Zur Geschichte von Heidesheim
Heidesheim, das wohl schon in fränkischer Zeit bestanden hat, wird erstmals im Jahr 762 in den Güterverzeichnissen des Klosters Lorsch (Lorscher Codex) als Heisinisheim erwähnt. Andere mittelalterliche Schreibweisen sind 768 Hasinisheim und Heisensheim sowie 1503 Heisesheim und Heideßheim.
Von der früheren Bedeutung des Ortes zeugen Reste einer Wasserleitung von den Karlsquellen zur karolingischen Kaiserpfalz in Ingelheim, der Bergfried der im 13. Jahrhundert errichteten Burg Windeck und die Anlagen der Schloßmühle und des Sandhofes. Letzterer war ein Zehnthof des Klosters Eberbach. Heidesheim gehörte wohl schon seit seiner Gründung zum Altmünsterkloster in Mainz.
Die Verwaltung des weltlichen Besitzes des Altmünsterklosters oblag (als Vögten) den Rheingrafen. Diese delegierten dieses Recht im 12. Jahrhundert an den Ritter Herdegen von Winternheim, der im Jahr 1209 bereits über eine Burg im Ort verfügte. In der Mitte des 15. Jahrhunderts übernahm der Mainzer Erzbischof die Herrschaft über das Dorf.
Historische Ortslage
Auf den ersten Blick entsteht der Eindruck, Heidesheim habe sich als Straßendorf entsprechend der Hauptverbindungswege in West-Ost-Richtung an der Bingerstraße/Mainzerstraße entlang und in Nord-Süd-Richtung entlang der Römerstraße/Oberdorfstraße entwickelt. Aber stimmt das? Historisch lassen sich vier Schwerpunkte ausmachen:
- Das Areal um die Zehntscheuer des Mainzer Altmünsterklosters, das in Heidesheim als die älteste Grundherrschaft anzunehmen ist.
- Der seit 1145 nachgewiesene Sandhof des Klosters Eberbach im Rheingau.
- Das Gebiet um die Burg Windeck, die in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts von Herdegen von Winterheim (nicht Winternheim!) errichtet wurde.
- Die Schlossmühle, die gesichert für 1577 erwähnt ist und in der Folge Sitz des Amtmanns des Mainzer Erzbischofs in Heidesheim war.
Unter diesen Herrschaftsverhältnissen bildete sich in Heidesheim kein eindeutiges Zentrum heraus, wie zum Beispiel um die Kirche oder um das 1936 als "Verkehrshindernis" abgerissene alte Rathaus in der Oberdorfstrasse. Zudem ist der alte Ortskern bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts in den alten Rheinauen um die Georgskapelle (nördlich der Eisenbahnlinie zum Rhein hin) an der Stelle einer ehemaligen römischen "villa rustica" zu suchen. Dieses Gehöft lag an der Straße, die im Tal von Mainz nach Bingen führte. Die Siedlungsstätte ist vermutlich wegen der Überschwemmungen des Rheins aufgegeben worden. Die Profanbauten sind verschwunden, die alte Dorfkirche ist geblieben. Grabungen könnten näheren Aufschluss geben.
Vorgeschichte und Römische Zeit
Die natürlichen Gegebenheiten, bestimmt von "Sumpf" einerseits und "Sand" andererseits, haben die wirtschaftliche Entwicklung Heidesheims nicht gerade begünstigt, aber auch die politische und geografische Lage war wenig förderlich.
Vor- und frühgeschichtliche Funde auf den Höhen rund um Heidesheim, vor allem in der Nähe des Weiler Berges (seit dessen Abtragung zur Aufschüttung der Autobahntrasse in den letzten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts eher: das "Weiler Loch") im Westen gegen Ingelheim zu und um die Karlsquelle im Südosten, aber auch in der östlichen Tallage in Uhlerborn bezeugen, dass das Gebiet um Heidesheim bereits vor mehr als 4.000 Jahren besiedelt war.
Etwas mehr Licht in das Dunkel der Geschichte bringen die Römer, die ab dem Ende des letzten vorchristlichen Jahrhunderts Mainz zu einem bedeutenden Zentrum (Legionslager) ausbauten und altgediente Soldatenveteranen mit Ländereien im Umland bedachten. Wenn auch der Rhein die Hauptverkehrsader blieb, so wurde das Gebiet um Heidesheim auch durch zwei Straßen erschlossen: einmal die Talstraße von Mainz und Budenheim über Heidesheim nach Bingen führend und zum anderen die vermutlich ältere Verbindung, die auf der Höhe entlang der südlichen Gemarkungsgrenze von Mainz über Finthen nach Ingelheim wies. Die jetzige L.419 verläuft im Großen und Ganzen noch heute auf dieser Trasse, die "alta strada" - "Hohe Straße" - genannt wurde.
An der Talstraße ist ein römisches Gehöft, eine "villa rustica", nachzuweisen, um das die alte Heidesheimer Siedlungsstelle zu suchen ist. Heute finden wir hier nur noch die Georgskapelle - wohl die alte Dorfkirche, deren Südwand als eines der am besten erhaltenen, ursprünglich nicht sakralen privaten Mauerwerke nördlich der Alpen anzusehen ist (s.u.).
Spätestens seit dem 5. Jahrhundert dangen die germanischen Franken in den zuvor von Kelten besiedelten Raum, worauf die Ortsnamenendungen "-heim"" hinweisen: Heidesheim, Wackernheim, Budenheim, Ingelheim usw. Ein weiterer Siedlungsschwerpunkt aus fränkischer Zeit dürfte das Gebiet um die heutige Honigstraße gewesen sein, wo bei Bauarbeiten verschiedentlich Beigaben aus Brandgräbern gefunden wurden.
Römisch-karolingische Wasserleitung
Von überregionaler Bedeutung sind die Reste einer etwas mehr als sieben Kilometer langen gemauerten, unterirdisch verlaufenden Wasserleitung, die ihren Ausgangspunkt im Südosten auf den Höhen der Heidesheimer Gemarkung nimmt (“Karlsquelle" bei der Sandmühle) und über Wackernheim nach Ingelheim führt, um wohl in das Gebiet der Pfalz Karls des Großen zu münden. Uneins sind sich die Fachleute, ob diese Wasserleitung römischen oder karolingischen Ursprungs ist, und so wird sie heute als "römisch-karolingische" Wasserleitung bezeichnet. Ein wenig glücklicher Kompromiss, denn entweder ist sie römisch o d e r karolingisch - aber keinesfalls beides.
Nachweise
Verfasser: Karl Urhegyi
Redaktionelle Bearbeitung: Simeon Thomas Pfeiffer
Verwendete Literatur:
- Karl Johann Brilmayer: Rheinhessen in Vergangenheit und Gegenwart. Geschichte der bestehenden und ausgegangenen Städte, Flecken, Dörfer, Weiler und Höfe, Klöster und Burgen der Provinz Rheinhessen nebst einer Einleitung. Gießen 1905.
- Heinrich Meyer zu Ermgassen: Der Oculus Memorie ein Güterverzeichnis von 1211 aus Kloster Eberbach im Rheingau (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Nassau, XXXI), Teil I - III, Wiesbaden 1981, 1984 , 1987
- Karl Sturm: Was wissen wir von der Schloßmühle? In: Nachrichtenblatt der Gemeinde Heidesheim am Rhein, 21. Jg., Nr.47 v. 20.11.1970
- Karl Glöckner: Codex Laureshamensis, Bd. I - III, Darmstadt 1929 - 1939
Aktualisiert am: 22.05.2017