Becheln im Rhein-Lahn-Kreis

Zur Geschichte von Becheln

Das Dorf Becheln liegt auf den nordwestlichen Taunushöhen, im Rhein-Lahn-Kreis. Die Gemeinde ist eine Exklave der Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau und von Wald und Feldern umgeben. Die Region des Rhein-Lahn-Gebiets hat sich bereits vor 400 Millionen Jahren gebildet und war von Meer bedeckt. Im Tonschiefer und Grauwacken-Gestein um Becheln kann man daher versteinerte Meerestiere finden.[Anm. 1] Erste menschliche Spuren sind auf dem Gebiet des heutigen Ortes zum Ende der Steinzeit nachweisbar. Die Funde dreier kleiner Steinbeile aus Grauwacken konnten in die Jungsteinzeit (3000 v.Chr. bis 1800 v.Chr.) datiert werden. Ein weiteres Werkzeug aus Bronze wurde zwischen Becheln und Sulzbach gefunden.[Anm. 2] Zahlreiche Hügelgräber, die aus der Eisenzeit um 700 v.Chr. stammen, verweisen darauf, dass sich auf dem Gebiet in und um Becheln Menschen aufhielten, oder zumindest die Region durchzogen. Einige Hügelgräber können auf die Laufelder Gruppe zurückgeführt werden: Brandbestattungen in Urnen und Keramik als Grabbeigaben sind für diese Gruppe typisch.[Anm. 3]Auch aus der keltisch geprägten Latènezeit wurden Hügelgräber nahe des heutigen Bechelns gefunden.[Anm. 4]

0.1.Die Römer in Becheln?

Im ersten Jahrhundert n.Chr. breiteten sich die Römer im Rhein-Lahn-Gebiet aus und befestigten die Außengrenze ihres Reichs durch den Limes sowie durch Kastelle.[Anm. 5] Der Limes führte von Schweighausen aus durch Becheln hindurch und wurde durch Palisaden, mehrere Wachtürme sowie durch ein Kleinkastell befestigt. Einer der steinernen Wachtürme befand sich am heutigen Forsthaus Wolfsbusch. Der Limes ist in Becheln beispielsweise am Steinbruch noch heute erkennbar. Der Limes in Becheln wurde im 18. Jahrhundert bereits als Sehenswürdigkeit in einem frühen Reiseführer erwähnt. Der Gelehrte Philipp Wilhelm Gerckens ließ sich bei seinem Besuch in Becheln um 1780 den Limes zeigen und erwähnte ihn in seinem Reisebericht „Reisen durch Schwaben…die Rheinische Provinz und an der Mosel in den Jahren 1679-1785“.[Anm. 6] Im Bechelner Wald, direkt an der Grenze zu Lahnstein, befinden sich steinerne Überreste des Kastells Becheln. Entdeckt wurde dieses erst um 1905. Die geringen Ausmaße des Kastells von 500 qm werden im Vergleich zu den Kastellen in Bad Ems, Arzbach und Marienfels deutlich:

Arzbach: 7000 qm
Bad Ems: 13.000 qm 
Marienfels: 10.000 qm [Anm. 7]

