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Wirtschaftswunderweihnacht in Bad Kreuznach

Wer kennt heutzutage noch die Bezeichnungen „Kupferner Sonntag“, „Silberner Sonntag“ und „Goldener Sonntag“ für drei verkaufsoffene Sonntage vor Weihnachten?

[Bild: Stadtarchiv Bad Kreuznach: Postkartenarchiv (o.A.)]

Von 1950 bis 1959 wurden in Bad Kreuznach (und nicht nur dort) die drei verkaufsoffenen Sonntage vor Weihnachten mit dem Dreiklang „Kupferner Sonntag - Silberner Sonntag - Goldener Sonntag“ als Erlebnis zum Einkaufen beworben.[Anm. 1] Was heute mit verkaufsoffenen Wochenenden vor Weihnachten gewöhnliche Konsumroutine ist, war in der Wirtschaftswunderzeit neu und ein Renner. Die Kreuznacher Einzelhändler hatten die Aktion lange geplant und vorbereitet. Am 3. Dezember 1950 sorgten „etwa sechzig armdicke Tannengirlanden mit elektrischen Kerzen“, 24 Weihnachtsbäume und viele weihnachtlich dekorierte Schaufenster für Feststimmung beim Einkaufen.[Anm. 2]  Märchenfiguren, die zum Rätseln eines Preisausschreibens aufgesucht werden konnten, waren über die Alt- und Neustadt verteilt und führten somit an vielen Geschäften vorbei. Als reizvolle Gewinne wurden damals u.a. eine Skiausrüstung und eine Märklin-Eisenbahn ausgerufen.[Anm. 3]

[Bild: Stadtarchiv Bad Kreuznach: Postkartenarchiv (o.A.)]

Die Aktion war ein voller Erfolg: Am „Kupfernen Sonntag“ 1950 und in den darauf folgenden Jahren waren die Kreuznacher Straßen voll von begeisterten Menschen, die von 14 bis 18 Uhr einkaufen wollten.[Anm. 4]- ein Verkehrschaos mit verstopften Straßen gab es auch damals schon als Folge.[Anm. 5] Der „Silberne Sonntag“, zu dem die Schaufenster noch mal umdekoriert wurden, verzeichnete einen noch größeren Zustrom an Kaufwilligen aus der Umgebung. Die Kassen klingelten und wiesen 1950 einen besonders umsatzstarken „Silbernen Sonntag“ aus, während der danach folgende „Goldene Sonntag“ hinter den Erwartungen der Händler zurückblieb. Viele Kreuznacher hatten da schon ihre Weihnachtseinkäufe erledigt.[Anm. 6]

Die „besten Umsätze“ und die „hektische hohe Kaufbereitschaft“ wurde von den Einzelhändlern mit dem vorher in den Kriegs- und Nachkriegszeiten durchlebten Mangel erklärt. Ab 1960 wurden die verkaufsoffenen Sonntage dann von verkaufsoffenen Samstagen vor Weihnachten abgelöst.[Anm. 7] Ab 1958 gab es mit der Änderung des Ladenschlussgesetzes bis 1989 zusätzlich die Genehmigung, dass der Einzelhandel immer am ersten Samstag im Monat bis 18 Uhr seine Geschäfte öffnen durfte. [Anm. 8] Und immer noch heißt es für viele Menschen nach dem Einkauf: „Jetzt kann Weihnachten endlich kommen!“

Verfasserin: Marion Nöldeke
Literaturhinweis:

  • Peil, Marita: Wirtschaftswunderweihnacht in Bad Kreuznach, Mörlenbach 2018. 

Quellennachweis:

  • Stadtarchiv Bad Kreuznach: Postkarten aus dem Postkartenarchiv (o.A.)

 

Anmerkungen:

  1. Peil 2018, S. 13 und 48. Marita Peil gibt an, dass die Tradition der verkaufsoffenen Sonntage sogar insgesamt auf die Zeit um 1850 zurück gehen würde. Hierzu fehlt aber die konkrete Belegstelle. Zurück
  2. Peil 2018, S. 14. Für den Dezember 1952 sind „1.500 einzelne Glühbirnen“ genannt, die zum Lichterschmuck einzeln in ihre Fassungen gedreht werden mussten. Vgl. S. 25. Zurück
  3. Peil 2018, S. 15. Zurück
  4. Peil 2018, S. 16. Zurück
  5. Peil 2018, S. 22.  Zurück
  6. Peil 2018, S. 18. Zurück
  7. Peil 2018, S. 48. Zurück
  8. Johannes Christof: Der umstrittene späte Feierabend, 18.07.2017, https://www.mdr.de/zeitreise/sechzig-jahre-ladenschlussgesetz-100.html (Aufruf 20.11.2020) Zurück