.1.I. Inter Judeos oder ‚unter' Christen?
.1.1.I.1. Einleitung: Die Suche nach dem richtigen ‚Ort‘ für die Juden
Demnach wir [...] wahrnehmen und verspüren müssen, [...] dass auch die verwünschte habitation der Juden unter den Christen hin und wieder sehr ärgerlich ist, viele inconvenientien und ungelegenheiten verursacht und an keinem ort in der ganzen christenheit dergleichen vornehmen städten, wo sich Juden befinden, zugelassen wird, als will auch uns von obrigkeit wegen billig obliegen und gebühren, all solchen verderblichen schaden und nachtheile zu verhüten, diese ärgerliche und schädliche wohnung der Juden unter den Christen abzustellen [...].[Anm. 1].
Mit diesen Worten leitete Kurfürst Johann Philipp von Schönborn am 12. November 1671 ein Dekret ein, das die Juden der Stadt Mainz zahlenmäßig begrenzte und in ein eigenes, abgeschlossenes Wohnviertel einwies. Die Mainzer Judengasse zählt zu den jüngsten Ghettos[Anm. 2] im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation. Wenngleich diese Maßnahme im Rahmen einer neuartigen, kameralistisch geprägten Landespolitik zu verstehen ist, [Anm. 3] spiegelt die zitierte Begründung eine alte und weit verbreitete Problematik wider.
In der christlichen Gesellschaft des Mittelalters und der Frühen Neuzeit wurde zwar die grundsätzliche Existenz von Juden mehrheitlich kaum in Frage gestellt, doch schien es keinen rechten ‚Platz‘ für sie zu geben. In ländlich geprägten Gebieten hätten die vornehmlich in Fernhandel und Geldgeschäften tätigen Juden – zumindest bis zum 15. Jahrhundert – wirtschaftlich wie gesellschaftlich schwerlich bestehen können. Und auch in den Städten, deren Wirtschaft von ihrem Kapital und ihren Handelsbeziehungen profitierte, war der adäquate Wohnort für die religiös-kulturelle Sondergruppe[Anm. 4] umstritten. Die Erfahrungen der Kreuzzugsverfolgungen führten zur Errichtung von Judenhöfen und Judengassen. Das segregierte Wohnen gewährleistete ihren Schutzherren eine bessere Kontrollmöglichkeit und ein Mittel zur Kontakt- bzw. Konfliktregulierung. [Anm. 5] Die mit Mauern umgebenen Wohnviertel boten ihren jüdischen Bewohnern allerdings auch ein gewisses Maß an Sicherheit und einen Eigenraum, in dem sich religiöses und kulturelles Leben entfalten konnte. [Anm. 6] Dennoch kam es infolge von religiösem Fanatismus immer wieder zu Pogromen gegen die in Mainz wohnenden Juden. Gravierender als diese gewaltsamen Übergriffe wirkten sich jedoch die sozialen und wirtschaftlichen Wandlungsprozesse am Ende des Mittelalters auf die jüdischen Gemeinden aus. Seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts schienen Juden als Geldverleiher aufgrund christlicher Kreditgeber entbehrlich geworden zu sein. [Anm. 7] Verstärkt durch religiöse und wirtschaftliche Motive setzte eine Vertreibungswelle aus nahezu allen süd- und westdeutschen Städten ein. Als Konsequenz lebten Juden zu Beginn der Frühen Neuzeit vornehmlich auf dem Lande oder in bereits seit dem Mittelalter existierenden städtischen Judengassen.[Anm. 8] Doch welche Situation lag in Städten ohne abgegrenztes Judenviertel vor? Unterbrach die 1470 erfolgte Ausweisung der Juden aus dem Erzstift die Tradition Magenzas, das als SchUM-Gemeinde im Hochmittelalter das aschkenasische Judentum mitbegründete? Wann und aus welchen Gründen ließen sich erneut Juden in Mainz nieder? Betätigten sie sich als „Geldleiher und sonst nichts“ [Anm. 9] oder boten sich ihnen noch andere Erwerbsmöglichkeiten? Wo in der Stadt durften bzw. wollten sie wohnen und welche Rolle spielten dabei wirtschaftliche Motive? Inwieweit hingen Wohnen und Wirtschaften mit Kontakten zu ihrem christlichen Umfeld zusammen? Herrschte eine Trennung der Lebensbereiche oder eher eine Überlagerung verschiedener sozialer Beziehungsnetzwerke vor? Veranlassten religiös-kulturelle und soziale Bindungen die Mainzer Juden, unter sich (inter Judeos) zu wohnen, oder führten wirtschaftliche und gesellschaftliche Erwägungen zur Niederlassung in christlicher Nachbarschaft? Konnten Mainzer Juden eine bürgerliche Stellung erreichen oder blieben sie hinsichtlich Vermögen und Sozialstand ‚unter‘ Christen? Zur näheren Beleuchtung dieser Fragen werden bisher von der Forschung nicht berücksichtige Archivquellen ausgewertet. Der Zusammenhang zwischen Wohnen und Wirtschaften der Mainzer Juden im 16. und 17. Jahrhundert steht dabei im Mittelpunkt der Untersuchung. Dies wird im Rahmen der methodischen Überlegungen, die sich an den folgenden Forschungsbericht anschließen, noch eingehender erklärt.
.1.2.I.2. Wohnen und Wirtschaften als zentrale soziale Indikatoren
I.2.1. Bemerkungen zum Forschungsstand
Im Laufe der letzten drei Jahrzehnte[Anm. 10] entwickelte sich die Forschung zur jüdischen Geschichte im Heiligen Römischen Reich deutscher Nationen quantitativ und qualitativ zu einer eigenen Disziplin innerhalb der allgemeinen Historiographie. Während zuvor nahezu ausschließlich die Trias Mittelalter, Emanzipations- bzw. Assimilationsphase und NS-Zeit behandelt worden waren, rückte die Frühe Neuzeit parallel zu ihrer durch die Kulturwissenschaften beförderten Durchsetzung als Epochenbegriff[Anm. 11] stärker in das Interesse der Forschung. [Anm. 12] Thematisch konzentrierten sich die Untersuchungen zunächst vornehmlich auf Siedlungsgeschichte, politisch-rechtliche Rahmenbedingungen sowie wirtschaftliche und soziale Verhältnisse der jüdischen Bevölkerung. Zu nennen sind insbesondere die Arbeiten von J. Friedrich Battenberg zu Juden(ver)ordnungen[Anm. 13], Rechtsstellung[Anm. 14], Ansiedlungspolitik[Anm. 15] und Hofjuden[Anm. 16] sowie von Michael Toch zur historisch-statistischen Topographie[Anm. 17] und Wirtschaftsgeschichte[Anm. 18] der Juden vom Mittelalter bis zum Beginn der Frühen Neuzeit. Eine umfassende Darstellung zu Erwerbstätigkeiten und zur wirtschaftlichen Stellung der frühneuzeitlichen Juden steht hingegen noch aus. [Anm. 19] Auf die erwähnten Veröffentlichungen folgten Quellensammlungen und Sammelbände zu den innerjüdischen Organisationsstrukturen anhand der Landjudenschaften[Anm. 20] und der Gemeindeorganisation[Anm. 21]. Hierzu wie auch für den Themenkomplex Religion und Kultur wurden erstmals überwiegend hebräische Quellen herangezogen.[Anm. 22] Wichtige neue Erkenntnisse brachten mikrohistorische Studien von Sabine Ullmann zum Verhältnis zwischen Juden und Nichtjuden, das von „Nachbarschaft und Konkurrenz“, Neugierde und Ignoranz, kulturellem Interesse und religiöser Anfeindung geprägt war. [Anm. 23] Der häufigste Kontakt bestand in wirtschaftlichen Beziehungen, was sowohl für reiche Hofjuden als auch für arme Land- bzw. Betteljuden zutrifft. Als christliche Geschäftspartner finden sich dementsprechend Patrizier und Adelige einerseits sowie städtische bzw. dörfliche Mittel- und Unterschichten andererseits. Daran wird einmal mehr deutlich, welche Bedeutung der Erforschung der jüdischen Geschichte für das Verständnis der Frühen Neuzeit insgesamt zukommt, da Juden stets Teil der allgemeinen Gesellschaft waren, an ihrer Entwicklung partizipierten und diese mitunter auch beeinflussten.[Anm. 24] Aus diesem Grund ist der spätestens seit Selma Stern und Raphael Strauß[Anm. 25] gebräuchliche und trotz andersgearteter zeithistorischer Implikationen selten reflektierte Begriff der Judenpolitik kritisch zu hinterfragen. Auch historiographische Attributionen wie „judenfeindlich“ bzw. „judenfreundlich“ sind eher hinderlich als hilfreich für das Verständnis und die Interpretation der komplexen Hintergründe obrigkeitlicher Maßnahmen, zumal Juden als Sondergruppe in den Territorien des Alten Reichs in der Regel nicht Ziele oder Zweck, sondern Mittel und Objekte landesherrlicher Politik darstellten. Daher sollte die Erforschung und Interpretation obrigkeitlicher Judenpolitik einen möglichst ganzheitlichen Ansatz verfolgen und stets herrschafts-, ordnungs- und wirtschaftspolitische Aspekte berücksichtigen.[Anm. 26] Weitere Grundlagenforschungen zu den genannten Themenbereichen leistet das von Stefan Rohrbacher, Michael Toch und Israel J. Yuval geleitete Projekt „Germania Judaica IV – Historisch-Topographisches Handbuch zur Geschichte der Juden im Alten Reich (1520-1650)“. Als dessen Gebietsartikel behandelt Ursula Reuter die Reichsstadt Worms, Wolfgang Treue die Landgrafschaft Hessen-Marburg und Werner Marzi das Kurfürstentum Mainz.[Anm. 27]
Ein eher jüngeres aber äußerst lohnenswertes Forschungsgebiet stellt die jüdische Sozialgeschichte dar, zumal sie auch Antworten auf rechtliche und wirtschaftliche Fragen liefern kann. So lässt sich insbesondere die gesellschaftliche Stellung der „Judenbürger“ und ihre Akzeptanz durch die christliche Umwelt erst auf diese Weise klären. Eine ausschließlich rechtshistorische Betrachtungsweise würde nicht zuletzt aufgrund der Begriffsgleichheit zu der Annahme führen, dass es neben Beisassen auch jüdische Vollbürger – wenngleich Zunftfähigkeit und Ratsmitgliedschaft verwehrt blieben – gegeben hätte. Die mehrschichtigen Implikationen des Bürgerbegriffs bedürfen vielmehr einer fallbezogenen quellenbasierten Überprüfung, da ansonsten die realiter existierenden Unterschiede zwischen christlichen und jüdischen Bürgern bzw. zwischen einzelnen Judenbürgern verschiedenen Standes verwischen würden. Aufgrund der Überlappung von wirtschaftlichen, sozialen und religiös-kulturellen Beziehungsnetzwerken konnten und mussten Juden gleichzeitig Geschäfte mit christlichen ‚Mitbürgern‘ treiben und an den Feiertagen mit jüdischen Hintersassen Gottesdienst feiern. So tätigte womöglich ein Hofjude nach erfolgreichem Abschluss einer Waffenlieferung gemäß dem Wohltätigkeitsgebot (Zedaka) eine großzügige Spende an die Gemeindekasse und half damit armen Juden, mit denen er außer der Religionszugehörigkeit keine Gemeinsam-keiten besaß.[Anm. 28] Eine ausführliche Untersuchung der jeweiligen sozialen Verhältnisse könnte insofern auch unterschiedliche jüdische Identitäten bzw. Identifikationsmöglichkeiten mit Aspekten der Mehrheitsgesellschaft aufzeigen. Während in den letzten Jahren einige Arbeiten zu den Lebensbedingungen von Hofjuden, Landjuden und Betteljuden[Anm. 29] vorgelegt wurden, steht eine Sozialgeschichte der offensichtlich nicht als Sonderfall markierten ‚Stadtjuden‘ vielerorts noch aus. Dabei bildeten Städte als zentrale Orte[Anm. 30] auch nach den Vertreibungen am Ende des Mittelalters bevorzugte Siedlungsorte, kulturelle Zentren sowie wichtige ideelle und wirtschaftliche Bezugspunkte für einen Großteil der jüdischen Bevölkerung. Dies belegen Lebensläufe von Rabbinern und Handelsnetzwerke von überwiegend aus Städten stammenden Hofjuden[Anm. 31] ebenso wie die verbreitete Namengebung nach dem Herkunftsort, die häufig auch Landjuden beibehielten. Seit einigen Jahren wird daher eine intensivere Behandlung der Sozialgeschichte städtischer Juden sowohl von der allgemeinen Stadtgeschichtsforschung wie von der jüdischen Historiographie gefordert.
