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Macht und Pracht der Herren von Breitbach - Die Untere Burg in Rheinbreitbach

0.1.1. Die Anfänge der Burg im Mittelalter

Abb. 1: Grundriss des Wohnhauses der Unteren Burg.[Bild: Foto aus Neu, Heinrich: Kunstdenkmäler des Kreises Neuwied]

Wir schreiten in das Jahr vor 1250 zurück. Am Fuße des Koppelberges herrscht rege Betriebsamkeit. Einige Männer mit Schaufeln und Hacken heben in der Nähe eines kleinen Baches einen tiefen Graben aus. Den Erdaushub werfen sie zu einem großen Berg auf. Zügig kommen die Männer voran. Sie graben entlang eines gespannten Seiles. Es ist im Viereck um den wachsenden Erdhügel gespannt. Ein Mann mit einem großen Zirkel prüft noch einmal die Entfernungen nach bevor er die Baufortschritte seinem Auftraggeber, dem zukünftigen (Lehns-)Herren von Breitbach überbringen lässt.

So in etwa dürfen wir uns den ersten Bauabschnitt der Unteren Burg in Rheinbreitbach vorstellen, deren Ergebnis ein einzelner Steinturm auf einem Erdhügel und einem Wassergraben war. Der Turm diente dabei im Falle eines Angriffes als sicherer Rückzugsort und war ein fester Teil des Verteidigungssystems des Dorfes Rheinbreitbach. Doch auch in Friedenszeiten nutzte der Burgherr den Turm als Wohnstätte, worauf die Anbauten am Turm aus späteren Zeiten schließen lassen.[Anm. 1]

Abb. 2: Die Untere Burg am Fuße des Koppelberges vor 1920.[Bild: Heimatarchiv Rheinbreitbach]

Warum die Burg am Fuße des Koppelberges errichtet wurde und nicht etwa auf dem Koppelberg lässt sich auf Grund der Quellenlage nicht vollständig aufklären. Die einfachste Erklärung ist, dass den damaligen Burgenbauern der Koppelberg nicht gehörte. Dies lässt sich aus dem Flurnamen Koppel (lat. von copula) ableiten, welches ein Stück Land bezeichnet, das im Besitz von mehreren ist.[Anm. 2]

Die Burg schien jedoch für die Herren von Sayn bzw. dessen Erben Johann von Sponheim keinerlei große Bedeutung gehabt zu haben, sodass die Burg samt Lehensnehmer an das Erzstift Köln verkauft wurde und ab 1264 zu Kurköln gehörte. Ab dieser Zeit wurde die Burg kontinuierlich als Wohn- und Herrschaftssitz der Herren von Breitbach weiter ausgebaut. Nebengebäude wie das heute noch existierende Gesindehaus entstanden, die Mauer um das Burggelände wurde erhöht, eine Scheune und ein Stall gebaut. Am steinernen Wehrturm wurde der erste Wohnanbau in westlicher Richtung getätigt, was auf die Umnutzung des Turmes als Wohnturm schließen lässt.[Anm. 3] Die Burg entwickelte sich immer mehr zu einem Verwaltungssitz der kurkölnischen Ländereien in Rheinbreitbach. Die Bauern mussten hier ihre Abgaben in Naturalien oder ihre Frondienste leisten. Korn wurde hier in einer Wassermühle zu Mehl gemahlen. Die Burg war zu dieser Zeit das politische und wirtschaftliche Zentrum des Ortes.

0.2.2. Die Burg als Sommerresidenz (16.-18. Jahrhundert)

Abb. 3: Blick auf das Wohnhaus der Unteren Burg. Hier lebten die Herren von Breitbach bis 1473, Foto von 1920[Bild: Heimatarchiv Rheinbreitbach]

