Tiefenbach im Hunsrück

Erzgrube Märkerei

Zu sehen ist die ehemalige Erzgrube Märkerei Tiefenbach

Da für das 18. Jahrhundert detaillierte Nachrichten über das Tiefenbacher Erzfeld fehlen, sei eine Passage aus der kurpfälzischen Beschreibung des Oberamtes Simmern zitiert, die einen kleinen Eindruck von der Wertigkeit des Rohstoffes in dieser Zeit vermittelt: „Da das Oberamt überhaupt von mehreren Bergen, Waldungen und Heiden eingeschlossen, und das Erdreich an sich selbst rauh, kalt und sandisch ist, so darf man keinen Weinbau darin suchen. Auch das Ackerfeld ist mehr zum Haber und Flachs, als zu anderen Gattungen des Getreides tauglich. Dagegen ist die Vieh- vornehmlich die Schafzucht ein wesentlicher Nahrungszweig der Unterthanen. Das Hunsrücker Hammelfleisch wird allenthalben gerühmt und oft auch versendet. Im Sanewald findet sich ergiebiges Eisenerz in Überfluß, allein der täglich zunehmende Holzmangel gestattet nicht mehrere Schmelzwerke anzulegen. Eben diese Abnahme der Waldungen ist Ursache, daß das große Wildpret je länger je seltener wird. Das kleine Weidwerk aber ist in gutem Zustande, besonders der jährliche Fang von Krammetsvögel. Die Bäche und Weyher liefern auch Fische und Krebse.“[i]

Im 19. Jahrhundert baute die Firma Puricelli in Tiefenbach Erz ab. Einerseits hatte die Gemeinde auf diese Weise einige Einnahmen aus Pachtverträgen, andererseits musste sie sich aber auch ständig mit dem damals größten und sehr einflussreichen Arbeitgeber der Region auseinandersetzen und dabei eigene Rechte wahren. Eine solche Situation ist allen Gemeinden bekannt, die auf ihrer Gemarkung dem Wohlwollen nur eines Großbetriebes ausgesetzt sind. In sämtlichen Verhandlungen spielt dann immer das Arbeitsplatzangebot eine wichtige Rolle.

 Für Gemeinden im 19. Jahrhundert hatte der Erzbergbau eine besondere Bedeutung, vor allem in einer Zeit, als es noch keine Sozialversicherungen gab. Die in der Regel von reicheren Bauern geleiteten Gemeinderäte befürchteten stets die Sozialkosten, die z.B. durch arbeitsunfähige Leute der Gemeindekasse entstanden. Deshalb galten insbesondere die Grubenarbeiter als eher unliebsame Ortsbewohner, die in der bäuerlichen Gesellschaft am unteren Rand der Dorfhierarchie standen. Sie besaßen zudem nur wenig Feld, um ihre eigene Versorgung sichern zu können. Aus diesem Grund herrschte bei der geringsten Nahrungsmittelkrise sofort in der ganzen Familie existentielle Not.

 Im Oktober 1858 beklagte sich die Gemeinde Tiefenbach über die ungenehmigte Ausdehnung der Grube „Altstraße“, insbesondere zum Erzwaschen. Die mehrfach erhobenen Einwände blieben ungehört. Man bat den Landrat um Unterstützung. Man solle die Firma auffordern, die ungenehmigten Anlagen zu beseitigen oder wenigstens dazu bringen, Entschädigung zu zahlen. Alles was dort geschehe, widerspreche der Consessionsvergabe aus dem Jahre 1838.

1860, beispielsweise, wurde Erz an nicht genehmigten Flächen gegraben. Der Gemeinde gelang es nicht, eine gütliche Einigung herbeizuführen und mußte deshalb vor das Gericht ziehen.

 Solche Verhandlungen zwischen den Betreibern der Grube und der Gemeinde gehörten im Prinzip zum geschäftlichen Alltag, auch noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. In einem Vertrag zwischen der Firma Neu-.... und der Gemeinde Tiefenbach über die Nutzung der Straße von der Grube bis zum Bahnhof gestattete die Gemeinde die Abfuhr bei folgender Gegenleistung: Pro Zentner abgefahrenen Erzes verlangte die Gemeinde ein Pfennig, Abrechnung erfolgt pro Monat, ein Mann soll als Wärter dauernd beschäftigt sein, Ausbesserungsmaterial ist von der Firma zu stellen, nach Beendigung des Fahrens ist die Straße wieder in ihren alten Zustand zu versetzen, sämtliche Arbeitssuchende aus Tiefenbach sind bei besagter Firma bevorzugt einzustellen. (27.02.1926).

 Erinnerungen an die Arbeit auf der Grube

 Else Dorbzynski

„Er [mein Vater Georg Reuther) arbeitete auf der Eisenerzgrube hier in Tiefenbach. Die Grube nannte sich Eisenerzgrube der Märkerei Tiefenbach. Auf dieser Grube verlor Vater 1927 beim Schienentransportieren sein rechtes Auge. Dafür bekam er 23, 10 RM Rente im Monat. Nachher arbeitet er weiter dort auf der Grube, da sonst keine Arbeit vorhanden war. Das Erz wurde mit einer Seilbahn, die quer über die Heiderwiesen ging, vom Wald bis an den Bahnhof mit hängenden Rollwagen gebracht. Nach Jahren wurde es mit einem kleinen Maschinchen auf Gleisen längst dem Kühgasserweg zum Bahnhof gebracht. Ich weiß noch ganz genau wie das mit der Erzgrube war. Jeden Mittag nach der Schule mußte ich Vater schnelle das Essen mit dem Henkelmann, so nannte man das Essgeschirr, auf die Grube bringen. Mutter hatte dann alles fein eingepackt, zuerst kam eine Zeitung drum und dann ein wollenes Tuch. So blieb alle schön warm.“[ii]

 

 


[i] J.G. Widder, Versuch einer geographisch historischen Beschreibung der Kurfürstl. Pfalz am Rheine, Bd. 3, S. 429-430.
[ii] Aus den schriftlichen Aufzeichnungen von Else Dobrzsynki