Rettert im Rhein-Lahn-Kreis

Geschichte von Rettert

Im Jahr 1250 wurde Rettert unter dem Namen „Retrod“ erstmals urkundlich genannt.

Ab Mitte des 14. Jahrhunderts gehörte Rettert zum Territorium des sogenannten „Vierherrengerichts auf dem Einrich“ [Anm. 1], was sich als Gebiet bis zu seiner Auflösung im Jahr 1775 in seiner Zusammensetzung immer wieder veränderte. [Anm. 2] Der Einrich wurde ab 1260 als „Vierherrengericht auf dem Einrich“ von zwei Nassauer und zwei Katzenelnbogener Linien regiert, die die Landeshoheit über 75 Dörfer der Region ausübten. [Anm. 3]

Innerhalb des „Vierherrengerichts“ gehörte Rettert im eigentlichen Ortsbereich, den sogenannten „Bannzäunen“ [Anm. 4] jedoch immer zum Haus Nassau. Die Klöster Schönau und Gronau unterhielten Höfe in Rettert. [Anm. 5]

Um 1500 war Rettert dem zweiherrischen nassauischen Amt Miehlen unterstellt, auch wenn das Gebiet um Rettert herum vierherrisch war. Retterts Bewohner waren mehrheitlich hessische Leibeigene, was seit 1600 zu vielen Konflikten zwischen Hessen und der Herrschaft von Nassau-Saarbrücken führte, die ebenfalls Einfluss auf Rettert nehmen wollten. [Anm. 6]

Im Katzenelnbogener Raum – und somit auch in Rettert – wurde um 1530, wie nach und nach in ganz Hessen, die Reformation eingeführt. [Anm. 7]

Im Mittelalter gehörte Rettert von der kirchlichen Zuordnung her zum Gebiet Einrichgau, das dem Erzbischof von Trier unterstand. Die damalige Zugehörigkeit auf kleinere regionale Einheiten bezog sich in der Zeit auf das Dekanat Marienfels und das Kirchspiel Altenberg. Der Entstehungszeitpunkt als eigene Pfarrei ist nicht bekannt. [Anm. 8] Für 1602 ist die Information erhalten, dass das vorher beim Kloster Schönau gelegene Besetzungsrecht für die Pfarrstelle in Rettert damals an Nassau-Idstein überging. [Anm. 9]

Im Jahr 1608 wird von einem Neubau der Schule berichtet, die alte Schule war um das Jahr 1600 herum abgebrannt. Die neue Schule wurde danach bis 1839/1840 genutzt. Danach entstand wiederum ein neues Schulgebäude, was bis 1908 in Gebrauch war. [Anm. 10]

Während des Dreißigjährigen Krieges (1618 bis 1648) wurde die Bevölkerung von Rettert durch Krankheiten dezimiert. [Anm. 11]

Bei Bauarbeiten an der Kirche von Rettert wurde im Jahr 1731 in der alten, baufällig gewordenen Kirche eine Glocke aus dem Jahr 1440 vorgefunden. Sie wurde in der 1733 neu erbauten Kirche aufgehängt. [Anm. 12]

Zwischen 1715 und 1777 gab es immer wieder Auseinandersetzungen zwischen dem Haus Hessen-Darmstadt, vertreten durch die Erben der Grafen von Katzenelnbogen, und dem Haus Nassau im Grenzgebiet von Rettert, die im Bereich „Weissler Höhe“ stattfanden. Gerichtsakten aus dem vierherrischen Gericht zu Nassau berichten beispielsweise 1732, 1757 und 1765/66 davon. [Anm. 13]

Mit der Auflösung des „Vierherrengerichts“ hörten die Streitigkeiten 1775 auf. [Anm. 14] 1777 wurden die Häuser Nassau-Usingen und Nassau-Weilburg die gemeinsamen Herren von Rettert. [Anm. 15] Die Weissler Höhe fiel zu 1/3 an Nassau, zu 2/3 an Hessen-Darmstadt. [Anm. 16]

Aus dem Jahr 1849 ist bekannt, dass der Landwirt Johann Friedrich Goebel mit seiner Frau Wilhelmine, geb. Gemmer sowie 6 Kindern aus Rettert in die USA nach Canal Dover (Ohio) auswanderte. In den Jahren 1864 und 1868 berichtet die Familie ihren Verwandten in Rettert über ihre maschinenbetriebene Landwirtschaft und von ihren Erfolgen und Schwierigkeiten in der neuen Heimat.  [Anm. 17]