Durch die kluge und geschickte Politik der Herren von Breitbach wuchs deren Macht, Reichtum und Einfluss innerhalb Kurkölns und der katholischen Kirche rasch an. Das Adelsgeschlecht wurde mit hohen Ämtern betraut und wollte sich dementsprechend auch an seinem Stammsitz in Rheinbreitbach präsentieren. Weitere Anbauten im südlichen Bereich der Unteren Burg entstanden. Doch der Platz auf dem Burghügel der Wasserburg war für weitere Anbauten durch den Wassergaben nur begrenzt, sodass die Herren von Breitbach im Jahre 1473 einen Teil von Schloss Bürresheim kauften, einem zu damaliger Zeit wesentlich repräsentativeren und herrschaftlicherem Wohnsitz.[Anm. 4] 

Mit der Verlegung des Stammsitzes der Herren von Breitbach nach Bürresheim nahm die Bedeutung der Burg als politisches Zentrum ab. Die wirtschaftliche Bedeutung der Burg für den Ort blieb hingegen erhalten, da die Burg an Vasallen vermietet wurde. Falls sich kein Vasall für die Burg fand, wurden sogenannte Halfen als Verwalter eingesetzt. Die Halfen mussten wie die Vasallen eine jährliche Miete in Form von Geld und Sachleistungen gegenüber dem Herren von Breitbach erbringen und stellvertretend die Geschäfte erledigen. Meist wurde ihnen jedoch ein Wohnrecht auf der Burg verwehrt, sodass das Wohnhaus der Burg langsam ab 1613 nachweislich bereits zerfiel.[Anm. 5]

Als 1618 der Dreißigjährige Krieg ausbrach, sollte dieser die Burg hart treffen. Die vorbeiziehenden protestantischen Schweden zündeten das alte Gebäude an und brannten es vollständig nieder. Mündliche Überlieferungen besagen, dass die Burg bereits vormals im kurkölnischen Krieg (1583-1588) niedergebrannt wurde. Der Brand jedenfalls führte dazu, dass die Burg vollständig wiederhergestellt werden musste. Hierfür wurden 1661 bereits kleine Reparatur- und Wiederaufbauarbeiten durchgeführt. Eine zweite kleinere Renovierungsmaßnahme fand erst im Jahre 1707 wieder statt als die Summe von 1335 Talern in die Burganlage investiert wurde.[Anm. 6]

Nach der Instandsetzung der Burg wurde das Lehen mit all seinen Pflichten und Rechten an die Bergwerksbesitzer Peter Breuer und Anton Clouth verpachtet. Besonders lukrativ waren dabei die Einnahmen aus der hiesigen Ölmühle direkt am Breitbach neben dem Gesindehaus. Durch Missernten in den Jahren 1709 und 1715 und Streitigkeiten mit dem damaligen Besitzer der Burg Ferdinand Damian-Breitbach verlängerten die Bergwerksbesitzer jedoch nicht mehr den Pachtvertrag.[Anm. 7]

Abb. 4: Die Untere Burg um 1830 nach Jakob Dietzler.[Bild: Heimatarchiv Rheinbreitbach]

Der bauliche Zustand der Burg war durch den anhaltenden Investitionsstau der letzten Jahrzehnte nicht besser geworden, sodass Ferdinand Damian-Breitbach nun insgesamt 7000 Taler in das Anwesen investierte, um die „Wiedererbauung des fast verfallenen Lehnhauses“ zu finanzieren. In dieser Zeit des Barock dürfte die Untere Burg das barocke Treppenhaus im Ostteil der Burg bekommen haben und die Außenmauer mit roten Schindelchen gedeckt worden sein. Die Burg sollte  zu einem barocken Lustschlösschen werden.

1801 zog der Hofkammerrat und Bergwerksdirektor Bleibtreu aus Neuwied in die Untere Burg ein, von welcher er die Bergwerke am Virneberg und in Bruchhausen leitete und bis heute durch die Erneuerung der Knappschaftskasse der Bergleute bei den Rheinbreitbachern in guter Erinnerung ist. Der örtliche Bergbauexperte Jürgen Fuchs weiß zu berichten, dass Bleibtreu, der zuvor im Clouthschen Hof gewohnt hatte, froh war, dass er den alten Rittersitz in einen verteidigungsfähigen Zustand versetzten konnte. Denn zu dieser Zeit trieben Räuberbanden in der Gegend ihr Unwesen. Einlaß in die Burg erhielt man nur über eine Parole.

