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Zur profanen Nutzung der Gotthardskapelle in Mainz

von Wolfgang Stumme

Erzbischof Adalbert I. von Saarbrücken ordnete um 1130 die Errichtung einer neuen Hof- und Palastkapelle (capella curtis nostrae in Moguncia) an und zwar im Winkel zwischen der Nordwand des Westquerhauses und der Ostwand des Bischofshofes. [Anm. 1]
Bei Baubeginn stand noch die Nordwand des Querhauses des Willigisdomes. [Anm. 2] Diese Wand bildete die Südwand der neuen Kapelle. Sieben Tage nach dem Tod Adalbert I. wurde die Gotthardkapelle am 30. Juni 1137 geweiht. [Anm. 3]
Die Quellenlage zur Gotthardkapelle wird von da ab immer spärlicher. [Anm. 4] Jung sieht darin auch einen Bedeutungsverlust, der sich daraus ergab, dass der Erzbischof nach der Fehde 1273 -1276 nicht mehr im alten Bischofshof residierte. [Anm. 5]
1478 ließ Erzbischof Diether von Isenburg im Nordosten der Stadt die Martinsburg als neue Residenz errichten.[Anm. 6] Von da an wurde die Gotthardkapelle endgültig nicht mehr als Hofkapelle benötigt. [Anm. 7]
Im Zusammenhang mit der Nutzung der Gotthardkapelle als Registratur des Kurfürstlichen Konsistoriums gab es um 1588/89 Streitigkeiten zwischen Kurfürst Wolfgang von Dalberg und dem Domkapitel um die Kosten für den Bauunterhalt. [Anm. 8]
Von dem Blitzeinschlag in der Westturmspitze des Domes (1767) war auch die Gotthardkapelle betroffen. Der achtseitige Mittelturm mit Lichtkuppel im Inneren ist zerstört (und nie wieder erneuert) worden. Lediglich ein Notdach wurde errichtet.
Während der Belagerung von Mainz im Jahre 1793 wurde „das Langhaus des Domes zum Lebensmittellager und die Gotthardkapelle zur Mehl- und Brotabgabestelle.“ [Anm. 9]
Nach dem Untergang des Mainzer Kurstaates (1797) war die Gotthardkapelle zunehmend verwahrlost. Im Obergeschoss befand sich eine Wohnung für den Domschweizer. [Anm. 10]
1901 kam es zu einer ersten Restaurierung; das Dach wurde erneuert und störende Ein- und Umbauten im Inneren wurden beseitigt. Erst 1926 wurde die Gotthardkapelle wieder einer sakralen Nutzung als Sakramentskapelle zugeführt.[Anm. 11]
Bei einem Luftangriff wurde die Gotthardkapelle 1944 von einer Sprengbombe getroffen; Dach, Außenmauerwerk und das Mittelgewölbe waren massiv beschädigt. Eine umfassende Restaurierung konnte 1964 abgeschlossen werden.

Verfasser: Wolfgang Stumme

Redaktionelle Bearbeitung: Sarah Traub

Verwendete Literatur:

  • Brück, Anton Ph.: Mainz vom Verlust der Stadtfreiheit bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges (1462 – 1648). Geschichte der Stadt Mainz, Bd. V. Düsseldorf 1972.
  • Dumont, Franz: Unter der Trikolore – Der Mainzer Dom in französischer Zeit. URL: http://www.regionalgeschichte.net/index.php?id=8953 (Aufruf 04.08.2016). 
  • Jung, Wilhelm: Die Gotthardkapelle des Mainzer Domes. In: Neues Jahrbuch für das Bistum Mainz 1983.
  • Kautzsch, Rudolf, Neeb, Ernst: Die Kunstdenkmäler der Stadt Mainz. Teil I: Der Dom zu Mainz. Darmstadt 1919.
  • Strempel, Aloys: Die Rettung des Mainzer Domes. Mainz 1928.

Aktualisiert am: 04.08.2016

Anmerkungen:

  1. Die heutige Platzbezeichnung ‚Höfchen‘ erinnert an den alten Bischofshof. Zurück
  2. Der 975 begonnene Bau brannte 1009 ab. Der wieder aufgebaute Dom wurde 1036 eingeweiht. Zurück
  3. Die Hof- und Palastkapelle ist in den darauf folgenden Jahrhunderten überwiegend nicht sakral genutzt worden. Zurück
  4. Vgl. Jung, Wilhelm: Die Gotthardkapelle des Mainzer Domes. In: Neues Jahrbuch für das Bistum Mainz 1983, S. 9 f. Zurück
  5. Der Bischofshof war verwüstet und in Brand gesetzt. Der Erzbischof residierte in Ausweichresidenzen (mainzische Burg in Eltville, mainzische Johannisburg in Aschaffenburg). Zurück
  6. Kautzsch, Rudolf, Neeb, Ernst: Die Kunstdenkmäler der Stadt Mainz. Teil I: Der Dom zu Mainz. Darmstadt 1919, S. 495: „Die Kapelle muss schon an Bedeutung verloren haben, als der Erzbischof aus der Pfalz am Dom in die Martinsburg übersiedelte. Ja es ist durchaus möglich, dass sie damals schon ihrer ursprünglichen Bestimmung entzogen wurde.“  Zurück
  7. Vgl. Jung, a.a.O., S. 10. Sowie Brück, Anton Ph.: Mainz vom Verlust der Stadtfreiheit bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges (1462 – 1648). Geschichte der Stadt Mainz, Bd. V. Düsseldorf 1972, S. 9. Zurück
  8. Vgl. Jung, a.a.O., S. 10. Zurück
  9. Dumont, Franz: Unter der Trikolore – Der Mainzer Dom in französischer Zeit. URL: http://www.regionalgeschichte.net/index.php?id=8953 (Aufruf 04.08.2016). Zurück
  10. Vgl. Jung, a.a.O., S. 10. - Clemens Kissel schrieb am 24. August 1908 im Mainzer Journal: „Die Mittelpforte am heutigen Haupteingange war damals, Ende der (18)50er Jahre, noch nicht geöffnet, sondern man ging zu dem gotischen Pförtchen, das der Eingang zur Gotthardkapelle … ist, hinein, durch die Kapelle in den Dom.“ Auf einer Aufnahme aus dem Jahre 1960 ist dieses gotische Pförtchen noch zu erkennen (Dumont, Franz, Scherf, Ferdinand, Schütz, Friedrich (Hg.): Mainz – Die Geschichte der Stadt.  Mainz 1999, S. 126). Zurück
  11. Strempel, Aloys: Die Rettung des Mainzer Domes. Mainz 1928, S. 65. Zurück