0.2.Mittelalter und Frühe Neuzeit

Um 260 n.Chr. gaben die Römer den Limes auf. Die Rhein-Lahn Region blieb in den darauffolgenden Jahrhunderten weitestgehend unbesiedelt. Erst Mitte des 13. Jahrhunderts ist das Dorf Becheln schließlich urkundlich belegt. In einer Urkunde „über die nassauische Landesteilung“[Anm. 8] von 1255 wird Becheln als „Bechiln“ erwähnt. Ende des 13. Jahrhunderts folgt zudem eine Erwähnung des Ortes im Zinsregister des Klosters Arnstein, das Einnahmen des Ortes dokumentiert.[Anm. 9] Der Kirchturm der Gemeinde Becheln gibt ebenfalls Aufschlüsse auf das Alter des Ortes. Der spätromanische Turm wurde voraussichtlich um 1200 als Wehrturm gebaut.[Anm. 10] Im Notfall bot er den Einwohner*innen durch seine dicken Mauern und kleinen Fenster Schutz. Der Ort entwickelte sich im Hochmittelalter, zwischen dem 11. und dem 13. Jahrhundert und war ein Lehen des Erzbischofs von Mainz. Die Oberlahnsteiner Gemarkung, die Becheln weitgehend umschloss, gehörte dem Erzbischof. Die Hoheitsrechte des Erzbischofs über Becheln wurden durch die Grafen von Nassau jedoch nach und nach verdrängt. Um 1255 war Becheln Teil der Grafschaft des Einrichgaus und war damit Teil des Vierherrengerichts. Dass die Gemeinde Becheln, gemeinsam mit den Nachbarorten Sulzbach, Nievern, Miellen und Frücht, aus diesem Verwaltungsbezirk ausgegliedert wurde, belegt eine Urkunde von 1509. Die Gemeinden Nievern, Miellen und Fachbach bildeten von nun an einen eigenen Bezirk, ebenso die Gemeinden Frücht, Becheln und Sulzbach. Der Bezirk war nun dreiherrisch und unterstand den Landesherren Nassau-Weilburg, Nassau-Idstein sowie Nassau-Dillenburg.[Anm. 11]

Bis zur Auflösung des Herzogtums Nassau um 1866 unterstand die Gemeinde Becheln den drei nassauischen Landesherren. Als Grundherren wurde das niedere Adelsgeschlecht der von Greiffenclau um 1388 erstmals erwähnt.[Anm. 12] Sie waren bis ins 17. Jahrhundert im Besitz des Fronhofs in Becheln der „rechtlich den Status eines Adelshofes hatte und wirtschaftlich […] der größte und bedeutendste landwirtschaftliche Betrieb [war].“[Anm. 13] Zum Hof gehörte zudem das Jagdrecht in der gesamten Gemarkung Becheln.[Anm. 14] Der Hof wurde im 17. Jahrhundert von den Herren vom Stein gekauft, brannte jedoch während des Dreißigjährigen Kriegs, um 1631, ab.[Anm. 15] Zur inneren Verwaltung des Bezirks Becheln und des Ortes wurde ein Schultheiß sowie sieben Schöffen eingesetzt. Da Becheln bis ins 19. Jahrhundert kein eigenes Rathaus hatte, wurden die Räumlichkeiten des Schulgebäudes für Versammlungen genutzt.[Anm. 16]

Die Verbreitung reformatorischer Lehren ging in der Grafschaft Nassau nicht von den Gemeinden aus. Die Gemeindemitglieder wurden von der religiösen Gesinnung ihrer Landesherren beeinflusst. Da Becheln mehreren nassauischen Landesherren unterstand, mussten unter ihnen zunächst Einigkeit herrschen, ob und inwiefern ihre Gemeinden reformiert werden sollten. Erst im Herbst 1538 beschlossen die Grafen „grundsätzlich die Kirche zu reformieren“[Anm. 17]. Die Kirche Bechelns wurde schließlich um 1540 reformiert.[Anm. 18] Der letzte katholische Pfarrer in Becheln war vermutlich Johann von Hachenburg, der Becheln zu einer eigenen, von Schweighausen unabhängigen Pfarrei machen wollte.[Anm. 19] Mit der Durchsetzung der Reformation wurde auch versucht einen regelmäßigen Schulunterricht einzuführen. Schriftliche Aufzeichnungen fehlen jedoch bis Mitte des 18. Jahrhunderts, als eine Schulchronik eingeführt wird.

