Alpenroder Revolutionäre erobern Hachenburg
Die Ereignisse des Jahres 1848 hatten auch die Bewohner Alpenrods, Dehlingens, Hirtscheids, des Neuhofs und des Weltersteiner Hofes erfasst. Nach einer durchzechten Nacht in der Dorfschenke Alpenrod (26. März) beschlossen die Alpenroder Männer, am kommenden Mittwoch (5. April) mit allen männlichen Personen zwischen 25 und 55 mit Keulen und Knüppeln bewaffnet vor das Amtsgericht Hachenburg zu ziehen, um vor der Residenz des Grafen von Sayn-Hachenburg die Abschaffung des Zehnten, freies Holz, freie Jagd und freie Fischerei zu fordern. Am besagten Tag tranken sich ca. 200 Bürger noch etwas Mut an und zogen dann vor das Schloss. Dort angekommen schlugen sie alle Fenster im untersten Stock ein und skandierten „Wir zahlen keinen Zehnten mehr, wollen freies Holz, freie Jagd und freie Fischerei“: Die Gerichtsherren, welche durch die Fensters ins Freie geflüchtet waren, bewilligten alles, und auch der junge Graf Alexander von Sayn- Hachenburg sagte zu, auf den Zehnten verzichten zu wollen. Stolz über ihren Erfolg zog die revolutionäre Menge durch die Obergasse, schlug mit ihren Keulen und Knüppel an alle erreichbaren Läden und Fenster und ließ sich dann in der Wirtschaft Weig und beim Wirt Kaufmann (Kassemännche) am Obertor häuslich nieder. Man trank und aß ohne zu bezahlen und feierte seinen Sieg. Am Nachmittag erschien die Hachenburger und die Altsädter Bürgergarde, um die Eindringlinge aus der Stadt zu weisen. Bei der sich anschließenden Schlägerei floss Blut und ging viel Glas auch in der Unterstadt zu Bruch. Nach zwei durchzechten Nächten zogen die Revolutionäre am Freitag dem 7. Mai „mit multiplizierenden Beinen“ wieder ab und wurden in Alpenrod festlich empfangen.### Im Sommer erfolgte allerdings große Ernüchterung, als nach einem Beschluss des Amtsgerichtes Hachenburg die Gemeinde Alpenrod einen ganzen Walddistrikt, nämlich den Streifen Hochwald mit mächtigen Buchen- und Eichenbestand von der Grenze unterhalb Korb bis zu dem großen Tannenwald bei Böhmers-Neuhof, in einer Länge von etwa 10 Kilometern und einer Breite von 1 Kilometer an Hachenburg als Entschädigung abtreten musste. Der alte breite Grenzstein mit dem Buchstaben A wurde noch im Oktober 1920 am „Höllergraben“ an der Straße nach Hachenburg gesichtet, ebenso der neue schmale auf der Höhe „Am Steinchen“. Der gräfliche Zehnt wurde übrigens noch bis 1885 von Peter Baldus erhoben, der 1886 mit seiner Familie nach Amerika auswanderte.<ANM>Aus einem Manuskript, auf Mitteilung des Schreiners Ludwig Müller aus Alpenrod, der als 32-jähriger die Tage in Hachenburg miterlebt, mitgeteilt vom Lehrer August Schrupp, dem Hachenburger Stadtarchiv am 14.1.1973 von Ludwig Schmidt aus Waldgirmes überlassen und dort einzusehen (StAH)</ANM>