Zur Geschichte von Friesenheim
Vor- und Frühgeschichte bis zur Mittelalter
Das Gebiet der späteren Gemeinde Friesenheim war wie das anderer Dörfer in Rheinhessen bereits in der Vorgeschichte besiedelt. Dort fand man die Relikte der Rössener Kultur (etwa 4600-4300 v. Chr.) z. B. fragmentarische Keramik und Grabbeigaben aus der späten Eisenzeit (seit etwa 500 v. Chr.). [Anm. 1]
In der Römischen Zeit (753 v. Chr.- 476 n. Chr.) gehörten zu der Gemarkung Friesenheim die Nachbarorte Dexheim, Dahlheim, Undenheim, Bechtolsheim und Gabsheim. Kleinfunde aus dieser Zeit, z. B. Münzen und Tongefäße, wurden in diesem Gebiet gefunden. [Anm. 2]
Die Ortsgemeinde Friesenheim geht vermutlich auf eine fränkische Gründung zurück, da der Name auf -heim endet. Es gibt verschiedene Schreibweisen des Namens. Seit 771 gibt es den Namen Frisenheim. Er bezog sich aber auf das heutige Friesenheim bei Ludwigshafen am Rhein. Andere Schreibweisen lauten: Friesenhaim (803), Vrisinheim (1130), Frisinheim (1286), Friesinheim (1330), Friesenheim (1330). Erstmals erwähnt wird das rheinhessische Dorf im Jahr 1190 im Lehensbuch von Werner II. von Bolanden. [Anm. 3]
Im Mittelalter wechselte die politische Zugehörigkeit über das Dorf mehrfach. Im Jahr 1322 belehnte Otto von Bolanden den Wigand von Dienheim mit dem Lehen zu Friesenheim, das zuvor Heinrich von Selzen gehört hatte. Ab 1380 waren der Vasall Heinrich II. von Sponheim-Dannenfels sowie Wigand und Sigfried von Dienheim mit Dorf, Gericht und Zehnt in Friesenheim belehnt. [Anm. 4]
Während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) wurde das Dorf verwüstet. Von 1635 bis 1651 war der Ort menschenleer. Nach ungefähr 35 Jahren wohnten im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688-1697) kaum mehr als 50 Einwohner dort. Der Wiederaufbau des Dorfes dauerte die ganze 18. Jahrhundert. Die Einwohnerzahl stieg auf 238 im Jahr 1806 über 377 (1830) bis 539 (1852). [Anm. 5]
Friesenheim in der Franzosenzeit
Die Ideen der Französischen Revolution verbreiteten sich nach 1789 in ganz Europa. Die europäischen Fürsten – allen voran Leopold II. und König Friedrich Wilhelm II. von Preußen –befürchteten revolutionäre Auswirkungen in ihren Ländern. Ihre Gegenrevolution gipfelte im Ersten Koalitionskrieg zwischen 1792 und 1797.
Im Jahr 1792 griff der französische General Adam-Philippe de Custine das linke Rheinufer an. Am 21. Oktober wurde Mainz von den Franzosen besetzt. In der Folge entstand hier die Mainzer Republik (März bis Juli 1793), die als erster Demokratieversuch auf deutschem Boden betrachtet wird. Die neue Republik wurde jedoch nicht von allen Teilen der Bevölkerung getragen. Im Vorfeld der Wahlen versuchten die Jakobiner die Einwohner für ihre Ziele zu gewinnen. Am 15. März 1793 rückten die Jakobiner, vermutlich zusammen mit französischen Truppen, in Friesenheim ein. Die Friesenheimer mussten – ebenso wie alle Wähler des Rheinisch-Deutschen Nationalkonvents –einen Eid auf die demokratischen Prinzipien zu schwören. Der Eid lautete: „Ich schwöre, treu zu sein dem Volke und den Grundsätzen der Freiheit und Gleichheit.‘‘ [Anm. 6]
Ende Juni 1793 griff die preußische Artillerie Mainz mit einem massiven Bombardement an. Die Kapitulation der Franzosen stand bevor. Am 24. Juli 1793 zogen die Franzosen aus Mainz ab. [Anm. 7]
Die Stadt Mainz wurde mit ihrer Festung an den preußischen König Friedrich Wilhelm II. übergeben. Doch die Revolutionskriege waren damit noch nicht beendet. Immer wieder kam es im linksrheinischen Gebiet zu Kämpfen. Schließlich kamen Mainz und die Umgebung mit dem Frieden von Campo Formio im Oktober 1797 wieder in den Besitz der Franzosen und blieb es bis zum Ende der napoleonischen Besatzung in Deutschland. Friesenheim wie Mainz gehörten währenddessen zum Département Donnersberg (französisch: Département du Mont-Tonnerre).
