Die Kirche in Hachenburg im 19. und 20. Jahrhundert
Die katholische Gemeinde
Nach der Auflösung des Franziskanerklosters fühlte sich die nassauische Regierung für das Gehalt des katholischen Pfarrers nicht mehr zuständig. Ein Pfarrfonds war nicht vorhanden. Zunächst versah Pater Graulich als Pfarrverwalter die katholische Pfarrei. Er wurde dabei von zwei ehemaligen Patres unterstützt. Im Jahr 1825 wurden die beiden katholischen Pfarreien Marienstatt und Hachenburg durch päpstlichen Beschluss aus der Diözese Köln herausgenommen und der neu errichteten Diözese Limburg zugewiesen. Diese stellte ab 1832 auch in Hachenburg Weltgeistliche als Pfarrer an.
Nach langem Hin und Her erhöhte die nassauische Regierung das Gehalt für Pfarrverwalter Waidmüller aus der Domänenkasse und aus dem Zentralkirchenfonds und ernannte ihn am 1. Januar 1843 offiziell zum Pfarrer und Dekan für das Dekanat Siegburg.
Die 1845 gegründete Deutsch-katholische Gemeinde hatte nicht lange Bestand.
Unter preußischer Verwaltung ernannte seit 1873 der Bischof den Hachenburger Pfarrer. Als 1888 wieder Zisterzienser in der Abtei Marienstatt Einzug hielten, war man bestrebt, das staatliche Patronatsrecht für die Pfarrei Marienstatt mit dem einer anderen Pfarrei zu tauschen. 1902 einigten sich Bischof und preußische Regierung, dem Bischof die Besetzung der Pfarrei Marienstatt anheimzustellen, während bei der Neubesetzung der Pfarrei Hachenburg der Staat das Vorschlagsrecht für den neuen Pfarrer bekam.
Unterkunft fanden die Hachenburger Geistlichen bis 1897 in Räumen des ehemaligen Klosters, dann wurden sie in Mietswohnungen untergebracht, bis 1924 ein eigenes Pfarrhaus errichtet wurde.
Die evangelische Gemeinde
Die reformierten und lutherischen Gemeinden Nassaus schlossen sich am Reformationstag 1817 anlässlich des 300-jährigen Jubiläums des Thesenanschlags durch den Reformator Martin Luther zu einer Kirchenunion (Nassauische Union) zusammen. Seitdem gibt es nur noch eine evangelische Gemeinde in Hachenburg. Die Pfarrer beider Glaubensrichtungen wirkten zunächst gemeinsam, bis der letzte lutherische Pfarrer Orth am 1. Oktober 1820 als Pfarrer nach Altstadt ging.
Kirchenverwaltung 1933-1945
In den Jahren zwischen den Weltkriegen blühten vor allem die kirchlichen Vereine auf, darunter der evangelische Kirchenchor (1877/1878) und eine Ortsgruppe des Gustav-Adolf-Werkes. 1921 entstand eine Ortsgruppe des Evangelischen Bundes, 1930 die Evangelische Frauenhilfe. Ein Jahr später werden ein Evangelischer Arbeiterverein, ein Jungfrauenverein und der Jungmannenbund genannt.
Als nach 1933 die im Parteiprogramm der NSDAP von 1924 vorgeschobene Idee des »Positiven Christentums« überflüssig geworden war, ging das NS-Unrechtsregime daran, die evangelische Kirche gleichzuschalten und ihr das Führerprinzip überzustülpen. Es wurde ein "Reichsbischof" eingesetzt, die alte nassauische Landeskirche mit den Landeskirchen von Hessen-Darmstadt und Frankfurt zu einer evangelischen Landeskirche Nassau-Hessen unter einem linientreuen "Landesbischof" zwangsvereinigt. Dieser predigte 1935 auch in Hachenburg. Aus dem evangelischen Konsistorium war inzwischen das Landeskirchenamt geworden.
