Katholische Kirche St. Ägidius in Fürfeld
Als besonderer Förderer des Kirchenneubaus der katholischen Gemeinde in Fürfeld gilt der regierende Freiherr Lothar Franz von Kerpen (1706–1788). Im Chronogramm über dem Eingang der Kirche ist sein Name zu lesen: DIvo cultui orthodoxae religionis usui expensis oppidi nova surrexi sub augusto gubernio D. Francisci Lotharii de Kerpen dynastae.[Anm. 1]
Die katholische Pfarrkirche wurde 1774–1776 von Peter Reheis (1739–1804) aus Arzviller (Arzweiler) im Elsaß auf dem von den Brüdern Jakob und Andreas Lahr geschenkten Grundstück erbaut. Der Akkord mit Reheis ist erhalten.[Anm. 2] In den Jahren 1774–1776 waren verschiedene Handwerker am Bau beteiligt. Maurer war Christian Degen aus Neu-Bamberg. Zimmer-, Schlosser- und Schreinerarbeit lieferten Johann Kaufmann, Karl Jungk und Johann Friedrich Burkhardt aus Fürfeld sowie Johann Nikolaus Fink aus Frei-Laubersheim. Die Malerarbeiten besorgten Johann Petri und Jakob Gröber aus Bad Kreuznach. Die Fenster fertigte Wilhelm Ludwig Schmahl aus Badenheim. Die Bildhauerarbeiten übernahm Mathias Weißer (gest. 1813) aus Kaiserslautern.[Anm. 3] Die Kirche wurde am 8. September 1776 durch den Dekan und Pfarrer von Gabsheim Mathias Goor (1713-1783) benediziert. Propst Martin Siecher aus Kloster Tholey, Pfarrer von Frei-Laubersheim, hielt die Predigt. Die Konsekration der Kirche fand erst ca. 100 Jahre später durch den Mainzer Bischof Paul Leopold Haffner (1829–1899) am 7. Oktober 1899 statt.[Anm. 4]
Das Gebäude ist in den Verlauf der Kreuzstraße integriert worden. Der Saalbau besitzt einen dreiseitigen Chor und einen hohen Giebeldachreiter. Die Westfront mit dem Eingangsportal ist in zwei Geschosse gegliedert, wobei letzteres in einem geschwungenen Giebel endet. Im Giebel, der von einem Dachreiter abgeschlossen wird, steht in einer Nische die Sandsteinskulptur des Hl. Ägidius. Neben den Voluten flankieren die Apostelfürsten Petrus und Paulus den Giebel. Die Heiligenfiguren sind vom Bildhauer Weißer aus Kaiserslautern gefertigt worden.[Anm. 5]
Der Architekt Peter Reheis war Schüler von Friedrich Joachim Stengel (1694–1787), der im Dienst der Fürsten von Nassau-Saarbrücken stand. Die Fürfelder katholische Kirche gilt als sein erstes Werk, nachdem er seine Ehefrau Anna Maria Both (gest. 1804) geheiratet hatte und sich 1774 in Blieskastel niedergelassen hatte. Dem Kirchenbau in Fürfeld folgen stilistisch ähnliche und meisterhafte Bauten, wovon die Schloßkirche in Blieskastel (1776–1781) die bedeutendste Kirche ist.[Anm. 6]
Seit der letzten Restaurierung ist der Innenraum wieder ein weiß gestrichener heller Saal, der von einer Voutendecke überwölbt wird. In den Bildfeldern der Voute, die von Stuckleisten gerahmt sind, befinden sich heute moderne Darstellungen. Im Chor ist die Krönung Mariens im Himmel durch Gottvater und Gott Sohn Jesus Christus sowie dem Hl. Geist dargestellt. Das Zentrum der Voute nimmt Christus als Sieger zusammen mit den Kirchenpatronen St. Joseph und Ägidius ein, während in den flankierenden Rocaille-Medaillons die vier Evangelisten sowie Moses und König David des Alten Testaments zu sehen sind.[Anm. 7]
Der Hochaltar wurde laut geschlossenem Akkord vom 11. Januar 1776 von Mathias Weißer aus Kaiserslautern hergestellt und am 21. April 1777 abgeliefert.[Anm. 8] Es handelt sich um ein geschwungenes Retabel mit Tabernakel und Mensa. Auf dem Retabel ist der Gekreuzigte Heiland zu sehen, der von zwei Engeln zu Seiten des Tabernakels betrauert und anderen zwei Engeln beweihräuchert wird. Unter dem Kruzifixus befindet sich das Wappen des Freiherrn von Kerpen. Der Tabernakel ist dekoriert mit eucharistischen Symbolen. Der Bildhauer der Skulpturen ist ebenfalls Mathias Weißer, der in vielen Kirchen mit dem Architekten Reheis zusammengearbeitet hat.[Anm. 9] 1897 wurde der Hochaltar durch einen neugotischen Hochaltar von den Brüdern Jakob (1860–1916) und Georg Busch (1862–1943) aus Steinheim am Main ersetzt. Der Altar von Weißer wurde von Pfarrer Philipp Steinacker (Amtszeit: 1894-1903) von Ober-Flörsheim für die Filialkirche von Flomborn gekauft.[Anm. 10] Anstelle des neugotischen Altars kam der ursprüngliche Altar wieder in die Kirche zurück.