„Die Sozial-, Geistes- und Religionsgeschichte der jüdischen Minderheiten in die allgemeine Stadtgeschichte der Frühen Neuzeit zu integrieren, bleibt ein Forschungsdesiderat.“[Anm. 32]
„So sollte das Thema ‚Stadt und Juden' oder ‚Juden und Stadt' eigentlich zu den Selbstverständlichkeiten der Forschung gehören.“[Anm. 33]
Dennoch liegt eine Gesamtdarstellung ‚jüdischer Stadtgeschichte‘ bislang lediglich für die Reichsstädte vor.[Anm. 34] Auch die Bedeutung jüdischer Erwerbstätigkeit für das christliche Umfeld und die städtische Wirtschaft generell[Anm. 35] behandelten nur wenige der zahlreichen Veröffentlichungen zur Geschichte der Juden in einzelnen Städten[Anm. 36]. Exemplarisch seien hier die Forschungen von Rotraud Ries zu Hannover[Anm. 37], Fritz Backhaus zu Frankfurt[Anm. 38] sowie von Fritz Reuter, Christopher Friedrichs und Ursula Reuter zu Worms[Anm. 39] zu nennen. Ein erster umfassender Versuch, die jüdische Geschichte in die Stadtgeschichtsforschung zu integrieren, stellt der Sammelband „Juden in der Stadt“ dar, der sich der „Bedeutung der Juden für das städtische Leben des Abendlandes“[Anm. 40] widmete. Dementsprechend erstreckt sich der behandelte zeitliche und geographische Rahmen von der Antike bis ins 20. Jahrhundert und von Südwest- bis Osteuropa, die Situation von Juden in den Städten des Reiches vom 16. bis frühen 17. Jahrhundert findet allerdings keine Berücksichtigung. So bezieht sich J. Friedrich Battenberg in seinem Beitrag über „Hofjuden in Residenzstädten der frühen Neuzeit“ auf das späte 17. und das 18. Jahrhundert und resümiert zudem:
„So soll abschließend noch einmal betont werden, daß jüdische Existenz der frühneuzeitlichen Stadt zu einem guten Teil hofjudenschaftliche Existenz war.“[Anm. 41]
Klaus Lohrmanns „Bemerkungen zum Problem ‚Juden und Bürger'“[Anm. 42] beziehen sich hingegen ausschließlich auf das Spätmittelalter. Dennoch dürfte das von ihm geschilderte Institut der „Judenbürger“ in Bezug auf die jüdische Rechtsstellung bis in die Frühe Neuzeit hinein nachgewirkt haben, wie es zumindest für Mainz festzustellen ist.[Anm. 43] Wenngleich die „Topographie der Judenviertel in den mittelalterlichen deutschen Städten“ bereits vergleichsweise intensiv erforscht wurde,[Anm. 44] weist Markus Wenninger doch auf einige Probleme hinsichtlich ihrer Beurteilung hin. So müsse die Frage nach zentraler oder peripherer ‚Lage' der Judenviertel auch infrastrukturelle und soziale Aspekte wie Verkehrswege oder Nähe zur stadtherrlichen Burg berücksichtigen.[Anm. 45] Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Sammelband „Juden in der Stadt“ zwar wichtige ‚Pionierarbeit' leistet, aufgrund der breiten zeitlichen und thematischen Streuung der unterschiedlichen Beiträge jedoch keinen einheitlichen Ansatz erkennen lässt. Im Vergleich zu den mittelalterlichen Judenvierteln sind die Ghettos[Anm. 46] und Judengassen der Frühen Neuzeit stärker sozial- und alltagsgeschichtlich erforscht worden.[Anm. 47] Zudem steht – auch aufgrund der Quellenlage – die obrigkeitliche Perspektive über die Errichtung und den Nutzen abgeschlossener jüdischer Wohnviertel im Vordergrund. Die systematische Untersuchung von „Juden im Ständestaat“ belegt den essentiellen Einfluss von ständischen Interessen und Herrschaftskonflikten auf landesherrliche Maßnahmen gegen Juden.[Anm. 48] Im Sinne einer „akzeptanzorientierten Herrschaft“[Anm. 49] seien demzufolge Judenordnungen zur Einschränkung jüdischer Erwerbstätigkeit, Kontingentierung der Familienzahlen und Zuweisung bestimmter Wohnviertel als ausgehandelter Kompromiss und „Alternative zur Vertreibung der Juden“[Anm. 50] anzusehen. Insbesondere „Zünfte und verwandte gewerbliche Korporationen“ waren für Stephan Laux eine „Konstante unter den judenfeindlichen Kräften in den Städten“[Anm. 51]. Allerdings verdeckt eine Reduzierung auf Diskriminierung und ‚Judenfeindlichkeit' als äußere wie innere Motive mitunter den Blick auf konkrete politische und pragmatische Beweggründe, die sich vielmehr an guter ordnung und policey bzw. dem gemeinen nutzen orientierten.[Anm. 52] Die Errichtung eines Ghettos als Ausdruck absolutistischer Wirtschafts- und Ordnungspolitik sowie als policeygesetzliche Maßnahme zur Sozialdisziplinierung und Konfliktvermeidung scheint insbesondere bei der Ausgestaltung von frühneuzeitlichen Residenzstädten eine wichtige Rolle gespielt zu haben. Als Beispiele hierfür sind die Ghettogründungen Großherzog Cosimos I. de' Medici in Florenz (1570) und Kurfürst Johann Philipps von Schönborn in Mainz (1662/71) zu nennen.[Anm. 53] Lohnenswert innerhalb der Stadtgeschichtsforschung wären auch Studien zur jüdischen Wohnsituation und Haushaltsstruktur, da diese wiederum Aufschlüsse für die Sozialgeschichte der Juden bieten würden.[Anm. 54]
Ein Desiderat stellen auch Untersuchungen zur ‚jüdischen Stadttopographie‘ dar, die Fragen nach der Lage und Erreichbarkeit von Gemeindeeinrichtungen (Synagoge, Mikwe, Friedhof), der Existenz und Wahrnehmung von Erinnerungsorten sowie schließlich der Situierung und Beschaffenheit von privaten Wohnhäusern innerhalb einer Stadt beleuchten könnte.[Anm. 55] Daraus würden sich sowohl für das innerjüdische Gemeindeleben als auch für das Verhältnis zur christlichen Umgebung interessante Aufschlüsse erzielen lassen.[Anm. 56] Dies gilt insbesondere für die in der vorliegenden Arbeit behandelte Fragestellung, ob individuelle Wohnverhältnisse mit der wirtschaftlichen Situation korrespondierten und als sozialer Indikator[Anm. 57] eine Voraussetzung für die gesellschaftliche ‚Etablierung‘ einzelner Juden darstellten.[Anm. 58] Dabei könnte die stadthistorische Forschung an Ergebnisse und Ansätze der modernen Landesgeschichte[Anm. 59] anschließen. Insbesondere zur strukurellen Erschließung des Raumes und der jüdisch-christlichen Beziehungen wurden neue methodische Zugänge aufgezeigt.[Anm. 60] Anhand der Judendörfer in der Markgrafschaft Burgau arbeitete Sabine Ullmann wichtige Erkenntnisse zum Mit-, Neben- und Gegeneinander von Juden und Christen heraus und eröffnete neue Zugänge zur jüdischen Sozialgeschichte.[Anm. 61] Weshalb derartige Überlegungen bislang selten das Interesse der Forschung auf sich gezogen haben,[Anm. 62] liegt vermutlich zum einen an der vielerorts unzureichenden Quellenlage, zum anderen an der Tatsache, dass Juden überhaupt nur in wenigen frühneuzeitlichen Städten das Wohnen außerhalb eines Judenviertels gestattet war. In beiderlei Hinsicht stellt die Stadt Mainz eine Ausnahme dar.
Dennoch weist der Forschungsstand zur Geschichte der Juden in Mainz erhebliche Lücken auf. Trotz der wichtigen und ausführlich erforschten Rolle Magenzas im Mittelalter[Anm. 63] existiert noch keine umfassende modern-wissenschaftliche Monographie über die mehr als tausendjährige jüdische Tradition der Stadt am Rhein.[Anm. 64] Ansätze und wertvolle Vorarbeiten leisteten zwar Karl A. Schaabs „Diplomatische Geschichte der Juden zu Mainz und dessen Umgebung, mit Berücksichtigung ihres Rechtszustandes in den verschiedenen Epochen“ aus dem Jahre 1855 und Siegmund Salfelds „Bilder aus der Vergangenheit der jüdischen Gemeinde“ von 1903. Doch als teilweise monoperspektivische, für ihre jeweilige Zeit typische historiographische Arbeiten bedürfen beide einer eigenen ‚Quellenkritik‘. Da Schaab[Anm. 65] seine Aussagen stets mit wortgetreu wiedergegebenen Archivalien „belegt“, durch die sich die „historische Wahrheit“ zeige,[Anm. 66] stellt er – insbesondere aufgrund von Kriegsverlusten – eine wichtige ‚Sekundärquelle‘ dar. Salfeld[Anm. 67] zitiert hingegen wertvolle innerjüdische Quellen, die seine Einzelstudien zu den „Mainzer Judenerben“ und zur „Geschichte des Judenschutzes in Kurmainz“ ergänzen.[Anm. 68] Wichtige Anregungen zur Aufarbeitung und intensiven Erforschung der christlich-jüdischen Vergangenheit setzte der vom Stadtarchiv herausgegebene Ausstellungskatalog „Juden in Mainz“. Der darin enthaltene Artikel über die „Zeit des Absolutismus (um 1583 bis 1763)“[Anm. 69] ist allerdings mittlerweile überholt. Nach Einzelstudien zum Mainzer Judenviertel, zu den Gemeinden Weisenau und Bingen sowie zu jüdischen Ärzten[Anm. 70] verfasste Friedrich Schütz den Beitrag „Magenza“ für die Mainzer Stadtgeschichte, der einen Überblick zur Geschichte der Juden von den ersten Erwähnungen bis in die Gegenwart leistet.[Anm. 71] Ausführlichere Informationen zur Situation der Mainzer Juden in der Frühen Neuzeit enthält ein 1981 von Heinz Duchhardt herausgegebener Sammelband, dessen Beiträge allerdings vornehmlich die Zeit von der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts bis um 1800 behandeln.[Anm. 72] Die Epoche zwischen der Vertreibung unter Kurfürst Adolf II. von Nassau (1470/71) und den Ghettodekreten Kurfürst Johann Philipps von Schönborn (1662/71), somit der Zeitraum der vorliegenden Untersuchung, fand bislang geringe Beachtung.[Anm. 73] Zum 16. Jahrhundert bis zur angenommenen Gemeindeneugründung „um 1583“ ist außer der Nennung einzelner Juden[Anm. 74] nichts bekannt. Auch die kürzlich erschienenen Aufsätze von Rolf Decot[Anm. 75], welche die bereits 1932 von Fritz Hermann in Regestenform edierten Protokolle des Mainzer Domkapitels[Anm. 76] auswerten, können diese Lücke nicht schließen. Neue Ergebnisse zu Siedlungsgeschichte, Judenschutz, Rechtsstellung, Gerichtsbarkeit etc. in Kurmainz wird hingegen Werner Marzis Monographie „Die Judenpolitik der Mainzer Erzbischöfe und Kurfürsten von Adolf II. von Nassau bis Anselm Franz von Ingelheim (1461-1694)“ liefern.[Anm. 77] In der folgenden Untersuchung soll der bisher unzureichend berücksichtigte Themenkomplex „Wohnen und Wirtschaften“ behandelt werden, um einen Zugang zu den eingangs gestellten Leitfragen zu eröffnen. Im Vordergrund stehen dabei Aspekte christlich-jüdischer Koexistenz wie Geschäftskontakte, Nachbarschaftsfragen und Streitigkeiten, die Eingang in die obrigkeitliche Überlieferung fanden.
