Reipoltskirchen
Allgemeine Angaben
Ortsgemeinde in der Verbandsgemeinde Wolfstein
Einwohner (1998): 409, davon 225 kath. und 160 ev.
Einwohner (2007): 397
Einwohner (2010): 390
Wohnplätze: Ortskern, Ausbacherhof, Ingweilerhof und Karlshof
Gemarkung: 652 ha, davon ca. 7 ha Siedlungsfläche und 250 ha Wald
0.2.Lage
Der Ort liegt im Tal des Odenbachs in etwa 200 Metern Höhe über NN in einer leichten Erweiterung des Talgrundes. Die Berge zu beiden Seiten des Tales steigen ziemlich steil an, erreichen rechts des Baches im Osten mehr als 300 m Höhe, links des Baches im Westen mehr als 400 Meter. (Steinkopf 403,3 m, Platte 361m, Galgenkopf 303m) Während der Ingweilerhof wie der Ortskern im Tal liegt, sind Ausbacherhof und Karlshof auf der Hochfläche zu suchen, die sich zwischen dem Tal des Odenbachs und dem Lautertal im Westen hinzieht.
0.3.Siedlung und Wohnung
Der Hauptsiedlungsbereich des Dorfes erstreckt sich links des Baches an Straßen, die zur westlichen Hochfläche hin ansteigen. Einige Häuser im Südosten der Ortslage stehen jenseits des Baches und sind durch die Brücke der Landesstraße 382 mit der Ortsmitte verbunden. Den ältesten Siedlungsbereich liegt im Nordosten des Ortes. Hier stehen Kirche und Pfarrhaus sowie die alte Tiefburg, die vom Bachlauf und von einem künstlichen Wasserlauf umgeben ist. Am Ende dieses Burggrabens steht auch die frühere Mühle, deren Räder von dem Wasser aus dem Burggraben angetrieben wurden. Die alte Schule und das Forsthaus stehen ebenfalls in diesem nördlichen Ortsbereich. Den Friedhof finden wir nördlich des Dorfes zwischen Durchgangsstraße und Bachlauf. Der Großteil der Häuser stammt aus dem 19. Jahrhundert, auch die Kirche. Ein neueres Schulhaus aus dem Jahre 1906 steht im südlichen Ortsbereich an der Hirtenstraße. Ebenfalls in der Hirtenstraße steht die Johann-Heinrich-Roos-Halle.
Der Ursprung der Burg ist ungewiss. Sie dürfte im ausgehenden 12. Jahrhundert entstanden sein, wurde aber erst 1267 in einer Urkunde erwähnt. Es handelte sich um eine runde Anlage, die auf einem künstlichen Hügel von dem Wassergraben und von Mauern umgeben war. Gut erhalten blieb der 18 Meter hohe Bergfried mit sehr dicken Mauern und einer flachen Bedachung. In neuerer Zeit wurde der Graben wieder mit Wasser gefüllt. Der Landkreis Kusel ließ Jahre lang umfangreiche Renovierungen durchführen, die jetzt vor ihrem Abschluss stehen. Der Ingweilerhof im Süden der Ortslage, dicht bei der Straße im Grenzbereich zur Gemarkung von Hefersweiler, war in früheren Jahrhunderten ein eigenständiger Ort. Es handelt sich heute um ein großes ummauertes Rechteck mit Wohnhäusern, Kapelle und Wirtschaftsgebäuden, die aus dem 18. Jahrhundert stammen. In dem Anwesen ist ein Seniorenheim untergebracht. Ebenfalls um ein früher selbstständiges Dorf handelt es sich bei dem Ausbacherhof im Südwesten des Dorfes an der Straße nach Einöllen. Bei dem nahe der Gemarkung Hohenöllen gelegenen Karlshof handelt es sich um eine neuere Siedlung aus dem 19. Jahrhundert.
0.4.Wüstungen
Im Südosten von Reipoltskirchen gab es einen Hof Hundheim. Es handelte sich um den Sitz eines "Hun" oder "Hund", wie im Mittelalter ein Untervogt bezeichnet wurde. (Vgl. Offenbach-Hundheim) Es ist auch aus anderen Zusammenhängen zu ersehen, dass Reipoltskirchen der Sitz eines solchen Untervogts war. Wahrscheinlich lag der Hof des Hun dicht bei dem Dorf im Süden jenseits des Odenbachs. Urkundliche Belege: 1468 Hontheymer Gericht (LA Speyer, C 22/51), 1514 zu Hondheim ym stege zu Rypelskirchen (Fabricius1911), 1553 Huntheymer hubzinß (LA Speyer, C 22/60). Nach dem Dreißigjährigen Krieg erscheint der Name nur noch in Flurnamen. Auch das frühere Ingweiler, heute Ingweilerhof, und das frühere Ausbach, heute Ausbacherhof, können als Wüstungen angesehen werden. (Vgl. Dolch/Greule 1994)
0.5.Name
Bei Reipoltskirchen handelte es sich ursprünglich um einen kleinen Ort oder Gutshof, der bei einer Kirche entstanden ist. Inhaber dieses Hofes muss ein Mann mit Namen Richbald gewesen sein. Ein Zeitpunkt für diese Ortsgründung ist nicht mit Sicherheit festzulegen. Im ausgehenden 12. Jahrhundert erscheint der Name Meffridus de Ripoldeskirchen in einer Urkunde. (Vgl. Dolch/Greule) Folgende Namensbezeichnungen sind in weiteren Urkunden festzustellen: 1200 Ripoldeskirchen, 1259 Ribolskirchin, 1297 Ripoldiskirchen, Ende 14. Jahrhundert Ropelskirchen und Ripoltzkirchen. Die heutige Namensform ist für das Jahr 1824 nachzuweisen.
