0.Der Ausbau der Selzstellung im 1. Weltkrieg anhand von Feldpostbelegen
von Jürgen Lemke
Hinsichtlich des kriegsmäßigen Ausbaus der Selzstellung in den Jahren 1914/1915 ist die Aktenlage zu den beteiligten militärischen Einheiten mehr als dürftig. Insbesondere stellt sich die Zuordnung von Militärformationen zu bestimmten Festungsabschnitten oder Ortschaften als sehr schwierig dar, eine Formationsübersicht oder -gliederung ist nicht vorhanden bzw. nicht bekannt. Ein hilfreicher Weg ist die systematische Registrierung von entsprechenden Feldpostbelegen aus der betreffenden Zeit. Diese Belege sind Primärquellen ersten Ranges und liefern durch die darauf befindlichen Militärstempel oder handschriftliche Formationsangaben wertvolle Hinweise auf die Organisationsstruktur der Militärformationen, die für den Ausbau der Selzstellung eingesetzt waren.
0.1.Deutsche Feldpost im Ersten Weltkrieg
Zur Feldpost an sich ist zu bemerken, dass diese auf der Grundlage der Kriegsetappenordnung vom 14.05.1902 und der Feldpostdienstordnung vom 30.04.1907 mit der Mobilmachung am 02.08.1914 (1.Mobilmachungstag) tätig wurde.
Grundsätzlich wurden im Fernverkehr Briefe, Postkarten, Geldbriefe und Postanweisungen der Militärangehörigen portofrei befördert. Allerdings waren Begrenzungen nach Gewicht und Wert festgelegt. Erst bei deren Überschreitung trat Portopflicht ein. Feldpostsendungen im Ortsverkehr waren nicht zulässig. Sie wurden postalisch ebenso behandelt wie die zivile Post und mussten nach den gültigen Tarifsätzen freigemacht werden. Bei allen Sendungen nach und vom Feldheer musste der Vermerk „Feldpost“ angegeben sein und (soweit vorhanden) wurde ein Soldatenbriefstempel (Formationsstempel) angebracht. Dieser Stempel galt als Nachweis für die Zugehörigkeit zu der entsprechenden Einheit und bescheinigte den Anspruch auf Portofreiheit bzw. Portoermäßigung.
0.2.Arbeiter- und Festungskompanien der Festung Mainz
Die Arbeiter- bzw. Festungskompanien der Festung Mainz wurden bei Kriegsbeginn in großer Anzahl zum kriegsmäßigen Ausbau der Mainzer Verteidigungsanlagen und zur Befestigung des erweiterten Festungsvorfeldes aufgestellt. Die Bezeichnung lautete zunächst „Stabsoffizier des Ingenieur- und Pionierkorps Arbeiter-Kompanie“ und wurde später in „Festungs-Kompanie“ geändert. Nachfolgende Abbildungen sollen als Beispiel dafür dienen, wie verschiedene Militärformationen bestimmten Stationierungsorten und damit Festungsabschnitten zugewiesen werden können.
0.2.1.Elsheim
Anhand registrierter Feldpostbelege ist bekannt, dass die Festungskompanie 113 in der Zeit vom 16.10.1914 - 26.10.1914 in Elsheim stationiert war.
0.2.2.Marienborn
Ebenso ist durch Feldpostbelege nachgewiesen, dass sich die Festungskompanie 27 mindestens in der Zeit vom 17.08.1914 bis 12.11.1914 in Marienborn befand.
Weisenau
Schließlich kann anhand von Feldpostbelegen für Weisenau die Stationierung der Arbeiterkompanie 4 für die Zeit vom 13.08.1914 bis 19.10.1914 nachgewiesen werden.
Insgesamt haben die Kompanien nur ungefähr ein halbes Jahr bestanden, sie wurden am 10.03.1915 aufgelöst und durch die Armierungs-Bataillone I und II ersetzt. Als ein Beispiel soll der gezeigte Formationsstempel der 5.Armierungs-Kompanie des Armierungs-Bataillons I dienen, dessen Verwendung bereits am 31.03.1915 in Mainz nachgewiesen ist.
0.2.3.Sonstige Festungsformationen der Festung Mainz
Durch die Registrierung von Feldpostbelegen sind auch weitere spezielle Festungsformationen belegt, wie z.B. die Festungseisenbahnbetriebsabteilung Mainz, die am 13.11.1914 in Weisenau nachgewiesen ist.
