Evangelische Pfarrkirche in Engelstadt
Als besonderes Wahrzeichen von Engelstadt gilt die heute evangelische Pfarrkirche. Diese wurde erstmals 1228 in einem Nachweis erwähnt, der besagte, dass sie dem heiligen Mauritius (gest. 3. Jhd.) geweiht war.[Anm. 1]Ihren Platz hat die Kirche inmitten des Friedhofs von Engelstadt und steht nach fränkischer Tradition in der Randlage und am höchsten Punkt des Orts. In den Jahren 1324 und 1325 wechselten die Patronats- und Zehntrechte des Kölner St. Andreasstift zu dem Mainzer Liebfrauenstift. 1556 wurde zunächst der lutherische Glaube durch Kurfürst Ottheinrich (1502–1559; Amtszeit: 1556–1559) und dann der reformierte (d.h. der calvinistische) Glauben unter dessen Nachfolger Kurfürst Friedrich III. (1515–1576; Amtszeit: 1559–1576) eingeführt. Die Kirche wurde durch Kriege mehrfach beschädigt. So wurde sie z.B. 1620 während des Dreißigjährigen Kriegs von den Spaniern niedergebrannt und erlitt auch im Zweiten Weltkrieg schwere Schäden. Sie wurde seitdem mehrmals wiederhergestellt. Nach 1945 wurde sie bis 1947 wiederaufgebaut. Am 31. Oktober 1947 fand die Einweihung des wieder errichteten Kirchturms statt.[Anm. 2] 1989 und 1990 erfolgte eine grundlegende Restaurierung. Außerdem benutzen seit dem Abriss des Rathauses mit der dazugehörigen Kapelle 1977 die Katholiken die Kirche. Die Kirche hat einen dreiseitig geschlossenen Chor. Dieser zeigt neben spätgotischen auch barocke Stilelemente. Man vermutet, dass der romanische Westturm im späten 11. oder frühen 12. Jahrhundert errichtet worden ist. Er besteht aus vier Geschossen, die sich nach oben hin verjüngen. Der Turm ist unten über Kopfkonsolen, oben von Lisenen und Rundbogenfriese gegliedert. Das Dach hat die Form eines einfachen Pyramidenhelms. Am Südportal des Kirchturms befindet sich ein Türsturz. Er ist mit Reliefs geschmückt, die Zirkelstern, Spiralmotive und einen Löwen darstellen.[Anm. 3]Seine Datierung ist bis heute nicht geklärt. Man datiert ihn sowohl in die Merowingerzeit als auch in die Karolingerzeit. Der Entstehungszeitraum könnte auch im 11. oder 12. Jahrhundert liegen. Dazu schrieb der Kunsthistoriker Fritz Arens: „Durch eine schmale streifenartige Erhöhung sind Pfosten beiderseits der Tür vorgetäuscht, die früher wohl auch die Begrenzung für den Putz bildeten, der über die Quader hingezogen war. Der Sturz und das auf ihm liegende anschließenden Gesims aus Platte und Schräge sind aus einem Stein gehauen. Seine Mitte nimmt ein eingerolltes Andreaskreuz aus dünnen Stengeln ein. Seine kreisförmige Umrahmung ist aus kleinen Pyramiden zusammengesetzt. Hier rechts davon ein Quadrat aus denselben Pyramiden; senkrecht, waagrecht und diagonal in 8 gleiche Dreiecks-Abschnitte geteilt. Es folgt eine Art von Lebensbaum aus eingerollten Voluten anstelle von Ästen. Rechts außen sind vier kleine Andreaskreuze übereinandergestellt. Links von der Mitte ein Zirkel-Sechsstern im Diamantenkranz und im äußeren Feld ein zur Mitte laufender Löwe. […] Alleine von der Sturzform mit dem angearbeiteten Gesims her besteht kein Zweifel, dass er aus dem 11. Oder 12. Jahrhundert stammt. Da aber der Bogenfries des Turmes aus Steinplatten besteht, kommt eher die Zeit vom Ende des 11. Jahrhunderts an in Frage.“[Anm. 4]Die Kirchturmglocke wurde 1708 in Mainz gegossen und hatte ein Gewicht von 3 Zentner. 1742 wurden zwei neue Glocken angeschafft. Im Zweiten Weltkrieg musste die große Glocke zu Kriegszwecken abgeliefert werden. Man fand sie sechs Jahre später in Hamburg auf einem Glockenfriedhof wieder und holte sie zurück nach Engelstadt.[Anm. 5]Das Kirchenschiff wurde vermutlich um 1500 errichtet, dabei wurden wohl Teile eines romanischen Mauerwerks verwendet.[Anm. 6] Es wurde im 18. Jahrhundert in dem Barockstil entsprechenden Formen umgestaltet. Auf dem Kirchenschiff ruht ein schiefergedecktes Satteldach, die Decke ist allerdings flach. Der Chor der Kirche hat einen dreiseitigen Schluss. Seitliche Strebefeiler stützen ihn. Auf der Nordseite ist er leicht eingezogen. Das Südportal des Kirchenschiffs stammt aus dem beginnenden 16. Jahrhundert. Die Spitzbogenfenster waren bis zur Umgestaltung im 18. Jahrhundert mit Maßwerk versehen. Der spitze Chorbogen besteht aus ineinander verkreuzten Stabprofilen. Die Ausstattung der Kirche stammt größtenteils aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Kirche wurde 1854 renoviert und umgebaut. Dabei wurde sich die Westempore neu errichtet. Auch die Orgel wurde neu im historistischen Stil errichtet. Sie entstammt der Orgelbaufirma Dreymann aus Mainz und besitzt ein neugotisches Gehäuse. Sie wurde 1855 der Kirche übergeben. Der Kanzelkorb besitzt eine polygonale Form und wird von einem Kranz von Strebepfeilern gestützt. Das Gestühl für die Gemeinde sowie für die Presbyter ist mit den für das 18. Jahrhundert typischen geschweiften Wangen versehen. Der Friedhof ist mit hohen Stützmauern befestigt. Ein 1591 erwähntes Beinhaus ist nicht mehr vorhanden. Der an der Hauptstraße gelegene Eingang zum Kirchhof besteht aus einer Treppenanlage die mit einem schmiedeeisernen Gitter versehen ist. Auf dem Friedhof sind spätklassizistische Sandsteinpfosten erhalten. Der Baumbestand ist alt und an den alten Friedhof grenzt in Richtung Westen ein neuer Friedhof seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert an.[Anm. 7]
Nachweise
Verfasserin: Angela Göbel
Redaktionelle Bearbeitung: Alexander Wißmann M.A.
Verwendete Literatur:
- Hinkel, Erich: Engelstadt. Geschichte in Bildern und Dokumenten. Bad Kreuznach 2010.
- Landesamt Denkmalpflege (Hrsg.): Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Band 18.1: Kreis Mainz-Bingen. Bearb. v. Dieter Krienke. Worms 2007.
Aktualisiert am: 6.11.2017