Ausbach wurde 1437 Ußbruck (nach Goswin Widder) und 1446 Ußbach genannt. Dabei dürfte sich die Bezeichnung von 1437 darauf beziehen, dass hier eine Brücke den Ausbach überquerte. Die Bezeichnung Ausbacher Hof (im Auspacher Hoffe) erscheint bereits im ausgehenden 16. Jahrhundert. Nach Dolch und Greule handelt es sich um die Siedlung an einem Bach, der von einem Mann mit Namen Udsa gegründet wurde. Ingweiler erscheint zuerst in einer Urkunde von 1339 als Ingemudewilre. Weitere Beizeichnungen sind: Engelmorsweiler (o. J.), Wingewilr (1376), Ingwilre (1426), Ingwyler (1514), Schloss Ingweiler (1761), Ingweilerhof (1824) nach Dolch und Greule dürfte es sich ursprünglich um den Ort einer Frau mit Namen Engilmuot gehandelt haben.
0.6.Wappen
Das Wappen ist horizontal zweigeteilt, oben blau und unten grün. Die blaue obere Hälfte zeigt ein silbernes Rad mit sechs Speichen, die grüne untere Hälfte einen auf dem Kopf stehenden Anker inmitten silberner Schindeln. Beide Wappenteile sind von den Wappen früherer Herrschaften abgeleitet, das Rad vom Wappen der Herren von Hohenfels, der Anker vom Wappen der Herren von Reipoltskirchen. Das heute gültige Ortswappen wurde 1927 durch das Bayerische Staatsministerium des Innern genehmigt.
0.7.Geschichte
0.7.1.Vor- und Frühgeschichte, Römerzeit
Aus der Steinzeit- Bronze- und Eisenzeit liegen uns keine Nachrichten über Funde aus dem Bereich der Gemarkung Reipoltskirchen vor. Das besagt indessen nicht, dass im Verlauf der vielen Jahrhunderte der Vorzeit das Gebiet rings um den Ort von Menschen vollkommen unberührt geblieben ist. Die römische villa rustica, die im Süden des heutigen Ortes als eine Siedlung Jahrhunderte lang bestanden hatte, ist mit großer Wahrscheinlichkeit aus einer vorrömerzeitlichen keltischen Siedlung hervorgegangen.
0.7.2.Mittelalter
Wann der Ort selbst gegründet wurde, ist unbestimmt, wahrscheinlich bestand er schon lange Zeit vor der Ersterwähnung. Die Region rings um Reipoltskirchen war ursprünglich mit großer Wahrscheinlichkeit freies Reichsland. Ein unbestimmter König oder Kaiser könnte den Ort der Abtei Prüm zum Besitz übergeben haben. Das Kloster hätte dann diese Besitztümer im 12. Jahrhundert als Vogtei weltlichen Herren überlassen. Unzweifelhaft ist, dass enge Beziehungen der Bolander und ihres Nebenzweigs Hohenfels zu Reipoltskirchen bestanden haben.
Außer dem genannten Meffridus sind uns aus dem 12. Jahrhundert keine weiteren Herren von Reipoltskirchen bekannt geworden. Genauer kennen wir die Familien der Bolanden und der Hohenfels. Werner I. von Bolanden, ein Reichsministeriale, gründete 1129 das Kloster Hane bei Bolanden. Werner II. stiftete das Kloster Rodenkirchen. Philipp III. von Bolanden (gest. 1220), ließ die Burg Ehrenfels am Rhein erbauen. Sein Sohn Philipp IV. heiratete in erster Ehe Elisabeth von Hohenfels, und von da an sind die Hohenfels eindeutig als eine Nebenlinie der Adeligen von Bolanden nachzuweisen. Einer von Philipps Söhnen, Dylmann (Theoderich), war Reichskämmerer und nannte sich Dylman von Hohenfels. Dessen Sohn Heinrich wiederum gilt als Begründer der Linie Reipoltskirchen. Er trug den Doppeltitel Heinrich von Hohenfels und Herr zu Reipoltskirchen, wurde auch bekannt durch seine Teilname an der Romfahrt des Kaisers Heinrich VII. (Schmid 2000)
Erstmalig erscheint zu dieser Zeit der Name der Burg Reipoltskirchen. Heinrich von Hohenfels starb 1329 und wurde im Kloster Otterberg beigesetzt. Schon Heinrich selbst, aber auch seine Nachfolger, vermehrten den Besitz. Diese Nachfolger waren in fortlaufender Linie bis zum ausgehenden Mittelalter Konrad I., Konrad II., Eberhard I., Eberhard II., Johann I. und Wolfgang. Es handelte sich stets um Herren von Reipoltskirchen, doch Letzterer nannte sich auch Herr von Hohenfels, Rixingen und Forbach. Allein dieser Name lässt erkennen, in welcher Weise das Geschlecht weitere Besitztümer erworben hatte. Daneben gründeten nachgeborene Söhne Seitenlinien. (Vgl. Keiper S. 58/59) Vom alten Geschlecht der Grafen von Bolanden existierten im späten Mittelalter nur noch zwei Nebenlinien, die der Herren Hohenfels-Reipoltskirchen und die Herren von Falkenstein. Letztere erlosch 1408 mit dem Tod des Erzbischofs Werner zu Trier.
