Zwangsarbeitereinsatz im Gebiet des heutigen Rheinland-Pfalz. Die bürokratische Dokumentation und ihr Verbleib
von Walter Rummel
Seitdem[Anm. 1] für ehemalige Zwangsarbeiter aus Osteuropa die Möglichkeit auf Entschädigung besteht, werden Archive mit Anfragen überhäuft, deren Absender die benötigten Nachweise erhoffen. Doch das Auffinden solcher Nachweise ist außerordentlich schwierig und trotz umfangreicher Recherchen leider in vielen Fällen nicht möglich. Einer der wesentlichen Gründe dafür ist, dass die entsprechende Aktenüberlieferung der Verwaltung der NS-Zeit zu einem großen Teil nicht mehr zur Verfügung steht. Um das wirkliche Ausmaß der hier eingetretenen Aktenverluste zu ermessen und dementsprechend ergänzende Such- und Dokumentationstechniken zu entwickeln, muss man zunächst die bürokratischen Verfahrensweisen, denen Zwangsarbeiter seinerzeit unterworfen waren, rekonstruieren.[Anm. 2]
Was ursprünglich vorhanden war
Bekanntlich haben schon die Besatzungsmächte in den Jahren unmittelbar nach Kriegsende große Anstrengungen unternommen, das Ausmaß der Verschleppung von Menschen zum Zwecke der Zwangsarbeit zu erfassen.[Anm. 3] Dazu gehörten auch Nachforschungen nach Akten, welche Auskunft über das Schicksal der "personnes déplacées" geben könnten. Die Leitung der französischen Besatzungsarmee war allerdings mit dem Ergebnis der Suche so wenig zufrieden, dass Militärgouverneur Hettier de Boislambert noch 1951 einen weiteren Anlauf zur Ermittlung der noch immer bei deutschen Behörden vermuteten einschlägigen Akten unternahm. Um diese wenigstens jetzt vollständig zu erfassen, ließ der französische "Service des Personnes Déplacées" durch eine eigene Dokumentationsgruppe eine akribische Analyse der auf deutscher Seite während des Krieges praktizierten Verwaltungsformalitäten, denen die Zwangsarbeiter unterworfen waren, vornehmen.[Anm. 4] Daraus, wie auch aus den heute noch in den Archiven vorhandenen Akten der NS-Zeit, lässt sich ein umfassendes Bild des ursprünglich vorhandenen Behördenschriftgutes zeichnen.
Im Prinzip mussten während der NS-Zeit verschiedene Behörden folgendes Erfassungssystem anwenden:
* Die neu angekommenen Arbeitskräfte erhielten zunächst Einweisungsscheine.
* Bei Unterbringung in Lagern (meist beim Einsatz in größeren Firmen) erfolgte ihre Aufnahme in eine Lagerkartei.
* Der Arbeitgeber füllte einen Anmeldeschein für die Meldebehörde aus (bei Entlassung: Abmeldeschein),
* die Meldebehörde erstellte eigene Ausweispapiere mit Foto,[Anm. 5] und zwar in mehrfacher Ausfertigung.[Anm. 6]
* Ferner erstellte die Meldebehörde, unter Beifügung von zwei Fotos, eine "Aufenthaltsanzeige" für die beim Landrat geführten Nachweise.
* Die kommunale Lebensmittelkartenstelle stellte eine Lebensmittelkarte aus,
* das Finanzamt eine Lohnsteuerkarte.
* Weiterhin legte man bei den Finanzämtern die entsprechenden Akten zur Erhebung von Lohnsteuer und Ostarbeiterabgabe an.
* Die örtliche Polizeibehörde nahm Personalien auf; bei Abreise eines Ausländers erging eine Mitteilung an das zukünftig zuständige Polizeiamt.
* Es erfolgte eine Anmeldung bei einer Krankenkasse, die zumindest eine Karteikarte, wenn nicht eine Akte anlegte,
* desgleichen bei der Deutschen Arbeitsfront (DAF), wo eine Beitragsnachweis-Karte angelegt wurde, bei Arbeitern, die häufig den Arbeitgeber wechseln mussten, zusätzliche Arbeiter-Urlaubskarten.
* Eine Ankündigung eintreffender bzw. eingetroffener Transporte mit Auflistung sämtlicher darin enthaltener Personen (und ihres Arbeitgebers) ging per Durchschlag auch an die Gesundheitsämter, um Reihenuntersuchungen im Rahmen der Tbc-Prophylaxe durchzuführen.[Anm. 7]
* Das Arbeitsamt erstellte aufgrund des Einweisungsscheines den Arbeitsbuchantrag und das Arbeitsbuch, das dem Betreffenden selbst ausgehändigt wurde,
* ferner wurden nach Berufsgruppen geordnete "AK-Scheine" (A zur Kennzeichnung als "Ausländer", AK 1 für Männer, AK 2 für Frauen) entsprechend ergänzt,
* außerdem "Suchkartei-Karten AK7" angelegt, welche die Kontrolle der AK-Scheine ermöglichten.
* Schließlich erstellte das Arbeitsamt eine Beschäftigungsgenehmigung in sechsfacher Ausfertigung: jeweils eine für das Reichsarbeitsamt Berlin, das Landesarbeitsamt bzw. später das Gauarbeitsamt (für die Rheinprovinz in Köln), den Arbeitgeber, die Ausländer-Polizei, den Arbeiter/die Arbeiterin selbst; ein Exemplar verblieb in den eigenen Akten.
* Bei Verlassen des Arbeitsamtsbezirkes wurden alle diese Papiere (AK 1, AK 2, AK 7, Arbeitsbuch) an das neue Arbeitsamt geschickt, welches dann als Empfangsbestätigung einen Zettel der Rubrik "AK 8" zurückschickte, der vom vormals zuständigen Arbeitsamt zu den Akten genommen wurde.