Nach dem Tod des letzten männlichen Erben der Herren von Breitbach Franz Ludwig von Breitbach 1796 entbrannte ein heftiger Streit um die Güter und Lehen des Geschlechtes derer von Breitbach, welcher erst 1803 durch Napoleon I und die Auflösung der kirchlichen Kurstaaten Trier, Mainz und Köln entschieden werden konnte. Die Untere Burg kam wie vom Testament vorgesehen an das Grafengeschlecht Renesse, die seitdem das Breitbacher Wappen ihren Insignien zugefügt haben.[Anm. 8]

0.3.3. Die Untere Burg in der (frühen) Neuzeit (1800-1950)

Doch mit dem neuen Besitzer blieb das altbekannte Problem, dass in die Burg zu wenig für deren Erhalt investiert und lediglich die Vermietung als landwirtschaftliches Gut sichergestellt wurde. Die Burg als wirtschaftliches Zentrum hatte schon lange ausgedient. Die Industrialisierung und die Bauernbefreiung gingen an Rheinbreitbach nicht spurlos vorbei, sodass sich erste Unternehmen ansiedelten und reiche Industrielle sich große Villen als Landsitz in Rheinbreitbach bauten. Der Zerfall der Burg nahm unaufhörlich zu.

Im 1. Weltkrieg wurde die Untere Burg und die Ländereien der Grafen Renesse-Breitbach vom deutschen Kaiserreich nach einem Erlass „Über die staatliche Überwachung fremdländischen Eigentums“ zwangsenteignet und unter staatliche Verwaltung gestellt. Grund hierfür war, dass das Grafengeschlecht Renesse-Breitbach in Belgien sesshaft war und die Belgier auf Seiten der Franzosen, Briten und Amerikaner kämpften. Nach dem 1. Weltkrieg wurde die Untere Burg wieder an die rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben und weiterhin an Pächter zur landwirtschaftlichen Nutzung vermietet.[Anm. 9]

Abb. 5: Die Untere Burg mit Baugerüsten vor dem 2. Weltkrieg.[Bild: Heimatarchiv Rheinbreitbach]

Trotz der Enteignung im 1. Weltkrieg schienen die Besitzer der Burg in den 1930er Jahren Modernisierungs- und Renovierungsmaßnahmen an der Burg vorzunehmen. Ein Baugerüst wurde aufgestellt und Baumaterial zur Renovierung herbeigeschafft. In dieser Zeit hegten jedoch auch die Nationalsozialisten des Ortes ein reges Interesse an der alten Stammburg derer von Breitbach. Obwohl die Burg im Inneren nur noch von Stahl- und Holzstützen gehalten wurde,  fanden hier ab 1933 im sogenannten Rittersaal der Burg einzelne Treffen der Hitlerjugend statt. Ziel war es die Geschichte der Burg für die ideologischen Ziele der Nationalsozialisten fruchtbar zu machen.[Anm. 10]

Das Engagement der Nationalsozialisten ging sogar soweit, dass in den Weltkriegsjahren 1941-1943 Beihilfen beim Oberregierungsrat Bieser in Höhe von 10.000 Reichsmark angefordert wurden. Diese Beihilfe wurde unter der Bedingung einer Kostenaufstellung und eines Finanzplanes auch angenommen. Dieser Plan sah vor, dass das Dach zuerst instandgesetzt werden sollte. Ob es dazu kam, lässt sich aus den Akten nicht mehr erschließen.[Anm. 11]

Als im März 1945 die Amerikaner bei Remagen und Erpel den Rhein überschritten, wurde die Burg kurzzeitig von der abziehenden Wehrmacht als Depot für Elektrogeräte genutzt. Im Kampf um Rheinbreitbach erlitt die Burg (genau wie der Rest des Dorfes) keinerlei größere Beschädigungen, da sich der Kampf im Wald um die Breite Heide abspielte und durch den schnellen Vormarsch der Amerikaner auch kein Volkssturm gebildet werden konnte. Lediglich die Dächer der Nebengebäude der Burg wurden durch Artillerietreffer nach mündlicher Überlieferung beschädigt.[Anm. 12]