I.2.2. Quellenlage & methodische Überlegungen
Zur Thematik des Wohnens und Wirtschaftens der Mainzer Juden im 16. und 17. Jahrhundert existieren keine Pertinenzbestände, weshalb Quellen unterschiedlicher Art und Provenienz aufgefunden und ausgewertet werden mussten. Von besonderer Relevanz waren das Bayerische Staatsarchiv Würzburg für die Überlieferung der kurmainzischen Regierung und des Mainzer Domkapitels sowie das Stadtarchiv Mainz für Zinsbücher geistlicher Institutionen, Akten der städtischen Verwaltung und die Protokolle des Stadtgerichtes. Ergänzend wurden auch einzelne Bestände aus dem Hessischen Staatsarchiv Darmstadt, dem Central Archives for the History of the Jewish People in Jerusalem, dem Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, dem Dom- und Diözesanarchiv Mainz und dem Hessischen Hauptstaatsarchiv Wiesbaden herangezogen. An gedruckten Quellen sind insbesondere die von Fritz Herrmann edierten „Protokolle des Mainzer Domkapitels“[Anm. 78], Dietrich Andernachts „Regesten zur Geschichte der Juden in der Reichsstadt Frankfurt am Main“ (1401-1519 und 1520-1616) in fünf Bänden[Anm. 79] sowie die Quellensammlungen zur Geschichte der Juden in den hessischen Staatsarchiven Darmstadt und Marburg von J. Friedrich Battenberg und Uta Löwenstein[Anm. 80] hervorzuheben. Entsprechend der eingangs geschilderten Gliederung der Arbeit in drei Hauptkapitel lassen sich auch die Quellen schwerpunktmäßig aufteilen. Der erste Teil „Transitorische Existenz & reglementiertes Wohnen (1470-1591)“ basiert vornehmlich auf der Auswertung von Schutzaufnahmen (BStAWü Mainzer Ingrossaturbücher, HStADa C 1 A), Häuserzinsen (Zinsbücher der Dominikaner und der Abtei Altmünster), Sitzungsprotokollen (Mainzer Domkapitel Protokolle), Juden betreffenden Verordnungen und Policeyangelegenheiten (HStADa A 14, C 1 A und E 10), Klagsachen und Münzstreitigkeiten (Mainzer Regierungs-akten), Prozessakten (IStGFr Judicialia), dem Namensverzeichnis des Mainzer Memorbuches (CAHJP) und sonstigen Erwähnungen von Mainzer Juden im Frankfurter Ratsprotokoll, Bürgermeisterbuch, Baubuch der Judengasse und in Akten der Judenschaft (nach Andernacht) sowie in den Beständen des Hessischen Staatsarchivs Marburg (nach Löwenstein). Hierbei ist anzumerken, dass die Überlieferung der Streit- und Prozessfälle sowie der Zinsbücher geistlicher Provenienz unvollständig ist.[Anm. 81]
Die Hauptquelle des sich anschließenden Kapitels „Zur wirtschaftlichen Stellung der Mainzer Juden im 16. und 17. Jahrhundert“ sind vor dem Stadtgericht abgeschlossene Pfandleihe- und Darlehensgeschäfte mit Christen (Gerichtsbücher).[Anm. 82] Für den Zeitraum von 1587 bis 1655 sind insgesamt rund 300 solcher Eintragungen verzeichnet, deren Inhalte quantitativ ausgewertet werden. Lediglich bei einigen exemplarischen und besonders aussagekräftigen Fällen erfolgt eine ausführliche Darstellung. Da bisher keine Untersuchungen zur Zuständigkeit und Funktionsweise des Mainzer Stadtgerichts vorliegen, lässt sich nur aus den Eintragungen schließen, dass Geschäfte „unter Juden“ ausschließlich bei Hypotheken der Protokollierungspflicht unterlagen. Bei Kontrakten mit Christen waren Juden entweder zur Registrierung verpflichtet oder sie konsultierten das Stadtgericht freiwillig, um Schulden bei ausbleibender Rückzahlung gerichtlich einklagen zu können.[Anm. 83] Insofern dürften nicht protokollierte Geschäfte eher die Ausnahme gewesen sein. Das Risiko einer juristisch nicht abgesicherten Schuldverschreibung hätte sich nur bei deutlich höheren Zinsen rentiert, und die häufig wiederholten Antiwuchermandate drohten im Falle einer Zuwiderhandlung mit der Aufsagung des Judenschutzes. Unbedenklicher waren Verehrungen von Wein oder sonstige Gefälligkeiten, die als ‚Danksagung‘ für die Hilfe in der Not in Form eines gewährten Darlehens in einigen Fällen[Anm. 84] sogar protokolliert und sicherlich noch häufiger unter vier Augen vereinbart wurden.
Für den dritten Teil „Öffnung der Stadt & Etablierung als Judenbürger“ wurden neben Verpfändungen von Immobilien und Hauskäufen (Gerichtsbücher) auch Häuservisitationen (Mainzer Stadtaufnahmen) und Steuerverzeichnisse (Schatzungs- und Herdschillingsregister) sowie Juden betreffende Klagen (Ratsprotokolle), Streitigkeiten (Akten der Judenschaft), Pachtverträge (HStADa O 1 A) und Verordnungen (Mainzer Landesverordnungen) ausgewertet. Schwierigkeiten bereitete die genaue Lokalisierung der Judenerben und der von Juden bewohnten Häuser, da diese in den Quellen mit mehrdeutigen bzw. unbekannten Hausnamen oder mit der Nennung der Anwohner umschrieben werden. Hierfür wurden neben den Herdschillingsregistern verschiedene Hilfsmittel herangezogen. [Anm. 85] Die verwendeten Quellen legten aufgrund des Umfangs und des überwiegend administrativen Charakters eine quantitative und hermeneutisch-deskriptive Auswertung nahe. Die Entstehung und Kommunikation obrigkeitlicher Verordnungen konnte aufgrund der Quellenlage nicht näher erörtert werden. Denn im Mainzer Kurfürstentum bildeten das Herkommen in Form der Landrechte und die im Bedarfsfalle erlassene Einzelverordnung den Schwerpunkt der legislatorischen Herrschaftsgrundlage. Formen von positiv gesetztem Recht entwickelten sich erst seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts.[Anm. 86] Auch eine umfassende Judenordnung wurde – im Gegensatz etwa zur Landgrafschaft Hessen, zu Frankfurt und Worms – erstmals 1662 bzw. 1671 erlassen.[Anm. 87] Da die Obrigkeit in der Regel nur nach Eingang von Beschwerden (gravamina) oder der Feststellung von konkreten Problemen mit Verfügungen reagierte, stellte das Nichtvorhandensein eines entsprechenden Verbots keinesfalls eine Genehmigung dar.[Anm. 88] So dürfte den Mainzer Juden mit Blick auf vergleichbare Städte und Territorien zumindest im 16. Jahrhundert jeglicher Grund- und Hausbesitz verboten gewesen sein, obwohl keine dahingehenden Verordnungen überliefert sind. Auch der Überblick zur spätmittelalterlichen Wohnsituation der Mainzer Juden zeigt, dass sie seit Beginn des 14. Jahrhunderts in den Judenerben zur Miete wohnen mussten und ihnen Grund- und Hausbesitz verboten war. In Hinblick auf die Wohnsituation der Mainzer Juden als zentrale soziale Kategorie lässt sich die Arbeit in die beiden Epochen des „reglementierten Wohnens“ (1470-1591) und der „Öffnung der Stadt“ (1592-1662/71) unterteilen. Ein dazwischen eingeschobenes Kapitel widmet sich ihren „Erwerbsmöglichkeiten“ und der „Wirtschaftstätigkeit für die christliche Umwelt“, da sie wichtige Voraussetzungen für eine längerfristige Niederlassung und für die „Etablierung als Judenbürger“ im Laufe des 17. Jahrhunderts darstellten. Insofern durchzieht die chronologisch-thematische Gliederung die Leitfrage nach der Bedeutung von Wohnsituation und wirtschaftlichen Kontakten der Juden als wichtige soziale Indikatoren.
„Schließlich erscheint es unabdingbar, die jeweiligen strukturell-räumlichen Bedingungen christlich-jüdischer Koexistenz als Differenzierungskriterien für die Bewertung des qualitativen Verhältnisses der beiden Religionengruppen zu verwenden [...].“[Anm. 89]
Wenn die Faktoren „Nachbarschaft und Konkurrenz“ bei der dörflichen Niederlassung von Juden, die als Vieh- und Kramhändler über Land zogen und wirtschaftlich nicht unbedingt auf die direkte Umgebung angewiesen waren, eine bedeutende Rolle spielte, dürfte dies umso mehr für die räumliche Enge der frühneuzeitlichen Städte gelten, in denen Wohn- und Arbeitsbereich nur selten getrennt war und der Kundenkreis jüdischer Geld- und Warenhändler aus (vor)städtischen Bürgern bestand. In einem weiter gefassten Kontext leistet diese Untersuchung von Wohnen und Wirtschaften der Mainzer Juden einen Beitrag zu den Rahmenbedingungen und Wechselwirkungen christlich-jüdischer Koexistenz. Damit weicht sie von der Sichtweise von Jacob Katz[Anm. 90] ab, die den Kontakt zwischen Juden und Christen lediglich auf Wirtschaftsbeziehungen beschränkt und die christliche Mehrheitsgesellschaft auf eine „Überlebensgruppe“[Anm. 91] reduziert. Die Auswertung der Quellen zeigt dagegen auf, dass es zwischen 1590 und 1662 keine „jüdische soziale Absonderung“ oder strikte „Trennung der Wohnbereiche“[Anm. 92] gab. Insofern schließt sich die vorliegende Arbeit der Auffassung von Israel J. Yuval[Anm. 93] und Rotraud Ries an.
„Im Rahmen der jüdischen Geschichte stellen die Stadt wie das Territorium, das Land, die christliche Bevölkerung etc. immer nur die Peripherie, den mehr oder weniger einengenden, feindlichen Rahmen dar für das eigene Leben. Äußeren Bezugsgrößen dieser Art wurde lange Zeit die Relevanz für die jüdische Geschichte jenseits von Bedrückung und Verfolgung abgesprochen. Erst in den letzten Jahren wächst das Bewusstsein dafür, dass Juden zu jeder Zeit aktiv in dem ihnen von außen gesetzten Bedingungsgeflecht agierten, sich denkend und handelnd mit ihrer Umgebung auseinandergesetzt haben.“[Anm. 94] Im Mittelpunkt der Betrachtung steht daher die Frage, auf welche Weise die Mainzer Juden ihre beschränkten wirtschaftlichen und sozialen Handlungsspielräume nutzen und sich Räume und Lebenswelt der christlichen Mitbürger ‚aneignen‘ konnten. So wurden Darlehens- und Kaufverträge zu gegenseitigem Nutzen abgeschlossen. Doch die Kontakte zwischen Juden und Christen beschränkten sich nicht nur auf materielle Vorteile und reines Profitdenken. Wie zu zeigen sein wird, kam Geschäftsbeziehungen eine Art integrativer Schlüsselfunktion für ein abstrakt mental und konkret räumlich verstandenes Nachbarschaftsverhältnis zu.[Anm. 95] Insbesondere im Wirtschafts- und Alltagsbereich konnte eine beiderseitige „kognitive Konsonanz“ die bestehenden Unterschiede zumindest kurzfristig überlagern.[Anm. 96]
Aus diesem Grund vermeidet die vorliegende Untersuchung den Randgruppen- bzw. Minderheitenbegriff, wie er von Bernd Roeck bzw. Wolfgang von Hippel[Anm. 97] verwendet wird, und bevorzugt die Bezeichnung als religiös-kulturelle Sondergruppe.[Anm. 98] In rechtlicher Hinsicht orientiert sich der verwendete Begriff am Institut des Judenbürgers, das keine außerständische, untergeordnete Stellung beschrieb, sondern „eine funktionale Ähnlichkeit oder gar Gleichheit von Juden und Bürgern“ zum Ausdruck brachte.[Anm. 99]Dementsprechend handelt es sich nach J. Friedrich Battenberg vorrangig um eine „Umschreibung für die wirtschaftliche Funktion der Juden im städtischen Untertanenverband“[Anm. 100] und insofern um eine Art „Ersatzbürgertum“, das sich als „Rechtsform sui generis“ durch die seit dem 15. Jahrhundert einsetzende „Instrumentalisierung des Judenschutzes im landesherrlichen und adeligen Interesse“[Anm. 101] ausprägte. Die Schutzaufnahme als Judenbürger durch die Mainzer Erzbischöfe , die im frühen 16. Jahrhundert in der Residenzstadt den Regelfall darstellte,[Anm. 102] dürfte somit in Hinblick auf das Judenregal die Transformation von kaiserlichen Kammerknechten zu schutzverwandten Untertanen sowie den „Wandel von der Schutzpflicht zum Nutzungsrecht“ dokumentieren.[Anm. 103] Diesen methodischen Überlegungen entsprechend wird der Darstellung und Auswertung der Quelleninhalte ein größerer Umfang eingeräumt, um folgenden Fragen nachzugehen: Gab es Gegenden in Mainz, die von Juden bevorzugt wurden bzw. welche Faktoren beeinflussten die ‚Wohnortwahl‘? Standen eher religiös-kulturelle Motive wie Nähe zur Synagoge bzw. jüdische Nachbarschaft oder aber wirtschaftliche Interessen wie die Anbindung an Verkehrswege und Absatzmärkte im Vordergrund? Seit wann und wie konnten Juden überhaupt Häuser als Eigentum erwerben? Wurde es womöglich als Sozialprestige empfunden, als Jude unter wohlhabenden Bürgern zu wohnen? Diese Fragen sollen im zweiten Hauptkapitel näher beleuchtet und zumindest ansatzweise beantwortet werden. Zur Visualisierung der Ergebnisse dienen die beiliegenden Karten zur Wohnsituation der Mainzer Juden.[Anm. 104] Als Grundlage soll jedoch zunächst die Situation im Spätmittelalter skizziert werden.