0.2.1.Kriege, Brände, Hexenverfolgungen

Das 17. Jahrhundert war in der Rhein-Lahn-Region von kriegerischen Auseinandersetzungen und dessen Folgen geprägt. Die Dorfbewohner*innen in Becheln mussten während des Dreißigjährigen Kriegs (1618-1648) Truppen einquartieren und verpflegen, sowie Kriegssteuern leisten.[Anm. 20] Am 11. Oktober 1633 brach in Becheln ein Feuer aus, bei dem 20 Höfe sowie der erst neu errichtete Fronhof abbrannten.[Anm. 21] Ein Großteil der Einwohner*innen hatte im Herbst weder eine Unterkunft, noch Vorräte oder Werkzeuge. Da sich die kleinen Orte wie Becheln, Ems und Kemmenau zudem nicht selbst vor einfallenden Truppen schützen konnten, flohen die Einwohner*innen in benachbarte und befestigte Städte wie Braubach.[Anm. 22] Im Jahr 1634 waren in Becheln nur noch 24 Häuser von ca. 80 Einwohner*innen bewohnt. Neun Jahre später lebten im Ort nur noch 5 Familien mit 17 Personen. Die Kriege führten dazu, dass die Felder über Jahre nicht oder nur unzureichend bestellt werden konnten. Dennoch wurden von den nassauischen Landesherren weiterhin Kriegsleistungen eingefordert. Während des pfälzischen Kriegs (1688 bis 1697) mussten die Einwohner*innen der Dörfer Becheln, Nievern, Fachbach, Frücht und Schweighausen innerhalb eines Tages „8 Tagesrationen Hafer, Heu und Stroh“[Anm. 23] für nassauische Reitertruppen anliefern. Ein weiteres Feuer zerstörte im Jahr 1696 neun Häuser in Becheln. Feuerbekämpfungsmaßnahmen wie ein Leiterhaus wurden erst 1756 in Becheln eingerichtet.[Anm. 24] 

Jahrelange Katastrophen führten zur Suche nach Schuldigen. Der Glaube an Hexen und Zauberei verbreitete sich im gesamten Reich in der Frühen Neuzeit. In nassauischen Gebieten wurden vor allem im 16., aber auch im 17. Jahrhundert Hexen verfolgt und verurteilt.[Anm. 25] Auch in Becheln wurde 9 Einwohner*innen zwischen 1630 und 1659 unter der Bezichtigung Hexen zu sein hingerichtet.[Anm. 26]

Ab Mitte des 18. Jahrhunderts begannen die Lehrer in Becheln eine Schulchronik anzulegen. Um 1765 wird unter anderem vermerkt, dass die Eltern „zu nachlässig [seien] ihre Kinder zum Schulgang zu halten.“[Anm. 27] Allerdings waren die Familien im 18. Jahrhundert durch geringe Erträge aus ihrem landwirtschaftlichen Anbau auf Nebenerwerbstätigkeiten angewiesen. Jede Arbeitskraft wurde gebraucht. Die fortwährende Armut veranlasste einige Familien dazu aus Becheln auszuwandern. In die deutsche Siedlung Tscherwenk in Nordserbien wanderten zwei Familien aus Becheln aus. Im Vergleich zu den durch Realteilung zerstückelten Ackern im Taunus, erhielten die Einwander*innen in Tscherwenka „30 Morgen Feld, 14 Morgen Wiese, Haus, Hof, Garten und Geräte“[Anm. 28].

Bis ins 19. Jahrhundert lebten die Bechelner Einwohner*innen überwiegend von der Land- und Viehwirtschaft. Angebaut wurde vorwiegend Korn, Hafer und Gerste. Ab 1693 ist der Anbau von Rüben nachweisbar.[Anm. 29] Im 19. Jahrhundert war die Bechelner Landwirtschaft besonders für den Anbau eines Gemüses bekannt: Karotten. Die sogenannten „Morscheln“/ „Murscheln“ wurden in Becheln felderweise angebaut. Diese Feldarbeit oblag bis in die 1950er Jahre den Frauen. Bis nach Nassau und Bad Ems wurden die bis zu einem Kilo schweren Karotten der Sorte „Nantaise“ verkauft. Vom Bechelner Karottenanbau bleibt den Einwohner*innen heute vor allem der Spitzname „Bechelner Murschel“.[Anm. 30]  Viele Bechelner pendelten zudem in die umliegenden Städte und arbeiteten in den Bergwerkshütten in Friedrichssegen oder der Blei- und Silberhütte Braubach.[Anm. 31]