0.4.4. Lagerplatz, Ruine und Kinderspielplatz (1950-2009)

Abb. 6: Die Burg nach dem Sturz des Turmes in die Vorgebäude.[Bild: Heimatarchiv Rheinbreitbach]

Nach dem 2. Weltkrieg interessierte sich niemand mehr für das alte Gemäuer, sodass die Burg weiterhin zerfiel. Die Nebengebäude brachen als erstes zusammen. Das Tor zerfiel. Die Burg wurde in dieser letzten Phase lediglich noch als Lagerplatz für Fässer der örtlichen Marmeladenfabrik verwendet. Ein Nebenhaus der Burg wurde für Flüchtlinge als Wohnquartier umfunktioniert. Die Wohnburg selbst wurde mit einem Zaun abgesperrt und Warntafeln aufgestellt.[Anm. 13]

Nach über 700 Jahren war die Standfestigkeit des Wohnturmes Ende der 1950er Jahre nicht mehr gegeben, sodass in den Morgenstunden die Anwohner der Westerwaldstraße durch einen lauten Krach aus dem Schlaf gerissen wurden. Der Wohnturm war in die vorderen Anbauten gestürzt und hatte dabei den Großteil der Burg mit zum Einsturz gebracht. Die letzten noch hoch aufstehenden Mauerreste der Burg wurden später aus Sicherheitsgründen mittels Seil und LKW niedergerissen.[Anm. 14]

Die auf dem Gelände der Burg befindlichen Kleindenkmäler wie die Hochzeitssäule und ein Sarkophag der Herren von Breitbach wurden auf Schloss Bürresheim gebracht. Das Burgtor konnte auf Initiative des Heimatvereins Rheinbreitbach saniert und vor dem Abriss gerettet werden.

Der Burgplatz entwickelte sich ab dieser Zeit zu einem Schandfleck, der über Jahre in der Kommunalpolitik für Diskussionen sorgen sollte. Verschiedene Nutzungskonzepte wurden erstellt und Verhandlungen mit dem Adelsgeschlecht Renesse-Breitbach geführt, bevor im Jahre 2009 die Grundmauern der Burg wieder freigelegt und der Burgplatz gestaltet wurde. Heute ist der Burgplatz der alten Wasserburg der Mittelpunkt von Rheinbreitbach.

Von den Gebäuden der Burg überdauerte lediglich das Gesindehaus die Zeiten. Dies ist vor allem dem Engagement der heutigen Eigentümer geschuldet, die hier mit viel Liebe und Geduld das Gebäude renovierten. Gleiches gilt für das alte Burgtor, welches durch das Engagement des Heimatvereins Rheinbreitbach gerettet wurde.[Anm. 15]

0.5.5. Die Aufteilung der Burg seit dem Mittelalter

Die Untere Burg bestand zu ihrer Hochzeit im (Spät-)Mittelalter aus insgesamt 6 Gebäuden. Das markanteste Gebäude war dabei das Wohn- und Haupthaus, welches im Osten der Burg lag und von einem Wassergraben umgeben war. Im Süden der Burg zur heutigen Westerwaldstraße hin lagen ein Keltereigebäude mit Weinkeller und die Scheune. Im Norden der Burg liegt bis heute das Gesindehaus, in welchem die Fronarbeiter oder die Dienerschaft der Burgherren wohnten. Neben diesem Gebäude lag an der Nordmauer noch ein offener Stall. Die Burg wurde von einer etwa mannshohen Mauer umschlossen. Die Nebengebäude der Burg waren ein Teil der Burgmauer.[Anm. 16]

0.6.6. Wirtschafts- und Lagerräume: Kelterei und Scheune

Abb. 7: Die Reste des Weinkellers und der Scheune bei der Verbreiterung der Westerwaldstraße.[Bild: Heimatarchiv Rheinbreitbach 1A1.]

