Wederath im Hunsrück

römische Siedlung Belginum

Wederath/Hinzerath – Belginum, Rhein-Hunsrück-Kreis

Zu besichtigen: Topographie römisches Straßendorf, Brunnen, Gärten, Pläne im Museum

Anfahrt: Wederath/Belginum Archäologiepark an der B327 nordöstlich von Morbach. Parken auf dem Museumsparkplatz und der Ausschilderung des Archäologieparks folgen.


An der heutigen Hunsrück-Höhenstraße liegt an der Grenze der Gemarkungen Wederath und Hinzerath das antike Belginum. Belginum ersteckt sich auf einer die Hunsrücklandschaft prägenden Hochfläche entlang dem Höhenzug des Idarwaldes (bis 745 m ü. NN). Die nur wenige Kilometer breite Hochfläche ist nahezu eben und optimal zur Anlage von Straßen geeignet. Der Markt- und Übernachtungsort erstreckt sich etwa 600 m westlich des großen Gräberfeldes an der Römerstraße Trier-Bingen-Mainz. Heute markiert der mittelalterliche „Stumpfe Turm" (14. Jh.) das östliche Ende des Ortes, das westliche Ende liegt im Bereich der Abzweigung der Straße nach Bernkastel-Kues. Kunstvolle Bronzefiguren einer Quellnymphe mit silbernem Brustband und Diadem und einer altersgebeugten Amme wur­den im Vicusbereich entlang der Straße gefunden.

Von den Einwohnern von Belginum (vicani Belginates) unter dem Vorsitz des Beamten „Gaius Velorius Sacrillius" war eine Weihungen an Epona, die Schutzgöttin der Reisenden und ihrer Gespanne, errichtet worden. Die Inschrift ist der Beweis, dass der in antiken Straßenverzeichnissen er­wähnte Ort Belginum hier gelegen hat.

Muldenförmige Eintiefungen, die letzten Spuren der früheren Hauskeller, wurden beidseits der Hunsrück-Höhenstraße gefunden und lassen in etwa die Zahl der hier aufgereihten schmalen Hausparzellen auf 70-90 Einheiten schätzen. Systematische Grabungen in den Jahren 1969-1973 geben eine Vorstellung von der Bebauung. Am Westende des Ortes befand sich ein Heiligtum. Nach Osten ist das Heiligtum von den Wohnbauten durch eine Querstraße getrennt.

In den durch Mauern abgegrenzten Wohnberei­chen lassen die lang gestreckten, schmalen Parzel­len, in deren straßenseitigem Areal auch die Keller lagen, die Rekonstruktion von Häusern zu, die mit der Giebelfront zur Straße gerichtet sind. Die Parzellen der Privathäuser waren um die 10 m breit, zweimal wurde zwischen Nachbarhäusern eine Brandgasse festgestellt. We­nig hinter der Vorderfront, die meist unter der heutigen Straße ver­borgen blieb, lag in der Regel ein Keller. Für die Entwässerung war durch Kanäle gesorgt. Hinter dem Haus konnte bis­weilen ein Hof oder Garten nachgewiesen werden. Im Hof eines Hauses fand sich ein Frischwasserbrunnen. Im Brunnen lag au­ßer dem Fragment einer Göttinnen-Statue ein besonders gut erhal­tener Pumpenstock aus Eichenholz, bei dem noch Bleiventile und Lederdichtungen erhalten sind. Durch zwei wechselseitig arbeitende Ansaugrohre wurde - nach einem System, das ein Grie­che im 3. Jh. v. Chr. erfand – ein ununterbrochener Wasserstrahl gefördert.

Wovon die Einwohner des Ortes lebten, das konnten die Ausgra­bungen nicht klären. Weder wurden Herbergen vorgefunden, noch Geschäfte oder Handwerksbetriebe erkannt. Die Qualität der Verwitterungsböden aus devonischem Schiefer und Taunusquarzit ist gering und für Ackerbau wenig geeignet. Weide- und Waldwirt­schaft sind während Jahrhunderten Existenzgrundlage der überwiegend aus der mittelalterlichen Rodungszeit stammenden kleinen Hunsrückdörfer gewesen. Das Klima ist rauh und nass, die Vegetationsperiode um Wochen kürzer als im nahen, vom Weinbau geprägten Moseltal. Trotz hoher Nieder­schläge - am Idarwald bis 1000 mm - haben in der Vergangenheit vor Anschluss an moderne Versorgungssysteme manche Dörfer der Hochflächen in heißen Sommern an Wassermangel gelitten.

Die Funde im Ort beginnen in der ersten Hälfte des l. Jahrhunderts. n. Chr. Die vorrömische Ansiedlung, von der die Gräber der nordöstlich ge­legenen Nekropole zeugen, lag an anderer Stelle. In der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts, ging die Blüte des Ortes zu Ende. Ursache könnten Germanenüberfälle der Jahre 275/76 gewesen sein. Nach Ausweis von Münzen hat der Ort vermutlich in kleiner Ausdehnung noch bis gegen das Ende des 4. Jahrhunderts existiert und wurde dann aufgegeben.

Die bis in das 19. Jahrhundert sichtbaren Ruinen wurden phantasievoll einer hier vermuteten Stadt ,,Sonnenburg" zugewiesen.


Literatur:

A. Haffner, Belginum. Topographie-Verkehrssystem-Siedlungsgefüge. In: A. Haffner (Hrsg.) Gräber – Spiegel des Lebens. Zum Totenbrauchtum der Kelten und Römer am Beispiel des Treverer-Gräberfeldes Wederath-Belginum. Mit Beiträgen von A. Abegg u.a. (Mainz 1989) 13-36.