* Hinzu kamen die periodisch durch die Ortsgemeinden dem Landrat der Grenzkreise vorzulegenden Nachweise der bei ihnen gemeldeten Ausländer[Anm. 8] sowie Unterlagen, die im Rahmen der polizeilichen Überwachung durch Ortspolizei, Gestapo und SD entstanden.
* Schließlich sind die Registrierungsunterlagen von Gefängnissen (Abgangs- und Zugangsbücher), von Straflagern und Krankenhäusern zu nennen.
Was davon heute noch in öffentlichen Archiven vorhanden ist
Akten zu Zwangsarbeitern entstanden somit regulär bei Gemeinde- und Kreisbehörden, Polizei- (insbesondere Gestapo) und Justizbehörden, Arbeits- und Gesundheitsämtern, Krankenkassen und Provinzialversicherungen, bei Großverwaltungen wie der "Deutschen Arbeitsfront", der Reichsbahn etc., und schließlich bei den Arbeitgebern selbst. Sicherlich wurde der Registrierungszwang, wie jede Norm, nicht perfekt umgesetzt; dennoch war in der Konsequenz eine umfassende bürokratische Dokumentation entstanden.[Anm. 9] Geradezu kümmerlich müssen dagegen die Reste erscheinen, die uns davon heute noch zur Verfügung stehen:
* Bei den Kommunen bzw. in Kommunalarchiven sind es entweder Meldeunterlagen, Unterlagen der Ausländerpolizei und der allgemeinen ortspolizeilichen Tätigkeit, darunter aber auch Fahndungsmeldungen der Gestapoleitstellen.[Anm. 10] Besonders umfangreich sind die im Bestand „Stadtarchiv Andernach" des Landeshauptarchivs Koblenz überlieferten Listen, die geordnet nach Firmen die Zu- und Abgänge der Arbeitskräfte namentlich erfassen.[Anm. 11]
* Unter den im Landeshauptarchiv überlieferten Beständen klassischer staatlicher Behörden bieten nur das Gesundheitsamt Bad Kreuznach und das Arbeitsamt Idar-Oberstein noch einen substantiellen Teil der ursprünglichen Überlieferung. Für alle anderen Ämter dieser Kategorie im nördlichen Rheinland ist Fehlanzeige zu erstatten; gleiches gilt für den Bereich des Landesarchivs Speyer.
* Nur in geringen Bruchstücken sind Unterlagen der Gestapo, des Sicherheitsdienstes (SD) der SS und von Parteistellen der NSDAP überliefert, weil die Verantwortlichen ab Anfang 1945 Aktenvernichtungen durchführen ließen, bevor sie sich vor den heranrückenden amerikanischen Truppen nach Osten absetzten.[Anm. 12] Erwähnenswert ist allerdings, dass die Kartei der Gestapo Koblenz noch vollständig vorhanden ist, da sie seinerzeit bei Verlegung der Behörde nach Wiesbaden überführt wurde. Von dort ist sie dann nach Kriegsende in das Archiv des Internationalen Suchdienstes des Roten Kreuzes in Bad Arolsen gelangt, wo sie zwar staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, jedoch nicht der Forschung zur Verfügung steht.[Anm. 13]
* Gleichermaßen bruchstückhaft und gering sind Unterlagen der Justiz[Anm. 14] und der SS-Lagerverwaltung überliefert.[Anm. 15]
Nachforschungen nach den ursprünglichen Aktenbeständen bei den Behörden selbst haben überwiegend Fehlanzeigen ergeben:
* So muss der zentrale Bestand des ehemaligen Gauarbeitsamtes Rheinland in Köln als verloren gelten;
* das Landesarbeitsamt Saarbrücken meldete sowohl hinsichtlich einer eigenen Überlieferung als auch hinsichtlich derjenigen der einzelnen rheinland-pfälzischen Arbeitsämter Fehlanzeige;
* gleiches meldeten die Einrichtungen der wirtschaftlichen Selbstverwaltung wie der Landwirtschaftskammer, der Industrie- und Handelskammern, der Handwerkskammern in den ehemaligen Regierungsbezirken Trier und Koblenz.
* Die Nachforschungen bei den Finanzämtern und bei der Bergbauverwaltung haben ebenfalls Fehlanzeige ergeben.[Anm. 16]
* Im Rahmen der Fachaufsicht der Landesarchive über das Schriftgut der kommunalen Gebietskörperschaften, die kein eigenes Archiv eingerichtet haben, erfolgte eine Anfrage bei allen Gemeindeverwaltungen mit der Bitte, über noch bei ihnen vorhandenes Schriftgut zum Thema Auskunft zu geben. Wenn auch hierbei fast ausschließlich Fehlanzeige gemeldet wurde, so dürfte sich dies in der Regel auf Akten beziehen, nicht hingegen auf die vielerorts wohl noch vorhandenen alten Meldekarteien.
* Unter den Einrichtungen der Sozialverwaltung scheint alleine die AOK Bad Kreuznach noch über die vollständige Kartei ehemals registrierter Zwangsarbeiter zu verfügen.
Ursprünglich vorhanden, sichergestellt, aber bis heute nicht zugänglich
Ganz im Gegenteil zur heutigen Überlieferung stellte sich die Sachlage noch in den Jahren 1945-1951 dar, als französischen Dienststellen bei deutschen Behörden nach eben diesen Unterlagen fahndeten.