Ab 1816 gehörte Rettert zusammen mit den weiteren Dörfern, die die spätere Verbandsgemeinde Katzenelnbogen bildeten, zum Herzogtum Nassau. [Anm. 18]

Ab 1972 gehörte Rettert zur Verbandsgemeinde Katzenelnbogen, die im Rahmen einer großen Verwaltungsreform gebildet wurde. Die Verbandsgemeinde Katzenelnbogen ging 2019 in die Verbandsgemeinde Aar-Einrich über, die aus dem freiwilligen Zusammenschluss der Verbandsgemeinden Hahnstätten und Katzenelnbogen gebildet wurde.

Rettert feiert alle drei Jahre nach alter Sitte die „Fahlerkerb“, die auf eine jahrhundertealte Tradition zurück geht. [Anm. 19]

NACHWEISE

Verfasserin Text: Marion Nöldeke

Verwendete Literatur:

  • Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (Hg.): Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler Rhein-Lahn-Kreis, Mainz 2018, http://denkmallisten.gdke-rlp.de/Rhein-Lahn-Kreis.pdf, S. 51 (Aufruf: 05.06.2020).

  • Herold, Rudolf: Katzenelnbogen und der Einrich. Katzenelnbogen 1974.

  • Herold, Rudolf: Streifzüge durch die Vergangenheit. Beiträge zur Geschichte der Gemeinden im Katzenelnbogener Raum. Katzenelnbogen 1985.

Erstellt am: 12.06.2020

Anmerkungen:

  1. Herold 1985, S. 279.  Zurück
  2. Herold 1985, S. 205.  Zurück
  3. Herold 1985, S. 133-134.  Zurück
  4. Bannzaun = Zaun, der einen Gerichts-, Herrschafts- oder Gemeindebezirk begrenzt.  Zurück
  5. Herold 1985, S. 279.  Zurück
  6. Herold 1985, S. 279.  Zurück
  7. Herold 1985, S. 206, S. 237 und S. 239.  Zurück
  8. Herold 1985, S. 285.  Zurück
  9. Herold 1985, S. 286.  Zurück
  10. Herold 1985, S. 287.  Zurück
  11. Herold 1985, S. 286.  Zurück
  12. Herold 1985, S. 285.  Zurück
  13. Herold 1985, S. 282-284.  Zurück
  14. Herold 1985, S. 285.  Zurück
  15. Herold 1985, S. 279.  Zurück
  16. Herold 1985, S. 285.  Zurück
  17. Herold 1985, S. 287.  Zurück
  18. Herold 1974, S. 15.  Zurück
  19. Herold 1985, S. 287. Die Ortsgemeinde Rettert erläutert den Brauch auf ihrer Internetseite wie folgt: Rettert, das um 1250 erstmals erwähnte, höchstgelegene Dorf der Verbandsgemeinde, gehörte eigentlich zum Vierherrischen, war aber innerhalb der Bannzäune schon früh nassau – saarbrückisch. Die schwierige territoriale Situation führte dazu, dass die Einwohner von Rettert, wenn sie aufs Feld fuhren, eigentlich schon eine Grenze überschritten, denn die Gemarkung war vierherrisch. Es kam dazu, dass innerhalb der Bannzäune Leibeigene aller vier Landesherren wohnten. Daneben wurden Siedlungen außerhalb der Bannzäune auf vierherrischem Boden angelegt, was die Konfusion komplettierte. Auf dieser Grundlage entstand die seltsamste Kerb unserer Heimat, die Fahlerkerb! Auf dem Fahler, dem Platz vor dem Falltor der Bannzäune von Rettert, feierte die Gemeinde Laufenselden (Heidenrod) alle drei Jahre ihre Kerb. Die Retterter feierten im Dorf, und in einer Zeit, als die Obrigkeit das Tanzvergnügen am Sonntag verbot, in den Häusern. Die Zeiten, in denen es manchmal auch mit Hauen und Stechen zuging, sind gottlob vorbei, aber noch heute feiert Laufenselden auf einem Platz am Dorfrand alle drei Jahre die Fahlerkerb und die Retterter sind dabei. Danach geht es in die Häuser von Rettert, wo jeder gastlich bewirtet wird.“ http://www.rettert.de/Fahlerkerb/ (Aufruf: 12.06.2020)  Zurück