Pfarrer und Gemeinde schlossen sich in einer Gegenbewegung zur "Bekennenden Kirche" zusammen, proklamierten das Notkirchenrecht und kündigten dem Kirchenregiment der "Deutschen Christen" den Gehorsam auf. Auch die Hachenburger Kirche schloss sich der "Bekennenden Kirche" an. Ein Pfarrer, der Vertretungsdienst in Hachenburg leistete, lehnte es einmal sogar ab, die Anwesenheit des "Landesbischofs" der Gemeinde anzukündigen. Der Tod des Pfarrers Schardt, der am 29. Dezember 1935 während seiner Predigt in der Bartholomäuskirche an Herzversagen starb, war mit eine Folge der Aufregungen im Kirchenkampf.
Doch der Macht der Nationalsozialisten und der "Deutschen Christen" konnte die "Bekennende Kirche" wenig entgegensetzen. Zunächst nahm die Partei Einfluss auf die Arbeit der Gemeindegruppen, deren Thematik dem "Geist der Zeit" angeglichen und zielgerichtet auf den langfristig geplanten Krieg abgestimmt werden sollte. 1935 lautete das Thema der Mutterschulungswoche der "Evangelischen Frauenhilfe" "Schwert, Spaten, Wiege". Veranstaltungen der Kirchengemeinde wurden durch Gegenveranstaltungen etwa der Deutschen Arbeitsfront gestört, Übungsabende des Kirchenchors durch lautstarke Parallelveranstaltungen auf dem Marktplatz unmöglich gemacht. Den Pfarrern forderte man 1938 den Treueid auf den "Führer" ab und erwartete von ihnen, dass sie "anlässlich des versuchten ruchlosen Mordanschlags auf das Leben des Führers" im Bürgerbräukeller zu München am 8. November 1939 [...] im allgemeinem Kirchengebet der sichtbaren Bewahrung des Führers durch Gottes gnädige Hand besonders [...] gedenken [sollten].
1941 wird der evangelische Kindergarten in Hachenburg durch die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV) "übernommen". Die NSV war im Zuge der Gleichschaltung von der NSDAP gegründet worden, um die gesamte Arbeit der Wohlfahrt, des Deutschen Roten Kreuzes, der evangelischen Diakonie und der katholischen Caritas zu ersetzen bzw. "auf Linie" zu bringen. In Struktur und Aufbau war die NSV den Orts-, Kreis- und Gruppenverwaltungen der NSDAP nachempfunden.
Die Pfarrstellen waren 1943 im Dekanat Marienberg bis auf drei eingezogen worden. Drei Pfarrer mussten bei völlig unzureichenden Verkehrsverhältnissen den ganzen Dienst im Dekanat versehen. Pfarrer Weyer hatte damals neben Hachenburg bis zu 32 Ortschaften zu versorgen. Ein Gemeindeleben konnte unter diesen Bedingungen nicht organisiert werden.
Die Hachenburger Kirche nach 1945
Die Vereinigung der Landeskirchen von Hessen-Darmstadt, Frankfurt und Wiesbaden, die unter den Nationalsozialisten zustande gekommen war, blieb auch nach 1945 bestehen. Nach wie vor gehörte Hachenburg zur evangelischen Kirche in Hessen und Nassau mit Sitz in Darmstadt sowie zur katholischen Diözese Limburg.
Das kirchliche Leben blühte in Hachenburg nach den Jahren des Terrors bald wieder auf. Der wiedergewonnene hohe Stellenwert der Kirche in der Stadt ist allein schon an den verschiedenen Gemeindegruppen und kirchlichen Werken, Begegnungsstätten und Kindergärten zu erkennen.
Redaktioneller Hinweis: Die hier vorgestellten Ausführungen sind inhaltliche Ergänzungen und Erweiterungen der entsprechenden Abschnitte des Buches „Geschichte der Stadt Hachenburg“. Die zugehörigen Basis-Informationen sind u.U. nur in der Druckausgabe zu finden. Die Inhalte dieser Seiten entsprechen also nicht denjenigen des Buches.