0.3.Suchliste
Zur weiteren Forschung suche ich laufend günstige Heimatbelege mit Militärstempeln 1914-1918 aus Rheinhessen.
Unter Militärstempel verstehe ich die Formationsnebenstempel der verschiedenen Einheiten wie z.B. Reservelazarette, Vereinslazarette, Festungslazarettabteilungen, Kommandanturen, Ersatzbataillone, Festungstruppen usw. (siehe Abbildung). Entsprechende Belege suche ich auch mehrfach.
Da während des 1. Weltkrieges eine Fülle von Einheiten in Rheinhessen stationiert war, sind diese Stempel nicht unbedingt selten. Ich bevorzuge vor diesem Hintergrund daher Ansichtskarten mit Massenmotiven wie Mainzer oder Wormser Dom, Hauptbahnhof etc. oder am besten Feldpostvordruckkarten (ohne Motiv) bzw. kleinformatige Briefe/Faltbriefe.
Darüber hinaus sind auch die Feldpostbelege der aus Rheinhessen stammenden an der Front eingesetzten Feldformationen von Interesse. Vorrangig suche ich dabei die Landsturmbataillone Mainz und Worms, jedoch z.B. auch Feldpostbelege der aktiven Infanterie-Regimenter 87, 88 (nur I. und III.Bataillon), 117, 118, der Pionier-Bataillone 21 und 25, der Fussartillerie-Regimenter 3 und 18 (nur II.Abteilung) und der Feldartillerie-Regimenter 27 und 63 (nur II.Abteilung). Sollten entsprechende Belege angeboten werden können, würde ich mich über eine Kontaktaufnahme freuen.
Jürgen Lemke
Tel. dienstlich 06131/16-2168
E-Mail: JuergenLemke67(at)aol.com
0.4.Der Katalog der rheinhessischen Militärstempel
Lemke, Jürgen (2004): Katalog der rheinhessischen Militärstempel 1914-1918.
Erschienen im Selbstverlag des Verfassers
Format DIN A 5, 112 Seiten, Kartoneinband,
12,50 € zzgl. Versandkosten,
Bestellungen an: Jürgen Lemke, Gundelandstraße 8 a, 55278 Undenheim
Im Handbuch des Vereins für Postgeschichte in Rheinhessen e.V., Alzey, hat der Verfasser erstmals im Jahre 1998 in Form einer Liste alle bis dahin bekannten militärischen Formationsstempel des 1.Weltkrieges im Zusammenhang mit Rheinhessen zusammengestellt. Aufgrund weiterer Forschung sowie zahlreicher Neumeldungen in der Folgezeit konnte diese Aufstellung im Jahre 2003 in einer erheblich erweiterten 2.Auflage präsentiert werden.
Dabei wurden zum einen solche Stempel erfasst, die in Rheinhessen selbst verwendet wurden, z.B. „Reservelazarett Bingen“, „Festungslazarett Mainz“ oder „Inftr.-Regt. Nr. 87 Ersatz-Bataillon“, und zum anderen bei auswärtiger Verwendung diejenigen Stempel, die zumindest rheinhessische Ortsnamen beinhalten, z.B. „Grossherzogl. Hessisches Landsturm-Inf.-Batl. Worms“ oder „Armierungs-Bataillon Festung Mainz“.
In dem nun vorgelegten Katalog stellt der Verfasser nicht nur alle bekannten Stempel nunmehr bildlich dar und beschreibt sie hinsichtlich Abmessungen, Stempeltext und -farbe, sondern nimmt auch eine Bewertung hinsichtlich der Seltenheit vor.
Es konnten insgesamt 324 verschiedene Militärstempel erfasst werden, wobei naturgemäß die meisten davon aus der ehemaligen Festungs- und Garnisonstadt Mainz (166 Stempel) sowie der ehemaligen Garnisonstadt Worms (21 Stempel) stammen. Daneben konnte aber auch die Verwendung von Militärstempeln in über 60 weiteren kleinen und kleinsten Ortschaften in Rheinhessen nachgewiesen werden.
Im erläuternden Teil des Kataloges runden Hintergrundinformationen zum Kriegsausbruch 1914 und zur Deutschen Feldpost die Gesamtdarstellung ab.
Der Katalog wurde in der Nationalen Literatur-Ausstellung mit internationaler Beteiligung im Rang 1 „LIPSIA 2007“ am 28.-30.09.2007 in Leipzig mit einer Silber-Medaille ausgezeichnet.