0.Ebernburg in der Reformationszeit
0.1."Herberge der Gerechtigkeit" - Die Ebernburg während der Reformation
Die Ebernburg kam Mitte des 15. Jahrhunderts in den Besitz derer Von Sickingen und diente ab diesem Zeitpunkt als Stammsitz der reichsritterlichen Familie. Ab 1482 wurde die Höhenburg in militärischer Kriegsmanier aus- und umgebaut.
Zwar spielte die Anlage eine wichtige Rolle in militärischen Auseinandersetzungen des 17. Jahrhunderts, während der Zeit der Reformation erlangte sie jedoch aus anderem Grund Bekanntheit: sie galt als ‚Herberge der Gerechtigkeit‘. Diesen Namen verdankt sie einer Streitschrift aus der Feder des Reformators Ulrich von Hutten, einem Vertrauten Franz von Sickingens. Die beiden hatten sich auf einem Feldzug gegen Herzog Ulrich von Württemberg 1519 kennengelernt, bei einem Aufenthalt auf der Ebernburg machte von Hutten von Sickingen mit Luthers Werken und Gedankengut vertraut.
Den glorifizierenden Beinamen erhielt die Anlage aufgrund des Angebots Franz von Sickingens an Martin Luther, nach dem Wormser Reichstag von 1521 auf der Burg Zuflucht zu suchen. Luther lehnte ab, im Laufe der Jahre 1521/22 fanden jedoch andere verfolgte oder entlassene Reformatoren Unterschlupf und Schutz an diesem Ort. All jene hatten in verschiedenen Regionen gewirkt und der reformatorischen Bewegung zum Durchbruch verholfen, u.a. Martin Bucer (Hessen, Elsass, England), Johann Schwebel (Pfalz-Zweibrücken), Johannes Oekolampad (Basel, Oberdeutschland) sowie Kaspar Aquila (Thüringen, Sachsen).
Der Aufenthalt Johannes Oekolampads auf der Ebernburg im Sommer 1522 erlangte besondere Berühmtheit und markiert ein wichtiges Ereignis der Reformationsgeschichte: er hielt die Gottesdienste auf Deutsch und nach lutherischer Liturgie ab, das Abendmahl wurde im Juni 1522 erstmals in beiderlei Gestalt gefeiert – somit wurde in der Burgkapelle der Ebernburg der erste evangelische Gottesdienst abgehalten.
Nach wechselvoller Geschichte – Brand, Schleifung, Wiederaufbau – gelangte die Burg 1914 in den Besitz der Ebernburg-Stiftung und wird von dieser als evangelische Familienferien- und Bildungsstätte sowie als ländliche Heimvolkshochschule und Gaststätte genutzt.
0.2.Das Hutten-Sickingen-Denkmal
Auf halber Höhe des Burgberges befindet sich das sog. Hutten-Sickingen-Denkmal, das im Zuge der seit 1871 herrschenden Nationaleuphorie errichtet wurde. Ganz im Geiste der Reichseinheit trägt der Sockel auf der Vorderseite die Inschrift "Den Vorkämpfern / deutscher / Einheit und Größe / Ulrich von Hutten / Franz von Sickingen" und auf der Rückseite "Errichtet 1889".
Planung und Errichtung des Denkmals geschah im Umfeld des 300. Geburtstages Ulrichs von Hutten. Nach Entwürfen des Bad Kreuznacher Bildhauers Carl Cauer schufen dessen Söhne das Denkmal, das 60.000 Goldmark kostete und im Juni 1889 eingeweiht wurde.
Interessant ist der fehlende Reformationsbezug in der Inschrift. Hierbei muss die Entstehungszeit des Kunstwerks bedacht werden: das Deutsche Kaiserreich befand sich damals mitten im Kulturkampf. Durch den Verzicht auf konfessionellen Bezug wurde vermieden, dass sich an dem Denkmal kontroverse Glaubensfragen entzündeten.
Fakten zum Denkmal:
Menschengruppe: Bronzestatuen, ca. 250 cm Höhe
Sockel: Granit, ca. 250 cm, zweistufiger Sandstein-Unterbau
Bearbeiterin: Katharina Üçgül
Verwendete Literatur:
- Schnabel-Schüle, Helga: Kirche und Konfessionen, in: Kreuz-Rad-Löwe. Rheinland-Pfalz: Ein Land und seine Geschichte. Band 1: Von den Anfängen der Erdgeschichte bis zum Ende des Alten Reiches, hrsg. von Lukas Clemens, Mainz 2012, S. 695-754; http://www.ebernburg.de
- www.ebernburg.de [Zugriff am 20.03.2013];
- http://de.wikipedia.org/wiki/Franz_von_Sickingen [Zugriff am 20.03.2013];
- http://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Ebernburg [Zugriff am 20.03.2013];
- Kammer, Otto: Reformationsdenkmäler des 19. und 20. Jahrhunderts. Eine Bestandsaufnahme, Leipzig 2004.
Erstellt am: 21.03.2013