegen wurde aus unbekannten Gründen nicht realisiert. So blieb der Gemeinde nichts Anderes übrig als einen Kirchenneubau zu initiieren. 1715 erwarb die Gemeinde einen Bauplatz in der Ortsmitte. Die Gemeinde war – im Gegensatz zu den Lutheranern und den Katholiken – nicht arm und ihr gehörten viele vermögende Undenheimer an. Nach meheren Kollekten und einigen Jahren – der Kirchbau zog sich bis 1717 hin – konnte die Kirche eingeweiht werden. Wie die Kirche ausgesehen hat, ist nicht überliefert. Sie wird ein einfacher – und für reformierte Kirchen typisch – schmuckloser Saalbau gewesen sein. Eine Hochwasserkatastrophe 1750 hatte auch diese Kirche überschwemmt, so dass der hölzerne Altartisch weggehoben wurde und die Bänke komplett im Wasser standen. Glocken wurden erst 1729 angeschafft. Mehrere Reformierte aus Undenheim hatten in Rheinhessen Kollekten veranstaltet und so wurden zwei Glocken in Mainz bestellt. [Anm. 2] 

Die lutherischen Gläubigen zogen sich nach der Kirchenteilung zu ihren gottesdienstlichen Handlungen in ein Privathaus zurück. Einige Jahre später – nach dem Frieden von Utrecht – fingen sich an, sich eine kleine Kirche im Ort zu bauen. Sie errichteten sie mitten im Ort, wo auch heute die evangelische Kirche steht, an der Stelle des ehemaligen Kronberger Hofs. Über die Pächter des Hofs waren Teile davon um 1700 an den Schultheißen Philipp Best und an den lutherischen Kirchenvorsteher Jost Peter Jung gekommen. Nach dem Tod des Schultheißen Philipp Best beschlossen seine Erben ihren Teil des Hofs an die lutherische Gemeinde zu schenken, um darauf eine Kirche zu bauen. Auf deren Geländer und auf dem Anteil des Kirchenvorstehers Jung entstand 1713 das Kirchlein, das 1753 vom lutherischen Pfarrer Philipp Knaup (Amtszeit: 1753–1756) als klein, ungewölbt und ungemauert beschrieb. Es handelte sich also um eine einfache hölzerne Fachwerkkapelle. Neben der Kapelle stand das lutherische Schulhaus. 1750 gab es ein großes Unwetter, das die kleine Kirche in Mitleidenschaft zog. Das Wasser habe den steinernen Altar gleichgestanden. Nachdem 1767 die Kirche renoviert wurde, entschloss sich die Gemeinde für einen schlichten Neubau der Kirche. Zwischen 1779 und 1780 wurde an derselben Stelle die heute evangelische Kirche gebaut. Die Kirche ist ein schlichter Bau. Das Innere charakterisiert ein für Rheinhessen typischer Saal, der in einen 3/8 Chorabschluss endet.[Anm. 3]  Der Chor ist nach Süden ausgerichtet, was seiner ungewöhnlichen städtebaulichen Situation verschuldet ist. [Anm. 4] Den Eingangsgiebel bekrönt ein eleganter hexagonaler Dachreiter mit einer eingeschnürten welschen Haube. Der Innenraum ist gegliedert durch die hohen halbrund endenden bleiverglasten Fenster. Sie gleichen den Fenstern der katholischen Kirche. Typisch für Kirchen aus diesem Jahrhundert waren auch die ovalen Fenster der Westfassade, sogenannte Ochsenaugen. Sie wurden beim Umbau der Kirche 1841 bedauerlicherweise zugemauert, womit die Kirche einen Teil ihres ursprünglichen Aussehens eingebüßt hat. [Anm. 5]

Im 18. Jahrhundert gehörten zur lutherischen Pfarrei Undenheim auch die Lutheraner in Selzen und Weinolsheim, wobei die Weinolsheimer sich wegen der geringen Distanz oft in die Kirche in Dolgesheim begaben, das den Grafen von Leiningen gehörte und demzufolge lutherisch war. Von Pfarrer Vock wurde das 1782 beim Heidelberger Konsistorium beklagt. [Anm. 6] Undenheim blieb bis 1840 ein Dorf mit drei Kirchen. Einzig und allein in Flörsheim-Dalsheim ist dieses für das 18. Jahrhundert in Rheinhessen nicht selten vorkommende Ortsbild mit drei Kirchen noch zu sehen.

