Bibliothek

Dr. Karl Hessel: „Haus-Chronik“ 1866

Drei Bildergeschichten

vorgestellt von Jörg Julius Reisek

In der Heimatwissenschaftlichen Zentralbibliothek wird der literarische Nachlaß des Pädagogen und Dichters Dr. Karl Hessel (1844-1920) aufbewahrt. In diesem befindet sich ein Schreibheft mit dem Titel „Haus-Chronik“. Es enthält drei humorvolle Bildergeschichten, die Hessel als junger Student zur Unterhaltung des Familienkreises anfertigte. Ein später hinzugefügter Zusatz auf dem Titelblatt „Kreuznach Kauzenberg Weihnachten 1866“ verweist auf das Hotel „Kauzenberg“, das von seinen Eltern am Holzmarkt betrieben wurde. [Anm. 1] Zur Illustration fertigte Karl einhundert Karikaturen in Form von Collagen an. Dazu benutzte er Holzstiche und Lithographien aus Illustrierten und Büchern, die nach dem Beschneiden und Aufkleben mit Federzeichnungen verfremdet wurden. Sein Leben lang war Karl Hessel mit der geliebten Vaterstadt verbunden. Dies spiegelt sich besonders in seinem literarischen Schaffen wieder. „Kreiznach is Trump“, „Kreiznacher Pfefferniss“, sowie die „Sagen und Geschichten des Nahetals“ gehören heute noch zur beliebten Lektüre. [Anm. 2]

1. Haus-Chronik 1866 (S. 1-22) Familie Hessel und das 1866er Kriegsjahr. Zum Glück stand die preußische Kleinstadt auf der Siegerseite: „Rrretsch! Das erste Bild...“[Anm. 3] 2. Der „Familienroman“ (S. 23-49) spielt im Kreuznacher Hotel „Eulenberg“. Die Hauptpersonen der Schmonzette sind Marie und der Hausknecht Heinrich. „Damit die Herzensseite der jüngeren Familienmitglieder nun in eine passende Feststimmung gebracht wird, deshalb kommt jetzt eine Herzensgeschichte. Man glaubt oft, daß zwischen unseren vier Wänden wenig interessante und spannende Begebenheiten sich zutragen. Wer aber mit poetischem Blick begabt ist, erstaunt oft, wie zuweilen das Ideal von Liebe und Treue beinahe erreicht wird. Ein solcher Anblick bietet Jedem sich dar, der die folgenden Blätter herumschlägt. Spannung geben wir freilich nicht, sondern erzählen schlicht unsere Geschichte so, wie sie passirt ist. Vielleicht macht einmal die Feder eines Hackländer oder Freitag etc. ein reizendes Kunstwerk daraus.“

3. Die letzte Geschichte (S. 51-73) zeigt Franz auf Brautschau: „Es ist nichts so fein gesponnen / Es kommt doch an die Sonnen. Oder: Was die Reis nach Frankfurt eigentlich für einen Zweck gehabt. Zum ersten Mal der Wahrheit gemäß und ordentlich ans Licht gebracht. Eine Geschichte zur Warnung für alle Junggesellen und Jungfräulein.“ Mit vielen Ratschlägen im Gepäck, sehen wir darin den Kreuznacher Burschen auf der Kerb in Schwabenheim, in Frankfurt am Main und endlich auf der Flucht.

Verfasser: Jörg Julius Reisek

Redaktionelle Bearbeitung: Nathalie Rau

Literaturhinweise:

  • Huyssen, Gotthelf: Des Christen Trost in Kriegs-Noth: Predigt am außerordentlichen Landes-Bettage, den 27. Juni 1866 zu Kreuznach gehalten. Kreuznach : Maurer, 1866.
  • Huyssen, Gotthelf: Des Christen Dank in Sieges-Freude: Predigt am Dankfest für die preußischen Siege, den 15. Juli 1866 zu Kreuznach gehalten. Kreuznach: Maurer, 1866.
  • Huyssen, Gotthelf: Christliche Zeit-Stimmen in Predigten. Kreuznach: Maurer, 1867.