0.2.2.Becheln als Teil des Herzogtums Nassau

Um 1806 wurde Becheln Teil des Herzogtums Nassau, das von den Herzögen Nassau-Weilburg und Nassau-Usingen (ehemalige Linie Nassau-Idstein) verwaltet wurde. Umfangreiche Reformen wurden eingeleitet und die Leibeigenschaft aufgehoben. Während der Französischen Koalitionskriege war das Herzogtum Nassau mit Frankreich verbündet. Aufgrund dessen leisteten auch einige Bechelner während dieser Kriege ihren Kriegsdienst. Im Oktober 1813 wurden russische Truppen, die nach der Völkerschlacht von Leipzig durch die Taunusorte zogen, in Becheln einquartiert.[Anm. 32] Ebenfalls 1866, als Preußen gegen Österreich kämpfte, mussten die Bechelner wieder Soldaten in ihren Häusern unterbringen. Am 15. Juni 1866 musste beispielweise jeder Haushalt zwischen 30 und 50 Soldaten unterbringen und verpflegen. Rund 2000 Personen wurden im Dorf untergebracht.[Anm. 33] Das Herzogtum Nassau wurde 1866 vom Königreich Preußen annektiert und hieß nun „Provinz Hessen-Nassau“. Vier Jahre später kämpften im Krieg zwischen Preußen und Frankreich sieben Bechelner auf der Seite Preußens gegen Frankreich.

Ein bedeutendes Ereignis in Becheln war die Revolution von 1848: Erstmals durften zumindest die Männer in gleichen, allgemeinen und freien Wahlen ihren Bürgermeister sowie einen Gemeinderat wählen.[Anm. 34] In der Restaurationszeit wurde jedoch diese Reform wieder aufgehoben und ein Zensuswahlrecht, dass an das Vermögen gebunden war, wieder eingeführt. 

Der Erste Weltkrieg und seine Folgen

Der Erste Weltkrieg prägte das Leben der Einwohner*innen Bechelns. Innerhalb des ersten Kriegsjahres wurden 89 Männer aus Becheln zum Kriegsdienst eingezogen. Von insgesamt 124 Bechelner Soldaten starben 11. Alle landwirtschaftlichen Arbeiten wurden von Frauen und Kindern übernommen. Zum Teil konnten die Kinder daher nicht zur Schule gehen, zum Teil fiel die Schule auch zugunsten von staatlichen Sammelaktionen gänzlich aus. Kriegsgefangene aus Russland und Frankreich mussten in den Familien mitarbeiten. Die Lebensmittel und Brennstoffe wurden rationiert. Eine Wasserleitung mit einem Hochbehälter konnte erst 1922 gebaut werden.[Anm. 35] Im Jahr 1917 durfte die Schule trotz des ungewöhnlich kalten Winters nicht geheizt werden.[Anm. 36] Am 11. November 1918 endete der Erste Weltkrieg mit dem Waffenstillstandsabkommen von Compiègne. In diesem Abkommen wurde unter anderem festgelegt, dass französische Soldaten im Rheinland stationiert wurden. Im Friedensvertrag von Versailles vom 10. Januar 1919 wurde eine alliierte Rheinlandbesetzung auf 15 Jahre festgelegt. Die Besetzung diente als Garantie, dass die hohen Reparationszahlungen vom deutschen Reich an Frankreich gezahlt wurden.[Anm. 37] Während für die Kriegsheimkehrer der Ort Becheln feierlich geschmückt wurde,[Anm. 38] formierten sich an anderen Orten bereits revolutionierende Arbeiter*innen und Soldaten. Sie gründeten auch im Lahntal Räte. Die Gemeinde Becheln gehörte zum Arbeiter- und Soldatenrat in Diez. [Anm. 39] Zu Unruhen kam es ebenfalls durch das Erstarken der Separatistenbewegung. Diese wollten das Rheinland vom Deutschen Reich loslösen und gründeten die „Rheinische Republik“.[Anm. 40] Die nahe gelegene Stadt Bad Ems besaß besonders viele Anhänger der Separatisten, denen sich auch einige Bechelner anschlossen. Im Jahr 1919 kam es zu einer entscheidenden Reform im Wahlrecht: Erstmals durften Frauen an den Wahlen teilnehmen.