Diese Fahndung erfolgte im Rahmen der sog. "Ausländersuchaktion" bzw. "Suche nach Angehörigen der Vereinten Nationen". Wie ihre Nachbarn in den anderen Westzonen, ging auch die französische Militärverwaltung damals auf die Suche nach Unterlagen, welche Nachweise über das Schicksal der Verschleppten erbringen konnten.[Anm. 17] So mussten die Kommunalverwaltungen Auskunft über alle bei ihnen in diesem Zusammenhang nachweisbaren Personen geben. Mehr noch: sie mussten sogar die Nachweis über zwischenzeitlich verstorbene Ausländer erbringen.[Anm. 18] Die dabei entstandenen Unterlagen sind letztlich beim Suchdienst des Internationalen Roten Kreuzes in Bad Arolsen gelandet. In Abschriften bzw. in Durchschlägen sind sie noch zum Teil in den staatlichen Archiven erhalten, so im Landeshauptarchiv Koblenz in den Beständen der Regierungen Koblenz und Trier sowie in den Beständen vieler aufgelöster Amtsbürgermeistereien. Sie bilden heute den Kern der archivischen Überlieferung, dokumentieren jedoch nur eingeschränkt den Zustand der Zeit der NS-Herrschaft:
* Nur wenn die Rückmeldungen an die Besatzungsbehörden auf Grund der noch vorhandenen Akten der NS-Zeit erfolgten, ist mit einer einigermaßen vollständigen Auflistung ehemaliger ausländischer Arbeiter zu rechnen (und selbst bei diesem Verfahren sind noch Lücken in der nachträglichen Zusammenstellung festzustellen).[Anm. 19]
* Wenn die Rückmeldungen, wie bei der Stadt Koblenz, nur diejenigen Personen angaben, welche zum Zeitpunkt der Erhebung – zweite Jahreshälfte 1945 – noch gemeldet waren, dann fehlten alle im Mai/Juni 1945 bereits ‚repatriierten‘ sowjetrussischen Arbeitskräfte – für Rheinland-Pfalz ca. 63.000 Personen.[Anm. 20]
* Völlig außen vor blieben bei den Rückmeldungen offenbar die Insassen der großen DP-Lager, im Raum Koblenz etwa die Lager in der Gneisenau-Kaserne und in der Augusta-Kaserne.[Anm. 21]
* Zum Teil erfolgten Erhebungen der Orts- und Regionalbehörden, deren Resultate aus ihren Registraturen vollständig verschwunden sind. So sind die Unterlagen, welche bei der Suche nach Verschleppten aus Belgien entstanden, offenbar nur im Archiv des belgischen "Service des Victimes de la Guerre" in Brüssel vorhanden, wo sie erst kürzlich überhaupt entdeckt wurden.[Anm. 22] Gänzlich unbekannt ist der Verbleib jener Listen, welche etwa die Stadtverwaltung Koblenz 1945 für einen sog. "russischen Stab Idar-Oberstein" erstellte. Dessen Mitglieder reisten in der zweiten Hälfte des Jahres 1945 in der Region umher, um in eigener Regie die hierhin verbrachten sowjetrussischen Arbeitskräfte zu ermitteln. Vom Koblenzer Oberbürgermeister wurde am 31. August 1945 eine entsprechende Liste ausgehändigt. Nur die Quittung darüber ist überliefert.[Anm. 23]
Parallel zu diesen Nachforschungen betrieb die französische Besatzungsmacht die Sicherstellung der noch erhaltenen behördlichen Unterlagen der NS-Zeit zum Zwangsarbeitereinsatz. So stellte der französische Landeskommissar für Rheinland-Pfalz, Gouverneur Hettier de Boislambert, 1951 in einem Schreiben an die Staatskanzlei Mainz fest: "En application de l'ordre No 1792/CC/CAC du 6.12.1945 de Monsieur le Général Koenig, Commandant en Chef Francais en Allemagne, les Autorités allemandes devaient nous faire parvenir la documentation qu'elles détenaient concernant les prisonniers de guerre, les travailleurs et déportés."[Anm. 24] In diesem Rahmen hatte die Stadtverwaltung Speyer die Reste der bei ihr noch vorhandenen „Ausländerakten" übergeben;[Anm. 25] ebenso die Nebenstelle des Arbeitsamtes Trier in Hermeskeil "1945/46" die dortige Ausländerkartei dem französischen "Service des Personnes Déplacées" in Trier.[Anm. 26] Im gleichen Zusammenhang stand sicherlich die Beschlagnahmung der Ausländerkartei der Allgemeinen Ortskrankenkasse Neuwied durch eine französische Besatzungsbehörde im Frühjahr 1946, möglicherweise auch die Wegnahme von Akten der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Rheinhessen-Pfalz in Speyer.[Anm. 27] Und 1947 händigten sowohl das Arbeitsamt Worms seine Ausländerunterlagen dem französischen Sicherheitsoffizier der Kreisdelegation in Worms aus als auch das Arbeitsamt Neustadt „sämtliche Unterlagen von Ausländern, die bei uns abgestellt waren", an die dortige „Section des Personnes Déplacées".[Anm. 28]
1949 wurden noch immer oder erneut Listen bzw. Karteien aus der NS-Zeit über Zwangsarbeiter der Militärregierung übersandt, so aus Landkreisen des Regierungsbezirkes Koblenz,[Anm. 29] ferner aus dem pfälzischen Kreis Kirchheimbolanden.[Anm. 30] Jenes Schreiben von Gouverneur de Boislambert von 1951 zielte nun auf eine Fortführung bzw. Wiederbelebung der offenbar noch immer nicht abgeschlossenen Suche nach Dokumenten: Es sei, so de Boislambert, "jedoch gewiß, dass sich zahlreiche Dokumente zur Zeit immer noch bei verschiedenen Verwaltungsdienststellen befinden, insbesondere bei den Arbeitsämtern".[Anm. 31] Um das gesamte Ausmaß der Entstehung solcher Unterlagen zu erfassen, habe der französische "Service des Personnes Déplacées" durch eine "Dokumentationsgruppe eine Prüfung der Verwaltungsformalitäten vornehmen" lassen, "denen die Fremdarbeiter während des Krieges unterworfen waren". Angesichts der in dieser Analyse zutage tretenden umfassenden Registrierung der Zwangsarbeiter (s.o.) bekundete der Vorstoß des Gouverneurs implizit eine Kritik am Ergebnis der bisherigen Resultate. An deren Stelle erwartete er nun eine Aktenübergabe größeren Stils: "Infolgedessen wäre ich Ihnen verbunden, wenn Sie bei den Ihnen unterstellten Landesbehörden dafür eintreten wollten, dass man sich erneut [!] um eine Sichtung bemüht, um der Dienststelle der Deplazierten Personen die Originaldokumente [!] zur Verfügung zu stellen." Der Zweck war auch damals schon die Vergütung der geleisteten Arbeit, denn die Unterlagen, so de Boislambert, würden "von verschiedenen Regierungen ganz dringend benötigt werden, um in Kenntnis der Sachlage die Rechte beurteilen zu können von Deportierten, Arbeitern oder Kriegsgefangenen, die nach ihrem Aufenthalt in Deutschland Pensionen verlangen." Zur Bekräftigung der ihm vorschwebenden Dimensionen teilte der Gouverneur im gleichen Schreiben mit, dass die genannte Arbeitsgruppe für das Arbeitsamt Trier einen Bestand von ungefähr 3000 Arbeitskarten ermittelt habe.[Anm. 32]