0.7.3.Neuzeit
Aus der Ehe zwischen Wolfgang (gest. 1538) und Katharina von Rappoltstein ging Johannes II. hervor, der als junger Ritter zeitweilig das Heer Franz von Sickingens anführte. Durch einen Tausch im Jahre 1553 mit den Wild- und Rheingrafen erwarb er gegen das weit entfernte Dorf Hochstätten im Alsenztal die näher gelegenen Dörfer Nußbach und Schönborn und die Hälfte des Dorfes Rudolphskirchen. Außerdem erwarb er Rechte an der innerhalb der heutigen Gemarkung von Reipoltskirchen gelegenen Hundheimer Hufe (s. oben) und an dem Dorf Seelen. Johannes II. starb 1568. Sohn Wolfgang Philipp überlebte ihn um nur acht Jahre. Wolfgang Philipps Ehefrau Amalia heiratete in zweiter Ehe den Grafen Philipp I. von Leiningen-Westerburg, der nun auch Mündel des Sohnes Johannes aus erster Ehe war. Dieser Philipp I. führte in allen seinen Besitzungen und auch in der Herrschaft seiner Frau die Reformation ein.
Philipp I. starb 1597, und Stiefsohn Johannes III. konnte die Herrschaft in Reipoltskirchen antreten, während Mutter Amalia als Miterbin ihres zweiten Ehemanns auch Rechte an Westerburg besaß. Johannes starb unvermählt und ohne Nachkommen schon 1602 in Forbach im Alter von 25 Jahren, womit auch die Linie Hohenfels-Reipoltskirchen erloschen war. Mutter Amalie lebte noch bis 1608. Sie wurde in Reipoltskirchen beigesetzt. Ein Epitaph in der Kirche erinnert an sie. Der lothringische Besitz der Herren von Reipoltskirchen ging zunächst in den Besitz von Leiningen-Westerburg über, kam aber bald in andere Hände.
1603 vermachte Amalie die Herrschaft Reipoltskirchen ihren beiden Brüdern Sebastian und Emich von Falkenstein. Beide Brüder starben ohne Erben, Sebastian 1619, Emich 1628. Neue Besitzer der Herrschaft Reipoltskirchen wurden nun zwei Söhne von Amaliens Schwester Sidonie, nämlich Johann Kasimir und Steino von Löwenhaupt, die zugleich die Grafschaft Falkenstein erbten. Dadurch wurde die Herrschaft Reipoltskirchen geteilt. Der ältere Bruder Graf Johann Kasimir vererbte seine Hälfte an seine Söhne Ludwig Wirich und Karl Moritz, von denen jeder ein Viertel der Herrschaft besaß, die nun dreigeteilt war. Der Anteil des Ludwig Wirich von Löwenhaupt blieb im Besitz dieser Teilfamilie bis zu den Enkeln Nils von Löwenhaupt (1708-1776) und Kasimir von Löwenhaupt. In der Linie des Karl Moritz kam das zweite Viertel der Löwenhaupt'schen Linie an die Enkel Karl Emil, Franz Königsmann und Gustav Otto. Diese drei Brüder verpachteten den Besitz zunächst an einen ihrer Beamten, um ihn dann 1722 an einen Grafen Franz Wilhelm Kaspar Freiherr von Hillesheim (gest. 1748) zu verkaufen. Dieser war ein hoher Beamter des pfälzischen Kurfürsten und wohnte in Mannheim. Nils und Kasimir blieben zunächst noch im Besitz ihres Drittels.
Sidonies jüngerer Sohn Steino vererbte seine Hälfte über Tochter Elisabeth Amalie an die Herrschaft Manderscheid, in deren Besitz sie bis zum Jahr 1730 blieb. In jenem Jahr verkaufte ein Graf Wolfgang Heinrich Graf zu Manderscheid und Blankenheim, Freiherr zu Hohenfels und Reipoltskirchen und Herr zu Keyl diese Hälfte des ursprünglichen Besitzes zu einem Preis von 30500 Gulden ebenfalls an den Grafen von Hillesheim, der somit zunächst drei Viertel der ursprünglichen Herrschaft besaß. Inzwischen klagten Nils und Kasimir aus der älteren Linie Löwenhaupt das von der jüngeren Linie verkaufte Viertel von Hillesheim wieder zurück. Sie gewannen den Prozess, allerdings erst 1754, sechs Jahre nach dem Tod des Freiherrn von Hillesheim. Die Witwe des Grafen, eine geborene Gräfin von Gleichen und Hatzfeld, musste das von der Linie Löwenhaupt stammende Viertel an Löwenhaupt zurückgeben. Somit gab es jetzt wieder zwei Teile der alten Herrschaft Reipoltskirchen, eine Hälfte im Besitz der Brüder Nils und Kasimir von Löwenhaupt und eine im Besitz der Witwe Hillesheim.
1763 trennten sich die Brüder Nils und Kasimir jedoch von ihrem Besitz und verkauften ihre Hälfte zum Preis 110 000 Gulden an den Reichsgrafen Andreas Philipp von Ellrath, später Ellroth (1707-1767), einen hohen Beamten in Bayreuth, wo Graf Nils ebenfalls in staatlichem Dienst stand. Dabei erhielt Kasimir 60 000 Gulden ausbezahlt, während Nils auf den Rest von 80 000 eine jährliche Rente von 3 000 Gulden beanspruchte. Gleichzeitig heiratete eine Tochter des Nils von Löwenhaupt einen Sohn des Aufkäufers Andreas Philipp von Ellrath, der ebenfalls Staatsminister in Bayreuth war. Allerdings starb dieser junge Ellrath schon wenige Jahre nach der Eheschließung im Jahre 1765. Wilhelmine heiratete einen Dr. Johannes Nikolaus von Mader, und sie verlor dadurch ihre Besitzrechte an Reipoltskirchen. Ohnehin war der alte Ellrath inzwischen in Geldschwierigkeiten geraten, und er verkaufte 1770 seinen Anteil an der Herrschaft Reipoltskirchen zu 76 000 Gulden an die Pfalzgrafschaft Zweibrücken, in der damals Herzog Christian IV. regierte. Dieser Verkauf wurde allerdings rückgängig gemacht, nachdem die bereits 1773 verstorbene Gräfin von Hillesheim Widerspruch eingelegt hatte. So fiel dieser Anteil 1776 an Ellrath zurück, der aber sofort einen neuen Verkaufsversuch startete. Indem der zweibrückische Staatsbeamte Ludwig von Esebeck als Strohmann aufgetreten war, kam der Löwenhaupt`sche Anteil an Reipoltskirchen so 1777 in den Besitz einer Gräfin Karoline von Isenburg. Diese war eine natürliche Tochter von Karl Theodor, dem letzten Kurfürsten von der Pfalz und Herzog von Bayern.
