Das Erzstift Mainz
Nach dem Abzug der Römer aus den Gebieten des Mittelrheins in der Mitte des 5. Jahrhunderts, waren das Christentum und die christlichen Klöster und Kirchen das strukturierende Element innerhalb des ansonsten von sozialem Wandel und Migration gekennzeichneten Landes.
Der Mainzer Erzbischof war der vornehmste Reichsfürst im Reich, er war Stellvertreter des Papstes in Deutschland (“Primas Germaniae"). Das Mainzer Erzbistum war das größte im Reich, es reichte zeitweise im Süden bis Basel und erstreckte sich im Norden über Hessen bis an den Harz, das Eichsfeld und Thüringen.
Am Rhein reichte der Einfluss des Mainzer Erzstiftes bis zum Vinxtbach bei Bad Breisig. Am Mittelrhein konnte sich Mainz im Norden in Oberlahnstein festsetzen. Das Krongut Oberlahnstein kam um das Jahr 900 als Schenkung der Konradiner an das Erzstift Mainz. Gesichert von den Burgen Lahneck und der später der Martinsburg am Rhein bildeten der Rheinzoll und die Silbergruben an der Lahn eine wichtige Einnahmequelle des Erzstiftes.
Südlich von Lahnstein hatte das Mainzer Erzstiftes dagegen kaum Einfluss. Hier waren die Erzbischöfe von Trier und Köln dominant. So war der Kurfürst von Köln etwa in Boppard, Rhens und Bacharach präsent. Auch die Erzbischöfe von Trier hatten zahlreiche grundherrschaftliche und kirchliche Gerechtsame in die Hände bekommen.
Erst südlich des Heimbachtals begann auf der linken Rheinseite wieder das mainzische Einflussgebiet. Im Jahr 983 schenkte Kaiser Otto II. mit Bingen, den anderen wichtigen Besitz am Mittelrhein, an Erzbischof Willigis von Mainz. Otto III. fügte 996 noch den umfangreichen Binger Wald dazu. Ausgehend vom mainzischen Rheingau war mit den Orten Lorch und Aßmannshausen auf der rechten Rheinseite, der Einflussbereich des Erzbistums abgesteckt.
Die weltliche Herrschaft des Erzstiftes
Die weltliche Herrschaft der Mainzer Erzbischöfe gründete sich vornehmlich auf den reichen Grundbesitz ihrer Kirche. Die Vielzahl von Gütern und Liegenschaften der unterschiedlichsten Art war im Lauf der Jahrhunderte durch Schenkung und Belehnung der Könige, durch 'fromme Stiftungen' des Adels sowie auf dem Weg des Kaufs und der Lehnsauftragung zusammengekommen. Kennzeichen der erzstiftischen Liegenschaften und Gerechtsame war es, dass sie überwiegend in Streubesitz in den Landstrichen, Dörfern und Weilern verteilt lagen, sich nur an wenigen Orten massierten und nirgends eine größere flächendeckende Herrschaft bildeten. Die Nutzung der zahlreichen Gerichts-, Zehnt-, Geleits-, Markt-, Münz-, Zoll-, Jagd-, Fischerei-, Wald-, Wassernutzungs- und Fährrechte, um nur die wichtigsten zu nennen, bildete die materielle Grundlage der erzbischöflichen Herrschaft. Diese Rechte mussten einzeln erkämpft und gegen konkurrierende Machthaber behauptet werden. Die Erzbischöfe reisten durch das Land und versuchten, an den Brennpunkten des politischen Geschehens präsent zu sein. Nur so konnten sie ihre Stellung als Leib- und Gerichtsherren und Verantwortliche innerhalb der Grundherrschaft sichern. Die herrschaftliche Durchdringung des Landes und die Intensivierung der Machtausübung über die in der Landschaft lebenden Menschen hing ganz vom persönlichen Einsatz der Erzbischöfe ab; nur in wenigen Fällen wurden sie bei weltlichen Geschäften von Stellvertretern und Gesandten entlastet. Ihre weltlichen Standesgenossen hatten es aufgrund ihrer kleineren Herrschaftsräume bei der Ausübung ihrer Herrschaft einfacher.
Die Tatsache, dass die wichtigste ökonomische Grundlage in der Frühzeit für die Mainzer Erzbischöfe die Grundherrschaft war, entband die erzstiftische Verwaltung weitgehend von den personellen und agronomischen Schwierigkeiten einer Eigenbewirtschaftung. Entscheidend für das territoriale Lehnswesen war, dass der Vasall nicht mehr auf den Lehnsherrn allein, sondern auf das Territorium bezogen wurde. In diesem Zusammenhang sollte der Burg im Rahmen der Lehns- und Amtsverwaltung und als territorialer Bezugspunkt der Burgmannen und Vasallen größere Bedeutung zukommen.
Ein weiterer wichtiger Pfeiler erzbischöflicher Herrschaft waren die Klöster, deren Güterbestand und geistig-kulturelle Ausstrahlung die erzstiftische Präsenz in den Landschaften verstärkten und auf religiöser, wirtschaftlicher und rechtlicher Ebene auf die umwohnenden Menschen einwirkten.
Die Reformation erschütterte das Erzbistum in seinen Grundfesten; Reformen, Änderungen der Diözesan- und Verwaltungsbereiche waren die Folge. Die letzten Jahrzehnte des Erzbistums waren geprägt von den Gedanken der Aufklärung, die Universität in Mainz galt als eine der tolerantesten in ganz Deutschland. Aber mit dem Reichdeputationshauptschluss kam 1803 auch für das Erzbistum Mainz das Ende, Mainz wurde Sitz eines einfachen Bistums.
Quelle: Grathoff; Euskirchen; redakt. Bearb. S.G.