Während der Besatzung mussten viele junge Männer im Département Donnersberg Militärdienst in der französischen Armee ableisten. Dies galt auch für Friesenheim. [Anm. 8]
Die Gemeindestube in Friesenheim wurde während der napoleonischen Besatzung zeitweise als Lazarett genutzt (23. November bis 26. Dezember 1813). Zu diesem Zeitpunkt verlor Napoleon den Feldzug gegen Russland. Napoleons Position in Europa verschlechterte sich. Nach dem Wiener Kongress wurden Mainz und die Umgebung Teil des Großherzogtums Hessen.
Friesenheim im 19./20. Jahrhundert
Die Region Rheinhessen entstand im Jahr 1816 nach dem Wiener Kongress. Die Provinz entsprach einem Teil des früheren Départements Donnersberg und umfasste die linksrheinischen Gebiete des Großherzogtums Hessen. Zunächst gab es vier Kreise: Alzey, Bingen, Mainz und Worms. Zuerst gehörte Friesenheim zum Kreis Alzey, im Jahr 1854 wurde das Dorf dem Kreis Oppenheim zugeschlagen. [Anm. 9]
Die Epoche von 1815 bis 1830 bezeichnet man oft als Zeit der Restauration. Der österreichische Außenminister Fürst von Metternich, eine wichtige Figur dieser Zeit, wollte das monarchische Prinzip und das Gleichgewicht der europäischen Mächte wiederherstellen. Das „System Metternich“ stand für den Kampf gegen die Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und die demokratischen Ideen der Liberalen. Die Restauration führt zu politischer Unzufriedenheit im deutschen Südwesten. Während der Revolution von 1848/1849 fanden viele Versammlungen gegen Monarchie statt. Die Friesenheimer waren aber von ,,ruhiger Gemüthsart“ und befassten sich „nicht mit politischen Angelegenheiten.‘‘ Am 6. Juli 1849 berichtete der Bürgermeister, dass Friesenheim keine Waffen besitze und niemand aus der Gemeinde sich den Freischärlern angeschlossen habe. [Anm. 10]
Friesenheim war von der Landwirtschaft geprägt. Größere handwerkliche Arbeiten wurden meist von Betrieben aus den Nachbarorten ausgeführt. Nach Eröffnung von Eisenbahnstrecken wie der Verbindung Bodenheim-Gau-Odernheim und Nierstein-Undenheim-Köngernheim fanden einige Friesenheimer Arbeitsplätze außerhalb, weil sie nun mit der Bahn in verschiedene Bereiche im rheinhessischen Raum pendeln konnten. [Anm. 11]
Im Ersten Weltkrieg (1914-1918) wurden viele junge Menschen aus Friesenheim, wie aus vielen anderen Dörfern in Deutschland, in den Krieg geschickt. Insgesamt 25 Soldaten aus Friesenheim an der Front starben. Zum Gedenken an diese Soldaten wurde im Jahr 1932 in Friesenheim vom Militärverein ein Kriegerdenkmal vor der Evangelischen Kirche errichtet. [Anm. 12]
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Deutschland von einer Monarchie zu einer parlamentarisch-demokratischen Republik. In der Weimarer Republik (1918-1933) gehörte Friesenheim zum Volksstaat Hessen. Es gab kein französisches Kommando in Friesenheim während der Besatzung des linksrheinischen Teiles Rheinhessens. Die Franzosen interessierten sich aber für den Ort wegen dessen napoleonischer Vergangenheit. Beispielsweise wurde der „Franzosenstein“, ein Denkmal, das sich auf dem Friedhof befindet, im Jahr 1919 mit einer Krone geschmückt. [Anm. 13]
