Das Mitternachtsspiel
von Bürgermeister Christian Klar
Das Stück wurde nach "Das Heerlager" aufgeführt. Es wurde Kanzleisprache gesprochen. Man sah eine Gerichtsstätte. Zwei schwer bewaffnete Stadtknechte, hinter ihnen das "Peinliche Halsgericht zu Hachenburg vor der Porzen", schritten in den Saal. Richter, Staatsanwalt, Verteidiger und ehrbare Hachenburger Bürger mit ihren blauen Kitteln nahmen Platz. Mit ernst besorgter Mine eröffnete der Richter die Sitzung. Erhaben begann er mit den schwer wiegenden Worten: "Das peinlich Hohe Halsgericht ist nach Kaiser Karls des Fünften und des Heiligen Römischen Reiches peinlicher Halsgerichtsordnung wohl verhanged worden...
Etwas Furchtbares musste geschehen sein! Die Stadtknechte führten drei Angeklagte dem Richter vor. Mit schweren Ketten behangen, an Händen und Füßen gefesselt, harrten die drei gebeugten Hauptes der Dinge, die da kommen mochten. Wie man vernahm, hatten die "Über- und Missetäter" des gnädigen Landesherren Wappenschild, den Saynschen Löwen am Marktbrunnen zerstört.
Die Angeklagten flehten die hohen und achtbaren Herren an, milde zu verfahren.
Und das war passiert. Der Hauptangeklagte hatte Freunen von sechs Jahren Gefangenschaft ohne Bier, Wein und Schnaps in einem leiningischen Gefängnis erzählt. Vom Erzählen und Hören dieses schrecklichen Erlebnisses hatten die Männer trockene Kehlen bekommen. Darob genossen sie des Alkohols so viel und vor allem dem Erzähler, im Turm der Herren von Leiningen weder Bier noch Wein oder gar "branntewein zu trinke sah", stieg der Wein zu Kopf. Es tue ihnen, so beteuerten die drei, leid, dass sie die Stadt gekränkt und in Volltruinkenheit ihren schönen Löwen zerstört hatten. Feierlich versprachen sie, einen neuen Löwen aufstellen zu lassen.
Nach geheimer Abstimmung kam das "peinlich Hohe Halsgericht zu Hachenburg vor der Porze" zu folgendem Ergebnis:
In peinlichen Sachen "ex officio contra Wilhelmus und Ottonius die Saynischen und Wernikus den Keßler" seien die Beklagten schuldig befunden worden: des verbotenen Gassenlaufens und Umhertreibens, des sich Vollsaufens und der Zerstörung des Löwen auf dem Stadtmarkt. Das peinliche Halsgericht vermeine jedoch, dass die Übeltäter nach ergangenem Gelöbnis einige Besserung erwarten ließen. Die Fesseln seien ihnen deshalb abzunehmen und sie als freie Bürger in ihre Häuser zu entlassen.
Die drei Angeklagten machten ihr Versprechen wahr und ließen den "heutigen" Löwen auf dem Stadtbrunnen aufstellen.