Nieder-Ingelheim in Rheinhessen

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Aufschwung und Niedergang der Pfalz

Holzschnitt aus: Sebastian Münster, »Cosmographia...«, Basel 1550.[Bild: Sebastian Münster [gemeinfrei]]

Nach 787 besuchte Karl der Große die Pfalz in Ingelheim nur noch in den Jahren 791 und 807. Einen Aufschwung erlebte die Pfalz dann unter dem Sohn und Nachfolger Karls auf dem Königsthron, Ludwig dem Frommen (817-840). Dieser hielt sich insgesamt zehnmal in Ingelheim auf.[Anm. 1] Hier wurden Fragen von gesamteuropäischer Bedeutung verhandelt. Gesandtschaften aus ganz Europa kamen nach Ingelheim. Ludwig der Fromme starb im Jahre 840 in einem Pavillon auf der Tierparkinsel im Rhein bei Ingelheim (begraben ist er in Metz).
Nach der Reichsteilung durch den Vertrag von Verdun im Jahre 843 - Ingelheim war als Teil des Wormsgaues an Ludwig den Deutschen gekommen - wurde es stiller um die Pfalz. Erst unter Otto dem Großen (936-973) erlebte Ingelheim einen erneuten Aufschwung. Wichtige Reichsversammlungen und kirchliche Synoden fanden hier statt. In dieser Zeit wurde auch die heutige Saalkirche gebaut. Otto machte Ingelheim zu einer seiner Osterpfalzen.[Anm. 2] Der Name verweist darauf, daß der König sich zu bestimmten Zeiten in bestimmten Pfalzen aufhielt. So wie z.B. Worms und Aachen zu den „Winterpfalzen“ gehörten, zählte Ingelheim zu den Orten, wo sich der Kaiser mit Vorliebe an Ostern aufhielt.

Unter Kaiser Friedrich Barbarossa soll die berühmte karolingische Pfalz noch einmal renoviert worden sein, ohne dass wir Nachrichten über ihre Nutzung haben. Wahrscheinlich war es nun eher ein befestigter Sitz von Burgmannen geworden, als eine Pfalz geblieben. Nur in einem Briefwechsel der Äbtissin Hildegard von Bingen wird ein Brief überliefert, in dem der Kaiser auf ein Treffen der beiden in Ingelheim Bezug nimmt, freilich ohne ein Datum oder nähere Umstände. Die Echtheit dieses Briefes wird ebenso wie die anderer Briefe von Königen und Päpsten an Hildegard bezweifelt. Die Ausgrabungsergebnisse der letzten Jahrzehnte erbrachten als Ergebnisse, dass es auf dem Pfalzgelände in staufischer Zeit Umbauarbeiten gegeben hat, bei denen einerseits die Pfalzkapelle, die heutige Saalkirche, erneuert wurde und andererseits das nach Süden vergrößerte Pfalzgelände befestigt wurde, indem u.a. Außenmauern alter Pfalzgebäude zu Wehrmauern umfunktioniert wurden.

Die Pfalz erlangte jedoch nie ihre ursprüngliche Bedeutung wieder. In der Folgezeit hielten sich die Könige vorwiegend in Städten auf, die ländlichen Pfalzen verloren ihre Funktion. 1354 gründete Karl IV. auf dem Gebiet der Pfalz ein Chorherrenstift.[Anm. 3] Dies und die Verpfändungen Ingelheims[Anm. 4] an die Kurpfalz ab 1375 bedeuteten das Ende der Funktion Ingelheims als königliche Pfalz. In späteren Jahrhunderten verfielen die Gebäude oder wurden als Steinbruch für den Hausbau genutzt. Eine Säule aus der ehemaligen Pfalz steht z.B. heute in Oppenheim, andere wurden im Heidelberger Schloß eingebaut. Eine ungefähren Eindruck vom Aussehen des Pfalzgebietes im 16. Jahrhundert gibt die Abbildung in Sebastian Münsters „Cosmographia“[Anm. 5].

Nachweise

Verfasser: Markus Keller und Hartmut Geißler

redaktionelle Bearbeitung: Dominik Kasper

Literatur:

  • Böhner, Kurt: Ingelheim am Rhein. Geschichte und Gegenwart. Ingelheim 1976.
  • Henn, Karl-Heinz: Karl der Große in Ingelheim. Bauherr der Pfalz und europäischer Staatsmann. Katalog zur Ausstellung. Ingelheim 1998.
  • Klewitz, Hans-Walter: Die Festkrönungen der deutschen Könige. Sonderausgabe MCMLXVI. Darmstadt 1966.
  • Landesamt Denkmalpflege (Hrsg.): Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Band 18.1: Kreis Mainz-Bingen. Bearb. v. Dieter Krienke. Worms 2007.
  • Schweitzer, Ignaz: Vom Glanz der Ingelheimer Kaiserpfalz. Ingelheim 1969.

Erstellt: 2003

Geändert: 08.02.2011

Anmerkungen:

  1. vgl. die Itinerarkarte im
    Pfalzmuseum Zurück
  2. Zu den Festorten der Ottonen siehe: Hans-Walter Klewitz, Die Festkrönungen der deutschen Könige. Sonderausgabe MCMLXVI. Darmstadt, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, S. 45 ff; Link zur Online-Zusammenstellung Zurück
  3. Mehr dazu bei Hartmut Geißler: Das Augustiner-Chorherrenstift („Karlsmünster“) in Ingelheim, 2008 Zurück
  4. Mehr dazu bei Peter Classen und Hartmut Geißler: Die Verpfändungen der Ingelheimer Reichseinkünfte Zurück
  5. Sebastian Münster: Cosmographia. 1545, S. 415ff; Hier online verfügbar Zurück