Einquartierungen in Hachenburg
Waren Kontributionen, Fouragen und Vorspanndienste eher "nur" teuer und lästig, gefährdeten die mit den Einquartierungen verbundenen finanziellen Belastungen zuweilen die Existenz der Stadt und ihrer Bewohner.
Vor allem während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) musste den landesherrlichen und den befreundeten Truppen unentwegt Unterkunft und Verpflegung in der Stadt gewährt werden. Wurde die Stadt besetzt, forderte man diese Leistungen ohnehin.
Die Soldaten lagen zuweilen Wochen und Monate in der Stadt. Jeder Bürger war gezwungen, den bei ihm einquartierten Mannschaften eine bestimmte Menge an Essen und an Wein bzw. Bier zu liefern. Damit waren die Besatzungssoldaten natürlich selten zufrieden. Eine Beschwerdeschrift von 1626 schildert Übergriffe einquartierter Soldaten. Einem Bürger sei ein Arm zerschmettert, einem anderen die Fenster eingeworfen worden. Die Soldaten hätten sich in ihrem Quartier wie "Räuber" aufgeführt und fortwährend mehr Bier und Wein verlangt. Da er nichts mehr hatte – so klagte ein Hachenburger Handwerker – habe er sich geweigert und sich zu seinen Kindern ins Bett gelegt. Die Soldaten seien aber in das Zimmer eingedrungen, hätten ihn aus dem Bett gerissen, zu Boden geworfen und gedroht, ihn zu erstechen. Durch das laute Geschrei sei seine Ehefrau, die im hinteren Zimmer im Wochenbett gelegen habe, in "Irrtum und Fantasie geraten und um ihren Verstand gekommen".
Mehr als 31 Einquartierungen von kaiserlichen wie von schwedischen Truppen, darunter die des Fürsten Adolf von Holstein, der zum kaiserlichen Heer gehörte, musste die Stadt zwischen 1623 und 1631 hinnehmen. Immer wieder erscheinen in den Stadtrechnungen Posten, die auf entsprechende Belastungen während des "Großen Krieges" hinweisen. Im Jahr 1635 und 1636 lagerten Truppen des Marquis de Gravor mit 400 Pferden und 400 Personen in der Stadt. Dadurch wurde die Stadtkasse mit über 16.000 Gulden belastet.
Die Einquartierungen hörten auch nicht auf, als nach 1636 der Bischof von Osnabrück das Stadtregiment übernahm. Beschwerden der Stadt hatten keinerlei Erfolg. Die Zustände spitzten sich zeitweise derart zu, dass die Stadt am 20. und 26. August 1643 beim Vikarpropst vorsprach, damit dieser beim Osnabrücker Erzbischof wegen der holsteinischen Einquartierung ein gutes Wort für sie einlege. Bei der ersten Holsteiner Besatzung hatte man sich noch rücksichtsvoller verhalten. So wird berichtet, dass im Jahr 1624 fürstlich-holsteinische Reiter, von deren Kameraden nicht wenige auf dem Kirchhof neben der Bartholomäuskirche begraben lagen, Geld spendeten, damit die Mauern und das Kirchendach repariert werden konnten.
Einweisungen im 17. Jahrhundert
Auch nach dem Krieg hörten die Einquartierungen keineswegs auf. Der Herzog von Holstein lag vom 1. Oktober 1673 bis zum 1. Januar 1674 bzw. im Mai 1674 mit seinem Stab in der Stadt. Diese musste Gelder bereitstellen und Sachleistungen erbringen. Am 26. Juni kamen die Kaiserlichen Generale Souche und de Capliers mit ihren Truppen nach Hachenburg. Sie blieben nur eine Nacht. Die Soldaten kampierten vor der Stadt. Souche übernachtete im Hospital, während Capliers im Haus des Rudolf Scheelen einquartiert wurde. Die Bürger mussten Lebensmittel, Stroh, Wein und Futter liefern. Im August kam General Baron de Wedell mit seinen Truppen. Als sie nach ein paar Tagen Hachenburg wieder verließen, nahmen sie alle Pferde aus der Stadt mit. Die gesamten Kriegskosten des Rechnungsjahres 1674/75 beliefen sich auf über 1.605 Gulden. Ob die vom Grafen zugesagten Entschädigungen gezahlt wurden, ist unbekannt.1679 quartierten sich Lüneburger Truppen in Hachenburg ein. Die Stadt klagte, dass man mit der Majors verpflegung und einlogirung einer compagnie Trajoner nunmehr beschwert werde.
Bis zum Ende des Jahrhunderts kamen noch häufig Truppen, die auf Kosten der Stadt einquartiert wurden.
Einquartierungen im Jahr 1792
Auch während der sog. Revolutionskriege war die Stadt Hachenburg verpflichtet, durchziehende Truppen der Grafschaft und deren Verbündete zu beherbergen und zu verpflegen. Wohl wurden die Kosten der Stadt in der Regel von der eigens dafür eingerichteten Landkasse ersetzt, doch die Beschaffung und Bereitstellung der Lebensmittel, Ausrüstungsgegenstände und Unterkünfte oblag der Stadt, die bei Nichterfüllung der Vorgaben in Haftung genommen werden konnte.
