Zur Geschichte von Moselkern
Römische Zeit
Erste Siedlungsspuren auf dem heutigen Gemeindegebiet von Moselkern stammen aus römischer Zeit. Hierzu gehören mehrere Körpergräber sowie Reste von römischen Badeanlagen und Wasserleitungen, die beim Bau der Eisenbahnstrecke zwischen Koblenz und Trier in den 1870er Jahren entdeckt wurden.[Anm. 1] Nach Einschätzung von C. A. Jost handelte es sich hierbei um einen ausgedehnten römischen Siedlungskomplex, der sich ungefähr an der Stelle des heutigen Ortskerns an der Einmündung des Elzbaches in die Mosel befand.[Anm. 2]
"Zu Kerne" – Moselkern in mittelalterlicher Zeit
Moselkern gehört neben Karden und Zell zu den ersten mittelalterlichen Siedlungsgründungen im heutigen Landkreis Cochem-Zell.[Anm. 3] Von der frühmittelalterlichen Besiedlung von Moselkern zeugen verschiedene merowingisch-fränkische sowie karolingische Fundstücke aus dem Bereich des heutigen Ortszentrums.[Anm. 4] So kamen auf dem Friedhof der heutigen Katholischen Pfarrkirche St. Valerius mehrere frühchristliche Steindenkmäler zum Vorschein, darunter eine gut erhaltene Grabstele aus Basaltlava mit christlicher Ornamentik, die anhand stilistischer und ikonographischer Vergleiche in die Zeit um 700 n. Chr. datiert wird. Sie gilt als eine der ältesten monumentalen Darstellungen des gekreuzigten Jesus nördlich der Alpen.[Anm. 5]
Der heutige Ort Moselkern wird erstmals in einem Güterverzeichnis des Stiftes St. Kastor in Karden aus der Zeit um 1100 unter dem Namen kerna erwähnt.[Anm. 6] In zwei weiteren Urkunden aus dem Jahr 1280 bzw. 1486 ist von Kerne die Rede.[Anm. 7] Das Dorf gehörte zur Landesherrschaft des Kurfürsten von Trier, der die Vogtei an Johann von Brandenberg und Johann von Ulmen verlieh.[Anm. 8] Im 16. Jahrhundert übten die Freiherren von der Leyen und von Eltz die Grundherrschaft aus; im 18. Jahrhundert kamen die Freiherren von Gymnich als Grundherren hinzu. Ende des 18. Jahrhunderts gehörte Moselkern zum kurtrierischen Amt Münstermaifeld.[Anm. 9]
Seit dem Hochmittelalter sind eine Reihe von geistlichen und weltlichen Herren als Grundbesitzer in Moselkern bezeugt. So besaß das Stift St. Paulin in Trier spätestens Anfang des 14. Jahrhunderts einen Hof in Moselkern; auch das Stift Münstermaifeld, die Karthause St. Alban vor Trier und das Dominikanerkloster zu Koblenz verfügten dort über Besitzungen. Das Kloster Brauweiler (Köln) verpfändete seinen Hof in Moselkern zu Beginn des 16. Jahrhunderts.[Anm. 10] Seit dem 14. Jahrhundert waren zudem unter anderem die Herren von Eltz, die Herren von der Layen und die Edlen von Brandenberg von Kurtrier mit verschiedenen Gütern und Einkünften in Moselkern belehnt.[Anm. 11] Nachdem das Geschlecht der Edlen von Brandenberg ausgestorben war, fiel deren Besitz 1630 an den Trierer Kurfürsten zurück, der wenige Jahre später Hugo Friedrich von Eltz-Blieskastel-Rodendorf hiermit belehnte.
Die Kirchengemeinde von Moselkern gehörte ursprünglich zu einem Pfarrbezirk, der seinen Sitz vermutlich in Kobern hatte. Im Jahr 1296 fiel dieser dem Stift Münstermaifeld zu.[Anm. 12] Moselkern verfügte spätestens seit dem späten 13. Jahrhundert über einen Priester; so ist in dem Testament des Rudolf von Polch aus dem Jahr 1288 von einem Priester in Kerne die Rede.[Anm. 13] Im Laufe des 16. Jahrhundert erhielt die Gemeinde vermutlich die vollen Pfarrrechte; sie war nun Teil des Landkapitels Ochtendung im Archidiakonat Karden.