Die Kirchenfenster im Chorraum stellen den Hauptpatron und den Nebenpatron der Fürfelder Kirche dar: Der Hl. Ägidius und der Hl. Joseph. Sie waren auch schon Patrone der alten Kirche von Fürfeld.[Anm. 11] Die Fenster wurden in der Werkstatt von Alexander Linnemann (1839–1902) in Frankfurt am Main gefertigt.[Anm. 12]
Im Chor befindet sich ein Reliquienkasten mit Gebeinen unterschiedlicher Heiliger, wozu der Hofgürtler Hebel in Mainz 1778 ein versilbertes Kruzifix fertigte.[Anm. 13]
An der Schwelle zum Chorraum standen zwei Nebenaltäre, die man am 2. September 1776 aus Kloster Marienthal im Rheingau für 35 fl. gekauft hatte. Diese Altäre blieben bis 1896 stehen und wurden dann beseitigt um neugotischen Altären Platz zu machen.[Anm. 14] Heute befinden sich anstelle der Seitenaltäre aus dem 19. Jahrhundert links und rechts auf Konsolen des Schreinermeisters Burkhardt zwei Heiligenfiguren, Maria im Typus der Immaculata und der Hl. Joseph. Die Entstehung und die Lieferung der Figuren sind gut bezeugt. Beide wurden in der Werkstatt von Johann Georg Biterich (1724–1789) in Mainz 1777 gefertigt und geliefert.[Anm. 15] Die Immaculata und der Hl. Joseph bilden ein Fundament für weitere Zuschreibungen an den Bildhauer Johann Georg Biterich.[Anm. 16] Die Figuren haben leider ihre Attribute verloren. In beiden Fällen war es der Lilienstengel, dem Sinnbild für die Reinheit. Biterich lieferte auch das Lamm Gottes auf dem Taufsteindeckel für 3 Gulden.[Anm. 17]
Im Kirchenschiff befindet sich ein neugotischer Seitenaltar, der aus der Sammlung des Frankfurter Stadtpfarrers Ernst Franz August Münzenberger (1833-1890) stammt.[Anm. 18] Die Provenienz des Altars ist sehr interessant und wurde stets nur mit Frankfurter Dom angegeben. Alte Fotografien zeigen den Altar in St. Mauritius in Clervaux, wohin er 1910 aus dem Nachlass des Frankfurter Pfarrers Münzenberger gelangte. Dort stand die Hl. Elisabeth im Zentrum des Retabels.[Anm. 19] Die einzigen Heiligenfiguren, die ursprünglich im Retabel standen, waren die Hl. Barbara und Katharina, heute auf den Seitenflügeln des Retabels. Sie wurden in den stark veränderten Altar mit übernommen. Die ursprünglich dort zu sehenden Heiligen Elisabeth, Valentin und Laurentius sind nicht mehr vorhanden. Sie sind durch die Hl. Anna, den Hl. Laurentius und die Hl. Dorothea vertauscht worden, deren Provenienz nicht bekannt ist.