Die Scheune der Burg lag in der südwestlichen Ecke der Burgmauer direkt neben dem Burgtor. Es hatte eine Größe von etwa 10m x 6m und diente der Lagerung von Stroh für das Vieh. Sie war im unteren Bereich aus Bruchsteinen gemauert. Der obere Teil war in Fachwerk ausgeführt. Der Grund hierfür lag darin, dass die Scheune Teil der Verteidigungsmauer war.

Ähnlich verhielt es sich mit dem Keltereigebäude, welches direkt neben der Scheune stand. Der Keller und der 1. Stock waren mit Bruchsteinen gemauert, wohingegen die Dachkonstruktion mit Fachwerk ausgestaltet war. Im oberen Raum dieses Gebäudes wurden die geernteten Trauben zur Maische vorbereitet und durch eine Keltermaschine gepresst. Der Saft wurde dann entweder durch Löcher im Boden direkt in die im Keller lagernden Fässer geleitet oder aber in diesem Raum abgefüllt. Interessant an diesem Gebäude ist vor allem das Renaissancewappen über dem Kellerabgang, welches die Erbauungszeit des Kellers auf 1567 datiert. Der Spruch auf dem Schild ist leider bis heute nur unvollständig überliefert: „Dieser Keller steht in Gottes Hand (…..)und Wilhelm von Breitbach Herr zu Boretzemb, Ampmann zu Linz und Newer Burg, Anna von Breitbach H. Geboren von Harf Frawe zu…“

Die Überreste beider Gebäude und der Wehrmauer wurden mit der Verbreiterung der Westerwaldstraße abgerissen.[Anm. 17]

0.7.7. Wohnung und Machtzentrum: Das Herrenhaus

Das Wohnhaus der Herren von Breitbach hat verschiedene Bauphasen durchlebt. Begründet mit einem Turm auf einem Erdhügel umgeben von einem Wassergraben, bauten die Herren von Breitbach den Turm kontinuierlich als Wohnhaus aus. Ein Bauphasenplan aus der Dokumentation von der Denkmalpflegerin Jutta Hundhausen aus dem Jahre 2008 zeigt ansehnlich welche Baufortschritte die Burg über die Jahrhunderte gemacht hat. Die Burg besaß dabei alle Bequemlichkeiten, die eine Wohnburg im Mittelalter zu bieten hatte. Im Erdgeschoss gab es eine eigene kleine Kapelle (Südwesten) und  eine Küche mit Lagerraum. Über eine Spindeltreppe oder später die barocke Außentreppe gelangte der Burgbewohner in den 1. Stock, wo der große Rittersaal mit Kamin und den anderen Wohnräumlichkeiten lag. Dort, wo heute auf der Burgruine die grüne Wiese angelegt ist, gab es wohl einst einen Kräutergarten.[Anm. 18]

0.8.8. Ein Ort für die Dienerschaft: Das Gesindehaus

Abb. 8: Das von Privatleuten mühevoll und vorbildlich renovierte Gesindehaus an der Unteren Burg.[Bild: Thomas Napp]

Wie jede andere Burg auch, hatte der Burgherr Diener, die für ihn die Arbeiten auf dem Feld und im Haus verrichten mussten. Als Schlafstätte diente diesen dabei das Gesindehaus, welches im Norden der Burg lag und das einzige noch erhaltene Haus der Unteren Burg ist. Es lag wie die Scheune und die Kelterei an der Außenmauer der Burg. Direkt daneben gliederten sich die Ställe und Lagerräume an.