Die beiden Teile der Herrschaft Reipoltskirchen waren nur nach den Steuereinnahmen voneinander getrennt, nicht in territorialer Hinsicht. Die Gräfin von Hillesheim übergab ihren Anteil an Sohn Wilhelm Ernst Gottfried von Hillesheim, und nach dessen Tod übernahmen ihn dessen Schwestern Anna Elisabeth Auguste Marie, die mit einem hohen kurpfälzischen Beamten verheiratet war, und an die jüngere unverheiratete Charlotte. Zuletzt war damit die gesamte Herrschaft Reipoltskirchen bis zum Zusammenbruch der alten Feudalherrschaft im Zuge der Französischen Revolution in der Hand von drei Frauen.
Zu der gesamten Herrschaft gehörten am Ende ihres Bestehens folgende Dörfer: Reipoltskirchen, Nussbach, Rathskirchen, Reichsthal, Hefersweiler, Relsberg und Morbach, außerdem Rudolphskirchen zur Hälfte als geschlossenes Gebiet, dann Finkenbach-Gersweiler, Schönborn und Dörnbach als etwas entfernt gelegener Streubesitz. Alle diese Dörfer gehörten den Besitzern von Hillesheim und der Gräfin von Isenburg gemeinsam. Hinzu kamen die angekauften Dörfer Seelen, Berzweiler (heute eingemeindet in Hefersweiler), Niederkirchen und die zweite Hälfte von Rudolphskirchen, die allein im Besitz der Gräfin von Isenburg waren.
0.7.4.Neueste Zeit
Auch durch die französischen Revolutionstruppen wurde Reipoltskirchen mit seiner Burg nicht zerstört. Soldaten pflanzten am 6. März 1793 einen Freiheitsbaum in Reipoltskirchen. Die Bevölkerung musste Kontributionen zahlen, nachdem dieses Symbol der Revolution beschädigt worden war. Am 16. Juni 1799 (27. Prairial im Jahre VI der Revolution) erklärte die Französische Republik sämtliche bisherigen herrschaftlichen und geistlichen Besitzungen zum Nationaleigentum. Das bedeutete auch das Ende für die Herrschaft Reipoltskirchen. Die alten herrschaftlichen Verhältnisse wurden aufgelöst, Reipoltskirchen gehörte nun zur Mairie Odenbach, zum Canton Lauterecken, zum Arrondissement Kaiserslautern und zum Département Mont Tonnerre (Donnersberg), faktisch innerhalb der französischen Republik. Für Reipoltskirchen zuständiger Adjunkt war Michael Konrad aus Nussbach. Die herrschaftlichen Besitzungen wurden versteigert. 1805 kamen einige Gebäude aus dem Besitz Isenburg an Falciola aus Lauterecken. 1808 gingen das Amtshaus mit Turm und weitere Nebengebäude an die Herren Charles Baumann aus Lauterecken, an Henry Puricelli aus Meisenheim, an Jean de Hoeffersweiler und an Michael Seligmann aus Kreuznach. Der letzte Besitz von Isenburg kam 1813 unter den Hammer und ging an Bernhard Jacob Reinach aus Mainz. Die Erwerber verkauften den erworbenen Besitz nach und nach mit gutem Gewinn an einzelne Interessenten.
Nach der Rückeroberung des linksrheinischen Deutschlands 1814 durch preußische und russische Truppen fiel das Gebiet nach einer Übergangszeit an das Königreich Bayern. Reipoltskirchen lag nun innerhalb des bayerischen Rheinkreises im Kanton Lauterecken des Landkommissariats Kusel. Das Dorf gehörte zunächst zur Bürgermeisterei Becherbach und erhielt um 1895 ein eigenes Bürgermeisteramt. Es blieb bei Bayern bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges und kam dann in der Bundesrepublik Deutschland zum Land Rheinland-Pfalz. Bei der Territorial- und Verwaltungsreform von 1968 wurde es 1972 als selbständige Ortsgemeinde der neu gegründeten Verbandsgemeinde Wolfstein zugeordnet.