Das Retabel wurde um 1500 gefertigt. Der Altar ist heute der Hl. Anna geweiht, der Mutter Mariens und Großmutter Jesu. Die zentrale Figur zeigt Anna mit Jesus und Maria auf beiden Armen. Der Typus ist allgemein als Anna Selbdritt bekannt und im Mittelalter eine weit verbreitete Darstellung. Im Gesprenge des Retabels ist der Hl. Jakobus der Ältere zu sehen. In den Flügeln stehen die Hl. Katharina von Alexandria und die Hl. Barbara von Nikomedien. Neben der Hl. Anna stehen der Hl. Laurentius von Rom und die Hl. Dorothea von Cäsarea. Die Farbfassung des Altars ist neu nach mittelalterlichen Vorbildern aufgetragen worden.[Anm. 20] Im Kirchenschiff befinden sich einige Heiligenfiguren, darunter die wertvolle Pietà aus dem Mittelalter um 1500 und eine Figur des Hl. Johannes Nepomuk aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, wahrscheinlich von Johann Georg Biterich. Die Holzfigur der Pietà stammt aus der alten Kirche und bot Anlass zu Streitereien zwischen den Konfessionen. Sie wurde zuletzt von den Brüdern Busch 1907 restauriert.[Anm. 21] Sie wurde letztendlich der katholischen Gemeinde überlassen. Der Kunstführer Dehio erwähnt noch eine Skulptur des Hl. Sebastian und ein Gemälde der Anbetung der Hl. Drei Könige aus dem 17. Jahrhundert, das aus der Filialgemeinde Wonsheim stammen soll.[Anm. 22]
Der Beichtstuhl ist eine tüchtige Arbeit aus der Erbauungszeit. Johann Friedrich Burkhardt hat ihn für 27 Gulden und 5 Kreuzer gefertigt. Der Baumeister Reheis lieferte die Türen für 60 Gulden. Die Kanzel mitsamt ihren Verzierungen stammt von Weißer, der sie zusammen mit dem Hochaltar für 315 Gulden gefertigt hat.[Anm. 23]
Bis 1834 besaß die Kirche keine Orgel. Erst dann wurde durch Bernhard Dreymann (1788–1853) eine Orgel geliefert.[Anm. 24] Sie wurde jedoch 1907 durch ein Werk von Michael Hubert Körfer (1868–1950) ersetzt.[Anm. 25] Der Orgelprospekt aus dem 18.Jahrhundert stammt aus der protestantischen Kirche von Biebesheim am Rhein. Der Prospekt harmoniert gut mit der ausschwingenden Orgelempore aus der Erbauungszeit.[Anm. 26]
Nachweise
Verfasser: Alexander Wißmann M.A.
Verwendete Literatur:
- Dehio, Georg; Gall, Ernst: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Pfalz und Rheinhessen, 2. Aufl., München, Berlin 1961.
- Dölling, Regine: Die Fürfelder Kirchen, In: 1776–1976. 200 Jahre Pfarrkirchen in Fürfeld. Evangelische und katholische Kirchengemeinde Fürfeld, Bad Kreuznach 1976, S. 13–20.
- Döry, Ludwig Baron: Der Mainzer Bildhauer Johann Georg Biterich (1724–1789), in: Mainzer Zeitschrift 76, 1981, S. 59–75.
- Jakob, Jakob Peter: Chronik des Marktfleckens Fürfeld, Teil II. Unsere Kirchen und Kirchengemeinden. Das Buch der Kämpfe, Gau-Algesheim 1910.
- Jung, Fritz: In alten Akten geblättert: Die Reparatur einer Pietà im Jahre 1907 für die Pfarrkirche Fürfeld. In: Heimatjahrbuch Landkreis Alzey-Worms 13, 1973, S. 426–427.
- Reinert, Manfred: Die Barockbaumeister der Saarregion zwischen 1648 und 1789. Ihre Werke und ihre Bauherren, Marpingen 2011.
- Weerth, Elsbeth de: Die Altarsammlung des Frankfurter Stadtpfarrers Ernst Franz August Münzenberger (1833–1890). Ein Beitrag zur kirchlichen Kunst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Frankfurt am Main, Berlin, Bern et al. 1993.
Aktualisiert am: 13.08.2016.
Anmerkungen:
- Lat. Für den Gottesdienst der orthodoxen Religion bin ich mit den Opfern der Gemeinde unter der erhabenen Regierung des Herrn Franz Lothar von Kerpen neu erstanden. Döllng 1976, S. 16. Zurück
- Siehe Jakob 1910, S. 24. Zurück
- Siehe a.a.O., S. 24ff. Zurück
- Siehe a.a.O., S. 26f. Zurück
- Siehe Dölling 1976, S. 16f. Zurück
- Siehe Reinert 2011, S. 145ff. Zurück
- Siehe Dölling 1976, S. 18. Zurück
- Siehe Jakob 1910, S. 27. Zurück
- Siehe Dölling 1976, S. 18. Zurück
- Siehe Jakob 1910, S. 27. Zurück
- Siehe a.a.O., S. 6. Zurück
- Siehe a.a.O., S. 30. Zurück
- Siehe ebd. Zurück
- Siehe a.a.O., S. 27. Zurück
- Siehe a.a.O., S. 29. Zurück
- Vgl. Döry 1981. Zurück
- Siehe Jakob 1910, S. 29. Zurück
- Siehe a.a.O., S. 28. Zurück
- De Weerth 1993, Kat. Nr. 5, Abb. Nr. 11. Zurück
- Siehe Dölling 1976, S. 18. Zurück
- Siehe Jakob 1910, S. 29 sowie Jung 1973, S. 426f. Zurück
- Siehe Dehio, Gall, 1961, S. 119. Zurück
- Siehe Jakob 1910, S. 29f. Zurück
- Siehe Dölling 1976, S. 18. Zurück
- Siehe Jakob 1910, S. 31. Zurück
- Siehe Dölling 1976, S. 18. Zurück