Frühe Neuzeit
Moselkern war seit dem Mittelalter überwiegend landwirtschaftlich geprägt. So sind für das Jahr 1806 insgesamt 112 Hektar Ackerland, 18 Hektar Wiesen und 25 Hektar Weinberge auf dem Gemeindegebiet von Moselkern verzeichnet. Im Jahr 1720 wurden dort über 266.000 Weinstöcke gezählt; hiervon befanden sich über 74.000 Stöcke in adligem Besitz. Der größte adlige Grundbesitzer waren die Freiherren von Gymnich mit ungefähr 20.000 Weinstöcken.[Anm. 14] Im Jahr 1702 verfügte die Gemeinde zudem über eine Mahlmühle am Elzbach, für dessen Wasserlauf sie eine Abgabe an die Burg Eltz leisten musste. Die Ausbeutung einer Silbermine bei Moselkern erwies sich als nicht rentabel und wurde daher eingestellt.[Anm. 15]
Die Reformation setzte sich in Moselkern ebenso wie im Großteil des Trierer Erzstifts nicht durch.[Anm. 16] Die Pfarrkirche von Moselkern erhielt Mitte des 17. Jahrhundert ein neues Chorgebäude; aufgrund von Baufälligkeit musste die gesamte Kirche allerdings ab 1789 durch einen Neubau ersetzt werden.[Anm. 17]
Die kurtrierische Landesherrschaft in Moselkern endete mit der Besetzung der linksrheinischen Gebiete durch die französischen Revolutionstruppen im Jahr 1794. Der Ort wurde in der Folgezeit ebenso wie der gesamte Moselraum Teil des französischen Staatsgebiets und war nun Teil der zum Kanton Münstermaifeld gehörenden Mairie Karden. Unter napoleonischer Herrschaft ließen die französischen Behörden um 1806 den Grundbesitz der Stifte und Klöster in Moselkern versteigern.[Anm. 18]
Moselkern im 19. und 20. Jahrhundert
Im Zuge des Wiener Kongresses wurde Moselkern 1817 Teil der preußischen Bürgermeisterei Karden. Im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts erlebte der Ort einen industriellen Aufschwung. So wurde dort seit dem frühen 19. Jahrhundert eine Wollfabrik betrieben; zudem waren in Moselkern zeitweise eine Tuchfabrik, eine Weberei, eine Brennerei, eine Fassbinderei sowie eine Bau- und Möbelschreinerei angesiedelt.[Anm. 19] Bedeutend blieb auch der Weinbau sowie der dazugehörige Weinhandel.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts siedelten sich zeitweise einzelne jüdische Familien in Moselkern an; so sind für das Jahr 1858 unter 699 Einwohner:innen sieben Jüdinnen und Juden in Moselkern verzeichnet.[Anm. 20] Diese waren ebenso wie die Nachbarorte Brohl, Karden, Möntenich, Müden und Wirfus Teil der Synagogengemeinde in Binningen.[Anm. 21] Bereits Ende des 19. Jahrhunderts lebten keine Juden mehr in Moselkern.[Anm. 22]
Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Pfarrkirche von Moselkern bei Bombenangriffen beschädigt.[Anm. 23]
Im Jahr 1933 wurde Moselkern Teil des neugebildeten Amtes Karden-Treis (seit 1948 Amt Treis im Landkreis Cochem). Seit 1969 gehörte Moselkern zur Verbandsgemeinde Treis-Karden, bis diese im Jahr 2014 aufgelöst wurde. Seitdem gehört der Ort der Verbandsgemeinde Cochem an.
Die Ortsgemeinde Moselkern hat heute (Stand: 31. Dezember 2021) 548 Einwohner:innen.
Nachweise
Autor: Max Hartmann
Verwendete Literatur:
- Berg, Axel von: Eisenzeit. Landschaft, Archäologie und Geschichte. In: Landschaft an der Mosel, hg. v. Axel von Berg, Stuttgart 2005 (Führer zu archäologischen Denkmälern in Deutschland, Bd. 46), S. 37-41.
- Fridrichs, Alfons: Wappenbuch des Landkreises Cochem-Zell. Zell/Mosel 2001.
- Jost, C. A.: Moselkern: Frühmittelalterliche Grabstele. In: Landschaft an der Mosel, hg. v. Axel von Berg, Stuttgart 2005 (Führer zu archäologischen Denkmälern in Deutschland, Bd. 46), S. 66.
- Rettinger, Elmar (Bearb.): Historisches Ortslexikon Rheinland-Pfalz. Bd. 1: Ehemaliger Landkreis Cochem. Stuttgart 1985 (Geschichtliche Landeskunde 27).
- Schleindl, Angelika: Spuren der Vergangenheit. Jüdisches Leben im Landkreis Cochem-Zell. Briedel 1996.
- Wackenroder, Ernst (Bearb.): Die Kunstdenkmäler des Landkreises Cochem. Teil 2. München 1959.
Veröffentlicht am 16.09.2022
Anmerkungen:
- Jost 2005, S. 151; Wackenroder 1959, S. 602. – Zudem erwähnt Wackenroder ein vorgeschichtliches Steinbeil, das im Flussbett der Mosel entdeckt worden sei, ebenda. Zurück
- Jost 2005, S. 151. Zurück
- Berg 2005, S. 52. Zurück
- Jost 2005, S. 152. Zurück
- Ebenda, S. 149; Wackenroder 1959, S. 603. – Die Grabstele zeigt im unteren Feld ein durchbrochen gearbeitetes Andreaskreuz mit einem griechischen Kreuz im Schnittfeld der Kreuzarme, wohingegen sich im oberen Teil der Stele ein griechisches Kreuz befindet mit an den Enden verbreiteten Kreuzarmen befindet. Vor dem Kreuz ist in flachem Relief eine menschliche Figur dargestellt, die sich als gekreuzigter Christus deuten lässt. Zurück
- Rettinger 1985, S. 230. Zurück
- Ebenda, S. 228. Zurück
- Ebenda, S. 229; Wackenroder 1959, S. 603. Zurück
- Rettinger 1985, S. 229. Zurück
- Ebenda. Zurück
- Siehe hierzu im Einzelnen Rettinger 1985, S. 230. Zurück
- Ebenda, S. 230. Zurück
- Friderichs 2001, S. 121; Wackenroder 1959, S.604. Zurück
- Rettinger 1985, S. 229 f. Zurück
- Ebenda, S. 231. Zurück
- Siehe hierzu Rettinger 1985, S. 231. Zurück
- Wackenroder 1959, S. 605. Zurück
- Rettinger 1985, S. 229. Zurück
- Ebenda, S. 231. Zurück
- Ebenda, S. 231. Zurück
- Schleindl 1995, S. 136. Zurück
- Rettinger 1985, S. 231. Zurück
- Wackenroder 1959, S. 605. - Diese wenigen Informationen sind im Moment leider das einzige, was sich aus der Forschungsliteratur zur Geschichte von Moselkern im 19. und 20. Jahrhundert entnehmen lässt. Eine genauere Bearbeitung dieses Zeitraums steht noch aus und wäre für die Zukunft wünschenswert. Zurück