Freilingen im Westerwald

Zur Geschichte von Freilingen (Ww)

Der Postweiher erinnert an die Funktion Freilingens als Poststation[Bild: Zioo CC BY-SA 3.0]

Freilingen dürfte, wie andere -ingen-Orte im Westerwald auch, vor dem 11. Jahrhundert gegründet worden sein.[Anm. 1] Das Hofgut am Saynbach geht wohl auf Reichsbesitz zurück. Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt hat der König es dem von ihm eingesetzten Gaugrafen im Engersgau überlassen. Als solcher ist zwischen 1034 und 1044 Wigger von Nassau (Wittechin, Wyckardus) aus dem Geschlecht der Konradiner überliefert. Aus dem Nekrolog des Stiftes St. Kastor in Koblenz ist nun zu erfahren, dass im Jahr 1034 dieser Gaugraf Wigger dem Stift sein Gut »Vrilingoim« geschenkt hat. Das hier erstmals erwähnte Freilingen gehörte damals zur Grundherrschaft Weidenhahn des Stiftes St. Kastor.[Anm. 2]

Um 1300 hatten die Grafen von Sayn die Vogtei Freilingen inne. Diese Vogtei, über deren Herkunft nichts Näheres bekannt ist, war eng mit dem Bann Maxsain verbunden, mit dem sie bald völlig verschmolz. Später erinnerten nur noch Abgaben wie der »Vogthafer«, der noch 1793 von der Grafschaft Sayn gefordert wurden oder die Bezeichnung »Vogtrecht« an die ehemalige Vogtei Freilingen.[Anm. 3]

Durch Teilung der Grafschaft Sayn entstand im Jahr 1607 die Linie Sayn-Wittgenstein-Sayn, die im Jahr 1615 den Bann Maxsain aufteilte. Die Grafen von Sayn behielten den oberen Teil mit Maxsain, Zürbach, Freilingen und Wölferlingen, während die Grafschaft Wied den unteren Teil mit Selters, Nordhofen, Goddert und Heiderhahn erhielt.

Im Jahr 1628 brannte in Freilingen das sog. Hofschöffenhaus ab. Dabei wurden zahlreiche Akten, die im Schöffenhaus lagerten, vernichtet.[Anm. 4])

Am 8. Juli 1733 brannte es erneut in Freilingen. 22 Häuser und die zugehörigen Scheunen wurden eingeäschert. Die bereits eingelagerten Feldfrüchte und das Heu verbrannten. Es wurde eine Kollekte ausgerufen, um den Brandgeschädigten wenigstens etwas zu helfen.[Anm. 5] Zwischen 1653 und 1681 ist das sayn-wittgensteinische herrschaftliche Haus in Freilingen belegt, zu dem ein Hofgut und eine Mahlmühle gehörten. Es war 1681 an Ludwig Niesener verpachtet.[Anm. 6].

Eine herrschaftliche Mühle wird in Freilingen erstmals 1611 erwähnt.[Anm. 7] Sie wird 1620[Anm. 8] und zwischen 1733 und 1788 genannt. 1744 war die Mühle immer noch im Pachtbesitz der Familie Niesener. Damals wird die Posthalterin Niesenerin als Pächterin bezeichnet.[Anm. 9]

Freilingen war lange Zeit ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt des Gebietes, in dem sich die Köln-Frankfurter Straße und eine Verbindung vom Rhein über den Hohen Westerwald in Richtung Dill kreuzten. Schon im Jahr 1612 wird in Freilingen eine Poststation genannt. Hier konnte man übernachten, etwas essen, hier konnten Kutschen, Postreiter und Kuriere ihre Pferde wechseln bzw. unterstellen. Zeitweise standen 30 bis 40 Pferde zum Tausch bereit. Auch wenn es am Wagen etwas zu reparieren gab, konnte einem hier geholfen werden. Der Postweiher, einer der sieben Seen der »Westerwälder Seenplatte«. trägt von daher seinen Namen.
Im Jahr 1729 ist der Postmeister Niesener belegt[Anm. 10]. 1744 hatte die Postmeisterin Niesenerin neben der Mühle auch die Poststation inne. Seit 1775 verwaltete die Familie Sayn die Posthalterei. Postmeister Sayn rechnete um 1814/1820 seine beim Durchmarsch der Divisionen Puthod (?) und Desaix entstandenen Kosten ab, wohl für Unterbringung und Verpflegung der Truppen.[Anm. 11]. Ein im Jahr 1780 errichtetes Postgebäude, das von einem in rotem Sandstein gehauenen Postreiter geschmückt war, wurde 1952 abgerissen.[Anm. 12]