Was nun durch die von der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei angeordnete Befragung von Behörden bis hinunter zu den Amtsbürgermeistern zutage kam, muss jeden, der mit den heute in unseren Archiven noch vorhandenen Resten der ursprünglichen Aktenüberlierung versucht, Anfragen von ehemaligen Zwangsarbeitern zu bearbeiten, vor Neid erblassen lassen: Es meldeten auf Anfrage der Oberfinanzdirektion Koblenz:
* das Finanzamt Grünstadt: 84 Lohnsteuerkarten von Deportierten für die Jahre 1942-1943,
* das Finanzamt Neustadt/Weinstraße: Urlisten des Jahres 1942 der Gemeinden Meckenheim, Duttweiler und Weidenthal, aus denen Namen ausländischer Arbeiter und Arbeiterinnen "ersichtlich sind",
* das Finanzamt Bad Kreuznach: Listen für die Ostarbeiterabgabe, aus denen Namen der Arbeitgeber und Zahl der beschäftigten Ausländer hervorgehen.[Anm. 33]
Beim Ministerium für Finanzen und Wiederaufbau war man sich der Bedeutung dieser Rückmeldungen bewusst, weshalb sofort eine entsprechende Anweisung erging: "Die Finanzämter haben Anweisung erhalten, die Unterlagen sorgfältig aufzubewahren". Doch auch andere Behörden berichteten von zum Teil umfangreichen Beständen:
* Der Landrat von St. Goarshausen meldete, dass sich bei den Ortspolizeibehörden in Braubach noch 84 Karteikarten mit Lichtbildern, desgl. in Fachbach noch sechs, in Reichenberg eine namentliche Liste über die dort beschäftigt gewesenen Zwangsarbeiter und in Niederlahnstein drei Aktenstücke mit dem gesamten Schriftverkehr über die Fremdarbeiterbeschäftigung befänden. Die in Niederlahnstein befindlichen Unterlagen hätten bereits der Dienststelle des französischen Suchdienstes (PDR) vorgelegen, die sie nach einer gewissen Zeit zurückgegeben hätte. Ferner sei die Betriebskrankenkasse der Maschinenfabrik Otto Kaiser in Oberlahnstein noch im Besitz von 36 Arbeitsbüchern ehemaliger Fremdarbeiter, und bei der Betriebskrankenkasse der Firma Feldmühle AG in Oberlahnstein befände sich eine Krankheiten und Krankheitsdauer ehemaliger Fremdarbeiter ausweisende Kartei.
* Es meldete der Landrat von Montabaur, dass bei der Ortspolizeibehörde in Daubach noch vier, in Hilgert 16 und in Simmern zehn Karteikarten ausländischer Arbeiter vorhanden seien. Fehlanzeige erstatteten die Landräte von Diez und Westerburg.[Anm. 34]
* Für das Staatliche Polizeiamt Idar-Oberstein konnte der Koblenzer Regierungspräsident am 7. März 1951 melden, dass sich dort noch 1.228 Karteikarten ehemaliger Fremdarbeiter und eine alphabetisch geordnete Aufstellung von 255 Fremdarbeitern "verschiedener europäischer Nationen" befänden: Name, Geburtsdatum, Geburtsort, Staatsangehörigkeit, Familienstand, Religionsbekenntnis, Heimatort „usw." seien darin vermerkt.[Anm. 35] Seine Frage: was solle damit geschehen?
* Die Regierung Trier meldete in einer ersten Reaktion, dass allein die staatliche Polizeidirektion Trier noch über eine Kartei mit 7.616 Ausländerkarteikarten verfüge, darin allerdings auch verschiedene Karteikarten aus den Jahren 1920-1930. Sonstige Unterlagen seien nicht vorhanden, was bedeutet, dass auch die damals befragten Einwohnermeldeämter Fehlanzeige erstattet hatten, ein ohne Berücksichtigung kriegsbedingter Vernichtung nur schwer nachvollziehbares Ergebnis, das freilich so stehen blieb.[Anm. 36]
* Der Regierungspräsident von Rheinhessen übergab im Auftrage des Oberbürgermeisters der Stadt Worms eine Liste und für den Landkreis Bingen und für das Polizeiamt Alzey "noch vorhandene Karten". Beim Polizeiamt Bingen seien ebenfalls noch Karteikarten vorhanden, ebenso bei der Polizeidirektion Worms; beide Dienststellen seien von ihm zur umgehenden Übersendung dieser Unterlagen aufgefordert worden. Alle übrigen Dienststellen hätten Fehlanzeige erstattet.[Anm. 37] Allerdings meldete das Landratsamt Alzey noch nachträglich die Existenz von „30 Aktenfaszikel[n] mit erheblichem Umfang".[Anm. 38] Eine detaillierte Liste der Befunde übermittelte der Regierungspräsident der Pfalz am 9.4.1951: Demnach existierten allein zu osteuropäischen Arbeitern[Anm. 39]
* für Ludwigshafen 6.641 Ausländerkarteikarten der Jahre 1939-1945 und eine eigene Liste der bei der BASF angestellten Arbeitskräfte,
* für Neustadt a.d.W. "ca. 2.000 lückenhafte Unterlagen",
* für Zweibrücken 235 Karteikarten über Russen (inkl. der Ukrainer) und 45 über Polen, desgleichen 55 Arbeitsbücher "für Ostarbeiter" und 20 "für Polen",
* aus dem Landkreis Frankenthal für den Ort selbst eine unvollständige Kartei über "Kriegsgefangene, Arbeiter und Deportierte", ferner namentliche Listen, teilweise mit Passbildern, für die Gemeinden Bellheim, Erlenbach, Rheinzabern und Westheim, und Karteikarten für die Gemeinden Hayna, Kandel, Lingenfeld, Schaidt, Schwegenheim und Vollmersweiler,
* für Gemeinden des Kreises Rockenhausen (Bisterschied, Gundersweiler, Imsbach, Lohnsfeld, Münsterappel, Rockenhausen, Sembach): Verzeichnisse und Karteien,
* aus dem Landkreis Speyer für die Gemeinde Dudenhofen: "Unterlagen über früher im Reichsgebiet beschäftigte Kriegsgefangene, Arbeiter und Deportierte" und für Otterstadt: "Anschriften" einzelner ehemaliger Kriegsgefangener,
* für den Landkreis Zweibrücken: "501 Karteikarten mit Lichtbild und Fingerabdruck polnischer und ukrainischer Fremdarbeiter".