.1.3.I.3. Wohnsituation der Mainzer Juden im Spätmittelalter: die Judenerben
Die jüdische Geschichte der Stadt Mainz beginnt spätestens im 10. Jahrhundert, als sich gelehrte Juden aus Frankreich und Italien dauerhaft in der Metropole am Rhein niederließen. Insbesondere Rabbi Leontin und die Familie der Kalonymiden legten mit ihren Talmudstudien, liturgischen Dichtungen und Rechtsgutachten den Grundstein für eine mehrere Jahrhunderte währende Tradition jüdischer Gelehrsamkeit. Aus diesem geistigen Klima ging Gerschom ben Jehuda (980-1028) hervor, der als bedeutendster Gelehrter seiner Zeit gilt und dessen Jeschiwa jüdische Studenten aus ganz Europa anzog. Dieser religiösen und kulturellen Blüte im 11. Jahrhundert entsprachen auch die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse der Mainzer Juden: sie konnten als Fernhändler, Kreditgeber, Pfandleiher und Goldschmiede ein sicheres Auskommen finden und teilweise sogar eigene Wohnhäuser erwerben. Ihr Wohlstand sorgte jedoch insbesondere bei den ländlichen christlichen Unterschichten für Neid, der sich gegen Ende des 11. Jahrhunderts mit ‚religiösem‘ Fanatismus vermischte. Im Vorfeld des ersten Kreuzzuges drang am 27. Mai 1096 ein Mob in die Stadt ein und ermordete über 550 jüdische Frauen, Männer und Kinder. Zwar ließen sich bereits kurze Zeit nach der Vernichtung der „Heiligen Gemeinde“[Anm. 105] erneut Juden in Mainz nieder, doch es dauerte nahezu ein Jahrhundert, bis Magenza wieder die frühere Bedeutung erlangen konnte. In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts schlossen die Juden aus Speyer, Worms und Mainz den Bund Sch-U-M (Schpira-Uarmaisa-Magenza), dessen Verordnungen in rechtlichen und religiösen Fragen von allen aschkenasischen Gemeinden beachtet wurden.[Anm. 106]
Infolge des vierten Laterankonzils von 1215 wurden die Mainzer Juden im 13. Jahrhundert zunehmenden sozialen Beschränkungen ausgesetzt. So war die Anstellung christlichen Dienstpersonals verboten und das Tragen besonderer Kleidung (Kaftan und Spitzhut) und festgelegter Judenzeichen (oftmals ein gelber Ring) vorgeschrieben. In Anlehnung an das Lateranum bestimmte ein Provinzialkonzil von 1233, dass christliche Hausangestellte[Anm. 107], die bei ihren jüdischen Dienstherrn lebten, exkommuniziert werden sollten (Christianos quoque, qui cum Judeis habitant, eis serviendo, excommunicamus[Anm. 108]). Nachbarschaftliches Wohnen zwischen Christen und Juden war von dieser Bestimmung jedoch nicht betroffen. Eine räumliche Segregation in Form eines Judenviertels – wie in Köln (um 1070), Speyer (1084/96), Worms (vor 1090), Trier (Anf. 13. Jh.), Bingen (Anf. 14. Jh.), Gelnhausen (Anf. 14. Jh.), Friedberg (14./15. Jh.) und Frankfurt (ab 1462)[Anm. 109] – hat es im mittelalterlichen Mainz nicht gegeben. Auch wurden die Juden nicht in ein minderwertiges oder am Rande der Stadt gelegenes Gebiet abgedrängt. Vielmehr lagen die Gemeindeeinrichtungen wie Synagoge, Mikwe und Judenbackhaus sowie die meisten jüdischen Wohnhäuser in einer auch von Christen bewohnten und angesehenen Gegend. Dieses Viertel erstreckte sich vom Flachsmarkt über St. Christoph und St. Quintin bis hin zu St. Emmeran. In jüdischen Quellen hieß das Gebiet unsere Straßen, in christlichen inter Judeos, unter den Juden bzw. bei den Judenhäusern herumb.[Anm. 110] Allerdings beinhaltete das freie Wohnen inmitten von Christen auch negative Aspekte: Zum einen mussten die Juden die obrigkeitlich gebotene Sonn- und Feiertagsruhe einhalten und auch bei den eigenen religiösen und kulturellen Feiern aufpassen, keine Beschwerden der Nachbarn zu provozieren. So konnten rituelle Bräuche wie die Verbrennung des Totenbettes eines Verstorbenen auf der Gasse Befremden und Beschwerden auslösen. Problematisch war auch die Einhaltung religiöser Vorschriften wie z. B. das Verbot, Wohnraum von Christen zu mieten oder am Sabbat außerhalb des Eruvs zur Synagoge zu gehen.[Anm. 111] Manche Feste wie z.B. Purim konnten lediglich in der Synagoge gefeiert werden und nicht etwa im Eigenraum einer Judengasse. Zum anderen bot die offene Wohnsituation der Mainzer Juden weniger Schutz vor Übergriffen als dies ein mit Mauern umgebenes Judenviertel gewährt hätte. Das friedliche Zusammenleben zwischen christlichen und jüdischen Mainzern wurde nämlich regelmäßig von antijudaistischen Vorwürfen und einzelnen Agitatoren, die häufig aus dem Umland kamen, gestört. Als im April 1283 die Leiche eines Kindes gefunden wurde, stachelte ein Verwandter desselben die Mainzer Bürger mit der Legende auf, die Juden hätten das Kind für einen „Ritualmord“ entführt. Daraufhin fielen Bürger „am 19. April über die Juden her, ermordeten zehn von ihnen und beraubten sie“[Anm. 112]. Bereits zwei Jahre zuvor sollen der Rabbiner R. Meïr ben Abraham hakohen erschlagen, die Torarollen geschändet und die Synagoge verbrannt worden sein.[Anm. 113] Unter dem Eindruck dieser Übergriffe und zunehmender Diskriminierung entschloss sich im Jahre 1285 ein Großteil der Mainzer Juden, zusammen mit dem Rabbiner R. Meïr aus Rothenburg ins Heilige Land aufzubrechen. Den zurückgelassenen Immobilienbesitz der ausgewanderten Mainzer Juden beanspruchten sowohl die Stadt als auch der Erzbischof. Nach fast zehnjährigem Streit gingen die Häuser als sogenannte Judenerben in städtischen Besitz über, wo sie bis zum Verlust der Stadtfreiheit (1462) verblieben.[Anm. 114]
Die jüdische Gemeinde konnte sich in den darauffolgenden Jahrzehnten wieder zu ihrer früheren Größe und Bedeutung entwickeln, bis sie zur Mitte des 14. Jahrhunderts von einer weiteren Vertreibungswelle erfasst wurde. Wie zuvor bereits an vielen Orten wurden auch in Mainz die Juden der Verbreitung der Pest bezichtigt und es kam zu blutigen Kämpfen. Am 23./24. August 1349 zündeten die Mainzer Juden schließlich ihre Wohnhäuser an und wählten den Freitod, um der Zwangstaufe bzw. der Ermordung zu entgehen.[Anm. 115] Spätestens seit ihrer Wiederzulassung in Mainz 1356 durften Juden keine eigenen Häuser besitzen und auch ihren Wohnort nicht mehr frei wählen. Zumindest in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts musste sich jeder wohnungssuchende Schutzjude bei den städtischen Rechenmeistern melden, die ihm ein leerstehendes Judenerbe gegen einen halbjährlichen Mietzins (zwischen vier und 24 Pfund Heller) zuwiesen. Im Jahre 1414 waren 27 Judenerben in der Betzelsgasse, Stadionerhofstraße und Schusterstraße an Juden vermietet.[Anm. 116] Die Wohnsituation unter Christen scheint Ausdruck eines friedlichen Neben- und Miteinanders gewesen zu sein. So habe laut einer Notiz der berühmte jüdische Gelehrte Maharil (1375-1427) am Sabbat in der Mainzer Synagoge anwesende christliche Gäste besonders zu begrüßen gepflegt.[Anm. 117] Die Zahl der jüdischen Bevölkerung blieb jedoch so gering, dass 1432 mehrere der insgesamt 50 Judenerben von Christen bewohnt wurden.[Anm. 118] Um die Jahrhundertmitte gab es nur noch etwa 15 jüdische Haushalte in Mainz, so dass 1456 selbst „stattliche Häuser“ wie zum Falkenberg, zum Hohenbethe und zum Frankenberg als Judenerben leer standen.[Anm. 119] Die Mainzer Stiftsfehde (1461/62) führte schließlich nicht nur zum Ende der Stadtfreiheit,[Anm. 120] sondern auch zu weiteren Belastungen für die Juden. Nach der Eroberung von Mainz am 28. Oktober 1462 enteignete und vertrieb Erzbischof Adolf II. von Nassau die Juden, darunter die Rabbiner Moses Minz, Juda Minz und Simon von Mainz, die in den folgenden Jahren als Gelehrte in Bamberg, Padua und Frankfurt wirkten.[Anm. 121] Auch wenn bald darauf einige Juden wieder zurückkehrten, hatte das mittelalterliche Magenza endgültig seine hervorgehobene Stellung eingebüßt.
