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.1.3.3 Cornelius Wickert

Bei der Erforschung der deutschen Auswanderung nach Brasilien im 19. Jahrhundert findet sich ein weiterer wichtiger Einwohner Morro Reuters: Cornelius Wickert. Er hat in Walachai, das heute zur Gemeinde Morro Reuter gehört, gelebt und dort eine Schule eröffnet. Walachai ist älter als Morro Reuter. Darüber hinaus war Walachai zum Zeitpunkt der Einwanderung ein Teil von Baumschneis (heute Dois Irmãos), ohne Bezug zu Morro Reuter. Es gehört jedoch derzeit zur Gemeinde Morro Reuter, sodass seine Geschichte auch zur Stadtgeschichte gehört.

Anscheinend existiert die Schule, die Cornelius Wickert im 19. Jahrhundert eröffnet hat, noch heute, als Escola Municipal de Educação Infantil e de Ensino Fundamental Rui Barbosa. In Abbildung 10 kann man sehen, wie die Schule heute aussieht. Sie nimmt Schüler:innen vom Kindergarten (ab vier Monate) bis zum 5. Jahr der Grundschule auf.

Abbildung 10 - Aktuelle Fassade von Escola Rui Barbosa
Website des Rathauses von Morro Reuter (http://www.morroreuter.rs.gov.br/web/escolas)

Cornelius Wickert wurde am 16. Mai 1824 in Buch, Simmern, Preußen geboren. Er war Schuhmacher und der Sohn von Petri Wickert (geb. 1779) und Anna Maria Ries (geb. 1781), beide Einwohner von Buch. Er heiratete am 22. April 1847 Maria Susanna Adams, die ebenfalls in Buch geboren wurde, am 16. Mai 1825.

Buch ist eine kleine Gemeinde im Landkreis Rhein-Hunsrück in Rheinland-Pfalz und gehört heute zur Gemeinde Kastellaun. Wie Mörsdorf wurde Buch 1794 bei der Besetzung der napoleonischen Truppen französisch, aber 1815 wurde es dem Königreich Preußen zugeteilt. Laut statistischen Daten von 2022 hat Buch eine Fläche von 13,45 km² und eine Bevölkerung von 864 Einwohner:innen.

Cornelius und Maria Susanna hatten in Buch drei Kinder: Peter Joseph (geb. 21. Februar 1848; gest. 15. April 1848), Johann Peter (geb. 21. Mai 1849) und Katharina (geb. 24. Dezember 1851). Das Paar wanderte 1852 mit seinen beiden Kindern nach Brasilien aus. Sie ließen sich in Baumschneis (heute Dois Irmãos) nieder und bekamen sechs weitere Kinder: Josep H. Wickert (geb. 28. Oktober 1864; gest. 3. November 1933), Maria Magdalena Wickert (geb. 1867), Gertrudes Wickert (geb. 13. November 1862; gest. 1. Januar 1921), Maria Margarida Wickert (geb. 1860; gest. 28. Mai 1911), Jacob Wickert (geb. 20. Juli 1858) und Maria Wickert (geb. 1856).

Rudolf Zimmer ist ein Reporter und Redaktionsleiter aus Buch, der einen Aufsatz [Anm. 1] über Cornelius Wickert und seine Familie geschrieben hat. In dem Aufsatz, der im "Jahrbuch für Westdeutsche Landesgeschichte" veröffentlicht wurde, analysiert Zimmer Briefe, die Cornelius Wickert und sein Sohn Jakob Wickert nach ihrer Ankunft in Brasilien an Verwandte in Deutschland geschrieben haben. In diesen Briefen beschreiben sie ihr Leben in dem neuen Land: die schöne Natur Brasiliens, die religiösen Feste, die verschiedenen Täler, das Leben in der Landwirtschaft, die Gesundheit der Menschen, ihr tägliches Leben. Cornelius schrieb auch, dass seine Kinder privaten Schulen besuchten und dass in den staatlichen Schulen nur auf Portugiesisch unterrichtet wurde. Es gab jedoch immer noch viele Kinder, die kein Portugiesisch sprachen, und viele Lehrer, die kein Deutsch sprachen. Aus diesem Grund eröffneten die deutschen Gemeinden ihre eigenen Schulen.