Die Unterzeichnung des von vielen Deutschen als ungerecht empfundenen Versailler Friedensvertrages mit Reparationszahlungen sowie Gebietsverlusten und Besetzung durch die Alliierten löste Ressentiments aus. Die wirtschaftliche Entwicklung war durch Inflation und Hyperinflation geprägt. Nach dem Währungsschnitt 1923 mit der Einführung der Rentenmark verbesserte sich die wirtschaftliche Lage allmählich, doch ab Ende der 1920er Jahre wirkte sich die Weltwirtschaftskrise und 1931 die Bankenkrise verheerend auf die Beschäftigungssituation aus. Die Unzufriedenheit in der deutschen Bevölkerung bewirkte eine Radikalisierung des Wählerverhaltens. Auch die Macht der NSDAP erstarkte in dieser Zeit, indem sie an den Nationalismus der Deutschen appellierte. Die Ergebnisse der Reichstagwahlen in Friesenheim von 1928 bis 1933 spiegeln diese Entwicklung wider: Im Jahr 1928 gab es nur zwei Stimmen für die NSDAP in Friesenheim (Wahlrecht: 357, gültige Stimmen: 257). Bei der letzten Reichtagwahl 1933 stieg ihr Stimmanteil auf 47,8 %, das waren 165 von 345 gültigen Stimmen. [Anm. 14]
Am 30. Januar 1933 wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt. Im Rahmen der sogenannten Gleichschaltung wurden andere Parteien als die NSDAP verboten oder lösten sich unter äußerem Druck auf. Die Nationalsozialisten begründeten zahlreiche Zweigorganisationen. In Friesenheim waren insbesondere die Hitlerjugend und der Bund deutscher Mädel aktiv. Am 22. April 1934 überreichte der Bürgermeister Friesenheim dem NS-Kreisleiter Großmann aus Anlass des Geburtstags von Hitler die Ehrenbürgerurkunde für diesen. [Anm. 15]
Im Zweiten Weltkrieg wurde Friesenheim mehrfach als Quartier benutzt. Der Kriegsalltag war fast ,,friedlich“. Das Dorf wurde nicht bombardiert wie Mainz Die obdachlosen Mainzer suchten eine Unterkunft in Friesenheim und anderen umliegenden Dörfern. Am 20. März 1945 wurde Friesenheim von amerikanischen Soldaten besetzt. [Anm. 16]
Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg für Deutschland. Friesenheim wurde Teil der französischen Besatzungszone.
Heute gehört Friesenheim zur Verbandsgemeinde Oppenheim-Nierstein im Landkreis Mainz-Bingen in Rheinland-Pfalz. Am 31. Dezember 2015 lebten 722 Menschen in Friesenheim.
Nachweise
Redaktionelle Bearbeitung: Zhijiang Zhao
Verwendete Literatur:
- Brilmayer, Karl Johann: Rheinhessen in Vergangenheit und Gegenwart. Geschichte der bestehenden und ausgegangenen Städte, Flecken, Dörfer, Weiler und Höfe, Klöster und Burgen der Provinz Rhzeinhessen nebst einer Einleitung, Gießen 1905.
- Krienke, Dieter: Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz Bd. 18 3, Worms 2011.
- Felten, Franz und Matheus, Michael (Hg.): Rheinhessen-Identität-Geschichte-Kultur, Stuttgart 2016. (Geschichtliche Landeskunde 72).
- Neumer, Franz: Friesenheim. Geschichte eines Dorfes in Rheinhessen, Alzey 2001.
-
Würz, Markus: Kampfzeit unter französischen Bajonetten: die NSDAP in Rheinhessen in der Weimarer Republik, Stuttgart 2012. (Geschichtliche Landeskunde 70).
Aktualisiert am: 10.07.2017
Anmerkungen:
- Neumer 2001, S. 9. Zurück
- Neumer 2001, S. 9. Zurück
- Krienke 2011, S. 89. Zurück
- Brilmayer 1905, S. 152. Zurück
- Krienke 2011, S. 89f. Zurück
- Neumer 2001, S. 65. Zurück
- Neumer 2001, S. 65. Zurück
- Neumer 2001, S. 71. Zurück
- Neumer 2001, S. 74. Zurück
- Neumer 2001, S. 96f. Zurück
- Neumer 2001, S. 104. Zurück
- Neumer 2001, S. 110. Zurück
- Neumer 2001, S. 114. Zurück
- Neumer 2001, S. 117-118. Zur Geschichte der NSDAP in Rheinhessen siehe Würz 2012. Zurück
- Neumer 2001, S. 124. Zurück
- Neumer 2001, S. 124. Zurück