Die Rückmeldung, die der Präsident des Landesarbeitsamtes Rheinland-Hessen-Nassau unter dem 6. März.1951 dem Sozialministerium in Mainz einreichte, offenbart sowohl die Größe des ursprünglichen Bestandes als auch die kriegsbedingten Verluste: Während man den vollständigen Verlust der einschlägigen Unterlagen infolge Kriegseinwirkung für die Arbeitsämter Koblenz, Bad Kreuznach, Mayen, Neuwied, Niederlahnstein, Gerolstein und Mainz anzeigte, sah die Sache bei anderen Arbeitsämtern besser aus. "Bei den folgenden Arbeitsämtern stehen abholbereit":[Anm. 40]
* Ausländerkarten (AK) in kleineren und größeren Mengen bei den Arbeitsämtern Ahrweiler und Betzdorf,
* Teile einer Suchkartei und Reste von Personalakten von Ausländern in Cochem,### * eine größere Anzahl von Ausländerkarten, Arbeitsbüchern bzw. Ersatzkarten in Idar-Oberstein,
* 1.548 AK, 39 Arbeitsbücher, 70 Ersatzkarten und ein Fahrgutscheinbuch (vermutlich mit namentlichen Einträgen) in Montabaur,
* fast 5.500 AK beim Arbeitsamt Trier mitsamt der Nebenstelle Saarburg,
* Teile einer Arbeitskartei, Anträge auf Ausstellung eines Arbeitsbuches und mehrere Arbeitsbücher in Bernkastel.
Das Landesarbeitsamt Pfalz meldete, dass man bereits am 17. Januar 1951 durch die Hohe Alliierte Kommission in Deutschland – "Section des Personnes Déplacées du Palatinat, Neustadt" – um Aushändigung aller bei den Arbeitsämtern noch vorhandenen Unterlagen, die über die Art der Anwerbung, den Aufenthalt und die Beschäftigung von Ausländern in Deutschland Aufschluss geben, "ersucht" worden sei, also noch bevor Gouverneur de Boislambert sich in dieser Sache erneut an die Landesregierung gewendet hatte.[Anm. 41] Dazu hatte die französische Dienststelle ein ausgefeiltes Verzeichnis aller Typen der entsprechenden Unterlagen, von den Transportlisten über Karteikarten und Arbeitsbücher bis zu Unterlagen der Arbeitsvermittlung erstellt und dabei besonders darum "gebeten", die Aktion auch auf die noch immer hier Beschäftigten auszudehnen. Die Rückmeldungen der Arbeitsämter bekundeten zum Teil große Kriegsverluste (Kaiserslautern und Landau) oder einfach bloßes Fehlen der entsprechenden Unterlagen (Ludwigshafen), während das Arbeitsamt Neustadt darauf verwies, dass man diese bereits Anfang 1947 der hiesigen französischen Dienststelle für "personnes déplacées" übergeben habe. Das Arbeitsamt Pirmasens verfügte über eine Ausländerliste, die der dortigen französischen Kreisdelegation schon vorgelegen hatte, aber wieder zurückgegeben worden war; nun fertigte die Behörde eine neue Ausländerkartei zur Übergabe an. Ebenso bemühten sich die Arbeitsämter Ludwigshafen, Kaiserslautern und Landau, sei es durch Befragen von noch immer anwesenden ausländischen Arbeitern, sei es durch Hinzuziehung von Abschriften und Resten der alten Aufzeichnungen, eine verwendbare Dokumentation zu erstellen. Doch stehen die dabei ermittelten Zahlen in keinem Verhältnis zum ursprünglichen Bestand, wie besonders im Fall Ludwigshafen der Vergleich mit der Zahl der oben genannten Meldeunterlagen zeigt. Relativ wenige Nachweise erbrachten auch die Arbeitsämter Speyer und Zweibrücken.
Dagegen machten die Rückmeldungen, die das Sozialministerium von den Allgemeinen Ortskrankenkassen erhielt, noch einmal die Dimensionen von ursprünglichem Bestand und Lücke klar.[Anm. 42] Neben Fehlanzeigen zahlreicher Geschäftsstellen (Ahrweiler, Koblenz-Stadt, Cochem, Simmern, Zell, Bingen, Daun, Saarburg, Trier, Wittlich, Diez, Marienberg, Montabaur, St. Goarshausen, Grünstadt, Landau, Ludwigshafen, Pirmasens) meldeten andere umfangreiche Karteikartenbestände:
* Altenkirchen: 1.950 Karteikarten
* Birkenfeld: ca. 2.000
* St. Goar: ca. 600
* Alzey: 2.385 zu Ostarbeitern und 1.405 zu Polen
* Worms: 2.310
* Bitburg: 1.756
* Prüm: 189 (französische Kriegsgefangene)
* Dahn: 530
* Kirchheimbolanden: ca. 2.000-2.500
* Kusel: ca. 3.000
* Neustadt a.d.W.: ca. 3.500
* Rockenhausen: ca. 500
* Speyer: ca. 1.900
* Waldfischbach: ca. 700.