Mit der Übernahme der Stadtherrschaft gingen auch die Judenerben in den Besitz bzw. die Verfügungsgewalt des Mainzer Erzbischofs über. Von diesem Recht machte Adolf II. von Nassau am 30. Juli 1464 Gebrauch, als er das Judenerbe zum Liebenzell (Nr. 1201) an Ida Kannengießer als Entschädigung für ihr eingezogenes Haus zur Linde übergab.[Anm. 122] Über die anderen Judenerben sind keine Bestimmungen bekannt, so dass diese vermutlich weiterhin an die noch in Mainz verbliebenen Juden und auch an christliche Bürger vermietet waren. Am 14. Oktober 1468 nahm Erzbischof Adolf einige Juden für fünf Jahre nach Mainz auf und versicherte drei Tage danach, ihnen die Freiheit in dieser Zeit nicht aufzusagen.[Anm. 123] Dennoch sagte er bereits am 12. August 1470 allen seinen Judenbürgern das Geleit auf und forderte sie auf, bis zum 29. September aus dem Erzstift auszuwandern.[Anm. 124] Dass dieser Erlass auch tatsächlich umgesetzt wurde, legt eine weitere Maßnahme nahe. Am 12. Oktober 1473 ließ Erzbischof Adolf die Synagoge, worin diese treulosen Juden – perfidi Judei – ihre ceremonien verrichtet hätten, zur ehre aller Heiligen weihen[Anm. 125]. Neben der Synagoge selbst wurden noch zwei angrenzende Judenerben der neuen Kapelle Omnium Sanctorum als Pfründe zugeteilt. Das Judenerbe gegenüber der Synagoge wurde 1486 dem Weihbischof übertragen und seitdem als Suffraganei bezeichnet.[Anm. 126] Dieses harte Vorgehen gegen die Juden ist vermutlich noch als Reaktion auf die Mainzer Stiftsfehde zu werten. Der verbreitete antijudaistische Rekurs auf die treulosen Juden könnte in diesem Fall zusätzlich darauf anspielen, dass die Mainzer Juden „treue Anhänger Diethers“[Anm. 127] von Isenburg waren und sich daher ihrem neuen Schutzherrn gegenüber aus dessen Sicht ‚treulos‘ verhielten.[Anm. 128]
- Judenordnung (12.11.1671), abgedruckt bei Karl Anton Schaab, Diplomatische Geschichte der Juden zu Mainz und dessen Umgebung, mit Berücksichtigung ihres Rechtszustandes in den verschiedenen Epochen, Mainz 1855, unveränd. Nachdr. Wiesbaden 1969, S. 237 Zurück
- Der zugrunde gelegte Ghettobegriff orientiert sich an den Kriterien compulsory, segregated, enclosed von Benjamin Ravid, All Ghettos were Jewish Quarters, but not all Jewish Quarters were Ghettos, in: Jewish Culture and History 10 (2008), Issue 2-3, S. 5-24. Zurück
- Hierzu Ulrich Hausmann/Werner Marzi, Für „gute ordnung und policey“ und „dem gemeinen nutzen zum besten“. Die Ghettoisierung der Mainzer Juden unter Kurfürst Johann Philipp von Schönborn (1649-1673) im Rahmen einer frühkameralistischen Landespolitik, in: Frühneuzeitliche Ghettos in Europa im Vergleich, hg. v. Fritz Backhaus u.a., Berlin 2012, S. 257-282 u. Guido Klosterberg, Die Mainzer Judengassen (1662-1798), in: Mainzer Zeitschrift 92/93 (1997/98), S. 89-130. Zurück
- Zur Begründung des verwendeten Begriffs siehe das Kapitel zu den „methodischen Überlegungen“. Zurück
- Sabine Ullmann, Nachbarschaft und Konkurrenz. Juden und Christen in Dörfern der Markgrafschaft Burgau 1650 bis 1750, Göttingen 1999 konnte vergleichbare Funktionen auch für jüdische Siedlungen in Dörfern während der Frühen Neuzeit nachweisen. Zurück
- Diesen Aspekt betonten in letzter Zeit insbesondere Alfred Haverkamp, Bernard Dov Cooperman und David Ruderman. Vgl. hierzu ihre demnächst erscheinenden Aufsätze in dem in Anm. 3 erwähnten Tagungsband. Zurück
- Markus J. Wenninger, Man bedarf keiner Juden mehr. Ursachen und Hintergründe ihrer Vertreibung aus den deutschen Reichsstädten im 15. Jahrhundert, Wien u.a. 1981. Zurück
- Dementsprechend stieg die Bevölkerung in den Judengassen von Frankfurt, Friedberg und Worms erheblich an. Zur Frage der Verländlichung der Juden siehe Kapitel III.1. Zurück
- Vgl. Michael Toch, Jüdische Geldleiher und sonst nichts? Zur wirtschaftlichen Tätigkeit der Juden im deutschen Sprachraum des späten Mittelalters, in: Zur Sozial- und Begriffsgeschichte des Mittelalters, hg. von Shulamit Volkov und Frank Stern, Gerlingen 1993, S. 117-126. Zurück
- Die folgende Übersicht verzichtet aus Platzgründen auf eine Erwähnung der älteren und lokalhistorischen Forschungsliteratur und gibt lediglich die für die vorliegende Untersuchung relevanten Titel wider. Zurück
- Helmut Neuhaus, Die Frühe Neuzeit als Epoche, in: Die Frühe Neuzeit als Epoche, hg. v. Helmut Neuhaus, München 2009, S. 1-6, hier S. 2f. Zurück
- Auch bei Gesamtdarstellungen zur jüdischen Geschichte fand die Epoche der Frühen Neuzeit erst bei Mordechai Breuer, Frühe Neuzeit und Beginn der Moderne, in: Deutsch-jüdische Geschichte in der Neuzeit, Bd. 1: Tradition und Aufklärung 1600-1780, hg. v. Mordechai Breuer u. Michael Graetz, München 2000, S. 85-247; Arno Herzig, Jüdische Geschichte in Deutschland. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, 2. durchges. u. aktual. Aufl., München 2002 u. Elke-Vera Kotowski (Hg.), Handbuch zur Geschichte der Juden in Europa, Bd. 1: Länder und Regionen, Bd. 2: Religion, Kultur, Alltag, Darmstadt 2001 gebührende Berücksichtigung. Zurück
- J. Friedrich Battenberg, Judenverordnungen in Hessen-Darmstadt: Das Judenrecht eines Reichsfürstentums bis zum Ende des Alten Reiches. Eine Dokumentation, Wiesbaden 1987; Ders., Judenordnungen der frühen Neuzeit in Hessen, in: Neunhundert Jahre Geschichte der Juden in Hessen. Beiträge zum politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben, bearb. v. Christiane Heinemann, Wiesbaden 1983, S. 83-122. Zurück
- Ders., Zur Rechtsstellung der Juden am Mittelrhein in Spätmittelalter und früher Neuzeit, in: Zeitschrift für Historische Forschung 6 (1979), S. 129-183; Ders., Des Kaisers Kammerknechte. Gedanken zur rechtlich-sozialen Situation der Juden in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, in: Historische Zeitschrift 245 (1987), S. 545-599; Ders., Rechtliche Rahmenbedingungen jüdischer Existenz in der Frühneuzeit zwischen Reich und Territorium, in: Judengemeinden in Schwaben im Kontext des Alten Reiches, hg. v. Rolf Kießling, Berlin 1995, S. 53-79; Ders., Judenschutz und Judenbürgerschaft im spätmittelalterlichen Kurmainz. Zur landesherrlichen Funktionalisierung einer Bevölkerungsgruppe, in: Hessen in der Geschichte. Festschrift für Eckart G. Franz zum 65. Geburtstag, hg. v. Christof Dipper, Darmstadt 1996, S. 51-69. Vgl. Werner Marzi, Judentoleranz im Territorialstaat der Frühen Neuzeit. Judenschutz und Judenordnung in der Grafschaft Nassau-Wiesbaden-Idstein und im Fürstentum Nassau-Usingen, Wiesbaden 1999. Zurück
- J. Friedrich Battenberg, Aus der Stadt auf das Land? Zur Vertreibung und Neuansiedlung der Juden im Heiligen Römischen Reich, in: Jüdisches Leben auf dem Lande, hg. v. Monika Richarz u. Reinhard Rürup, Tübingen 1997, S. 9-35. Zurück
- Ders., Die jüdische Wirtschaftselite der Hoffaktoren und Residenten im Zeitalter des Merkantilismus – ein europaweites System?, in: Aschkenas 9 (1999), Heft 1, S. 31-66. Siehe auch Michael Graetz, Court Jews in Economics and Politics, in: From Court Jews to the Rothschilds, hg. v. Vivian B. Mann u. Richard I. Cohen, München u. New York 1996, S. 27-43; Rotraud Ries, Hofjuden – Funktionsträger des absolutistischen Territorialstaates und Teil der jüdischen Gesellschaft. Eine einführende Positionsbestimmung, in: Hofjuden – Ökonomie und Interkulturalität. Die jüdische Wirtschaftselite im 18. Jahrhundert, hg. v. Rotraud Ries u. J. Friedrich Battenberg, Hamburg 2002, S. 11-39; Dies., Alte Herausforderungen unter neuen Bedingungen? Zur politischen Rolle der Elite in der Judenschaft des 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts, in: Hofjuden und Landjuden. Jüdisches Leben in der frühen Neuzeit, hg. v. Sabine Hödl, Peter Rauscher u. Barbara Staudinger, Berlin u.a. 2004, S. 91-140; Selma Stern, Der Hofjude im Zeitalter des Absolutismus. Ein Beitrag zur europäischen Geschichte im 17. und 18. Jahrhundert, Tübingen 2001. Zurück
- Michael Toch, Siedlungsstruktur der Juden Mitteleuropas im Wandel vom Mittelalter zur Neuzeit, in: Juden in der christlichen Umwelt während des späten Mittelalters, Berlin 1992, S. 29-39; Ders., Aspects of Stratification of Early Modern German Jewry: Population History and Village Jews, in: In and Out of the Ghetto. Jewish-Gentile Relations in Late Medieval and Early Modern Germany, hg. v. Ronnie Po-chia Hsia u. Hartmut Lehmann, Cambridge 1995, S. 77-89. Siehe auch Wenninger, Vertreibung. Zurück
- Toch, Geldleiher; Ders., Zur wirtschaftlichen Lage und Tätigkeit der Juden im deutschen Sprachraum des Spätmittelalters, in: Judengemeinden in Schwaben, S. 39-50; Ders., Wirtschaft und Geldwesen der Juden Frankfurts im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit, in: Geschichte und Kultur der Juden in Frankfurt, hg. von Karl Erich Grözinger, Wiesbaden 1997, S. 25-46; Ders., Die ländliche Wirtschaftstätigkeit der Juden im frühmodernen Deutschland, in: Jüdisches Leben auf dem Lande, S. 59-67; Ders., Economic Activities of German Jews in the Middle Ages, in: Wirtschaftsgeschichte der mittelalterlichen Juden. Fragen und Einschätzungen, hg. v. Michael Toch, München 2008, S. 181-210. Zurück
- Ansätze hierzu bietet die räumlich weit gefasste Untersuchung Jonathan I. Israel, European Jewry in the Age of Mercantilism 1550-1750, Oxford 1985. Zurück
- Daniel J. Cohen (Hg.), Landjudenschaften in Deutschland als Organe jüdischer Selbstverwaltung von der frühen Neuzeit bis ins neunzehnte Jahrhundert, 3 Bde., Jerusalem 1996-2001. Zurück
- Stefan Rohrbacher, Organisationsformen der süddeutschen Juden in der Frühneuzeit, in: Jüdische Gemeinden und Organisationsformen von der Antike bis zur Gegenwart, hg. v. Robert Jütte u. Abraham P. Kustermann, Wien u.a. 1996, S. 137-149. Zurück
- Exemplarisch seien hier die Arbeiten von Annette Weber zu jüdischen Kultgegenständen und Andreas Lehnardt zum Frankfurter Purim-Spiel erwähnt. Zurück
- Ullmann, Nachbarschaft; Dies., Sabbatmägde und Fronleichnam. Zu religiösen Konflikten zwischen Christen und Juden in den schwäbischen Landgemeinden, in: Im Zeichen der Krise. Religiosität im Europa des 17. Jahrhunderts, Göttingen 1999, hg. v. Hartmut Lehmann u. Anne-Charlott Trepp, S. 243-264. Siehe auch Nathanja Hüttenmeister, Alltägliches Miteinander oder getrennte Gemeinden: Das Leben im Dorf am Beispiel der pappenheimischen Herrschaften, in: Räume und Wege. Jüdische Geschichte im Alten Reich 1300-1800, hg. v. Rolf Kießling, Peter Rauscher, Stefan Rohrbacher u. Barbara Staudinger, Berlin 2007, S. 107-120; Birgit Klein, Obrigkeitliche und innerjüdische Quellen: ein untrennbares Miteinander, in: Ebd., S. 253-283; Stefan Lang, Ausgrenzung und Koexistenz. Judenpolitik und jüdisches Leben in Württemberg und im „Land zu Schwaben“ (1492-1650), Ostfildern 2008. Zurück
- Vgl. Stefan Litt, Geschichte der Juden Mitteleuropas 1500-1800, Darmstadt 2009, S. 1f. Zurück