0.8.Wahlergebnisse in Prozent (Bundestag Zweitstimmen)
CDU | SPD | FDP | Grüne | Linke | Sonstige | |
Landtag 2001 | 42,9 | 44,3 | 5,4 | 5,9 | --- | 1,5 |
Landtag 2006 | 30,1 | 46,2 | 7,0 | 4,3 | 4,8 | 12,3 |
Landtag 2011 | 37,6 | 44,2 | 6,1 | 7,7 | --- | 4,6 |
Bundestag 2002 | 38,5 | 40,9 | 6,3 | 7,2 | --- | 7,2 |
Bundestag 2005 | 34,0 | 38,3 | 7,8 | 5,3 | 8,3 | 6,4 |
Bundestag 2009 | 30,1 | 28,7 | 10,3 | 9,6 | 14,0 | 7,2 |
Bundestag 2013 | 45,0 | 22,5 | 3,9 | 12,4 | 3,1 | 13,3 |
0.9.Zeittafel
Römerzeit | Villa Rustika südlich von Reipoltskirchen |
um 800 | Reip oltskirchen im Besitz des Klosters Prüm |
Ende 12. Jhd. | Ersterwähnung des Ortes in einer Bolandischen Urkunde (Meffridus de Ripoldeskirchen) |
1222 | Reipoltskirchen wird im Prümer Urbar in Verbindung mit Hohenfels genannt |
1267 | Ersterwähnung der Burg Reipoltskirchen |
1297 | Heinrich von Reipoltskirchen Begründer der Linie Reipoltskirchen † |
1365 | Conrad I. von Reipoltskirchen † |
1382 | Conrad II. von Reipoltskirchen† |
1432 | Eberhard I. von Reipoltskirchen † |
1464 | Eberhard II. von Reipoltskirchen † |
1501 | Johannes I. von Reipoltskirchen † |
1538 | Wolfgang † |
1568 | Johannes II. † |
1576 | Wolfgang Philipp † |
1602 | Johannes III., letzter Herr von Reipoltskirchen der älteren Linie † |
1603 | Amalie vermacht die Herrschaft an ihre Brüder Sebastian († 1619) und Emich († 1628) |
1608 | Amalie †, Gattin von 1) Philipp von Leiningen-Westerburg († 1597) und 2) von Wolfgang Philipp v. Reipoltskirchen Aufteilung der Herrschaft Reipoltskirchen . |
1628 | Johann Kasimir und Steino von Löwenhaupt, Söhne von Amalien Schwester Sidonie, erben je zur Hälfte die Herrschaft R. |
1722 | Karl Emil, Friedrich Königsmann und Gustav Otto, Nachkommen Johann Kasimirs, verkaufen ihren Anteil an der Herrschaft (1/4) an den Freiherrn von Hillesheim |
1730 | Philipp Friedrich von Manderscheid-Keil, Nachkomme des Steino, verkauft seinen Anteil (1/2) ebenfalls an den Freiherrn von Hillesheim |
1748 | Tod des Freiherrn von Hillesheim |
1756 | Das 1722 verkaufte Viertel der Grafschaft fällt von Hillesheim an Löwenhaupt zurück |
1763 | Niels und Kasimir von Löwenhaupt verkaufen ihren Anteil an der Herrschaft (1/2) an den Grafen von Ellradt ( † 1767) und dessen Sohn Friedrich Wilhelm ( † 1765) |
1770 | Witwe Ellradt will den Löwenhaupt'schen Anteil an Pfalz -Zweibrücken verkaufen |
1773 | Tod der Freiherrin von Hillesheim, Erbe der Hillesheimischen Hälfte zunächst Wilhelm Ernst Gottfried von Hillesheim (†1785), dann dessen beide Schwestern Anna Elisabeth Auguste Marie und Charlotte von Hillesheim |
1776 | Pfalz-Zweibrücken muss die Löwenhaupt'sche Hälfte nach Einspruch der Familie Hillesheim zurückgeben |
1777 | Verkauf der Löwenhaupt'schen Hälfte an Karoline von Isenburg, natürliche Tochter des letzten Kurfürsten von der Pfalz Karl Theodor |
1793 | Besetzung von Reipoltskirchen durch Revolutionstruppen |
1799 | Die Französische Republik übernimmt die herrschaftlichen Besitzungen als Nationaleigentum. |
1801-1815 | Reipoltskirchen gehört in der Französischen Republik zur Mairie Odenbach, zum Kanton Lauterecken, zum Arrondissement Kaiserslautern und zum Departement Donnersberg (Mont Tonnerre) |
1806-1813 | Versteigerung der herrschaftlichen Besitzungen |
1817 | Reipoltskirchen gehört zur Bürgermeisterei Nußbach im Kanton Lauterecken und in dem Landkommissariat Kusel zum bayerischen Rheinkreis |
1895 | Reipoltskirchen wird Sitz eines Bürgermeisteramtes |
1972 | Reipoltskirchen Ortsgemeinde in der neu gegründeten Verbandsgemeinde Wolfstein |
0.10.Religion
Der Ort gehörte ursprünglich zum Glankapitel im Erzbistum Mainz, wiewohl er während des frühen und hohen Mittelalters möglicherweise im Besitz der Abtei Prüm in der Eifel war. Vielleicht war die schon zu Anfang vorhandene Kirche Mittelpunkt für ein größeres Kirchspiel, dessen Umfang heute nicht mehr bekannt ist. Wahrscheinlich unter Johannes II. von Hohenfels Reipoltskirchen traten die Untertanen der Herrschaft zum Protestantismus über. Auch Philipp I. von Westerburg-Leiningen, der zweite Ehegemahl der Gräfin Amalie, führte in allen seinen Besitzungen den lutherischen Glauben ein. Gräfin Amalie, deren Epitaph noch in der heutigen katholischen Kirche des Ortes zu sehen ist, war ebenfalls Protestantin. Die Inschrift des Epitaphs hat folgenden Wortlaut: "Allhier liegt begraben Die wohlgeborene Fruw, Frauw Amalia Gräfin zu Leiningen Und Fruw zu Reypoltskirch geborene Falkenstein. Wolselige so geborn den 26ten Septemb. 1547. Undt allhier zu Gott selliglich entschlaffe den 25. Octob. anno 1608."