Innerhalb des Dorfes kam es in den 1910er und 1920er Jahren zu wichtigen technischen Erneuerungen: Im Jahr 1913 wurde Becheln an das Elektrizitätskraftwerk Höchst (MKW) angeschlossen. Die Schulen in Becheln sowie sechs Straßenlaternen erhielten elektrisches Licht.[Anm. 41] Obwohl bereits um 1911 in Becheln eine Wasserleitung angelegt werden sollte, konnte diese nach mehreren Verzögerungen erst 1922 fertig gestellt werden. Trotz der Wasserleitung mit einem Hochbehälter kam ist in den darauffolgenden Sommern zur Wasserknappheit. Da die Einwohner*innen ihre eigenen Brunnen zugunsten der Trinkwasserleitung geschlossen hatten, waren nun alle auf eine Leitung angewiesen.[Anm. 42]

Die Inflation von 1923 führte in Becheln wie in ganz Deutschland zu utopischen Preisen. Ein Pfund Butter kostete beispielsweise zwischen ½ Billionen und 3,5 Billionen Reichsmark. 80 Bechelner verloren in diesem Jahr ihre Arbeit. Durch staatliche Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen wurde im Ort eine Straße sowie einen Sportplatz gebaut. Nach der Währungsreform 1924 stabilisierten sich zumindest die Preise wieder und bis 1926 fand die Hälfte der Arbeitslosen eine neue Arbeitsstelle.[Anm. 43]

Die Weltwirtschaftskrise 1929 führte jedoch weltweit zur Massenarbeitslosigkeit. Die immer wieder kehrenden Krisen führten zu einem starken Zulauf zu den links- und rechtsradikalen Parteien. Bereits 1928 traten einige Bechelner in die NSDAP ein, die noch im selben Jahr einen Ortsstützpunkt in Becheln gründete. Mit 298 Stimmen der wahlberechtigen Einwohner*innen Bechelns gewann die NSDAP als stärkste Partei bei der Reichstagswahl von 1933. Im Vergleich bekam die SPD als zweitstärkste Partei nur 66 Stimmen.[Anm. 44] Nachdem Adolf Hitler am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler ernannt wurde, wurden innerhalb kurzer Zeit politische Gegner der NDSAP aus ihren Ämtern verdrängt und das politische und gesellschaftliche Leben gleichgeschaltet. Um die Kinder von klein auf mit der nationalsozialistischen Ideologie zu erziehen wurde 1940 ein Kindergarten hinter der Schule in Becheln eingeweiht. Ebenfalls auf Vereinsebene gab es ab 1935 beispielsweise neben der evangelischen Frauenhilfe auch ein nationalsozialistisch orientiertes Pendant in Form der NS Frauenschaftsgruppe.[Anm. 45] Die Reichspogromnacht fand in Becheln selbst nicht statt, da es hier im 20. Jahrhundert keine jüdische Gemeinde gab.