- Selma Stern, Der Preußische Staat und die Juden. Erster Teil: Die Zeit des Großen Kurfürsten und Friedrichs I. Erste Abteilung: Darstellung, Berlin 1925, S. 75-88 (Kapitel VI. Die Judenpolitik Friedrichs I.) u. Raphael Strauß, Die Judenpolitik Herzog Heinrichs des Reichen von Landshut, in: Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutschland 1 (1929), Nr. 2, S. 96-118. Zurück
- Grundlage dieser Überlegungen bildet der auf dem „16th World Congress of Jewish Studies“ am 30.7.2013 in Jerusalem gehaltene Vortrag „Requirements for research and interpretation of the 'Jewish policy' of ecclesiastical princes: Johann Philipp von Schönborn as Archbishop-Elector of Mainz“, siehe auch die weiteren Ausführungen in Kap. IV.3. Zurück
- Wolfgang Treue, Landgrafschaft Hessen-Marburg (Germania Judaica IV (1520-1650), Bd. 2), Tübingen 2009. Werner Marzi, Die Judenpolitik der Mainzer Erzbischöfe und Kurfürsten von Adolf II. von Nassau bis Anselm Franz von Ingelheim (1461-1694) und die Monographie von Ursula Reuter sind in Vorbereitung. Zurück
- Seit dem 17. Jahrhundert betätigten sich Juden als Hof- und Heereslieferanten. Von den dadurch erzielten Gewinnen konnten auch ihre Gemeinden durch Spenden oder Anlagen profitieren. Vgl. Protokollbuch Friedberg, fol. 133b (S. 346ff.): „Heute, am Sonntag, den 1. Nissan 382 [12.3.1622] hat der Vorstand [ ] 170 Gulden an Leben-Geld entliehen und es wurde für Kriegsleistungen angelegt. Dieses Geld haben der gelehrte Herr Elia Carlebach und Natan Carlebach, Vormunde der Waisen des gelehrten Herrn Jokeb Goslar [ ] geliehen.“ Zur Bedeutung von Mildtätigkeit für die jüdischen Gemeinden vgl. Andreas Gotzmann, Jüdische Autonomie in der Frühen Neuzeit. Gemeinschaft im deutschen Judentum, Göttingen 2008, S. 220. Zurück
- Das Institut für Geschichte der Juden in Österreich veranstaltete im Sommer 2002 eine Tagung zu „Hofjuden - Landjuden - Betteljuden. Jüdisches Leben in der Frühen Neuzeit“, dessen Vorträge im Sammelband „Hofjuden und Landjuden. Jüdisches Leben in der frühen Neuzeit“ publiziert wurden. Siehe auch Yacov Guggenheim, Von den Schalantjuden zu den Betteljuden. Jüdische Armut in Mitteleuropa in der Frühen Neuzeit. In: Juden und Armut in Mittel- und Osteuropa, hg. v. Stefi Jersch-Wenzel, Köln u.a. 2000, S. 55-69. Zurück
- Hierzu vgl. Walter Christaller, Die zentralen Orte in Süddeutschland: Eine ökonomisch-geographische Untersuchung über die Gesetzmäßigkeit der Verbreitung und Entwicklung der Siedlungen mit städtischen Funktionen, Jena 1933. Zurück
- Vgl. J. Friedrich Battenberg, Hofjuden in Residenzstädten der Frühen Neuzeit, in: Juden in der Stadt, hg. v. Fritz Mayrhofer u. Ferdinand Opll, Linz u. Donau 1999, S. 297-325, S. 300 u. 325. Zurück
- Heinz Schilling, Die Stadt in der frühen Neuzeit, 2. Aufl., München 2004, S. 106. Zurück
- Rotraud Ries, Juden in der Stadtgeschichte, in: Neue Veröffentlichungen zur vergleichenden historischen Städteforschung 1996-1999/2000 mit Nachträgen von Peter Johanek unter Mitarbeit von Ursula Bolling u.a., in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 138 (2002), S. 261-824, S. 406-426, hier S. 407. Zurück
- Christopher R. Friedrichs, Jews in Imperial Cities: A Political Perspective, in: In and Out of the Ghetto, S. 275-288. Zurück
- Diese Kategorie fehlt selbst in der ansonsten umfassenden thematischen Gliederung von Germania Judaica IV. Zurück
- Eine Auflistung von Analysen jüdischer Urbanität anhand einzelner Städte gibt Battenberg, Die Juden in Deutschland vom 16. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, München 2001, S. 99ff. Darüber hinaus enthält nahezu jede Stadt- und Ortsgeschichte ein Kapitel über Juden, die jedoch häufig vornehmlich deskriptiven Charakters oder der lokalen „Vergangenheitsbewältigung“ verpflichtet sind (vgl. Ries, Juden in der Stadtgeschichte, S. 407). Zurück
- Rotraud Ries, Phibes Heilbot und die Judenpolitik der Stadt Hannover gegen Ende des 16. Jahrhunderts, in: Gedenkschrift für Bernhard Brilling, hg. v. Peter Freimark, Hamburg 1988, S. 90-120; Dies., Jüdisches Leben in Niedersachsen im 15. und 16. Jahrhundert, Hannover 1994, S. 416-420. Zurück
- Fritz Backhaus, „Daß die Begünstigung der Juden und Bluthunde so groß sei ...“. Juden und Patriziat im alten Frankfurt, in: Archiv für Frankfurts Geschichte und Kultur 68 (2002), S. 125-149; Ders., Die Bevölkerungsexplosion der Frankfurter Judengasse des 16. Jahrhunderts, in: Die Frankfurter Judengasse. Jüdisches Leben in der Frühen Neuzeit, hg. v. Fritz Backhaus, Gisela Engel, Robert Liberles u. Margarete Schlüter, Frankfurt 2006, S. 103-117. Zurück
- Fritz Reuter, Warmaisa. 1000 Jahre Juden in Worms, Worms 1984; Christopher R. Friedrichs, Anti-Jewish Politics in Early Modern Germany: The Uprising in Worms, 1613-17, in: Central European History 23 (1990), Issue 2/3, S. 91-152; Ursula Reuter, Die Wormser Judenschaft im Dreißigjährigen Krieg, in: Der Wormsgau 26 (2008), S. 7-24. Zurück
- Juden in der Stadt, S. XI (Vorwort), als Sammelband einer gleichnamigen Tagung des Österreichischen Arbeitskreises für Stadtgeschichtsforschung im Jahre 1991 erschienen. Zurück
- Battenberg, Hofjuden in Residenzstädten, S. 325. Zurück
- Klaus Lohrmann, Bemerkungen zum Problem „Jude und Bürger“, in: Juden in der Stadt, S. 145-165. Zurück
- So wurden die Juden unter Kardinal Albrecht von Brandenburg als Judenbürger nach Mainz oder Vilzbach aufgenommen (siehe hierzu Kapitel II.1f. und die „methodischen Überlegungen“). Zurück
- Exemplarisch seien Adolf Kober, Grundbuch des Kölner Judenviertels 1125-1425. Ein Beitrag zur mittelalterlichen Topographie, Rechtsgeschichte und Statistik der Stadt Köln, Bonn 1920; Alexander Pinthus, Studien über die bauliche Entwicklung der Judengassen in den deutschen Städten, in: Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutschland 2 (1930), Heft 2, S. 101-130; Heft 3, S. 197-217; Heft 4, S. 284-300 u. Alfred Haverkamp, The Jewish Quarters in German Towns during the Later Middle Ages, in: In and Out of the Ghetto, S. 13-28 genannt. Zurück
- Markus J. Wenninger, Zur Topographie der Judenviertel in den mittelalterlichen deutschen Städten, in: Juden in der Stadt, S. 81-117, S. 82f. Siehe auch Ders., Grenzen in der Stadt? Zur Lage und Abgrenzung mittelalterlicher deutscher Judenviertel, in: Aschkenas 14 (2004), Heft 1, S. 9-29. Zurück
- Zur zugrunde gelegten Unterscheidung siehe Ravid, Ghettos, S. 5-24. Zurück
- Beispiele aus dem Rhein-Main-Gebiet sind Marianne Awerbuch, Alltagsleben in der Frankfurter Judengasse im 17. und 18. Jahrhundert, in: Geschichte und Kultur der Juden in Frankfurt, S. 1-24; Ursula Reuter, Lebenswelt und Alltagskultur der Wormser Juden im frühen 17. Jahrhundert. Aus der Arbeit des deutsch-israelischen Forschungsprojekts Germania Judaica IV, in: Der Wormsgau 24 (2005/06), S. 21-31. Zurück
- Stephan Laux, Gravamen und Geleit. Die Juden im Ständestaat der Frühen Neuzeit (15.-18. Jahrhundert), Hannover 2010, besonders S. 50, 71, 88, 198. Zurück
- Stefan Brakensiek, Akzeptanzorientierte Herrschaft. Überlegungen zur politischen Kultur der Frühen Neuzeit, in: Die Frühe Neuzeit als Epoche, hg. v. Helmut Neuhaus, München 2009, S. 395-406. Zurück
- Laux, Gravamen, S. 285, 307ff., 106, 220-228. Zurück
- Ebd., S. 212. Zurück
- In Hinblick auf die im 17. und 18. Jahrhundert verbreitete barocke Stadtplanung wäre zu untersuchen, inwieweit jüdische Wohnviertel in die Überlegungen zum Ausbau von Wasserleitungen und Trinkbrunnen, zur Anlage von breiten Straßen und Plätzen, zu Stadterweiterungen oder zur funktionalen Stadtraumgliederung miteinbezogen wurden. Zurück
- Vgl. Silke Kurth, Das Florentiner Ghetto. Ein urbanistisches Projekt und seine Ursprünge zwischen Gegenreformation und absolutistischem Herrschaftsanspruch, in: Frühneuzeitliche Ghettos in Europa im Vergleich, hg. v. Fritz Backhaus u.a., Berlin 2012, S. 173-204 u. Hausmann, Ghettoisierung. Zurück
- Vgl. Robert Liberles, An der Schwelle zur Moderne: 1618-1780, übers. aus dem Engl. v. Alice Jakubeit, in: Geschichte des jüdischen Alltags in Deutschland. Vom 17. Jahrhundert bis 1945, hg. v. Marion Kaplan, München 2003, S. 21-122, S.47f. u. 55ff. So dürfte eine intensivere Auswertung der Visitation der Wormser Judengasse aus dem Jahre 1610 tiefe Einblicke in Besitzverhältnisse, vormoderne Wohnkultur und Familienleben gewähren (siehe Christopher R. Friedrichs, Jewish household structure in an early modern town: The Worms ghetto census of 1610, in: The History of the Family 8 (2003), Issue 4, S. 481-493.). Einzelaspekte sind beheizte repräsentative Zimmer als mögliche Vorläufer der ‚guten Stube‘, das Verhältnis zwischen Wohn- und Arbeitsbereichen, hygienische Verhältnisse, Möblierung, Schlafdichte, Formen und Privatheit etc. Zurück
- Siehe Ullmann, Nachbarschaft, S. 355-358 u. Klein, Quellen, S. 264-283. Zurück
- Vgl. Liberles, Schwelle zur Moderne, S. 22-37 u. 111-121. Zurück
- Vgl. Richard von Dülmen, Kultur und Alltag in der Frühen Neuzeit, Bd. 1: Das Haus und seine Menschen. 16.-18. Jahrhundert, München 1990, S. 57: „Wohnen wurde zum Statussymbol nicht nur für Adlige und Patrizier, sondern auch für Handwerker und Bauern.“ Zurück
- Dabei sollte der Blick nicht nur auf Hofjuden mit Herrschaftsnähe fallen, sondern vielmehr beleuchten, ob auch Juden der ‚Mittelschicht‘ durch wirtschaftliche und nachbarschaftliche Kontakte ein gewisses Maß an sozialer Akzeptanz bei christlichen Bürgern erreichen konnten. Der in dieser Untersuchung verwendete Begriff der gesellschaftlichen ‚Etablierung‘ ist somit in einem begrenzten, zwischenmenschlichen Sinne zu verstehen. Siehe auch den entsprechenden Abschnitt in den methodischen Überlegungen. Zurück
- Im Sinne von Ludwig Petry, In Grenzen unbegrenzt. Möglichkeiten und Wege der geschichtlichen Landeskunde, in: Probleme und Methoden der Landesgeschichte, hg. v. Pankraz Fried, Darmstadt 1978, S. 280-304, S. 298f. u. Stephan Laux, Rheinische Frühneuzeitforschung. Traditionen – Stand – Perspektiven, in: Rheinische Landesgeschichte an der Universität Bonn. Traditionen – Entwicklungen – Perspektiven, hg. v. Manfred Groten u. Andreas Rutz, Bonn 2007, S. 197-231, S. 204f. u. 226f. Zurück
- Vgl. Sabine Ullmann, Regionalgeschichte und jüdische Geschichte der Frühen Neuzeit in interdisziplinärer Perspektive, in: Jahrbuch für Regionalgeschichte 28 (2010), S. 17-36, hier S. 35f.; Stefan Ehrenpreis/Andreas Gotzmann/Stephan Wendehorst, Kaiser und Reich in der jüdischen Lokalgeschichte: Eine thematische Einführung, in: Kaiser und Reich in der jüdischen Lokalgeschichte, hg. v. Stefan Ehrenpreis, Andreas Gotzmann u. Stephan Wendehorst, München 2013, S. 9-18, hier S. 12-18. Zurück
- Ullmann, Nachbarschaft, S. 341ff. u. 379-481. Zurück
- Selbst die ansonsten umfassende Überblicksdarstellung Battenberg, Juden in Deutschland lässt dies vermissen, was allerdings den im Vorwort erwähnten Kürzungen geschuldet sein dürfte. Zurück