Möglicherweise sind die Fehlanzeigen, wenigstens in diesem Ausmaß, nicht durch Kriegsverlust bedingt, sondern durch frühere Abgaben der entsprechenden Unterlagen an französische Behörden, so wie es nachweislich bei der AOK Neuwied der Fall war.[Anm. 43]
Mit Schreiben vom 11. April 1951 berichtete der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Altmeier dem Landeskommissar Hettier de Boislambert über das Ergebnis der Behördenbefragung. Zugleich bat er um Angabe, wohin die ermittelten Unterlagen geschickt werden sollten. Zur Vereinfachung schlug er vor, dass die betreffenden Oberbürgermeister und Landräte die Übersendung dorthin selbst vornehmen sollten.[Anm. 44] Das Landeskommissariat wünschte die Übersendung an die Dienststelle des französischen Suchdienstes (PDR) in Bad Ems. Alle ermittelten Unterlagen wurden daraufhin, so muss man annehmen, tatsächlich dorthin abgegeben. Und man muss aufgrund vieler Hinweise weiterhin annehmen, dass diese Unterlagen – Karteien, Listen und Akten – schließlich zum Internationalen Suchdienst des Roten Kreuzes nach Bad Arolsen gelangt sind.
Der dem damaligen Schriftwechsel vorangestellte Betreff lautete, in direkter Übernahme der von den französischen Behörden vorgegebenen Formulierung: "récuperation des archives" – "Wiedererlangung von Akten". Aus der Sicht der damaligen Besatzungsmacht ist die Begriffsverwendung verständlich und hat die Übernahme der Unterlagen sicherlich ihre Existenz gesichert. Doch mittlerweile wäre eine Rückführung aus rheinland-pfälzischer Sicht dringend erwünscht, zumal nun die technischen Möglichkeiten bereitstehen, das gesamte Material zu verfilmen und dem ISD in dieser Form zur weiteren Erledigung seiner Aufgaben zu belassen.[Anm. 45] Bislang hat es einen Versuch um Rückführung offenbar nicht gegeben. Als 1957 Verhandlungen des Bundes mit den Westalliierten um Rückgabe von beschlagnahmtem deutschem Schriftgut anstanden, meldete jedenfalls nur das rheinland-pfälzische Sozialministerium die Beschlagnahmung von Unterlagen aus dem Bereich der Zwangsarbeiterverwaltung, und auch dieses nur für den erwähnten Fall der Ostarbeiterkartei der AOK Neuwied.[Anm. 46]
Doch nicht nur beim ISD in Bad Arolsen sind umfangreiche Unterlagen über Zwangsarbeiter zu vermuten.[Anm. 47] Analog zur Überlieferung im Brüsseler Archiv des belgischen „Service des Victimes de la Guerre" ist davon auszugehen, dass auch in den zum Archiv des französischen Außenministeriums gehörenden „Archives de l'occupation francaises en Allemagne et en Autriche" in Colmar Unterlagen zu Straflagern, Kriegsgefangenen und zivilen Zwangsarbeitern verwahrt sind.[Anm. 48]
Anmerkungen:
- Der folgende Aufsatz bildet eine ergänzte Zusammenfassung von zwei bereits publizierten Beiträgen: Walter Rummel: Archive und die Aktualität der Hinterlassenschaft des Dritten Reiches: Enteignung jüdischen Vermögens und Zwangsarbeit, in: Unsere Archive Nr. 46 (April 2001), S. 19-28; ders.: Verschollene NS-Akten und Nachkriegsunterlagen zu Zwangsarbeitern in Rheinland-Pfalz, Beilage in: Unsere Archive Nr. 46 (April 2001). Zurück
- Einen vorbildlichen Überblick gibt: Wilfried Reininghaus/Norbert Reimann (Hrsg.): Zwangsarbeit in Deutschland 1939-1945. Archiv- und Sammlungsgut, Topographie und Erschließungsstrategien, Bielefeld 2001; vgl. auch Adelheid Rahmen-Weyer/Michaele Messmann: Entschädigung für die NS-Zwangsarbeit – Zum Umgang mit Quellen und Auskünften. In: Karl Reddemann (Hrsg.): Materialien zur aktuellen Diskussion über Zwangsarbeit und Entschädigung, Münster 2000, S. 71-75. Zurück
- Vgl. Landeshauptarchiv Koblenz (im Folgenden: LHA Ko), Best. 860, Nr. 84; ebenda, Best. 930, Nr. 6289 und Nr. 4191. Zurück
- Ebenda, Best. 860, Nr. 87, S. 186 (dt. Übersetzung: ebenda, S. 191). Zurück
- Ebenda, Best. 648, Nr. 2304. Zurück
- Ebenda, Best. 655,179, Nr. 167, S. 10. Zurück
- Ebenda, Best. 512,14, Nr. 938. Zurück
- Vgl. ebenda, Best. 655,179, Nr. 167, S. 15. Zurück
- Ebenda, Best. 860, Nr. 87, S. 147 u. S. 149. Zurück
- Besonders umfangreich: ebenda, Best. 655,171 (Amtsbürgermeisterei Dudeldorf), Nr. 355-360; ebenda, Best. 655,181 (Amtsbürgermeisterei Gebhardshain), Nr. 1394 (freundlicher Hinweis meiner Kollegin Frau Birgit Brahm). Zur Gestapo-Überlieferung vgl. unten Anm. 12. Zurück
- Ebenda, Best. 612, Nr. 8341. Zurück
