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.1.3.2 Johann Wagner

Johann (João auf Portugiesisch) Wagner, der 1872 die erste Privatschule in der Region des heutigen Morro Reuter eröffnete, war ein Auswanderer, der für die Entwicklung von der Stadt große Bedeutung hatte. Diese Schule existiert heute immer noch und heißt Escola Estadual de Ensino Médio João Wagner. Es ist die einzige staatliche Schule in Morro Reuter und empfängt Schüler:innen vom ersten Jahr der Grundschule bis zum dritten Jahr der High-School. Abbildung 6 zeigt die Schule, wie sie heute aussieht.

Abbildung 6 - Aktuelle Fassade der João Wagner Schule
Website des Rathauses von Morro Reuter (http://www.morroreuter.rs.gov.br/web/escolas)

Laut den Schulunterlagen und der Website des Rathauses von Morro Reuter wurde Johann Wagner am 8. Mai 1826 ebenfalls in Weiskirchen, Merzig-Trier, Deutschland (damals Preußen) geboren. Nach diesen Quellen heiratete er Catharina Ody und hatte fünf Kinder (drei Jungen und zwei Mädchen). Es wird auch gesagt, dass er in dieser Schule 41 Jahre lang Lehrer war. Am 1. April 1913 gab er im Alter von 87 Jahren die Leitung der Schule an Carlos Alfredo Wiest ab. Er starb am 24. September 1915 mit 89 Jahren.

Bei weiteren Recherchen über Johann Wagner ließ sich jedoch feststellen, dass diese Informationen nicht stimmig waren. Es gibt einen Johann Wagner, der in Weiskirchen geboren ist, aber er war nicht mit Catharina Ody verheiratet. Es gibt auch einen Johann Wagner, der mit einer Catharina Ody verheiratet war, aber er ist in Mörsdorf geboren. Über jeden von ihnen wird im Folgenden erzählt, wobei der in Weiskirchen geborene Johann Wagner (1) und der in Mörsdorf geborene Johann Wagner (2) ist.

1.1.1.3.2.1 Johann Wagner (1)

Johann Wagner (1) war der Sohn von Jakob Wagner und Catharina Jun, die beide in Weiskirchen geboren wurden und am 6. Februar 1822 in Weiskirchen heirateten. Abbildung 7 zeigt den Taufeintrag von João Wagner (1).

Abbildung 7 - Taufeintrag von Johann Wagner (1)
Bistumsarchiv Trier Abt. 72 Weiskirchen Kb 3, S. 217.

Neben Johann hatte das Paar noch fünf weitere Kinder: Franz (geb. 3. Januar 1823; gest.19. Januar 1823), Peter (geb. 26. April 1824), Mathias (geb. 11. Dezember 1828; gest. 27. November 1848), Carl (geb. 9. September 1836) und Frank (geb. 20. November 1839). Johann Wagner (1) beantragte am 17. März 1857 die Auswanderung nach Brasilien, nachdem er erklärt hatte, dass er von seinem verstorbenen Vater Jacob Wagner und seiner noch lebenden Mutter ein Vermögen von etwa 1.000 Thalern erhalten hatte. Er erklärte auch, dass er dieses Geld mit dem Einverständnis seiner Mutter zur Eröffnung eines Geschäfts in Brasilien verwenden wollte. [Anm. 1]

Bei der Recherche zu diesem Auswanderer auf den Websites von MyHeritage und FamilySearch wurde das Sterberegister von Johann Wagner (1) gefunden, aus dem hervorging, dass er mit Catharina Reuter verheiratet war (Tochter von Gottfried Reuter und Tante von Phillip Gustav Reuter, siehe Unterkapitel 3.1). Aus dem Register geht auch hervor, dass Johann Wagner (1) zum Zeitpunkt seines Todes Bauer war, aber es wird nicht erwähnt, dass er Lehrer war. Als er nach Brasilien auswanderte, gab er außerdem an, dass er ein Geschäft eröffnen wollte. Diese Tatsachen werfen die Frage auf, ob dies der Johann Wagner war, der die Schule in Morro Reuter eröffnete.

2.1.2.3.2.2 Johann Wagner (2)

Johann Wagner (2) wurde am 17. November 1838 in Mörsdorf geboren. Er war der Sohn von Peter Wagner (geb. 4. Januar 1811; gest. 30. Dezember 1881 in Mörsdorf) und Elisabeth Wagner (geb. Scholl am 14. April 1814 in Mörsdorf). Sie heirateten am 28. April 1835, ebenfalls in Mörsdorf, und hatten fünf weitere Kinder: Peter (geb. 24. Januar 1837), Anna Margaretha (geb. 10. September 1843; gestorben 20. Oktober 1843), Catharina (geb. 29. Januar 1845; gestorben 21. März 1846), Johann Peter (geb. 9. Dezember 1849) und Johann Peter (geb. 13. August 1852). Alle ihre Kinder wurden in Mörsdorf geboren. Abbildung 8 zeigt den Taufeitrag von Johann Wagner (2).