- Siegmund Salfeld (Hg.), Das Martyrologium des Nürnberger Memorbuches, Berlin 1898; Ders., Mainz, in: Germania Judaica, Bd. I: Von den ältesten Zeiten bis 1238, hg. v. Ismar Elbogen, Aron Freimann u. Haim Tykocinski, Nachdr. d. Ausg. Breslau 1934, Tübingen 1963, S. 174-223; Siegbert Neufeld, Mainz, in: Germania Judaica, Bd. II: Von 1238 bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts, hg. v. Zvi Avneri, Tübingen 1968, S. 512-521; Friedrich Schütz, Mainz, in: Germania Judaica, Bd. III: 1350-1519, hg. v. Arye Maimon, Mordechai Breuer u. Yacov Guggenheim, Tübingen 1995, S. 786-831; Rainer Barzen, ‚Kehillot Schum': Zur Eigenart der Verbindungen zwischen den jüdischen Gemeinden Mainz, Worms und Speyer bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts, in: Jüdische Gemeinden und ihr christlicher Kontext in kulturräumlich vergleichender Betrachtung von der Spätantike bis zum 18. Jahrhundert, hg. v. Christoph Kluse, Alfred Haverkamp u. Israel J. Yuval, Hannover 2003, S. 389-404; Andreas Lehnardt, Magenza im Spiegel der Schriften Maharils, in: Mainzer Zeitschrift 104 (2009), S. 99-106. Zurück
- Die an ein breites Publikum gerichtete Darstellung Rolf Dörrlamm, Magenza. Die Geschichte des jüdischen Mainz. Festschrift zur Einweihung des neuen Verwaltungsgebäudes der Landes-Bausparkasse Rheinland-Pfalz, Mainz 1995 enthält einige Ungenauigkeiten. Zurück
- Vgl. Schaab, Geschichte, S. 171 („Im Zustande der Unterdrückung, im Ausleihen auf Pfänder und Zinsen und dem kleinen Handelsverkehr aufgewachsen, mangelte ihnen der Grad von Seelenstärke, um sich auch hier gleich zu bleiben. Wie die Beschäftigung des Menschen, so ist gewöhnlich auch dessen Geist. Was ihnen gestattet war, mißbrauchten sie, oder betrugen sich wenigstens dabei auf eine linkische oder jüdische Weise.“) u. 177 („Waren auch durch diese Gesetze dem Wucher einige Schranken gesetzt, so konnten sie doch leicht umgangen werden. Die Verschmitztheit der Juden fand immer Mittel und Wege.“). Zurück
- Schaab, Geschichte, S. XV. Zu seinem „vor-historistischen“ Geschichtsbild siehe Wolfgang Dobras, Karl Anton Schaab (1761-1855) – Ein Historiker der Aufklärung im bürgerlichen Zeitalter, in: Mainzer Zeitschrift 89 (1994), S. 145-156, S. 152-156. Zurück
- Vgl. Siegmund Salfeld, Bilder aus der Vergangenheit der jüdischen Gemeinde Mainz. Festangabe zur Erinnerung an die 50jährige Wiederkehr des Einweihungstages (11. März 1853) der Hauptsynagoge, Mainz 1903, S. 33: „Die Juden müssen weiter schmachten im Dunkel der Knechtschaft. Ihnen, die durch materielle Unterstützung Erfindungen und Entdeckungen ermöglichten, die ihr Wissen in den Dienst des Humanismus stellten, die selbständig die welterhellende Kunst Gutenbergs pflegten und entwickelten, aus deren Mitte begeisterte Jünger der Wissenschaft hervorgingen, soll das Licht bürgerlicher Gleichstellung in den ersten Jahrhunderten der neuen Zeit noch nicht erstrahlen.“ Zurück
- Salfeld, Die Mainzer Judenerben. Beitrag zur Topographie des alten Mainz, in: Mainzer Zeitschrift 12 (1917), S.1-36; Ders., Zur Geschichte des Judenschutzes in Kurmainz, in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Juden. Festschrift zum siebzigsten Geburtstage Martin Philippsons, hg. v. Vorstande der Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft des Judentums, Leipzig 1916, S. 135-167. Zurück
- Otto Böcher, Neugründung der Gemeinde. Die Zeit des Absolutismus (um 1583 bis 1763), in: Juden in Mainz. Katalog zur Ausstellung der Stadt Mainz 1978, hg. v. Friedrich Schütz, Mainz 1978, S. 47-50. Zurück
- Friedrich Schütz, Die Geschichte des Mainzer Judenviertels, in: Juden in Deutschland, hg. v. Michael Matheus, Stuttgart 1995, S. 33-60; Ders., Die jüdische Gemeinde in Bingen, in: Bingen. Geschichte einer Stadt am Mittelrhein, vom frühen Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert, hg. v. Helmut Mathy, Bingen/Rh. 1989, S. 277-300; Ders., Skizzen zur Geschichte der jüdischen Gemeinde Weisenau bei Mainz. Mit einer besonderen Würdigung der Familie Bernays, in: Mainzer Zeitschrift 82 (1987), S. 151-179; Ders., „Zum Beyhülf und Trost der Erkrankten“. Jüdische Ärzte in Mainz vom Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert, in: Moguntia medica, hg. v. Franz Dumont u.a., Wiesbaden 2002, S. 384-397. Zurück
- Ders., Magenza, das jüdische Mainz, in: Mainz. Die Geschichte der Stadt, hg v. Franz Dumont, Ferdinand Scherf u. Friedrich Schütz, 2. Aufl., Mainz 1999, S. 679-702. Zurück
- Einige relevante Informationen für das 16. und frühe 17. Jahrhundert enthalten Krimhilde Lachner/Robert R. Luft/Susanne Schlösser, Die jüdische Gemeinde in der Frühneuzeit. Verfassung, Ämter, Institutionen, in: Beiträge zur Geschichte der Mainzer Juden in der Frühneuzeit, hg. v. Heinz Duchhardt, Mainz 1981, S. 69-91; Helmut Schneider, Schutzjuden und Judenschutz, in: Ebd., S. 109-120 u. Matthias Bitz, Die Judenpolitik Johann Philipps von Schönborn, in: Ebd., S. 121-132. Zurück
- Eine Ausnahme stellt J. Friedrich Battenberg, Zu den Anfängen der Mainzer „Judenschule“ im 17. Jahrhundert. Anmerkungen aus Anlass der Wiedergründung der Jüdischen Gemeinde in Mainz vor 425 Jahren, in: Archiv für hessische Geschichte 66 (2008), S. 39-60 dar. Zurück
- Vgl. Schütz, Judenviertel, S. 39-42. Zurück
- Rolf Decot, Juden in Mainz in der frühen Neuzeit, in: Christen und Juden im Reformationszeitalter, hg. v. Rolf Decot u. Matthieu Arnold, Mainz 2006, S. 199-215; Ders., Juden in Mainz in der frühen Neuzeit, in: Rolf Decot, Luthers Reformation zwischen Theologie und Reichspolitik. Aufsätze. Festschrift für Rolf Decot zum 65. Geburtstag, hg. v. Hans Josef Schmitz, Frankfurt a. M. 2007, S. 359-378. Zurück
- Fritz Herrmann, Die Protokolle des Mainzer Domkapitels, Bd. 3,1: 1514-1536 u. Bd. 3,2: 1537-45, Unveränd. Nachdr. d. Ausg. 1932, Paderborn 1974. Zurück
- Siehe auch Werner Marzi/Ulrich Hausmann, Die Judenpolitik der Mainzer Erzbischöfe und Kurfürsten in der Frühen Neuzeit (1462-1694). Eine Übersicht, in: Innere Räume – äußere Zäune: Jüdischer Alltag im Rheingebiet im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit, hg. v. Ludolf Pelizaeus, Mainz 2010, S. 75-96. Zurück
- Herrmann, Protokolle. Die Judenpolitik des Mainzer Domkapitels kann in der vorliegenden Untersuchung nicht näher behandelt werden und bleibt ein lohnendes Forschungsdesiderat. Von den Protokollen des Domkapitels, die sich überwiegend auf Bingen, Hochheim und andere domkapitelsche Orte beziehen, sind lediglich für die Geschichte der Mainzer Juden einschlägige Jahrgänge durchsucht und ausgewertet worden. Zurück
- Dietrich Andernacht (Hg.), Regesten zur Geschichte der Juden in der Reichsstadt Frankfurt am Main von 1401-1519, 3 Bde., Hannover 1996 u. Ders. (Hg.), Regesten zur Geschichte der Juden in der Reichsstadt Frankfurt am Main von 1520-1616, 2 Bde., aus dem Nachlass hg. v. Helga Andernacht in Verbindung mit dem Institut für Stadtgeschichte Frankfurt und dem Arye Maimon-Institut für Geschichte der Juden an der Universität Trier, Hannover 2007. Zurück
- J. Friedrich Battenberg (Hg.), Quellen zur Geschichte der Juden im hessischen Staatsarchiv Darmstadt 1080-1650, Wiesbaden 1995 u. Uta Löwenstein (Hg.), Quellen zur Geschichte der Juden im Hessischen Staatsarchiv Marburg 1267-1600, Bd. 1, Wiesbaden 1989. Zurück
- Die Mainzer Archive (Stadtarchiv, Dom- und Diözesanarchiv und das Pfarrarchiv von St. Ignaz) wurden nach entsprechenden Quellen durchsucht. Im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt befinden sich allerdings noch Bestände geistlicher Provenienz, die Informationen zur Geschichte der Mainzer Juden enthalten könnten. Zurück
- Als wichtiges Hilfsmittel zur Erschließung des immens umfangreichen Bestandes diente ein Zettelkatalog, den der damalige Mainzer Stadtarchivar Richard Dertsch in Sütterlin angelegt hat. Zurück
- In Frankfurt und Worms waren protokollierte Geschäfte zwischen Juden und Christen prozessrechtlich privilegiert. Vgl. Behr, Stellung, S. 11 u. 13f. Zurück
- Die Fälle werden im Kapitel über die Bedeutung der jüdischen Wirtschaftstätigkeit für die christliche Umwelt geschildert. Zurück
- Ludwig Falck, Alphabetischer Index zu dem Stadtplan Mainz um 1620, in: Anton P. Brück, Mainz vom Verlust der Stadtfreiheit bis zum Ende des dreißigjährigen Krieges (1462-1648), Düsseldorf 1972, S. 83-122; Udo Mosbach, Referenz aller Namen zu den Mainzer Stadtaufnahmen; Rita Heuser, Namen der Mainzer Straßen und Örtlichkeiten. Sammlung, Deutung, sprach- und motivgeschichtliche Auswertung, Stuttgart 2008. Zurück
- Vgl. Karl Härter, Policey und Strafjustiz in Kurmainz. Gesetzgebung, Normdurchsetzung und Sozialkontrolle im frühneuzeitlichen Territorialstaat, Bd. 1, Frankfurt a. M. 2005, S. 120ff. Zurück
- Ders., Kurmainz, in: Deutsches Reich und geistliche Kurfürstentümer (Kurmainz, Kurköln, Kurtrier), hg. v. Karl Härter, Frankfurt a. M. 1996, S. 107-421, S. 163f. u. 169 unterscheidet zwischen der „Verordnung“ vom 8.12.1662 (MNZ 229) und der „Judenordnung“ vom 12.11.1671 (MNZ 272). Die am 19.5.1507 von Erzbischof Jakob von Liebenstein erlassene „ordnung der judenn zu Mentz halber“ enthält hingegen Bestimmungen für fremde Juden, die zum Handeln nach Mainz kommen. Allgemein siehe Battenberg, Judenordnungen. Zurück
- Vgl. Achim Landwehr, „Normdurchsetzung“ in der Frühen Neuzeit? Kritik eines Begriffs, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 48 (2000), S. 146-162, S. 154-158; Ders., Policey vor Ort. Die Implementation von Policeyordnungen in der ländlichen Gesellschaft der Frühen Neuzeit, in: Policey und frühneuzeitliche Gesellschaft, hg. v. Karl Härter, Frankfurt a. M. 2000, S. 47-70, S. 59-63 u. 70; André Holenstein, Die Umstände der Normen – die Normen der Umstände. Policeyordnungen im kommunikativen Handeln von Verwaltung und lokaler Gesellschaft im Ancien Régime, in: Ebd., S. 1-46, S. 44ff.; Sigrid Schieber, Normdurchsetzung im frühneuzeitlichen Wetzlar. Herrschaftspraxis zwischen Rat, Bürgerschaft und Reichskammergericht, Frankfurt a. M. 2008, S. 383-386. Zurück
- Ullmann, Nachbarschaft, S. 20. Zurück
- Jacob Katz, Tradition und Krise: der Weg der jüdischen Gesellschaft in die Moderne, aus dem Engl. übers. v. Christian Wiese, München 2002, S. 41: „Die Juden bildeten, wie gesehen, eine Untergruppe innerhalb der allgemeinen Gesellschaft, zugleich jedoch auch eine eng miteinander verbundene, isolierte, abgeschlossene Gemeinschaft, eine richtige ‚Welt für sich'. Das Paradox der Existenz der jüdischen Gemeinschaft bestand darin, daß es sich bei ihr um eine eigenständige Gesellschaft handelte, die einzig und allein auf Grund des beständigen Kontakts ihrer Mitglieder mit der Außenwelt existierte.“ Vgl. Hüttenmeister, Miteinander, S. 120. Zurück