- Ebenda, Best. 662,3 (NSDAP-Kreisleitung Trier-West-Land); Best. 662,5 (zurückgegebene Akten aus den National Archives, Alexandria/USA); 662,6 (Sicherheitsdienst Koblenz); 662,7 (NS-Mischbestand für Einzelakten). Zur Gestapo Trier liegt ein aufschlussreiches Geschäftstagebuch vor; vgl. die Edition durch Peter Brommer: Zur Tätigkeit der Gestapo Trier in den Jahren 1944/45. In: Jb. f. westdeutsche Landesgeschichte 18 (1992), S. 325-368, hier: S. 330-359 u. S. 327. Vgl. auch die Edition von Dokumenten dieser Provenienzen durch: ders. (Bearb.): Die Partei hört mit. Bd. 2: Lageberichte und andere Meldungen des Sicherheitsdienstes der SS, der Gestapo und sonstiger Parteidienststellen im Gau Moselland 1941-1945, 2 Teile, Koblenz 1992. Eine Auswertung in sicherheitspolizeilicher Perspektive enthält: Walter Rummel: Der ‚Feind' im eigenen Land. Bürokratisch-polizeilicher Umgang mit Zwangsarbeitern in den Gebieten des nördlichen Rheinland-Pfalz (in diesem Band). Reste ortspolizeilicher und staatspolizeilicher Unterlagen sind auch über die Bestände der Regierungen Koblenz (Best. 441) und Trier (Best. 442) überliefert. Vgl. Best. 441, Nr. 37399 (Einsatz in der Forstwirtschaft), Nr. 44936 u. Nr. 44611 (Überführung von Häftlingen nach Hinzert), Nr. 44978 und Nr. 43560; Best. 442: Nr. 14270, Nr. 14272, Nr. 14277, Nr. 14278, Nr. 14279. In für die Regierung Trier bestimmten Durchschlägen der Tagesrapporte der Gestapo Trier (1939-1942) (ebenda, Nr. 15792) sind 45 Fälle staatspolizeilichen Vorgehens gegen osteuropäische Arbeitskräfte enthalten. Zur Überlieferung der Bestände der Gestapo Trier und der Gestapo Koblenz vgl. Heinz Boberach u. a.: Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates. Die Überlieferung von Behörden und Einrichtungen des Reichs, der Länder und der NSDAP, T. 1, München 1991, S. 147 u. S. 151f. Zurück
- Vgl. Volker Eichler: Die Frankfurter Gestapo-Kartei. Entstehung, Struktur, Funktion, Überlieferungsgeschichte und Quellenwert. In: Gerhard Paul u. Klaus-Michael Mallmann (Hrsg.): Die Gestapo – Mythos und Realität, Darmstadt 1995, S. 178-199, hier: S. 179, Anm. 5, worin der Autor den Umfang der Kartei mit 100.000 Karteikarten angibt, demzufolge die umfangreichste für das Gebiet der Bundesrepublik. Im Jahresbericht 2000 des ISD (Bad Arolsen 2001), S. 6, ist nachzulesen, dass die Kartei Teil eines Projektes zum Einscannen entsprechender Materialien darstellt; von den ca. 100.000 Karteikarten seien 71.170 (bis Buchstaben ROM) eingescannt. Kopien von beim ISD befindlichen Karteikarten der Gestapo Koblenz in: LHA Ko, Best. 584, 1, Nr. 1649. Zurück
- An erster Stelle sind hier zu nennen das Zu- und Abgangsbuch des Gefängnisses Koblenz für die Zeit von Ende 1943-1945 (LHA Ko, Bestand 605,4, Nr. 938) und das Gefängnisbuch des Amtsgerichtes Birkenfeld (ebenda, Best. 602,15, Nr. 23). Mit 836 Gefangenenakten ist die Überlieferung des Frauenstraflagers Flußbach bei Wittlich ausgesprochen reichhaltig, doch sind nur wenige osteuropäische wie überhaupt ausländische Gefangene darin belegt. Vgl. Adalbert Rosenbaum: Das Frauenstraflager Flußbach – Vollzugspersonal und Gefangene. In: Jb. f. westdeutsche Landesgeschichte 27 (2001), S. 415-461, hier: S. 430. Allerdings bildeten "Arbeitsverstöße" die zweitgrößte Gruppe der Straftatbestände (nach Diebstahl) (ebenda, S. 434f.). Zurück
- Dazu die wichtigen Beiträge von Barbara Weiter-Matysiak, Volker Schneider und Matthias Alexander Gerstlauer zum KZ Hinzert und von Dieter Burgard zum KZ-Außenlager Wittlich. In: Hans-Georg Meyer/Hans Berkessel (Hrsg.): Die Zeit des Nationalsozialismus in Rheinland-Pfalz, Bd. 2: "Für die Außenwelt seid Ihr tot!", Mainz 2000. Während demnach die im Bundesarchiv verwahrten Unterlagen zum KZ Hinzert ( BA, Best. NS 4 Hi) die wesentliche Grundlage der bisherigen Forschung bilden, stehen die umfangreichen Unterlagen, die der ISD zu diesem Lager, vermutlich insbesondere zu den Gefangenen, verwahrt, ebenfalls nicht zur Verfügung. Zurück
- Bei einer jüngst erfolgten Aktenaussonderung im ehemaligen Bergamt Koblenz wurde immerhin eine Akte ermittelt, welche Zwangsarbeiter namentlich auflistet, die im Rahmen der Grubenarbeit Zuschläge für Schwerarbeit erhielten: jetzt LHA Ko, Best. 563,13, Nr. 1. Zurück
- Vgl. Martin Weinmann (Hrsg.): Das Nationalsozialistische Lagersystem (CCP), Frankfurt a. M. 1990, S. CXXXIX u. S. CXLVIII. Zurück
- LHA Ko, Best. 441, Nr. 44587, Nr. 44601, Nr. 44604. Zurück