Als sich die zwei protestantischen Denominationen auf der Wörrstädter Synode 1822 zur evangelischen Kirche zusammenschlossen, wurden vielerorts in Rheinhessen aus ökonomischen Gründen Gebäude aufgegeben und Stellen gestrichen. 1819 hatte der letzte lutherische Pfarrer Undenheim verlassen und bisher war kein neuer ernannt worden. So wurde die reformierte Kirche von den evangelischen Christen gemeinsam genutzt. 1822 bis 1841 stand die lutherische Kirche leer. Laut Beschluss des Undenheimer Gemeinderats am 24. August 1838 wurde im Ort die reformierte Kirche aufgegeben und die lutherische Kirche erweitert und umgebaut. Die Materialien der reformierten Kirche sollten dazu verwendet werden. eine Kirche im Ort aufgegeben. Es wurde beschlossen die reformierte Kirche aufzugeben und die lutherische Kirche zu erweitern. [Anm. 7] Die Glocken der reformierten Kirche wurden der katholischen Kirchengemeinde in Wörrstadt verkauft, die sich 1842 eine neue Kirche gebaut hatte. Sie hingen noch bis 1970 im Kirchturm der katholischen Kirche von Wörrstadt und wurden beim Turmneubau leider eingeschmolzen. [Anm. 8] 

Die lutherische Kirche wurde nun also umgebaut. Es wurden bei den Umbaumaßnahmen leider die ovalen Fenster der Westfassade geschlossen, wohl um das Eingangsportal neu zu bauen. Im Chorbereich wurde das mittlere Chorfenster vermauert. Mehr Platz bot die Erweiterung der Empore, die nach vorne gezogen wurde und weit in den Kirchenraum hineinragt. Dabei wurde auch die Orgel versetzt.[Anm. 9] Die aktuelle Orgel stammt aus der Orgelbaufirma von Carl Förster (1868–1934) in Heimersheim von 1905. Der Prospekt ist im gotisierenden Rundbogenstil ausgeführt. Im selben Jahr entstanden die Malereien der Glasfenster. Sie wurden von Hans Müller-Hickler (1860–1933) in Darmstadt angefertigt und stellen Szenen aus dem Leben Jesu dar. [Anm. 10] Die Kirche ist herrlich in leuchtenden Farben ausgemalt. Die Voutendecke ist mit klassizistischen Elementen ringsum bemalt. Den Kirchenraum umgibt eine im leuchtenden Grün gemalte Kassettenmalerei. In sanften Blautönen zeigen sich die Empore und das Laiengestühl, das mit geschweiften Bankwangen versehen ist. 

Bereits 1838 hatte Bürgermeister Will an Pfarrer Pfeiffer geschrieben, dass die Kirche keineswegs die große Zahl an evangelischen Christen in Undenheim fassen würde. Sie müsse in einigen Jahrzehnten dennoch neu gebaut werden. Interessanterweise ist es dazu nie gekommen. Die doch in ihren Maßen recht bescheidene evangelische Kirche in Undenheim steht heute noch. Auf den Kirchturm wurde – auf Beschluss der Gemeinde hin – das Polizeigeläut, das bis dato in der katholischen Kirche hing, übertragen. Die Begründung dafür war, dass man die Glocken der katholischen Kirche am Ortsrand nicht höre, während die evangelische Kirche mitten im Ort stünde. So ist es bis heute geblieben, denn die evangelische Kirche läutet, während in der alten katholischen Kirche nicht mehr geläutet wird. [Anm. 11]

1926 bis 1927 wurde die Kirche renoviert. Dabei entstand das den Innenraum prägende Wandbild hinter dem Altar. Es wurde von Otto Linnemann (1876–1961) aus Frankfurt am Main gemalt und stellt den die Gemeinde segnenden Christus dar. [Anm. 12]

1967 wurde der schadhafte Dachreiter komplett erneuert, aber im alten Stil wieder nachgebaut. Das Kreuz auf dem Turm wurde mehrmals erneuert. Das älteste Turmkreuz von 1716 befindet sich im Ortsmuseum. [Anm. 13]

Die evangelische Pfarrkirche von Undenheim hat eine bewegte Geschichte hinter sich und ist immer wieder neu gestaltet wurde. Das Resultat bildet eine gemütlich wirkende kleine Landkirche, die mit wenig Mitteln stilvoll ausgestaltet worden ist.

Nachweise

Verfasser: Alexander Wißmann M.A.

Verwendete Literatur:

  • Curschmann, Dieter: Geschichte von Kirche und Schule in Undenheim. In: Katholische Pfarrei Undenheim (Hrsg.): Festschrift zur Restaurierung der katholischen Pfarrkirche Undenheim 1976–1979, Undenheim 1979, S. 42-130.
  • Krienke, Dieter: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz 18.3. Kreis Mainz-Bingen, Worms 2011.

Erstellt am: 14.04.2018

Anmerkungen:

  1. Siehe Curschmann 1979, S. 109. Zurück
  2. Siehe a.a.O., S. 120. Zurück
  3. Siehe a.a.O., S.110ff. Zurück
  4. Siehe Krienke 2011, S. 356. Zurück
  5. Siehe Curschmann 1979, S. 112. Zurück
  6. Siehe a.a.O., S. 109f. Zurück
  7. Siehe a.a.O., S. 124. Zurück
  8. Siehe a.a.O., S. 121. Zurück
  9. Siehe a.a.O., S. 125. Zurück
  10. Siehe Krienke 2011, S. 356. Zurück
  11. Siehe Curschmann 1979, S. 125. Zurück
  12. Siehe Krienke 2011, S. 356. Zurück
  13. Siehe Curschmann 1979, S. 125. Zurück