- Katz, Tradition, S. 41ff. (in der englischen Übersetzung von Bernard Dov Cooperman, S. 26: „survival group“). Der Begriff „Überlebensgruppe“ kann in negativer Hinsicht missverstanden werden und somit den Blick auf die frühneuzeitlichen Verhältnisse verstellen, da die Nationalsozialisten ähnliche Ausdrücke zur Rechtfertigung ihrer antisemitischen Rasseideologie verwendeten. Zurück
- Ebd., S. 44. Auch Treue, Hessen-Marburg, S. 159-169 zeigt, dass in ländlichen Gebieten teilweise ein enges Mit- und Nebeneinander bestand, das sich sowohl in gemeinsamem Wohnen unter einem Dach und gegenseitiger Hilfe als auch in zwischenmenschlichen Beziehungen und Komplizenschaft bei Streichen oder Verbrechen niederschlug. Zurück
- Israel J. Yuval, Zwei Völker in deinem Leib. Gegenseitige Wahrnehmung von Juden und Christen in Spätantike und Mittelalter, Göttingen 2007. Zur gegenseitigen Anpassung siehe auch Christoph Daxelmüller, Hochzeitskutschen und Romanzen. Zur jüdischen Assimilation in der frühen Neuzeit, in: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde 47 (1996), S. 107-120 u. Ders., Assimilation vor der Assimilation. Säkularer Lebensstil und Religiosität in der jüdischen Gesellschaft des 17. Jahrhunderts, in: Im Zeichen der Krise, S. 265-293. Zurück
- Ries, Juden in der Stadtgeschichte, S. 407. Zurück
- Vgl. Ullmann, Nachbarschaft, S. 467-472 u. Rainer Walz, Der nahe Fremde. Die Beziehungen zwischen Christen und Juden in der Frühen Neuzeit, in: Fremdsein – Historische Erfahrungen, hg. v. Paul Münch, Essen 1995, S. 54-63, S. 57ff.; Yacov Guggenheim, Meeting on the Road: Encounters between German Jews and Christians on the Margins of Society, in: In and Out of the Ghetto, S. 125-136; Robert Jütte, Contacts at the Bedside: Jewish Physicians and their Christian Patients, in: Ebd., S. 137-150; Deborah Hertz, Contacts and Relations in the Pre-Emancipation Period – A Comment, in: Ebd., S. 151-157; Hartmut Lehmann, The Jewish Minority and the Christian Majority in Early Modern Central Europe, in: Ebd., S. 305-310. Zurück
- Walz, Fremde, S. 59 u. 61. Zurück
- Bernd Roeck, Außenseiter, Randgruppen, Minderheiten. Fremde im Deutschland der frühen Neuzeit, Göttingen 1993, S. 23-38; Wolfgang von Hippel, Armut, Unterschichten, Randgruppen in der frühen Neuzeit, München 1995, S. 40f. Zurück
- Vgl. Gerd Mentgen, „Die Juden waren stets eine Randgruppe“. Über eine fragwürdige Prämisse der aktuellen Judenforschung, in: Liber amicorum necnon et amicarum für Alfred Heit. Beiträge zur mittelalterlichen Geschichte und geschichtliche Landeskunde, hg. v. Friedhelm Burgard, Christoph Cluse und Alfred Haverkamp, Trier 1996, S. 393-411; Ullmann, Nachbarschaft, S. 18f.; Rolf Kießling, Die Landjuden als religiöse Sondergruppe. Kommentar zu den Beiträgen von Reinhard Jakob, Michaela Schmölz-Häberlein und Johannes Mordstein, in: Nachbarn, Gemeindegenossen und die anderen Minderheiten und Sondergruppen im Südwesten des Reiches während der Frühen Neuzeit, hg. v. André Holenstein u. Sabine Ullmann, Epfendorf 2004, S. 357-363; J. Friedrich Battenberg, Juden als „Bürger“ des Heiligen Römischen Reichs im 16. Jahrhundert. Zu einem Paradigmenwechsel im „Judenrecht“ in der Reformationszeit, in: Christen und Juden im Reformationszeitalter, hg. v. Rolf Decot u. Matthieu Arnold, Mainz 2006, S. 175-197, hier S. 185. Zurück
- Lohrmann, Juden und Bürger, S. 164f. Vgl. Alfred Haverkamp, „Concivilitas“ von Christen und Juden in Aschkenas im Mittelalter, in: Jüdische Gemeinden und Organisationsformen, S. 123-126; J. Friedrich Battenberg, Grenzen und Möglichkeiten der Integration von Juden in der Gesellschaft des Ancien Régime, in: Migration und Integration. Aufnahme und Eingliederung im historischen Wandel, hg. v. M. Beer/M. Kintzinger/M. Krauss, Stuttgart 1997, S. 87-110, S. 95f. u. 103-109; Ders., Von der Kammerknechtschaft zum Judenregal. Reflexionen zur Rechtsstellung der Judenschaft im Heiligen Römischen Reich am Beispiel Johannes Reuchlins, in: Hofjuden und Landjuden. Jüdisches Leben in der frühen Neuzeit, S. 65-90, S. 74-77; Ronnie Po-chia Hsia, Eine religiöse Minderheit in einer konfessionellen Gesellschaft: Juden im Heiligen Römischen Reich des 17. Jahrhunderts, in: Im Zeichen der Krise, S. 295-309, S. 307ff. Siehe auch Kapitel IV.3. Zurück
- Battenberg, Juden, S. 186. Zurück
- Ebd., S. 189 u. 185 Zurück
- Vgl. Marzi, Judenpolitik. Ähnlich wie in Braunschweig (Hans-Heinrich Ebeling, Die Juden in Braunschweig. Rechts-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte von den Anfängen der Jüdischen Gemeinde bis zur Emanzipation (1282-1848), Braunschweig 1987, S. 32 u. 36f.) dürfte es in Mainz allerdings auch jüdische Nichtbürger (in der Regel Beisassen oder Hintersassen genannt) gegeben haben. Zurück
- Battenberg, Juden, S. 186. Zur strittigen Bezeichnung leibeigen vgl. Ursula Reuter, Zwischen Reichsstadt, Bischof, Kurpfalz und Kaiser. Zur Geschichte der Wormser Juden und ihrer Schutzherren im 16. und 17. Jahrhundert, in: Kaiser und Reich in der jüdischen Lokalgeschichte, hg. v. Stefan Ehrenpreis, Andreas Gotzmann u. Stephan Wendehorst, München 2013, S. 119-146, hier S. 128ff. Zurück
- Im Text erwähnte Häuser lassen sich mit Hilfe der in Klammern angegebenen Nummern wiederfinden. Zurück
- Vgl. Israel Jacob Yuval, Heilige Städte, heilige Gemeinden – Mainz als das Jerusalem Deutschlands, in: Jüdische Gemeinden und Organisationsformen, S. 91-101. Zurück
- Zur Vertiefung siehe Barzen, Kehillot Schum, S. 389-404. Zurück
- In Mainz sind keine derartigen Fälle bekannt. Für das 17. Jahrhundert siehe Reuter, Warmaisa, S. 97. Zurück
- Der gesamte Text des Provinzialkonzils ist abgedruckt bei Eduard Mone, Kirchenverordnungen der Bistümer Mainz und Straßburg aus dem 13. Jahrhundert, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 3 (1852), S. 129-150, hier S. 135-142. Zurück
- Bei der Aufzählung ist zu bemerken, dass es sich um unterschiedliche Arten jüdischer Wohnviertel handelte. Während die Frankfurter Judengasse ein typisches Ghetto darstellte und die Juden in Speyer zum Schutz vor weiteren Pogromen 1096 in ein eigenes Stadtviertel umgesiedelt wurden, entsprach die Wormser Judengasse dem Wunsch der Gemeindemitglieder, unter sich in Nähe der Synagoge zu wohnen. Vgl. Alexander Pinthus, Studien über die bauliche Entwicklung der Judengassen in den deutschen Städten, in: Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutschland 2 (1930), Heft 2, S. 101-130, S. 108-111 u. Ernst Voltmer, Die Juden in den mittelalterlichen Städten des Rheingebietes, in: Juden in der Stadt, S. 119-143, v.a. S. 122-126. Zurück
- Die Quellenangaben finden sich bei Salfeld, Mainzer Judenerben, S. 3. Zurück
- Hierzu vgl. Ullmann, Sabbatmägde, S. 259ff. u. Klein, Quellen, 264-283. Zurück
- Salfeld, Bilder, S. 17 u. Heinrich Schrohe, Wie gelangte Mainz zur Herrschaft über die Juden der Stadt? (Privileg vom 18. Juni 1295), in: Magenza. Ein Sammelheft über das jüdische Mainz im fünfhundertsten Todesjahre des Mainzer Gelehrten Maharil, hg. v. Sali Levi, Berlin 1927, S. 729-734, S. 729. Ähnliche Ritualmordvorwürfe führten auch in anderen deutschen Städten zu Pogromen, so z.B. 1282 in Speyer, 1283 in Bacharach, Kreuznach und Rockenhausen, 1285 in München und 1287 in Oberwesel. Zurück
- Einziger Beleg hierfür ist der Grabstein des erwähnten Rabbiners, der 1899 auf der Großen Bleiche ausgegraben wurde und dessen Inschrift Salfeld, Bilder, S. 17 in Übersetzung wiedergibt. Zurück
- Vgl. Schaab, Juden, S. 58ff.; Salfeld, Judenschutz, S. 141f. u. Ders., Judenerben, S. 4f. Zum weiteren Umgang mit den Judenerben siehe die folgenden Seiten. Zurück
- Vermutlich durften die Mainzer Juden bereits vor 1349 keine Häuser mehr besitzen, sondern mussten die zum Ende des 13. Jahrhunderts enteigneten Judenerben anmieten. So sind für Salfeld, Mainzer Judenerben, S. 5 u. Ders., Judenschutz, S. 141 u. 153f. alle 54 Judenerben nach der Auswanderung um 1285 an die Stadt gefallen. Bei Schütz, Judenviertel, S. 37, der den Pogrom von 1285 nicht einmal erwähnt, heißt es dagegen: „Bei dem im Zusammenhang mit der Pest entstandenen Pogrom von 1349 wurde die Mainzer Jüdische Gemeinde erneut ausgelöscht. Den Grundbesitz der Getöteten und Geflohenen konfiszierte die Stadt Mainz und verwaltete ihn unter der Bezeichnung Judenerben in den Stadtrechnungen, bis er in der Mainzer Stiftsfehde 1463 an den Kurfürsten fiel. [...] Grundbesitz konnten die Juden nach 1349 nicht mehr erwerben [...].“ Zurück
- Schütz, Judenviertel, S. 37. Zurück
- Andreas Lehnardt, Magenza im Spiegel der Schriften Maharils, in: Mainzer Zeitschrift 104 (2009), S. 99-106, S. 105f. Zurück
- Schütz, Judenviertel, S. 37. Zurück
- Vgl. Ebd., S. 38f. 1448 zahlten noch 16 Familien, 1460 nur noch 14 sowie zwei Witwen ihr jährliches Schutzgeld. Verantwortlich für den erheblichen Bevölkerungsrückgang waren einerseits die schlechte wirtschaftliche Situation von Mainz im 15. Jahrhundert, andererseits die Vertreibung der Juden durch den Stadtrat im Jahre 1438, in der erstmals auch der jahrhundertealte Judenfriedhof zerstört und zu einem Weingarten umgepflügt wurde. Zurück
- Vgl. Kai-Michael Sprenger, Die Mainzer Stiftsfehde 1459-1463, in: Mainz. Die Geschichte der Stadt, S. 205-225, S. 223ff. u. Wolfgang Dobras, Die kurfürstliche Stadt bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges 1462-1648, in: Ebd., S. 227-263, S. 227f. Zurück
- Am 18. Juli 1465 bat „Hochmeister“ Simon von Mainz um die Reduzierung seines Stättigkeitszinses in Frankfurt, da er bei der Eroberung von Mainz seinen gesamten Besitz verloren hatte (Andernacht, Regesten, Nr. 1460). Zu Moses Minz und Simon von Mainz finden sich ebenda weitere Erwähnungen. Zurück
- Salfeld, Mainzer Judenerben, S. 22. Zurück
- Aufgenommen wurden Meyer von Eltville, Neen von Ahrweiler, Jacob von Neuß, Salman Meyers Sohn und Abraham mit ihren Frauen und Kindern (BStAWü MIB 31, fol. 112r-113r). Zurück
- Lediglich einige Juden zu Lorch, Oestrich, Eltville, Walldorf und Algesheim durften noch ein Jahr im Rheingau wohnen bleiben (HStADa C 1 A Nr. 70, fol. 132v-133r). Zurück
- Urkunde von Erzbischof Adolf II. von Nassau, ausgestellt am 12. Oktober 1473 in Trier, zit. nach Schaab, Juden, S. 130. Nach eigener Aussage wollte Adolf damit dem Beispiel von Papst Bonifatius IV. folgen, der im Jahre 609 das Pantheon zu einer Kirche umweihte. Zurück
- Schaab, Geschichte, S. 131. Zurück
- Salfeld, Judenschutz, S. 162. Zurück
- Vgl. Schaab, Juden, S. 148: „Wenn er auch später duldete, daß einige wieder zurückkehrten, so war sein Rachegefühl gegen sie, als vermeintliche Anhänger von Diether, nicht gekühlt und er verordnete im Jahre 1469 ihre allgemeine Austreibung. Der St. Michaelstag 1470 war als endliche Frist der gezwungenen Auswanderung anberaumt. Von diesem Tage an ist in Mainz kein Jude und kein Judenthum mehr.“ Zurück