Frühestens nach dem Ende des 30-jährigen Krieges, der auch die Bevölkerung von Reipoltskirchen stark dezimiert hatte, konnten sich im Ort wieder katholische Christen niederlassen. Ihre Ansiedlung wurde durch die Franzosen während der Kriege Ludwigs XIV und durch die Herrschaften der späteren Feudalzeit weiter gefördert. Bald gab es im Ort wieder mehr katholische Christen als Protestanten. Das Kirchengebäude kam im ausgehenden 17. Jahrhundert in katholischen Besitz, und Franziskanermönche aus Meisenheim versahen den Gottesdienst. Sicher wurde die Kirche simultan genutzt, denn bei dem Neubau von 1848 forderten auch die Protestanten ihre Rechte ein. Diese gehörten später zur Kirchengemeinde von Rathskirchen, an deren Kirchenneubau sie sich 1908 beteiligten, seit 1930 jedoch zur evangelischen Gemeinde von Nussbach. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts wurden auch 10 Mennoniten in R. gezählt. Die römisch-katholische Gemeinde war lange selbstständig, wurde bereits seit 1975 von Lauterecken aus betreut und 2012 in die katholische Kirchengemeinde von Lauterecken eingesschlossen. Im 19. Jahrhundert bestand auch eine verhältnismäßig große jüdische Gemeinde.
Das alte aus dem Mittelalter stammende Kirchengebäude war während des frühen 19. Jahrhunderts baufällig geworden und wurde in den Jahren 1847/48 durch einen Neubau ersetzt. Doch auch dieses Gebäude musste bereits 1878 wegen Baufälligkeit abgerissen werden. Beim nun entstandenen Haus handelt sich um eine Hallenkirche mit angebautem Westturm.
0.11.Bevölkerung
Während in früherer Zeit die Bevölkerung zum größten Teil in der Landwirtschaft beschäftigt war, ist durch die Veränderungen in der Erwerbsstruktur vor allem in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg nur noch jeder fünfte Bewohner des Ortes mit diesem Erwerbszweig verbunden. Der Großteil der Berufstätigen muss zur Arbeit auspendeln, hauptsächlich nach Kaiserslautern, Wolfstein und Lauterecken. Auch früher bestanden innerhalb des Ortes Erwerbsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft, einmal durch die allgemeinen handwerklichen Berufe, dann durch Beschäftigung in Steinbrüchen und Bergwerken, schließlich auch im Dienst der hier residierenden Herrschaft. Offenbar waren in der feudalen Verwaltung viele Juden beschäftigt, denn bei der Versteigerung der herrschaftlichen Häuser während der Zeit der Französischen Republik waren diese zum großen Teil von jüdischen Einwohnern bewohnt. Waren im Jahr 1825 19 Juden in Reipoltskirchen registriert, dürften wenige Jahre zuvor noch mehr als doppelt so viele im Ort gelebt haben. Heute wohnen keine Juden mehr in Reipoltskirchen. Der Anteil von katholischen und protestantischen Christen steht im Verhältnis 55% zu 40%.
0.12.Bevölkerungsentwicklung (nach Alter, Pfalzatlas I):
1802 | 1825 | 1835 | 1871 | 1905 | 1939 | 1961 | 1998 | 2008 | |
gesamt | 284 | 342 | 430 | 469 | 406 | 436 | 489 | 409 | 384 |
katholisch | 198 | 274 | |||||||
evangelisch | 119 | 215 | |||||||
israelitisch | 18 | --- |
0.13.Schule, Kultur, Vereine
0.13.1.Schule
Sicher bemühten sich auch die Besitzer der Herrschaft Reipoltskirchen um die Einrichtung des Schulwesens. Allerdings liegen uns aus der Zeit vor 1800 keine Nachrichten über Schulen in Reipoltskirchen vor. Nach den Angaben bei der Registrierung der jüdischen Einwohner im Jahre 1898 gab es im Ort einen jüdischen Schullehrer. Später bestanden nebeneinander eine katholische und eine evangelische Schule. Ein Schulhaus für beide Konfessionen entstand 1838 in der Nähe der Kirche. 1907 wurde an der Hirtenstraße das so genannte Neue Schulhaus erbaut.