- Vgl. Amtsbürgermeisterei Saarburg (ebenda, Best. 655,179, Nr. 163, Nr. 167 u. Nr. 216). Zurück
- Hans-Peter Wünschel (Bearb.): Quellen zum Neubeginn der Verwaltung im rheinisch-pfälzischen Raum unter der Kontrolle der amerikanischen Militärregierung: April bis Juli 1945 (Veröff. d. Kommission des Landtages für die Geschichte des Landes Rheinland-Pfalz, Bd. 7), Mainz 1985, S. 308, S. 311f., S. 319f. Zurück
- Zu den Lagern vgl. Bertram Resmini: Lager der Besatzungsmächte in Rheinland-Pfalz. Kriegsgefangene, Internierte und Verschleppte im Rheinland nach dem Zweiten Weltkrieg. In: Jb. f. westdeutsche Landesgeschichte 19 (1993), S. 601-621. Eine Anfrage nach Insassenverzeichnissen der Lager beim Archiv des Flüchlingskommissars der Vereinten Nationen in New York verlief negativ. Zurück
- Vgl. Joachim Schröder: Aktenbestände im Archiv des Service des "Victimes de la Guerre" in Brüssel. Die "Enquête sur les prisons et les camps douteux". In: Reininghaus/Reimann (Hrsg.): Zwangsarbeit (wie Anm. 2), S. 176-185. Zurück
- LHA Ko, Best. 441, Nr. 44601, unp. (Bescheinigung eines russischen Offiziers über die Übergabe der Unterlagen durch die Regierung Koblenz am 31.8.1945; dabei Kurzmitteilung des Koblenzer Oberbürgermeisters vom 5.9.1945 an den Regierungspräsidenten über die Übergaben des "auf Veranlassung des russischen Stabs Idar-Oberstein angefertigten Verzeichnisses über die in den einzelnen Kreisen des Regierungsbezirks lebenden Sowjetbürger". Zurück
- Ebenda, Best. 860, Nr. 87, S. 151. In der deutschen Übersetzung ist als Datum irrtümlich der "12.12.1945" angegeben (ebenda, S. 145). Text der Verordnung Nr. 1792 von General Koenig in: Best. 498, Nr. 984, S. 6-12. Zurück
- Ebenda, Best. 860, Nr. 87, S. 181. Zurück
- Ebenda, S. 186 (Bericht des Präsidenten des Landesarbeitsamtes Rheinland-Hessen-Nassau an das Sozialministerium Rheinland-Pfalz vom 6.3.1951). Zurück
- Ebenda, Nr. 6644: Mitteilung des Sozialministeriums Rheinland-Pfalz an die Staatskanzlei v. 29.6.1957. Zurück
- Ebenda, Nr. 87, S. 186 u. S. 191. Zurück
- Ebenda, S. 169. Zurück
- Ebenda, S. 182. Zurück
- Ebenda, S. 145. Zurück
- Ebenda, S. 145. Zurück
- Ebenda, S. 165. Zurück
- Ebenda, S. 173. Zurück
- Ebenda, S. 175. Zurück
- Ebenda, S. 177. Zurück
- Ebenda, S. 179. Zurück
- Ebenda, S. 203. Zurück
- Ebenda, S. 181f. Zurück
- Ebenda, S. 185f. Zurück
- Ebenda, S. 187-193. Zurück
- Ebenda, S. 195. Zurück
- S. o. Anm. 27. Zurück
- Ebenda, S. 201f. Zurück
- Das Hessische Hauptstaatsarchiv Wiesbaden hat inzwischen eine verfilmte Version der ebenfalls beim ISD befindlichen Frankfurter Gestapo-Kartei auf Mikrofiches erhalten; vgl. Eichler, Frankfurter Gestapo-Kartei (wie Anm. 13), hier: S. 179, Anm. 5, u. S. 195f. Zurück
- LHA Ko, Best. 860, Nr. 6644. Tatsächlich scheint es dabei aus Sicht des Bundes vorrangig darum gegangen zu sein, Übersicht über die bereits zurückgegebenen Unterlagen zu erhalten, um nicht versehentlich falschen Bedarf zu reklamieren und damit die eigene Verhandlungsposition zu unterminieren. Doch verstanden die Ministerien des Landes Rheinland-Pfalz bzw. von ihnen befragte nachgeordnete Landesbehörden die Frage nur mit Bezug auf beschlagnahmtes Schriftgut. Entweder war die Abgabe der Zwangsarbeiterunterlagen inzwischen in Vergessenheit geraten oder sie wurde nicht als Beschlagnahmung gesehen. Nur so wäre zu verstehen, dass das Ministerium für Finanzen und Wiederaufbau damals „keine Beschlagnahmungen im Sinne des Rundschreibens des [Bundes]Ministers des Innern" meldete. Ähnliches gilt für das Sozialministerium, welches immerhin jetzt die Entwendung bzw. Beschlagnahmung von Unterlagen der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Rheinhessen-Pfalz in Speyer und die Ostarbeiterkartei der AOK Neuwied angab. Vom Innenministerium kam kein Hinweis auf die Übergabe umfangreichen Materials der Melde- und Polizeibehörden an die französische Militärverwaltung. Zurück
- Vgl. Jean-Claude Biedermann: Der Dokumentenbestand beim Internationalen Suchdienst. Chancen und Grenzen einer Auswertung für die Betroffenen. In: Reininghaus/Reimann (Hrsg.): Zwangsarbeit (wie Anm. 2), S. 54-60. Zurück
- So haben Recherchen des Verfassers in Colmar ergeben, dass in den Beständen der französischen Militärregierung Unterlagen aus den Jahren 1946-1947 zu Zwangsarbeitern in Ludwigshafen (insbesondere italienische Arbeiter) vorhanden sind (Bestand RP, Nr. 3069/2). Zurück