(alle HWZB)

Erstellt: 10.08.2011

Anmerkungen:

  1. Die Familie Hessel: Eltern: Carl Heinrich Hessel (1808-1877), Gastwirt zum Hotel Kauzenberg (das spätere Hotel Kauzenberg befand sich in der Kurhausstr. 20) und Johannette (Jenny) geb. Schöpplenberg (1814-1882). „Zum Kauzenberg (Carl Hessel) mit Bade-Einrichtung. Hat eine angenehme Lage in der Vorstadt mit 28 bequem eingerichteten Zimmern, und einem hübschen Garten am Hause, der sich durch freundliche Spaziergänge auszeichnet.“ (Wiest; Hartenfels: Statistisches Panorama der Heilbäder Kreuznach, Weilbach, Kronthal, Soden, Homburg im Gegenbilde zu Ems, Wiesbaden und Baden-Baden. Mainz: Wirth, 1840. S. 34) Kinder: 1. Johann Albert (1838-1877), Gastwirt zum Kauzenberg, Stadtverordneter 2. Heinrich Karl Daniel Bartholomäus (geb. 25.08.1844 in Bad Kreuznach, gest. 30.05.1920 in Koblenz), Pädagoge und Schriftsteller. Biografie s.: Lexikon Kreuznacher Persönlichkeiten (LKP: Stadtarchiv Bad Kreuznach) 3. Elise Auguste Karoline (1852-?). Da die erste Bildergeschichte das Familienleben während der Zeit des Deutschen Krieges von 1866 karikiert und der Umschlag ein Weihnachtsmotiv aufweist, liegt es nahe, daß das Werk im gleichen Jahre präsentiert wurde. Zurück
  2. Hessel, Karl: Blätter aus Koblenz: Als Manuskript gedruckt. Koblenz, 1893-1911. (Digitalisat: www.dilibri.de); Hessel, Karl: Kreuznach wird Bad: Ein Scherzspiel in zwei Bildern. 1916. (In: Hessel, K.: Aus Bad Kreuznachs Frühzeit.); Hessel, Karl: Kreiznach is Trump: Lokalschwank in vier Aufzügen. Mit einer Abhandlung über Kreuznacher Art und Mundart und einem Wörterbuch. [zuerst u. Pseud. B. Vogel veröffentl.]. Kreuznach: Ferd. Harrach, 1890. [versch. Aufl.]; Hessel, Karl: Kreiznacher Pefferniss: Die schönsten Texte von Dr. Karl Hessel (1844-1920) für seine Naheheimat. Ausgewählt von Richard Walter. Bad Kreuznach: Fr. Fiedler, 1988.; Hessel, Karl: Sagen und Geschichten des Nahetals. Kreuznach: Harrach, 1894. [versch. Aufl.] (Digitalisat: www.dilibri.de) Zurück
  3. Die Auswirkungen des Krieges waren bereits im Mai so stark spürbar, daß alle Geschäfte der Stadt „mehr oder weniger“ nachgelassen hatten. „Der Wohlstand fängt infolge der kriegerischen Bewegungen und der hierdurch eingetretenen Stockung in Handel und Wandel und in der Gewerbetätigkeit zu leiden [an], was um so fühlbarer wird, als durch die angeordnete Mobilmachung vieler der Ernährer den Ihrigen entzogen.“ Am 18. November gab die Stadt ein Festmahl für die „aus dem ruhmreichen Feldzug“ heimgekehrten Soldaten, wozu man großzügig aus der Stadtkasse 500 Taler bewilligte. Doch auch die Kehrseite des Krieges, Not und Elend, verspürte die Stadt, in deren Häusern vom 21. September bis zum Ende des Jahres die Cholera herrschte. Am 3. Dezember stellte der Landrat fest, daß in Kreuznach in den vergangenen drei Monaten „von 260 daran erkrankten Personen 142 durch den Tod weggerafft“ worden waren... (Pfalz, Hein-Frieder: Bad Kreuznach. Stadtgeschichte von 1789 bis 1871. Bad Kreuznach: Stadtverwaltung, 1991.) S. 188-191. S.a.: Amts-Blatt der Königl. Regierung zu Koblenz, 1866. Zurück