Wir erfahren, dass 1848 bei dem Neubau der Kirche einem Lehrer Storck die "Nutzung des Friedhofs" entzogen worden war, worüber sich dieser beklagte und sich nach Erzhütten versetzen ließ. Vorübergehend war dann kein Unterricht, und 1843 bewarben sich zwei Aspiranten, beide mit der Qualifikation "gehörig befähigt" und von einem "sittlich religiösen" Lebenswandel. Eingestellt wurde Philipp Wendel, der bald ebenfalls die Nutzung des Friedhofs wegen der dort stehenden Obstbäume einforderte. Die Leistungen dieses Lehrers befriedigten nicht. Wegen seines ungeordneten Schulbetriebs und seiner Völlerei drohte ihm die Regierung eine Strafversetzung an. Dazu kam es nicht, doch 1884 wollte sich der 55 Jahre alte Lehrer krankheitshalber pensionieren lassen. Die untersuchenden Ärzte stellten keine Krankheit fest, dennoch wurde Wendel 1885 wegen Gedächtnisschwäche in den Ruhestand versetzt. Der Nachfolger aus einem Dorf in Oberfranken musste bereits 1886 zum Militärdienst einrücken. Ein weiterer Nachfolger ließ sich 1887 nach Hohenecken versetzen. Der dann folgende Schulmeister kam aus Niederbayern, und ihm sagten die Eltern 1888 boshafte Ausschreitungen nach. Der Pfarrer meldete an die Regierung, allgemein sei man hier der Meinung, dass man mit den Schullehrern Unglück habe. Als der Niederbayer nur launenhaft seiner Arbeit nachging, musste er sich mit der Hälfte seines Gehaltes zufrieden geben. Dann litt er an einem Glaukom, und wegen dieses Augenleidens wollte er sich zunächst an eine leichtere Stelle in seiner Heimat versetzen lassen, trat dann aber doch im Alter von 26 Jahren in den Ruhestand. Auch mit dem danach folgenden Lehrer, der aus Falkenstein kam, gab es sofort Probleme. Nicht immer wurde der Lehrer für Probleme im Schulleben verantwortlich gemacht. So schrieb der Pfarrer 1891: "Seit den vier Jahren meines Hierseins habe ich in Erfahrung gebracht, dass speziell in unserer Gegend so genannte Affenliebe der Eltern gegen ihre Kinder herrscht. Daher ist es jetzt schon einige Male vorgekommen, dass Eltern zum Bezirksarzt liefen, um ihre Kinder untersuchen zu lassen." Im selben Jahr wurde Andreas Steets aus Nürnberg als Lehrer eingesetzt. Er stellte 1892 bei der Regierung den Antrag, die Katharina Wildinger aus Nussbach heiraten zu dürfen. Später ließ er sich wegen einer Krankheit vorübergehend pensionieren. 1897 übernahm er das Amt eines Dirigenten beim Männergesangverein Nußbach und 1901 das Amt des Gemeindeschreibers an. Noch im selben Jahr ging er wegen seines Gelenkrheumas vorzeitig in Pension. Bei Schulinspektionen wurde immer wieder über mangelhafte Einrichtung geklagt und darüber, dass die Toiletten nicht in Ordnung seien. Auch bis in die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg wechselten ständig die Lehrer dieser einklassigen katholischen Schule.
In der Protestantischen Schule wurde 1843 ein Peter Fiscus eingesetzt, geb.1819 in Gimsbach. Über ihn gingen bereits 1844 die Beschwerden um, dass er "mit nicht geziemender Anmaßung sich über seine unmittelbaren Schulvorgesetzten zu äußern erlaube". Er blieb fünf Jahre lang in seiner Dienststelle. Auch im protestantischen Bereich wechselten dann innerhalb weniger Jahre die Lehrer immer aufs Neue. 1854 kam Johannes Fegert nach R., geboren 1826 in Hüffler, gest. 1893 wahrscheinlich in Adenbach. Wegen seiner Teilnahme an der Revolution von 1849 musste Fegert seine ursprüngliche Stelle in Konken verlassen. Er wurde nach einer gerichtlichen Verhandlung 1850 zunächst nach Lauterecken versetzt, dann 1854 nach Reipoltskirchen. Hier hatte er große Schwierigkeiten, zum endgültigen Lehrer ernannt zu werden. 1858 kam Fegert nach Adenbach. Zwischen 1869 und 1879 gaben vier Lehrer Kurzzeitvorstellungen. Der Letzte war Lehrer Jakob Braun, der dann für längere Zeit blieb. Er wurde 1878 wegen eines "Brustleidens" für ein Jahr beurlaubt. Auch Braun hatte mancherlei Streit im Dorf, wurde von einem Waldaufseher erpresst, weil er im Zeugnis von dessen Sohn die Unterschrift des Schulinspektors gefälscht hatte. Brauns Nachfolger wurde 1891 Jakob Cassel, zuvor Elzweiler. Er fiel wegen seiner freisinnigen Äußerungen auf. Es hieß, er habe die Auferstehung Christi geleugnet und sich geweigert, Religionsunterricht zu erteilen. Schon 1895 löste ihn Friedrich Dembelein ab, der aus Wassertrudingen stammte und 1901 nach Dörnbach versetzt wurde. Wieder folgte eine Epoche der ständigen Ablösungen. Heute besuchen die Schüler den Unterricht in Wolfstein.
0.13.2.Kulturelle Besonderheiten
Das weitere kulturelle Leben des Ortes ist geprägt durch ein reges Vereinsleben (Sängerchor, Musikverein, Tischtennisclub, Gartenbauverein, Fischerverein, Verein der Freiwilligen Feuerwehr). Die katholische Kirche unterhält eine Pfarrbücherei. Kirchweih wird am ersten Wochenende im August gefeiert. An besonderem Brauchtum ist noch der Umgang der Klepperbuben bekannt. Die Schuljungen versammeln sich am Gründonnerstag um die Mittagsstunde vor der Kirche mit ihren Kleppern und ziehen dann "kleppernd" durch das Dorf und rufen "Das ist der englische Gruß, den jeder Christ beten muss!" Das Glockenläuten wird von Gründonnerstag bis Karsamstag ausgesetzt.
0.14.Gesundheitswesen und Sozialwesen
In Reipoltskirchen unterhält ein Arzt für Allgemeinmedizin seine Praxis. Als Organisation der katholischen Kirche besteht eine Schwesternstation. Im Ingweilerhof unterhält die Familie Schöneck das Seniorenheim. Weitere Ärzte stehen in den größeren Orten der näheren und weiteren Umgebung zur Verfügung. Das gilt auch für Apotheken. Nächste Krankenhäuser sind die in Meisenheim, Kusel und Kaiserslautern.