Die Familie Niesener zählte im 18. Jahrhundert zu den bedeutenden Familien in Freilingen. Zwischen 1738 und 1763 ist Johan Ludwig Niesener als Oberschultheiß des Bannes Maxsain belegt. Er wird er im Jahr 1774 noch einmal als Amtmann in Maxsain erwähnt.[Anm. 13]

Im Jahr 1799 fiel der Oberbann Maxsain an die Linie Wied-Neuwied. Im Jahr 1784 noch zu Reichsfürsten erhoben, verlor das Fürstentum Wied 1806 seine Reichsunmittelbarkeit und kam als Standesherrschaft unter nassauische Herrschaft. Seit 1806 gehört Freilingen mit den Orten des Bannes Maxsain zum nassauischen Amt Grenzhausen.
Als das Herzogtum Nassau 1866 vom Königreich Preußen annektiert wurde, kam Freilingen unter preußische Landeshoheit.
Nach dem 2. Weltkrieg lag Freilingen im Land Rhein-Pfalz. Seit 1972 gehört Freilingen zur Verbandsgemeinde Selters.

Die jüdische Gemeinde Freilingen

Mitbürger jüdischen Glaubens sind in Freilingen seit 1721 belegt. Sie bildeten seit 1817 eine eigenständige jüdische Gemeinde. Um 1860 wurde im Heideweg ein Gebäude errichtet und als Synagoge genutzt. Im Jahr 1814 lebten 19 Juden im Ort, 1861 werden 43 Gemeindemitglieder gezählt, im Jahr 1895 nur noch fünf. Noch vor dem 1. Weltkrieg zogen die in Freilingen noch ansässigen Juden nach Selters, wohl, weil die wirtschaftliche Lage dort besser war und eine größere Gemeinde bestand. Ihre Häuser wurden verkauft, die Synagoge aufgegeben. In nationalsozialistischer Zeit (1933-1945) lebten keine Juden mehr in Freilingen, zwei ehemalige Freilinger wurden aber im Konzentrationslager Theresienstadt ermordet: Emma Huebner (1864-1944) und Julius Michel (1860-1942).[Anm. 14]

Nachweise

Verfasser: Stefan Grathoff

Literatur:

Erstellt am: 08.09.2020

Anmerkungen:

  1. Gensicke, Landesgeschichte S. 12. Zurück
  2. Gensicke, Landesgeschichte S. 50 und S. 98. Zurück
  3. Gensicke, Landesgeschichte S. 155 und 456. Zurück
  4. Gensicke, Landesgeschichte S. 178. Zurück
  5. HHStA Wiesbaden Best. 340 Nr. 3987. Zurück
  6. HHStA Wiesbaden Best. 340 Nr. 1211. 1663 sollte der gemeinschaftlich herrschaftliche Hof in Freilingen auf Befehl des Grafen auf seinen Wert geschätzt werden (HHStA Wiesbaden Best. 340 Nr. 3379). Zurück
  7. Schneider, Mühlengewerbe S. 223. Zurück
  8. HHStA Wiesbaden Best. 340 Nr. 2223. Zurück
  9. HHStA Wiesbaden Abt. 340 Nr. 3375. Zurück
  10. HHStA Wiesbaden Best. 2 Nr. 576. Zurück
  11. HHStA Wiesbaden Abt. 241 Nr. 92. Zurück
  12. Roth, Westerwald S. 55. Zurück
  13. Gensicke, Landesgeschichte S. 531. Zurück
  14. Jösch/Jungbluth, Juden S. 21f, S. 160 und S. 273. Zu weiteren Einzelheiten auch zu den bekannten Gemeindemitgliedern siehe Jösch/Jungbluth, Juden S. 159-160. Zurück