João Benno Wendling, der lange Zeit Lehrer an der Schule von Walachai war, hat nach seiner Rente ein Buch über die Geschichte des Teils geschrieben. In seinem Buch A história de Walachai [Anm. 2] hat Wendling auch die Geschichte des Bildungswesens des Teils umfasst. Die Gemeindeschule von Cornelius Wickert wurde 1866 dort eröffnet, wo heute das katholische Gemeindezentrum steht. Laut den Briefen von Cornelius selbst [Anm. 3] handelte es sich jedoch um ein Holzhaus, das von den Einwohnern als Schule gebaut wurde.

Cornelius unterrichtete von 1866 bis 1871 als Lehrer, bis er die Schule an seinen Neffen Pedro Wickert (Sohn seines Bruders Peter Joseph Wickert, der von 1872 bis 1917 Privatlehrer war) übergab. [Anm. 4] Ein Bericht über die Schulen, die 1868 in der Provinz São Pedro do Rio Grande do Sul existierten, gibt an, dass Cornelius 35 Schüler gleichzeitig unterrichtete, 23 Jungen und 12 Mädchen. [Anm. 5]

Neben seiner Tätigkeit als Volksschullehrer, die er vormittags ausübte, war Cornelius auch in der Landwirtschaft und Viehzucht tätig. [Anm. 6] Er arbeitete auch als Heilpraktiker und verdiente mit diesem letzten Beruf viel Geld. Dies ermöglichte seinen Kindern den Besuch von öffentlichen Schulen und Internaten. Wickerts Tochter Gertrud und sein Sohn Jacob waren ebenfalls Lehrer, allerdings an brasilianischen (und nicht an deutsch-brasilianischen) Schulen, da sie eine entsprechende Ausbildung absolviert hatten. [Anm. 7]

In den Briefen, die Wickert an seine Verwandten schickte, berichtete er über das Bildungssystem in den deutsch-brasilianischen Siedlungen. Ihm zufolge gab es unter den Einwanderern keine oder nicht genügend ausgebildete Lehrer. Der Unterricht in Lesen, Schreiben, Rechnen und Religion wurde von Siedlern erteilt, die dazu in der Lage waren, und er wurde von Siedlern angeordnet, die dafür bezahlen mussten, dass ihre Kinder lernen konnten. [Anm. 8]

Wickert spricht nicht nur über sein Berufsleben und seine Kinder, sondern beschreibt auch das Leben in den Teilen. Dabei ist Religion ein präsentes Thema. Häufig wird über Priester und kirchliche Gemeindefeste berichtet, die in den Teilen sehr wichtig waren.

Nachdem er die Schule 1871 an seinen Neffen weitergegeben hatte, zog Cornelius nach Dois Irmãos in der heutigen Region Travessão, wo er weitere 20 Jahre lang unterrichtete. [Anm. 9]

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Verfasser:

Tafarel Schmitt

Bundeskanzler-Stipendiat 2023/2024 / Unterstützt von Alexander von Humboldt Stiftung

 

Erstellt am: 28.03.2024

Anmerkungen:

  1. Zimmer, 2015, S. 295-333. Zurück
  2. Wendling, 2013. Zurück
  3. Zimmer, 2015. Zurück
  4. Wendling 2013, S. 161. Zurück
  5. Braun und Blume 2013, S. 222. Zurück
  6. Wendling, 2013, S. 161. Zurück
  7. Zimmer, 2015, S. 303. Zurück
  8. Zimmer, 2015, S. 304. Zurück
  9. Wendling, 2013. S. 161. Zurück