0.3.Der Zweite Weltkrieg

Becheln 1939[Bild: gemeinfrei]

Am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg mit dem Einfall deutscher Soldaten in Polen. 130 Bechelner Männer wurden bereits zu Beginn des Krieges zum Kriegsdienst eingezogen. Im Gegensatz zum Ersten Weltkrieg fand dieser Krieg auch in unmittelbarer Nähe von Becheln statt. Die Fenster mussten vor feindlichen Fliegerangriffen verdunkelt werden. Für das Dorf wurde ein Luftschutzkeller „hinter dem Klopp“ sowie „an der Steinknipp“ eingerichtet.[Anm. 46] Bei Fliegerangriffen auf die nahegelegen Städte Oberlahnstein und Koblenz im Jahr 1944 wurden drei Bomben über Becheln abgeworfen. Viele Familien aus den Städten der Rhein-Lahn-Region verloren ihre Wohnungen und wurden in den Dörfern, darunter auch Becheln, untergebracht. Ein Kriegsgefangenenlager wurde 1941 in Becheln eingerichtet, in dem vor allem französische Soldaten untergebracht waren.[Anm. 47] Erst am Ende des Kriegs geriet Becheln unter Granatenbeschuss. Dies geschah infolge des Vordringens der amerikanischen Soldaten bei Koblenz im März 1945.[Anm. 48] Der Beschuss auf das Dorf Becheln hätte vermutlich vorzeitig beendet werden können, Einwohner, die eine „weiße Fahne“ hissen wollten wurden jedoch vom Volkssturm verhaftet. Der Krieg endete in Becheln daher erst als amerikanische Soldaten das Dorf am 27. März 1945 stürmten. [Anm. 49] Im Zweiten Weltkrieg fielen 47 Einwohner aus Becheln an der Front, drei blieben vermisst. Mehr als 10 Personen starben während des Granatenbeschusses durch die amerikanischen Soldaten.[Anm. 50] Nach dem Krieg begannen die Aufräumarbeiten im Dorf. Anders als die Gemeinden Nievern und Fachbach wurde Becheln nicht von Soldatentruppen besetzt. Eine Entnazifizierung wurde dennoch durchgeführt und zeigte sich beispielsweise durch die Amtsenthebung des Bürgermeisters von 1945.[Anm. 51] In den folgenden Jahren gab es in Becheln zwei freie Wählergruppen, die SPD und die CDU.[Anm. 52]

0.4.1946 bis Heute

1946 wurde das Bundesland Rheinland-Pfalz gegründet, dem Becheln von nun an angehört. Das Dorf ist nach wie vor landwirtschaftlich geprägt. Da es im Ort selbst keine Unternehmen gibt, pendeln die meisten Einwohner*innen zur Arbeit in die Städte Bad Ems, Oberlahnstein oder Braubach. Eine Verwaltungsreform in den 1960er Jahre führte zu einer Neuordnung der Landkreise und der Unterlahnkreis wurde mit dem Loreleykreis zusammengelegt. Die Gemeinde Becheln ist Teil dieses 1969 zusammengelegten Rhein-Lahn-Kreises.[Anm. 53] Zu Beginn der 1980er Jahre wurde in Becheln ein Wappen eingeführt.  Das Wappen orientiert sich an dem des mittelalterlichen Adelsgeschlecht von Becheln, die mit der eingangs genannten Familie von Greiffenclau verwandt waren. Das Bechelner Ortswappen trägt daher die Farben sowie ein Lilienzepterrad. Dass die Familie von Stein zeitweise das Patronat in Becheln inne hatte wird auf dem Wappen durch das steinsche Erkennungsmerkmal einer fünfblättrigen Rose abgebildet.[Anm. 54] 1985 wurde ein „Dorferneuerungskonzept“ erstellt: Obwohl einige Straße ausgebaut und der Dorfplatz umgestaltet wurden, sollte der traditionelle Dorfcharakter bewahrt werden. Für das Engagement im Bereich Natur- und Umweltschutz wurde die Gemeinde sogar 1989 mit dem Umweltpreis des Rhein-Lahn-Kreises ausgezeichnet.[Anm. 55] In den 1970er und 1980er Jahren ist das Dorf stark angewachsen und neue Baugebiete wurden erschlossen. Die neue Wasserleitung von 1970 schuf noch immer keine beständige Wasserversorgung des gesamten Dorfes.[Anm. 56] Ein Großprojekt des Dorfes war zudem die Teichkläranlage im Jahr 1990. Die Gemeinde Becheln verfügt über ein Feuerwehrgerätehaus (seit 1985), ein Dorfgemeinschaftshaus, eine Mehrzweckhalle sowie einen Sportplatz, die das Vereinsleben in vielfältiger Weise beleben.