Abbildung 8 - Taufeintrag von Johann Wagner (2)
Bistumsarchiv Trier Abt. 72 Mörsdorf Kb 3, S. 98.

Mörsdorf ist eine kleine Gemeinde im Rhein-Hunsrück-Kreis in Rheinland-Pfalz. Seit 2014 ist sie Teil der Verbandsgemeinde Kastellaun (vorher gehörte sie zu Cochem-Zell). Nach der Statistik von 2022 hat Mörsdorf eine Fläche von 17,37 km² und 611 Einwohner:innen. Als João Wagner (2) im Jahr 1875 nach Brasilien auswanderte, hatte Mörsdorf 772 Einwohner:innen, die alle katholisch waren. Darüber hinaus waren die meisten Einwohner Bauern. [Anm. 2]

Johann Wagner (2) war nach den Familien und Kirchenbüchern des Bistums Trier Bauer (zuletzt als Knecht auf einem Bauernhof in Beltheim verzeichnet). Er wollte 1862 nach Brasilien auswandern (oder wanderte aus), und er war in dieser Zeit ledig, aber im Begriff zu heiraten. Er heiratete Maria Catharina Ody am 24. April 1862 in Beltheim, Preußen, wie man in Abbildung 9 sehen kann:

Abbildung 9 - Heiratseintrag von Johann Wagner (2) und Maria Catharina Ody
Olbermann (2001).

Maria Catharina Ody wurde am 14. April 1839 in Beltheim geboren. Sie war eine Tochter von Mathias Ody und Margaretha Ody (geb. Schwab) und starb am 28. Oktober 1915 in Dois Irmãos, an natürlichem Tod, im Alter von 76 Jahren.

Weitere Recherchen über Johann Wagner (2) und Catharina Ody auf den Websites FamilySearch und MyHeritage ergaben, dass das Paar fünf Kinder hatte: Barbara Gregorius (geb. Wagner, 1863 und gestorben 1928), João Wagner Filho (geb. 1865), Catharina Wille (geb. Wagner 1878) Anna Backes (geb. Wagner 1883; und gestorben 1952) und Pedro Wagner (geb. 1869).

An dieser Stelle sei auch darauf hingewiesen, dass auch Johann Wagner (2) nicht als Lehrer bezeichnet wird, da er nach den deutschen Unterlagen Bauer war, was die Frage aufwirft, warum und wie er in Brasilien eine Schule eröffnen können. Außerdem wurden keine weiteren Informationen über den möglichen Beruf von João Wagner (2) in seiner neuen Heimat gefunden.

Felipe Kuhn Braun und Sandro Blume sind zwei Historiker, die die deutsche Auswanderung nach Brasilien im 19. Jahrhundert recherchieren, und sie erläutern die Lehrerwahl und die Schuleröffnung in den deutschen Siedlungen. Den Autoren zufolge bot die brasilianische Regierung nur Lehrer an, die Portugiesisch sprachen, während die Kinder deutscher Herkunft nur Deutsch sprachen, was den Schulbesuch erschwerte. Deshalb bezahlten die Familien den Einwanderer, der am qualifiziertesten war, um als Lehrer zu arbeiten. So besuchten die Kinder die Schule für drei bis fünf Jahre. [Anm. 3] Wenn man dies berücksichtigt, ist es möglich, dass sowohl Johann Wagner (1) als auch Johann Wagner (2) der Gründungslehrer der Schule gewesen ist, auch wenn sie von Beruf Bauer waren.

Deshalb ist es notwendig, noch mehr über den Lehrer João Wagner zu recherchieren, um zu ermitteln, welcher der beiden hier beschriebenen Auswanderer (wenn es tatsächlich einer von ihnen ist) der Richtige ist.

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Verfasser:

Tafarel Schmitt

Bundeskanzler-Stipendiat 2023/2024 / Unterstützt von Alexander von Humboldt Stiftung

 

Erstellt am: 28.03.2024

Anmerkungen:

  1. Bistumsarchiv Trier Abt. Weiskirchen, Familienbuch, S. 880/881. Zurück
  2. Pies, 1989, S. X. Zurück
  3. Braun & Blume, 2023, S. 218/219. Zurück