0.9.9. Insignien der Macht: Hochzeitssäule und Sarkophag

Zwei Besonderheiten auf dem Gelände der Unteren Burg stellten die sogenannte Hochzeitssäule und der Sarkophag der Herren von Breitbach dar. Die aus Sandstein gefertigte Hochzeitssäule diente dabei als ein Machtausdruck der Herren von Breitbach. Auf der Säule waren die Familienwappen eingemeißelt, die mit den Herren von Breitbach familiär verbunden waren. Demnach waren die Herren von Breitbach mit denen von Warsberg, von Eltz und von Rüdesheim verheiratet. Ein Beleg für die weitreichenden Verbindungen des Adelsgeschlechtes, die ihm nachher zu höheren Posten in Kurmainz verhalfen. Eine weitere mündlich überlieferte Funktion der Hochzeitssäule soll im Mittelalter auch die Verheiratung der Bevölkerung vor dem Lehnsherren gewesen sein. Dieser musste wie im Feudalismus üblich die Zustimmung zu den Hochzeiten geben. Dies würde auch zum ehemaligen Standort der Hochzeitssäule auf dem Burgplatz passen.[Anm. 19]

Der Sarkophag der Herren von Breitbach hingegen stand einst auf dem Gelände der heutigen Hans Dahmen Halle. Es handelt sich dabei um ein Grabmonument für den letzten männlichen Nachfahren der Herren von Breitbach Franz Ludwig Freiherr von Breitbach. Dieser wurde auf der Flucht vor den französischen Revolutionstruppen 1796 erschossen. In einer Gruft unter dem Sarkophag wurde jedoch nur seine Frau Maria Anna, geb. Gräfin von Walderdorff beerdigt. Ihre Knochen wurden bei den Bauarbeiten für die Hans Dahmen Halle in den 1960er Jahren unter dem ehemaligen Standort des Sarkophags wiederentdeckt. Aus Respekt vor der Toten wurden die Knochen von dem ehemaligen Vorsitzenden des Heimatvereins Rheinbreitbach in den restaurierten Torbogen der Unteren Burg eingemauert.[Anm. 20]

Die Hochzeitssäule und der Sarkophag stehen heute auf Schloss Bürresheim, da in den 1950er Jahren die Angst bestand, dass sie durch die Baufälligkeit der Burg zerstört werden könnten.

0.10.10. Die Wiedergeburt der Burg als Parkanlage

Die Nutzung des Burggeländes nach deren Einsturz war über Jahrzehnte in der Kommunalpolitik ein großes Thema. Erste Nutzungskonzepte wurden erstellt wie die Pflanzung einer Hecke an der Westerwaldstraße anstatt der Bruchsteinmauer. Das Gesindehaus sollte zu einem Cafe oder einem Heimatmuseum werden und auf den Fundamenten der alten Burg ein Altersheim entstehen. Spätere Planungen aus den 1980er Jahren sahen die Nutzung der Burgruine als Parkanlage vor.[Anm. 21]

Währenddessen wurde der Burgplatz als Parkplatz für die umliegenden Anwohner genutzt. Gräser und Bäume machten sich auf der alten Burgruine breit. Die Ratspolitik einigte sich darauf, dass die Burg als Parkanlage genutzt werden sollte, sodass im Jahre 2006 die Architektin Jutta Hundhausen mit der Ausgrabung beauftragt werden konnte. Hierbei stellte sich heraus, dass die Untere Burg nicht wie bisher angenommen aus dem 14. Jahrhundert, sondern aus der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts stammt. Nach dem Abschluss der Ausgrabungsarbeiten wurden die Grundmauern wieder hergestellt. Ein Teich zur Andeutung des Wassergrabens wurde um die Ruine wieder angelegt.

Das Gelände der Unteren Burg hat eine aufregende Geschichte hinter sich. Mehrere Kriege und phasenweise Vernachlässigung hat die Burg überstanden bevor sie letztlich ohne eine Funktion aus Altersschwäche in den 1950er Jahren in sich zusammenbrach. Heute stellt die Ruine der Unteren Burg einen der Mittelpunkte des Ortes dar. Feste und Feierlichkeiten wie die Kirmes finden hier statt. Unter der Woche dient der Burgplatz als Parkgelegenheit. Das umliegende Grün dient der Erholung von Jung und Alt.[Anm. 22]

Nachweise

Verfasser: Thomas Napp

Red. Bear.: Lutz Luckhaupt

Quellen- und Literaturverzeichnis:

Bestand 441, Landeshauptarchiv Koblenz, Sachakte 25638, Zwangsverwaltung Renesse-Breitbach

Bestand 441, Landeshauptarchiv Koblenz, Sachakte 53948, Briefwechsel zur Erhaltung der Unteren Burg in Rheinbreitbach

Bestand 2B11, Heimatverein Rheinbreitbach, Fotosammlung Untere Burg

Brungs, Joseph J./Ermert, Alfred (Hrsg.)(1952): Geschichte Rheinbreitbachs. Erweitert und bis zur Gegenwart fortgeführt von H.Vogts und J.Faber. Wanne-Eickel: Wolf.

