Die Alte Ziegelei einst und jetzt
einst ...
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts betrieb Nikolaus Tremmel in unmittelbarer Nähe ergiebiger Tonvorkommen bei Mainz-Bretzenheim eine Ziegelhütte. Ludwig Anselm Rosbach finanzierte ihm 1904 einen "Hoffmannschen Ringofen" und leitete damit zusammen mit der Einführung von Maschinen die Industrialisierung der Alten Ziegelei ein. Damit vervielfachte sich spontan die Kapazität der Herstellung gegenüber früher und verkürzte sich die Brenndauer, sowie sich der Kohlebedarf erheblich steigerte. Pro Tag wurden hier jetzt etwa 30.000 Ziegel gebrannt werden, die Jahresproduktion lag schließlich um 1900 bei über 5.700.000 Ziegeln.
Die einzelnen Schritte der Ziegelherstellung hatten sich plötzlich von der manuellen zur maschinellen Durchführung weiterentwickelt. Der Antrieb aller Maschinen erfolgte zunächst durch eine einzige Dampfmaschine und über sog. Transmissionsriemen. Daher lautete auch die offizielle Bezeichnung der Alten Ziegelei "Dampfziegelei Rosbach".
1922 erfolgte die dann schließlich die zweite Modernisierung des Betriebes, Arbeiterwohnungen und Nebengebäude wurden errichtet. Die Maschinen wurden fortan mit Elektromotoren angetrieben, die Pferde für den Transport des Lehms oder die Verteilung der Ziegel an die Kunden durch Diesellock und Auto ersetzt. In den 60er Jahren wurden Trockenkammern eingerichtet, die aus warmer Luft aus dem Ringofen gespeist wurden und den Betrieb wetter- und saisonunabhängig machten. Die Weltkriege überstand die Alte Ziegelei unbeschadet.
... und jetzt
Die Alte Ziegelei stellte 1972 ihren Betrieb ein und zerfiel. Als Reaktion auf verschiedene kommerzielle Nutzungskonzepte etablierte sich ein Volkshochschul-Arbeitskreis in Bretzenheim, der politisch erreichte, dass das gesamte Gelände von ca. 190.000 m² mit allen Aufbauten 1978 von der Stadt Mainz erworben wurde. 1992 wurde die Alte Ziegelei als Industriedenkmal und Denkmalzone dann unter staatlichen Schutz gestellt.
Schon 1980 gründete sich der Verein der Ziegeleifreunde, dessen Aufgabe es ist, die Alte Ziegelei als Industriedenkmal zu erhalten und die Entwicklung zu einem nicht-kommerziellen Bildungs-, Freizeit- und Kulturzentrum zu fördern. Was er bis heute mit allen Kräften tut!
So befinden sich zur Zeit auf dem Gelände der Alten Ziegelei so unterschiedliche Einrichtungen wie ein privater Kindergarten, eine inzwischen staatlich anerkannte Schauspielschule, eine funktionstüchtige Schmiede, eine Druckerwerkstatt, ein Büro des BUND, ein Naturlehrpfad, eine Fahrradwerkstatt, Künstlerateliers und Flüchtlingswohnstätten mit 80 Flüchtlingen. Darüber hinaus werden eine große zahl verschiedenster Volkshochschulkurse in der Ziegelei angeboten.
Am bekanntesten ist die Ziegelei durch die Feste und Feiern geworden, von denen jährlich bis zu 400 im Ziegeleigelände abgehalten werden. Eingebettet in diese Vielfalt von Aktivitäten rund um das Kalenderjahr ist das Ziegelmuseum über dem Ringofen.
Den Grundstock des Museumsbestandes bilden die Sammlung von Prof. Dr. Klaus Ewe mit über 60 gestempelten römischen Ziegeln und die Wasserrohre von Christian v. Kaphengst, die ebenfalls bis in die römische Zeit zurückdatieren und insgesamt umfasst der Museumsbestand Exponate aus einen Zeitraum von über fünf Jahrtausenden und umfangreiche Ziegel- und Tonröhrenbeispiele vom Mittelalter bis in die Neuzeit.