Aufgrund einer herrschaftlichen Verordnung über die Einquartierung und die Verpflegung durchmarschierender fremder Truppen hatten die Stadtgremien für die Umsetzung in der Stadt zu sorgen. Besonders geeignete Häuser waren als Unterkunft der einrückenden Offiziere vorgesehen. Zwölf Häuser waren ausgewählt worden, um als sog. Spezialquartiere bei Durchmärschen für 1-2 Nächte dienen zu können. Die übrigen Häuser waren auf der Grundlage der normalen Schatzungsbeträge in verschiedene Unterklassen eingeteilt worden. Niemand sollte verschont, niemand bevorzugt werden; Dabei wurde auf das Gewerbe und den Vermögensstand der Betroffenen möglichst Rücksicht genommen.
Eine "typische" Einquartierung vollzog sich im späten 18. Jahrhundert in folgender Weise.
Die Regierung unterrichtete den Hachenburger Schultheiß über die Anzahl der heranrückenden Soldaten. Die Quartiermeister erschienen, um die Belegung zu organisieren. Sie regelten zuerst die Unterbringung der Offiziere, die, wenn sie nicht in mitgebrachten Betten und Zelten schliefen, in Häusern einquartiert werden mussten. Dann lieferten die Quartiermeister auch Informationen darüber, in welchem Umfang die Stadt Karren, Wagen, Pferde und Ochsen für Vorspanndienste bereitzustellen hatte. Grundsätzlich sollten die Truppen möglichst zentral entlang der Marschroute untergebracht werden, iedoch so wenig als möglich nahe an waldungen, oder wo ansteckende krankheiten graißiren. Auch die umliegenden Dörfer konnten in Anspruch genommen werden.
Die Offiziersquartiere sollten beheizbar, die Ställe trocken und gut ausgestattet sein. Der Schultheiß war für die Kontrolle der Quartiere verantwortlich. Er musste auch ausreichende Mengen an Brot, Fleisch, Bier, Branntwein, Hafer, Heu und Stroh bereitstellen. Wenn die Vorräte der Stadt nicht ausreichten, mussten diese Dinge bei Händlern eingekauft werden. Die Lebensmittel wurden in "Rationen" pro Soldat und Pferd aufgeteilt und an die Untertanen ausgegeben, die eine Unterkunft zur Verfügung stellen mussten. Alles musste spätestens am Tag vor der geplanten Ankunft der Truppe bereitstehen. Erst wenn die Truppenversorgung gewährleistet war, durften Überschüsse auf dem freien Markt verkauft werden.
Der Schultheiß musste ständig 5-6 Untertanen als Botengänger zur Verfügung stellen, die Tag und Nacht bereitzustehen hatten und alle vier Stunden abgelöst wurden.
Der Schultheiß musste überprüfen, ob alle angeordneten Einquartierungen auch wirklich erfolgt waren. Er übergab dem Kommandanten der Truppe eine Kontrollliste, auf deren Grundlage eine Kostenerstattung vorgenommen werden konnte.
Sobald die Truppen abgezogen waren, schickte der Schultheiß das Verzeichnis an die herrschaftliche Regierung. Was nicht von den Truppen bereits während ihres Aufenthaltes bezahlt worden war, wurde anschließend aus der Landkasse beglichen. Der Schultheiß verteilte den Landesbeitrag dann entsprechend an die empfangsberechtigten Untertanen und rechnete dies in seinem Abrechnungsbuch genau spezifiziert ab. Es versteht sich von selbst, dass diese Kostenerstattung selten reibungslos erfolgt sein dürfte. Wie oft, die Stadtbewohner auf ihren Kosten sitzen geblieben sind, ist allerdings nicht zuverlässig überliefert.
Am 12. Juli 1792 lagen 745 Mann mit 117 Pferden in der Stadt, darunter 12 Offiziere. Am 13. Juli 1793 waren mehr Soldaten als Bürger in der Stadt. Als am 16. September 1796 französische Truppen nach der Niederlage zurückfluteten, überstiegen die Forderungen der Armee die Kräfte der Stadt bei Weitem. So wurden u.a. 40.000 Brote zu 3 Pfund sowie Unmengen an Fleisch und Heu verlangt.
"Gäste" im Jahr 1796
Die Hachenburger Bäcker mussten für die kaiserlichen Truppen große Mengen Brot backen. Die Stadt hatte in Erwartung der an sie gestellten Forderungen entsprechende Mehlvorräte angelegt bzw. angekauft. Ein Teil dieses Mehls wurde in den Häusern der Bäcker gelagert, der Rest befand sich im Kaiserlichen Magazin. Dieses wurde im April 1797 von den Franzosen erobert, dann zwar der Stadt in Obhut gegeben, aber das vorrätige Mehl musste noch für die Franzosen ausgebacken werden. Die Stadt sollte gegen Bezahlung Fleisch liefern. Die Mengen an Rind-, Kalb-, Hammel- und Schweinefleisch wurden aus verschiedenen dazu aufgeforderten Orten in Hachenburg angeliefert. Wenn man dies verweigerte, wurde es einfach beschlagnahmt. In den beiden Hachenburger Schlachthäusern schlachteten die damals acht Metzger die Tiere. Es war vereinbart, dass ihnen die Häute überlassen wurden und sie zusätzlich eine Geldzahlung erwarten durften. Da die Metzger teilweise Tag und Nacht arbeiteten, um das Fleisch zu zerteilen, kam es wegen der Bezahlung natürlich zum Streit.
Redaktioneller Hinweis: Die hier vorgestellten Ausführungen sind inhaltliche Ergänzungen und Erweiterungen der entsprechenden Abschnitte des Buches „Geschichte der Stadt Hachenburg“. Die zugehörigen Basis-Informationen sind u.U. nur in der Druckausgabe zu finden. Die Inhalte dieser Seiten entsprechen also nicht denjenigen des Buches.