CDU-Ortsverband (Hrsg.)(2009): Untere Burg vor der Fertigstellung. In: Koppel-Rundschau 1 (Januar 2009)

Federhen, Franz-Josef/Hamacher, Bernd: 750 Jahren Herren von Breitbach, 1246 – 1996. Rheinbreitbacher Heimathefte 1996.

Federhen, Franz Josef (25.02.2009): Interview Thomas Napp.

General-Anzeiger Bonn (Hrsg.)(21.01.1999): Ortsmitte soll gestaltet werden – Untere Burg Planung erneuern.

Hundhausen, Jutta (2006): Untere Burg Rheinbreitbach, Kreis Neuwied. Baubeschreibung und Fotodokumentation. Mainz.

Hundhausen, Jutta (2008): Untere Burg Rheinbreitbach, Kreis Neuwied. Dokumentation der Ruinenfreilegung. Mainz.

Neu, Heinrich/Weigert, Hans (1940): Die Kunstdenkmäler des Kreises Neuwied. Düsseldorf: Schwann.

Erstellt am: 07.10.2019

Anmerkungen:

  1. Vgl. Brungs (1952, S. 68); Neu (1940, S. 351); Hundhausen (2008, S. 12) Zurück
  2. Vgl. Federhen (Flurnamen in Rheinbreitbach, S. ) Zurück
  3. Vgl. Brungs (1952, S.68);, Federhen (25.02.2009); Hundhausen (2008, S. 12), Hundhausen (2008, S. 5); Heimatarchiv Rheinbreitbach (Bestand 2B11)Neu (1940, S. 352); Rott (27.02.2019) Zurück
  4. Vgl. Federhen/Hamacher (1996, S. 10) Zurück
  5. Vgl. Brungs (1952, S. 65 ff.) Zurück
  6. Vgl. Brungs (1952, S. 65 ff.), Neu (1940, S. 352) Zurück
  7. Vgl. ebd.  Zurück
  8. Vgl. Federhen/Hamacher (1996, S. 10 ff) Zurück
  9. Vgl. LHA Koblenz (Bestand 441/ Sachakte 25638) Zurück
  10. Vgl. Federhen (25.02.2009) Zurück
  11. Vgl. LHA Koblenz (Bestand 441/Sachakte 53948) Zurück
  12. Vgl. Federhen (25.02.2009) Zurück
  13. Vgl. Brungs (1952, S. 190/191) Zurück
  14. Vgl. Federhen (25.02.2009), Heimatarchiv Rheinbreitbach (Bestand 2B11) Zurück
  15. Vgl. Heimatarchiv Rheinbreitbach (Bestand 2B11), Hundhausen (2008, S.9), General Anzeiger (21.01.1999), CDU Ortsverband (2009) Zurück
  16. Vgl. Federhen (25.02.2009); Rott (27.02.2009); Landeshauptarchiv (Bestand) Zurück
  17. Vgl. Federhen (25.02.2009); Heimatverein Rheinbreitbach (Bestand 2B11); Neu (1940, S. 353);  Zurück
  18. Vgl. Hundhausen (2008, S. 5ff.) Zurück
  19. Vgl. Neu (1940, S.353); Federhen/Hamacher (1996, S. 10 ff) Zurück
  20. Vgl. Heimatarchiv Rheinbreitbach (2B11), Federhen (25.02.2009) Zurück
  21. Vgl. Heimatarchiv (2B11); Federhen (25.02.2009); Hundhausen (2008, S. 9ff) Zurück
  22. Vgl. ebd. Zurück