Verfasserin: Jasmin Gröninger
Erstellt am: 8. September 2020

Verwendete Literatur:

  • Bruchhäuser, Kurt: Die Aufgaben der Gemeinde zu den Landesherren. In: Dausenau und seine Geschichte: ein Heimatbuch aus Anlaß des 650. Jahrestages der Verleihung der Stadtrechte; 26.7.1348 - 26.7.1998. Hrsg. v. Gemeinde Dausenau, Dausenau 1997, S.88-102.
  • Jung, Heidemarie: Hexenprozesse im 17. Jahrhundert In: Dausenau und seine Geschichte: ein Heimatbuch; aus Anlaß des 650. Jahrestages der Verleihung der Stadtrechte; 26.7.1348 - 26.7.1998. Hrsg. V. Gemeinde Dausenau, Dausenau 1997, S.88-102.
  • Sarholz, Hans-Jürgen: Becheln: die Geschichte des Dorfes / Hans-Jürgen Sarholz. Hrsg. von der Ortsgemeinde Becheln, Bad Ems: Ortsgemeinde Becheln 1998. 
  • Sarholz, Hans-Jürgen: Geschichte Fachbachs bis um 1800. In: Fachbach an der Lahn. Geschichte wird lebendig. Hrsg. v. Heimat- und Verkehrsverein e.V.; Ortsgemeinde Fachbach. Bassenheim 2006, S.33-66.
  • Zentralausschuss für deutsche Landeskunde: Der Loreleykreis, Speyer 1965 (Die Landkreise in Rheinland-Pfalz, Bd. 5). 

Weblinks:

Literaturhinweis:
Eine grundlegende Arbeit über die Geschichte von Becheln verfasste der Historiker Hellmut Gensicke. Auf diese möchte wir Sie ebenfalls gerne aufmerksam machen: Gensicke, Hellmuth: Das Kirchspiel Schweighausen, Becheln und Dienethal“ in: Nass. Ann. 65 (1954), S. 220-228.

Anmerkungen:

  1. Vgl. Sarholz, 1998, S.5; Vgl. VG Bad Ems-Nassau, URL https://www.vgben.de/gemeinden/becheln/ (30.07.2020); Vgl. Zentralausschuss für deutsche Landeskunde, 1965, S. 18. Zurück
  2. Vgl. Sarholz, 1998, S.5. Zurück
  3. Vgl. Ebd,; Vgl. VG Bad Ems, Geschichte, S.3. URL: https://www.total-lokal.de/pdf/56130.pdf (30.07.2020).  Zurück
  4. Vgl. Sarholz, 1998, S.7. Zurück
  5. Vgl. Deutsche Limeskommission, URL: http://www.deutsche-limeskommission.de/index.php?id=45Römerturm%20Arzbach , (30.07.2020) Zurück
  6. Vgl. Sarholz, 1998, S.11. Gerckens, Philipp: Reisen durch Schwaben…die Rheinische Provinz und an der Mosel in den Jahren 1679-1785, Teil 3 Stendal 1786 S.441. Zurück
  7. Vgl. Sarholz, 1998, S.10. Zurück
  8. Sarholz, 1998, S. 13; Zur ersten urkundlichen Erwähnung siehe Vgl. VG Bad Ems, Geschichte, S.3. URL: https://www.total-lokal.de/pdf/56130.pdf (30.07.2020). Zurück
  9. Vgl. Sarholz, 1998, S.13. Zurück
  10. Vgl. Fischbach, 1995, S.3; Sarholz, 1998, S.15. Zurück
  11. Vgl. Sarholz, 1998, S.36. Zurück
  12. Vgl. Ebd., S.22. Zurück
  13. Ebd., S.27. Zurück
  14. Vgl. Ebd., S.28. Zurück
  15. Vgl. Ebd., S.48. Zurück
  16. Vgl. Ebd., S.44. Zurück
  17. Vgl. Bruchhäuser, 1997, S. 88, zit. nach. HStAW 350 X a 1 II. Zurück
  18. Vgl. VG Bad Ems, Geschichte, S. 3. URL: https://www.total-lokal.de/pdf/56130.pdf ; Vgl. Sarholz, 1998, S.77. Zurück
  19. Vgl. Sarholz,1998, S.77. Zurück
  20. Vgl. Ebd., S.48. Zurück
  21. Vlg. Ebd., S.49. Zurück
  22. Vgl. Ders. 2006, S. 43, Vgl. Ders. 1998, S.48; Vgl. VG Bad Ems, Geschichte, S. 3. URL: https://www.total-lokal.de/pdf/56130.pdf (30.07.2020. Zurück
  23. Sarholz 1998, S. 48. Zurück
  24. Vgl. Ebd., S.50. Zurück
  25. Vgl. Jung, 1997, S.88. Zurück
  26. Vgl. Sarholz, 1998, S.50. Zurück
  27. Ebd., S.79. Zurück
  28. Ebd., S.65.  Zurück
  29. Vgl. Ebd., S.67, 69, 70. Zurück
  30. Vgl. Ebd., S.120. Siehe auch Holstein, 2018.   Zurück
  31. Vgl.  Zentralausschuss für deutsche Landeskunde, 1965, S.17, 18, 91. Zurück
  32. Vgl. Ebd., S.82. Zurück
  33. Vgl. Ebd., S.92. Zurück
  34. Vgl. Ebd., S. 84. Zurück
  35. Vgl. Ebd., S.181. Zurück
  36. Vgl. Ebd., S.87, 88. Zurück
  37. Vgl. Thielen, 2015, Beginn der Besetzung des Rheinlandes. URL: https://www.1914-1930-rlp.de/bibliothek/aufsaetze/nach-dem-krieg-die-alliierte-rheinlandbesetzung-1918-1930.html 5.6.2020.  Zurück
  38. Vgl. Sarholz, 1998, S.90. Zurück
  39. Vgl. Ebd., S.89. Zurück
  40. Vgl. LEMO, Separatistenbewegung, URL: https://www.dhm.de/lemo/kapitel/weimarer-republik/innenpolitik/separatistenbewegung.html (01.06.2020). Zurück
  41. Vgl. Ebd., S.186. Zurück
  42. Vgl. Ebd., S.181. Zurück
  43. Vgl. Ebd., S.90, 91, 92. Zurück
  44. Vgl. Ebd., S.97. Zurück
  45. Vgl. Ebd., S.99. Zurück
  46. Vgl. Ebd., S.100. Zurück
  47. Vgl. Ebd. Zurück
  48. Vgl. Ebd. Zurück
  49. Vgl. Ebd., S.101. Zurück
  50. Vgl. Ebd., S.101. Zurück
  51. Vgl. Ebd., S.102. Zurück
  52.  Zurück
  53. Vgl. Ebd., S.106. Zurück
  54. Vgl. Ebd., S.105. Zurück
  55. Vgl. VG Bad Ems-Nassau, Becheln, URL: https://www.vgben.de/gemeinden/becheln/ (30.7.20). Zurück
  56. Vgl. Ebd. Zurück