0.14.1.Wirtschaftliche Verhältnisse und Verkehr
Während in früheren Zeiten die Landwirtschaft eine Haupterwerbsquelle darstellte, leben heute nur noch 20 % der Menschen von der Landwirtschaft. Weitere Erwerbsquellen waren in früherer Zeit die Waldwirtschaft und die Bergwerke in der Umgebung. Es gab im Kohlenbergbau eine Ludwigsgrube bei Reipoltskirchen, die jedoch hauptsächlich zu Versuchszwecken diente. Verhältnismäßig ergiebig waren die Gruben bei Hefersweiler und Relsberg, weniger ergiebig die bei Adenbach und Rathskirchen. Es waren immer nur vereinzelte Arbeiter in den Gruben beschäftigt. Ansonsten gab es im Ort die üblichen Handwerksberufe und eine Mühle. Weit mehr Arbeitsplätze bot die herrschaftliche Hofhaltung. Heute gibt es noch zwei Gasthäuser und ein Lebensmittelgeschäft. Die Handwerksberufe sind weitgehend verschwunden, doch es besteht noch eine Bauschlosserei. Von der übrigen Bevölkerung können nur wenige Menschen ihren Beruf innerhalb des Dorfes ausüben. Sie finden ihre Arbeit zumeist in den größeren Orten der Umgebung. Ein Forstamt hat heute noch seinen Sitz in Reipoltskirchen.
0.15.Persönlichkeiten
Grünebaum, Elias (1807- 1893)
Er studierte in Bonn und München, war Schüler des Philosophen Schelling, verfasste viele Bücher und Schriften, galt als liberaler Reformer des deutschen Judentums. Über 50 Jahre lang leitete er den Rabbinatsbezirk Landau.
Grünebaum, Jakob
Onkel des vorigen, wahrscheinlich in R. geboren. Er wanderte um 1850 nach den USA aus. Seine Söhne gründeten in Chicago Banken und Firmen, die bis heute unter dem Namen Greenebaum bestehen.
Heuser, Emil (1851-1928)
Wurde in R. geboren. War als Ingenieur beteiligt beim türkischen Bahnbau 1874-1880 im Bereich Adrianopel, danach Oberbahnverwalter bei der Pfälzischen Eisenbahn. Er veröffentlichte 1901 einen Pfalzführer. Am Ersten Weltkrieg nahm er teil als Hauptmann und erhielt hohe Auszeichnungen. Im Ruhestand seit 1920 wirkte er als Konservator des Historischen Museums und als Herausgeber der Zeitschrift "Historisches Museum der Pfalz". Er veröffentlichte zahlreiche Aufsätze, hauptsächlich zur Pfälzischen Geschichte.
Roos, Johann Heinrich (1631-1685)
Geboren wahrscheinlich in Reipoltskirchen. Als Sohn eines Malermeisters wurde er später ein berühmter Tiermaler. Er hielt sich gegen Ende des 30-jährigen Krieges in Holland auf, wo er Schüler mehrerer bekannter Maler wurde. 1664 wurde er Hofmaler in Heidelberg, ging 1667 nach Frankfurt. Dort starb er durch ein Unglück.
0.16.Nachweise
Verfasser: Ernst Schworm
Redaktionelle Bearbeitung: Ernst Schworm
Literatur:
- Dolch, Martin; Greule, Albrecht: Historisches Siedlungsnamenbuch der Pfalz, Speyer 1994.
- Dolch, Martin: Das Ankerwappen bei den Herren von Hohenfels, voraussichtlich Veröffentlichung in: Westricher Heimatblätter 2002/1.
- Dick, Ernst: Der Freiheitsbaum bei Reipoltskirchen, in: Westrichkalender Kusel 1981, S. 181-185.
- Dick, Ernst: Die Versteigerung des Reipoltskirchener Schlosses, in: Westrichkalender Kusel 1985, S. 98-100.
- Dick, Ernst: Wie die Hohenfelser nach Reipoltskirchen kamen, in: Westrichkalender Kusel 1963, S. 89-92.
- Dick, Ernst: Reipoltskirchen unter geteilter Herrschaft, in: Westrichkalender Kusel 1964, S. 41-43.
- Dick, Ernst: Die Elendsbruderschaft von Reipoltskirchen, in: Westrichkalender Kusel 1964, S. 115-117.
- Dick, Ernst: Das Ende der Herrschaft Reipoltskirchen, in: Westrichkalender Kusel 1965, S. 85.
- Dick, Ernst: Reipoltskirchen zur Zeit der Französischen Revolution, in: Westrichkalender Kusel 1966, S. 85-88.
- Dick, Ernst: Der Ingweilerhof, in Westrichkalender 1967, S. 41-43.
- Fiedler-Bender, Gisela: Johann Heinrich Roos, Tiermaler aus Reipoltskirchen, in: Westrichkalender Kusel 1989, S. 25-26.
- Gauch, Sigfrid: Die jüdischen Gemeinden von Nußbach und Reipoltskirchen im Jahre 1808, in: Westricher Heimatblätter Jg. 3 (1972), S. 115-120.
- Keiper, Johann: Reichsherrschaft Hohenfels-Reipoltskirchen, in: Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz 46 (1927), S. 47-119.
- Schmid, Wolfgang: Kaiser Heinrichs Romfahrt, Mittelrheinische Hefte 21, Koblenz 2000.
- Seitz, Ludwig; Schworm, Ernst: Die Teilnahme der Herren von Hohenfels-Reipoltskirchen an der Romfahrt des Königs Heinrich VII. , in: Westricher Heimatblätter 2001, S. 162-165.
- Theobald, Wilhelm: Die Klepperbuben von Reipoltskirchen, in: Westrichkalender Kusel 1974, S. 52-53.
- Theobald, Wilhelm: Der Freiheitsbaum bei Reipoltskirchen, in: Westrichkalender Kusel 1981, S. 181-185.
- Theobald, Wilhelm: Die Versteigerung des Reipoltskirchener Schlosses, in: Westrichkalender Kusel 1985, S. 98-100.
- Zenglein, Dieter u. a.: Reipoltskirchen - Burg und Herrschaft, Kusel 2009.